Am heutigen Dienstag, dem fünfundzwanzigsten September 2007, wäre Glenn Herbert Gould fünfundsiebzig Jahre jung geworden.
Nun ist dieses Forum wohl nicht der Platz, wo jemand wie ich irgendetwas neues, berichtenswertes über sein Leben erzählen könnte. Auch zahlreiche Anekdoten über ihn, über seine Persönlichkeit und seine zu Tode zitierten Macken dürften bekannt sein.
Mitbrummen. Non-Legato. Einsamkeit und Pillen. Sein Mozart, sein Bach und der Kontrapunkt überhaupt.
Nichtsdestotrotz sollte der Zweck dieses Threads sein, sich noch einmal an ihn und seine Interpretationen zu erinnern und das bestenfalls mit "jenem Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt" (Ratzinger-Benedikt).
Ausserdem fände ich es schön, wenn die zahlreichen Zeitungsartikel, die bisher erschienen sind und in bälde wohl folgen werden, hier gesammelt werden könnten: seien sie gut oder schlecht, geprägt von musikwissenschaftlicher Sachlichkeit oder dem triefendstem Geniekult.
Ich fange gleich mal mit einem Artikel aus der WELT und einem von Deutschlandradio Kultur an:
http://www.welt.de/kultur/arti…_terrible_am_Klavier.html
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/672619/
Ich persönliche habe ich mich entschlossen, Glenn Gould auf eine ganz eigene Art und Weise die Ehre zu erweisen: Indem ich mir nämlich ausnahmsweise die Mühe mache, in einem Internet-Thread sowohl die Groß- und die Kleinschreibung zu beachten, als auch grammatikalische Korrektheit an den Tag zu legen.
Weiterhin würde ich völlig unverbindlich vorschlagen, dass jeder seine drei liebsten Gould-Interpretationen vorstellt oder schlicht postet.
Damit werde auch ich beginnen:
1: Keine große Überraschung: Die Goldberg-Variationen, 1981
2: Eine etwas größere Überraschung: Seine Mozart-Sonaten:
3:
O was muß es die Engel gekostet haben,
nicht aufzusingen plötzlich, wie man aufweint,
da sie doch wußten: in dieser Nacht wird dem Knaben
die Mutter geboren, dem Einen, der bald erscheint.
Schwingend verschwiegen sie sich und zeigten die Richtung,
wo, allein, das Gehöft lag des Joachim,
ach, sie fühlten in sich und im Raum die reine Verdichtung,
aber es durfte keiner nieder zu ihm.
Denn die beiden waren schon so außer sich vor Getue.
Eine Nachbarin kam und klugte und wußte nicht wie,
und der Alte, vorsichtig, ging und verhielt das Gemuhe
einer dunkelen Kuh. Denn so war es noch nie.
Anfangs ist diese Gleichzeitigkeit aus Gould'schem Gebrumme und englischem Akzent mehr als gewöhnungsbedürftig. Mit der Zeit aber ist es genau diese Exzentrizität, die der Vertonung Rilkes jenen vielzitierten "letzten Schliff" verleiht.