Literarische Empfehlungen - was lese ich gerade

  • Fjodor Dostojewski


    Aufzeichnungen aus dem Untergrund

    Ich muss das endlich mal lesen, aber interessant, welche Schwierigkeiten alleine der Titel den Übersetzer:innen zu machen scheint; z.B.

    • Aufzeichnungen aus einem Totenhaus (Dieter Pommerenke 2005)
    • Aufzeichnungen aus einem toten Haus (Barbara Conrad 2020)
    • Aufzeichnungen aus dem Kellerloch (Geier 2006)
    • Aufzeichnungen aus dem Untergrund (Keller 2021)

    Schon die Frage, ob der "Ort" bestimmt ("dem ...") oder unbestimmt ("einem ...") ist, wird bedeutsam.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Damit keine Missverständnisse aufkommen:

    Die Novelle Aufzeichnungen aus einem Kellerloch (Записки из подполья) ist ein ganz anderes Werk als die Aufzeichnungen aus einem Totenhaus (Записки из Мёртвого дома)


    (solche zusammengesetzte Substantive wie im Deutschen (Totenhaus) sind im Russischen glaube ich gar nicht möglich, daher notgedrungen Мёртвого дома)


    Achso, und (bestimmte/unbestimmte) Artikel gibt es im Russischen auch nicht, wenn mich meine Erinnerung gerade nicht völlig im Stich lässt.


    ppps:


    https://www.grammatiken.de/rus…russisch-kein-artikel.php

    Er hat Jehova gesagt!

  • Das Übersetzen aus einer anderen Sprache ist eine hohe Kunst, die zu wenig Beachtung findet. Wer den Dokumentarfilm über Swetlana Geier Die Frau mit den fünf Elefanten gesehen hat, weiss, wie akribisch Übersetzerinnen vorgehen.


    So hat das Russische eine Besonderheit:


    Anders als im Deutschen, bei dem das handlungsausführende Objekt des Satzes (z.B. eine Person) im Dativ steht, wird hierfür im Russischen gewöhnlich der Instrumental verwendet. Im Russischen wird das Passiv in aller Regel nur für die 3. Person (Singular und Plural) und nur für unbelebte Dinge verwendet.


    Durch alle Töne tönet

    Im bunten Erdentraume

    Ein leiser Ton gezogen,

    Für den, der heimlich lauschet.


    Friedrich Schlegel,


    von Robert Schumann als Moto seiner Fantasie C-dur Op. 17 gewählt

  • Paula Bosch: Eingeschenkt



    Eine nette Unterhaltung zum Thema Wein, Sommellerie, Gastro, Köchen, Händlern etc.

    „Ist das alles nur ein großer, furchtbarer Scherz?“ - Gustav Mahler (zum Finale der 2. Sinfonie)

  • Laszlo Passuth: Divino Claudio

    Ein historischer Roman um Claudio Monteverdi, die Entwicklung der Oper und die historischen Ereignisse seiner Zeit.


    Der Roman erschien schon 1964, weist in meiner DDR-Ausgabe von 1982 ein sehr kleines Schriftbild und keinerlei Anmerkungen auf. Daher ist er ein wenig zäh zu lesen, obwohl vom Inhalt her sehr spannend. Man lernt als Laie auch viel über (Musik)geschichte und ein bisschen Harmonielehre, allerdings nur, wenn man fleißig die verwendeten Fachbegriffe bzw. historischen Ereignisse googelt. Der Roman würde eine kommentierte Neuauflage wirklich lohnen. Für viele von euch Fachleuten aber bestimmt einfacher zu lesen als für mich.

  • Zur Ergänzung:


    Der Umschlag des Buches von Laszlo Passuth, Divino Claudio, sieht so aus:


    22903688425.jpg

    Durch alle Töne tönet

    Im bunten Erdentraume

    Ein leiser Ton gezogen,

    Für den, der heimlich lauschet.


    Friedrich Schlegel,


    von Robert Schumann als Moto seiner Fantasie C-dur Op. 17 gewählt

  • Laszlo Passuth: Divino Claudio

    Ein historischer Roman um Claudio Monteverdi, die Entwicklung der Oper und die historischen Ereignisse seiner Zeit.


    Der Roman erschien schon 1964, weist in meiner DDR-Ausgabe von 1982 ein sehr kleines Schriftbild und keinerlei Anmerkungen auf. Daher ist er ein wenig zäh zu lesen, obwohl vom Inhalt her sehr spannend. Man lernt als Laie auch viel über (Musik)geschichte und ein bisschen Harmonielehre, allerdings nur, wenn man fleißig die verwendeten Fachbegriffe bzw. historischen Ereignisse googelt. Der Roman würde eine kommentierte Neuauflage wirklich lohnen. Für viele von euch Fachleuten aber bestimmt einfacher zu lesen als für mich.

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    Das ist meine Ausgabe......1.Auflage von 1964 wie du bereits sagtest, habe es im Antiquariat in FFM gefunden in einem tadelosen Zustand! Ich liebe Monteverdi bin aber beileibe kein Fachmann, konnte es aber doch ganz gut lesen!



    Ich empfehle dir noch dies 71XN0M9cVvL._AC_UY327_FMwebp_QL65_.jpg

    MADRIGAL Roman um Carlo Gesualdo, ebenfalls von László Passuth


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Von Theun de Vries gibt es einen sehr spannenden Josquin-Roman, "Die Kardinalsmotette". Bei jpc nicht zu haben, nur beim Urwaldfluss zu angeln.

    Ein Mann kommt in eine Buchhandlung. "Ich hätte gerne Goethes Werke!" Der Buchhändler fragt: "Welche Ausgabe?" Der Mann: "Da haben Sie auch wieder Recht!" Er geht.

  • Vielen Dank für den Tipp, Fiesco. Ich habe jetzt schon so einiges über die Musik der Renaissance gelernt, mit der ich mich bisher fast gar nicht beschäftigt habe. Sehr interessant finde ich die Partien mit dem florentinischen Musikergremium, die über die Musik der Antike forschen und dadurch die als textschädigend empfundene kontrapunktische Polyphonie besiegen wollen. Dass der Vater von Galileo Galilei ein bedeutender Musiktheoretiker war, ist mir auch neu gewesen.

  • Gerade begonnene Lektüre:



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Darüber hinaus freue ich mich über die mittlerweile eingetroffenen "Geschichtlichen Grundbegriffe" im Sonder Reprint durch die Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt. 100 Begriffe auf 9000 Seiten, jeder einzelne von ausgewiesenen Fachwissenschaftlern verfasst, auch das Herausgeber-Trio besteht aus Forschern von Graden, an denen ich zu Studienzeiten aufgeblickt habe: Reinhard Koselleck, Otto Brunner und Werner Conze. Die von der wbg nachgedruckte Ausgabe folgt der Ausgabe von 2004; Koselleck lebte da noch und hat eigene Beiträge noch auf den neuesten Stand bringen können (viel mir zufällig bei dem Begriff "Volk" auf).


    Schon klar, nichts, um es von vorne bis hinten zu lesen, aber eine unwiderstehliche Einladung zum Stöbern, ähnlich wie die Britannica, die ich auch gerne in Zugriff und Blickfeld habe.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Sind die Artikel auch für sich lesenswert, ohne wissenschaftliches Interesse?


    Da wäre ich schon interessiert. Beim Werbepartner für 350,- Wie sieht es denn als Mitglied der WB aus. Da binn ich allerdings schon vor 35 jahren ausgetreten .... Ob die mich wieder reinließen :(


    BTW Bei Büchern interessiert mich auch die Haptik. Sind die gebunden mit Fadenheftung oder mehr so geklebt mit Pappeinband, der mehrmaliges Lesen nicht verkraftet?

  • BTW Bei Büchern interessiert mich auch die Haptik. Sind die gebunden mit Fadenheftung oder mehr so geklebt mit Pappeinband, der mehrmaliges Lesen nicht verkraftet?

    Paperback. Die Originalausgabe aus 1972 gab's in Leinen gebunden. Auch die 1980er-Auflage gab's in Hardcover. Die 2004er-Ausgabe war m.W immer solides Paperback (ähnlich wie der Grimm, der übrigens sehr solide verarbeitet ist). Die wbg-Ausgabe sieht ein wenig anders aus als beim Werbepartner.

    Da wäre ich schon interessiert. Beim Werbepartner für 350,- Wie sieht es denn als Mitglied der WB aus. Da binn ich allerdings schon vor 35 jahren ausgetreten .... Ob die mich wieder reinließen :(

    Aus der wbg trete ich erst mit meinem Ableben aus 8). Die Sonderausgabe kostete bis zum 1.2. 250,00 Euro für Mitglieder, jetzt 300,00. Immer noch ein wenig günstiger.


    Sind die Artikel auch für sich lesenswert, ohne wissenschaftliches Interesse?

    Sie sind gut verständlich geschrieben (was ich davon bislang gesehen habe). Die Literatur zu den Beiträgen findet sich in den beiden Registerbänden wieder. Da das Werk seinen internationalen Ruf hat, hat man auch dem Verzeichnis der Begriffe eine mehrsprachige Übersetzung spendiert. Seit vorgestern habe ich die Geschichtlichen Grundbegriffe, bin aber über das neugierige Stöbern und Blättern nicht hinausgekommen. Im Schnit sind die Texte zu den Begriffen zuwischen 20 und 40 Seiten lang. Ein bisschen Zeit braucht's da schon. Zumal ich gerade hochinteressiert den oben gezeigten Römer lese (und Zeit für Musik muss ja auch noch sein. Das WTC ist allerdings eine sehr unterhaltsame Lektüreunterstützung. Cembalo, natürlich).

    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.


  • Auf Empfehlung einer Freundin gekauft, heute fertig gelesen - und gleich die anderen Bände bestellt. Kurios und auch ernsthaft.


    Gruss


    Kalli


  • Dieses Buch habe ich in den letzten Tagen gelesen. Die Geschichte und Geschichten vom Untergang des alten deutschen Ostens 1945 beschäftigen mich irgendwie schon mein Leben lang - mein Vater stammte aus der Nähe von Königsberg, weshalb Namen, Orte, Begriffe, die mit diesem alten Teil Deutschlands zu tun hatten, bereits in meiner Kindheit dauerpräsent waren. Irgendwann wurde daraus dann eine lesende Dauerbeschäftigigung. Und so finden immer wieder Bücher über dieses traurige Kapitel der Geschichte ihren Weg zu mir.



    Grüße

    Garaguly

  • Die Geschichte und Geschichten vom Untergang des alten deutschen Ostens 1945 beschäftigen mich irgendwie schon mein Leben lang

    Lieber Garaguly,


    ich bin zwar waschechter Rheinländer, aber die Geschichte des deutschen Ostens steht seit meinen frühen Jugendjahren im Mittelpunkt meines Interesses. Angeregt dazu wurde ich erstmals durch die beiden Bände "Es begann an der Weichsel" und "Das Ende an der Elbe" von Jürgen Thorwald. Beide Bücher wurden erstmals 1950 in der damaligen Wochenzeitschrift "Christ und Welt" veröffentlicht. Ein Schulfreund, der im 3. Grundschuljahr in meine Klasse eingegliedert wurde, ist in Königsberg geboren und in der Kirche am Haberberg getauft worden. Wir haben uns nie aus den Augen verloren und stehen noch heute in engem Kontakt. Auch das hat mein Interesse beflügelt.


    Zur Zeit lese ich:

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    Arno Surminski, geb. 1934 in Jäglack/Krs. Sensburg, hat sich sein Leben lang mit dem Land seiner Herkunft und ihren Menschen beschäftigt. Du wirst seine Bücher bestimmt kennen.


    Zur Einführung in obigen Sammelband, erschienen erstmals 2015 im Verlag Ellert & Richter, Hamburg, heißt es:

    "Als 1945 die Kapitulationsurkunde in Berlin unterzeichnet wurde, war für Millionen von Menschen der Krieg noch keineswegs zu Ende. Das Kämpfen und Bomben hatte aufgehört, doch die Not und die Bedrängnis waren damit nicht vorbei. Im persönlichen Erleben zog sich das Kriegsende in die Länge. Für einige war es die Heimkehr der letzten Gefangenen, andere deuteten den Fall der Mauer 1989 als ihren Abschluß. Arno Surminski erzählt ihre Geschichten. Sie handeln von dem Schrecken nach dem großen Morden, von den alltäglichen Mühen und der selbstlosen Bescheidenheit in einer Zeit, die fortdauert. Ein Leben lang."


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Liebe Musikfreunde,


    ich darf mich wieder selbst empfehlen...nachdem mein erster Gedichtband im Treibgut Verlag 2021 erschienen ist, Holger war so freundlich, ihn sehr einfühlsam und kenntnisreich zu besprechen, und zwar hier:

    Aktive Pianisten unserer Tage - Olga Scheps - "Kraft und Seele"

    ist nun im Februar 2023 mein zweiter Gedichtband erschienen, den ich euch ans Herz legen möchte, mehr Informationen zum Buch, Leseprobe und Interview mit dem Autoren gibt es hier:

    https://www.athena-verlag.de/c…d=detail&titelnummer=1146

    Das Buch kann für 17, 90 bei mir mit Widmung erworben werden (Adresse über Alfred oder Homepage über Verlag), kann aber auch selbstverständlich in jeder Buchhandlung sowie allen Online-Shops bestellt werden, auch ganz bequem beim nächsten Musikeinkauf über unseren Werbepartner:

  • In der Buchhandlung meines Vertrauens fan ich heute ein paar Bücher, die sich mit dem Jahre 1923 beschäftigten. Ich kam erst im zweiten Anlauf darauf, daß dieses Katastrophenjahr nunmehr 100 Jahre zurückliegt. Ich habe mich dann für die Darstellung Volker Ullrichs entschieden, der immerhin im letzten Kapitel auf die kulturellen Aspekte der Zeit eingeht (ohnehin ist Ullrich ein von mir hochgeschätzter Historiker, mittlerweile wohl auch schon emeritiert).



    Eigentlicher Grund des Besuches bei transfer in Hörde war allerdings die Abholung dieses Buches:



    Bücher kaufe ich grundsätzlich nur im Fachhandel, vorzugsweise in eben jenem Geschäft. Oder bei der Lengenfeldschen in Köln. Die Preispolitik des Fischer-Verlages ist mir allerdings ein Rätsel. Mein Buch ist die Ausgabe "Werke in Einzelbänden" und kostet 49,00 Euro. Zzgl. Kommentarband im Schuber 199,00 Euro. Die Einzelausgabe an anderer Stelle 87,00 Euro. Das verstehe wer will (Taschenbuch kommt für mich nicht infrage).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Die Preispolitik des Fischer-Verlages ist mir allerdings ein Rätsel. Mein Buch ist die Ausgabe "Werke in Einzelbänden" und kostet 49,00 Euro. Zzgl. Kommentarband im Schuber 199,00 Euro. Die Einzelausgabe an anderer Stelle 87,00 Euro. Das verstehe wer will (Taschenbuch kommt für mich nicht infrage).

    Lieber Thomas, vielleicht kann ich zur Lösung des Rätsels etwas beitragen. Du hast offensichtlich die klassische Einzelausgabe des "Doktor Faustus" erworben, die seit einigen Jahrzehnten auf dem Markt ist. Inzwischen nahm der Fischer-Verlag die große historisch-kritische Ausgabe der Werke von Thomas Mann mit ausführlichem Kommentarapparat in Angriff. Sie soll 38 Bände umfassen, 19 liegen bisher vor. In diese Edition wird - wie man sich leicht vorstellen kann - immenser wissenschaftlicher Aufwand investiert. Textmarken auf jeder Seite verweisen auf die ausführlichen Kommentare.


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    Der Kommentarband des "Faustus" ist mit 1266 Seiten fast doppelt so umfangreich wie der Roman, der es auf 741 Seiten bringt. Die Abbildung links täuscht. Darauf scheint der Roman das dickere Buch zu sein. Ich kann bezugen, dass es anders ist, denn ich habe mir die Ausgabe im Schuber beim Erscheinen 2007 gegönnt. Sie war anfangs als Subskription für 99 Euro zu haben, kostet nun aber 199 Euro. Aus dieser neuen Edition ist der Roman auch einzeln erhältlich und hat einen höheren Preis als die von Dir gekaufte Ausgabe.


    Nun wünsche ich Dir eine erlebnis- und erkenntnisreiche Lektüre. Nebenher besitze ich auch noch die von Gert Westphal gelesenbe Hörbuchausgabe. Die klingt wie Musik in meinen Ohren.

    Es grüßt Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Fundstück in der Buchhandlung meines Vertauens (transfer in Dortmund-Hörde):



    Zu dem Buch muss ich etwas anmerken: es ist ein sehr berührende Lektüre über ein sehr altes Ehepaar, bei dem der um 13 Jahre ältere Ehemann schwer pflegebedürftig ist. Zugleich ist es positiv, letztlich eine Liebesgeschichte. Das Buch ist autobiographisch, beide leben noch, insofern ist das Buch eine Reflektion, eine Beschreibung oder eine beschreibende Reflektion. Die Kapitel sind kurz und fasslich, und sie zeigen, was denn Liebe wirklich ist. Wenn in klassischen Liebesgeschichten der Hans seine Monika kriegt, auf welchen Umwegen und unter welchen Fährnissen auch immer, so fragt man sich am Ende ja oft: und nun? Wie sieht der Alltag aus? Schafft ihr das? Alltag ist schwieriger als Drachentöten. Hier sehen wir eine solche Liebe in ihrer forderndsten Phase, getragen von dem Wissen "Vielleicht ist einer von uns morgen schon nicht mehr da" Gibt es eine Art Abschiedsliteratur? Mir fällt von Simone de Beauvoir "Zeremonie des Abschieds" ein, ein Buch über die letzten Jahre mit Jean-Paul Sartre, den Film "Amour" von Michael Haeneke würde ich hinzuzählen (die Bücher der Walter-Jens-Nachfahren allerdings eher nicht) und jetzt dieses wunderbare Buch von Helga Schubert. Was fällt auf: bei allen drei genannten handelt es sich um Intellektuelle, gut situierte Paare. Ein Desideratum wäre ein Buch, das ähnlich reflektiv ein altes Arbeiterehepaar zeigt. Dabei geht es weniger um den reißerischen Bericht, sondern die Wandlungsfähigkeit von Liebe, in guten wie in schlechten Zeiten, die sich am Ende vielleicht nur noch durch einen Händedruck ausdrücken lässt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.


  • Ich habe beide Ausgaben und kann versichern, dass die erste eine schöne Reiseausgabe ist, die zweite aber nicht nur den Kommentarband zusätzlich besitzt, sondern auch noch ein anderes Format hat. (Nicht Folioformat, um keine Hoffnungen zu generieren :))

  • Ich habe mich köstlichst amüsiert!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Ich habe mich köstlichst amüsiert!


    LG Fiesco

    Jetzt, wo es hier im Forum so ruhig geworden ist, habe ich das Buch sofort bestellt. Wahrschinlich erkennt man schnell die Muster und ein wundervoller Abend ist garantiert....


    Danke für den Tipp!

  • Lieber astewes, gern geschehen! :)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Anknüpfend an eine jüngst stattgefundene Diskussion: Italiener können nicht nur Sinfonien, sondern auch Romane.


    Dieser Roman wirkt lange in mir nach, meisterhaft erzählt, reflektierend Themen wie Lebenssinn und Lebensglück, Umgehen mit dem Altern, Hoffen und Handeln, ohne jemals plakative Botschaften zu vermitteln. Ich vermeide den abgegriffenen Begriff Kultbuch, aber der Roman ist unter Kennern ein Geheimtipp.


    Dino Buzzati, Die Tatarenwüste


    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Franz Hohler


    Spaziergänge


    Täglich mache ich einen Spaziergang und erlebe die Welt aus meiner Anschauung.


    Der Autor hat 52 Beobachtungen und Gedanken, die ihm während seiner Spaziergänge durch den Kopf gingen, notiert. Man liest seine Texte und entdeckt im eigenen Alltag Ähnliches oder wird auf etwas aufmerksam gemacht, was nicht im persönlichen Fokus lag. Eine Inspiration.


    Durch alle Töne tönet

    Im bunten Erdentraume

    Ein leiser Ton gezogen,

    Für den, der heimlich lauschet.


    Friedrich Schlegel,


    von Robert Schumann als Moto seiner Fantasie C-dur Op. 17 gewählt

  • Das scheint der einzige Franz Hohler zu sein, den ich nicht kenne. Noch nicht!

    Ein Mann kommt in eine Buchhandlung. "Ich hätte gerne Goethes Werke!" Der Buchhändler fragt: "Welche Ausgabe?" Der Mann: "Da haben Sie auch wieder Recht!" Er geht.

  • Schön, dass wir schon zwei im Forum sind, die Franz Hohlers Bücher schätzen.


    Das Phantastische, das Unerwartete gefällt mir in seinen Texten. Den kurzen Text "Made in Hongkong" hast du an anderer Stelle erwähnt. Er verblüfft jeden, der ihn zum ersten Mal hört oder liest.


    Oder das Prophetische. Ich denke an einen Text, den er in seinen Kabarettprogrammen vortrug. Der Weltuntergang. Wenn man weiss, dass er 1973 vor fünfzig Jahren entstand, schluckt man leer. Auf You Tube mit "Franz Hohler Weltuntergang" findet man ihn schnell.


    Oder das Alltägliche, das im vom mir vorgestellten Buch Spaziergänge das Thema ist.


    * * * * *


    Ich habe beim Werbepartner die Titel bestellt, die noch nicht in meiner Sammlung sind.

    Durch alle Töne tönet

    Im bunten Erdentraume

    Ein leiser Ton gezogen,

    Für den, der heimlich lauschet.


    Friedrich Schlegel,


    von Robert Schumann als Moto seiner Fantasie C-dur Op. 17 gewählt

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