Hallo,
kann mir Jemand sagen,warum A.Varnay berühmt ist,
ich konnte es nicht ergründen.
Herbert Henn.
Hallo,
kann mir Jemand sagen,warum A.Varnay berühmt ist,
ich konnte es nicht ergründen.
Herbert Henn.
ZitatOriginal von Herbert Henn
kann mir Jemand sagen,warum A.Varnay berühmt ist,
ich konnte es nicht ergründen.
Hallo Herbert!
Astrid Varnay ist/war m.E. eine Sängerpersönlichkeit, die sich nur über das rein Akustische schlechter erschließt, als wenn man sie auf der Bühne erlebt hat. Für ehemaligen WDR-Tontechniker mit besonders feinen Ohren sind die Eigentümlichkeiten (meinetwegen auch technischen Mängel) ihrer Stimme vielleicht schwerer zu ertragen als für Otto Normalverbraucher wie mich.
Bevor ich Astrid Varnay Anfang der 60er Jahre erstmals auf der Bühne sah (Du merkst vielleicht, ich vermeide das Wort "hörte"), war mir ihr Name natürlich ein Begriff. An ihre Ortrud 1960 in Bayreuth habe ich nur wenig Erinnerung, aber ein Hamburger Ring 1961 mit ihr und Hotter wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Hier standen (wie es heute m.E. so selten ist) zwei Persönlichkeiten auf der Bühne, deren Spiel und stimmliche Darstellung mich in den Bann zogen.
1962 war das Varnay-Erlebnis noch intensiver. Astrid Varnay sprang in Bayreuth nach den Premieren für Irene Dalis als Ortrud und Kundry ein, und es sind besonders zwei Momente, die mir unvergeßlich bleiben : ihr höhnisches (nicht in der Partitur vorgesehenes) Lachen als Ortrud nach "Gott!" und als Kundry ihr "Schlafen will ich" im 1. Aufzug.
Das letzte eindrückliche Erlebnis hatte ich Anfang der 90er Jahre, als Johannes Schaaf in München einen Boris Godunow inszenierte, in dem Astrid Varnay in der kleinen Rolle als Amme die (zumindest meine) Augen mehr auf sich lenkte als der Boris-Sänger.
Um es auf den Punkt zu bringen : Astrid Varnay hat zwar vornehmlich Sopran-Partien gesungen, aber ich hielt sie eigentlich meistens für einen (vom Timbre her gesehen) Mezzosopran mit einer (aufgesetzten) Sopran-Höhe, die häufig messerscharf klang. Deshalb meine Einschränkung in der Beurteilung der stimmlichen Leistung (aber dieses Los teilt sie auch mit Martha Mödl!). Ihren Rang im Sänger-Olymp hat Astrid Varnay wegen ihrer Darstellungskunst, und damit schließe ich die Stimmgestaltung mit ein. Wer sich ein bißchen ein Gefühl dafür erhalten hat, was ein Sänger über das reine Absolvieren von Tönen hinaus leistet, kann m.E. an der Bedeutung Astrid Varnays nicht vorübergehen.
Ihre Abende als Brünnhilde, Isolde, Kundry, Ortrud, Klytämnestra und Boris-Amme gehören zum Beeindruckendsten, was ich in nunmehr fast 50 Jahren an Opernbesuchen erleben durfte.
Das meint
Sune
Hallo Sune,
Vielen Dank für Deine Ausführungen.Ich habe A.V.nie auf der
Bühne gesehen,deshalb mußt ich mich auf meine akustischen
Eindrücke beschränken,(Tannhäuser.Met ,Boccanegra,Met,
Walküre,Bayreuth,Cavalleria,Rundf.)
Ich muß zugeben,daß man von der darstellerischen Leistung,
und der Austrahlung eines Sängers oder einer Sängerin
fasziniert sein kann,aber auf dem Tonträger bringt das
natürlich nichts,schade !
Grüße von Herbert.
Hallo Herbert!
Wenn Du Tannhäuser, Simone Boccanegra und Cavalleria rusticana erwähnst, sind diese Aufnahmen bzw. Rollen nicht repräsentativ für Astrid Varnay, wohl aber die Walküren-Brünnhilde.
Ich kann verstehen, wenn man den Ruhm eines Sängers auf dem Wege nur über CDs nicht nachvollziehen kann. Bei z.B. Hans Hotter oder Theo Adam, die mir beide unvergeßliche Erlebnisse gebracht haben, geht es vielen ähnlich. Häufig kommt es jedoch auch darauf an, auf Grund welcher Aufnahmen man sich einen Eindruck gebildet hat.
Schöne Grüße
Sune
"Messerscharf" ist beinahe euphemistisch - ich muss immer ein wenig an einen Kreissäge in einem Industriebetrieb denken.
- Das soll aber hier gar nicht negativ sein, ich mag persönlich "Charakterstimmen" sehr gern. Im Übrigen finde ich, dass sie gerade in "dämonischen" Partien (Ortrud - zB die Bayreuther Live-Aufnahme unter Sawallisch, Klytämnestra) auch rein akkustisch wunderbar zur Geltung kommt.
Auf der Bühne habe ich sie (aus Altersgründen) leider nie gesehen - allerdings gibt es eine Salome-Verfilmung (mit Stratas) in der sie die Herodias singt (eigentlich keift). Da stiehlt sie fast allen Beteiligten die Show.
Ich hatte das Glück, sie noch live zu erleben...
Ihre Bühnenpräsenz war hervorragend, stimmlich hat sie mich nie "vom Hocker gerissen" (unschöne Höhe, ohne Substanz).
Gruß Guido
Hallo,
bei Salome muß ich mich mal einhaken.Es ist leider Usus geworden,
Herodias immer von abgehalfterten Sopranen singen zu lassen.
( A.Varnay,M.Mödl,A.Schlemm,A.Silja,u.s.w.) Die war garnicht
so alt,vieleicht 40 .Das gleiche gilt für Herodes,es soll laut Strauß
ein Heldentenor sein ,(Urauff.C.Burian )und nicht ein alter Buffo,
der sich auf der Bühne herumwälzt.Strauß schreibt: Die einzige
komische Rolle in Salome ist der Jochanaan.Das hat nichts mit
dem Thema A.Varnay zu tun.(Man sollte mal über Salome sprechen.)
Herbert Henn.
Unter http://wagneroperas.libsyn.com/ kann man in zahlreiche aktuelle wie historische Wagneraufnahmen reinhören, u.a. das Bayreuther Schlussduett aus dem "Siegfried" (1955). Varnay singt eine wunderbare Brünhilde. Wer weiß, vielleicht springt der akkustische Funke ja über - das ist auch der erste Windgassen-Siegfried, der mir zusagt...
Bei dieser Aufführung standen alle Sängerdarsteller im besten Saft, deshalb hat die Aufnahme auch heute noch einen besonderen Stellenwert.
Die Ratinger Plattenfirma ars Produktion von Annette Schumacher, die sich mit der Veröffentlichung historischer Gesangsaufnahmen (Peter Anders, Heinrich Schlusnus u.a.) bereits einen Namen gemacht hat, bringt jetzt ein Wagner-Recital von Astris Varnay auf den Markt, weshalb ich diesen alten Thread wieder hervorgeholt habe.
Als Düsseldorfer habe ich Astrid Varnay, die unserem Opernhaus viele Jahrzehnte verbunden war, sehr oft auf der Bühne erleben dürfen. Ich habe an anderer Stelle schon mehrfach geschrieben, dass ihre Stimme nicht schön war (schon gar nicht auf Tonträgern) aber sie trotzdem eine faszinierende Bühnen-Persönlichkeit war. Noch kurz vor ihrem Tod habe ich sie als "Mamma Lucia" in der "Cavalleria" erleben dürfen.
Das vortliegende Recital ist ein reines Wagner-Programm:
Astrid Varnay singt Wagner
Wesendonck-Lieder
+Arien aus Tristan & Isolde, Siegfried, Götterdämmerung
Astrid Varnay,
Bayr. RSO,
Loepold Ludwig, Hermann Weigert
Label: Ars , ADD/m, 1954/1955
Erscheinungstermin: 22.10.2008
LG
ASTRID VARNAY hab ich persönlich in Salzburg 1964
als Elektra gehört im Großen Festspielhaus.
Dirigent und Regie Herbert von Karajan.
Bühnenbild Theo Otto.
Martha Mödl Klytämnestra
Hidegard Hillebrecht Chrysothemis
Eberhard Waechter Orest
James King Aegisth
Es gab nur 3 Aufführungen und nur in diesem Jahr.
Da war die Varnay echt ein Ereignis. Ihre Stimme war
immer eine Geschmacksache!
Ich fand ihre Persönlichkeit heraussragend!
Ja und in dieser Aufführung außerordentlich!!
Lieber Herbert,
ich leihe Dir gerne mal DGG LPEM 19 045 (Heil dir Sonne! u. Starke Scheite usw.) sowie LPEM 19 193 (Oh sink hernieder usw. u. Isoldes Liebestod), wo Du Dir einen Begriff von Astrid Varnays unverwechselbarem und klangschönen Timbre machen kannst.
P.S.: Ich habe noch LPEM 19 018 (Weh´, ach wehe, dies zu dulden) - paßt doch!
Ich mag generell die Bashing-Threads nicht so; und a propos abgehalftert:
Man sollte nicht immer so abfällig über gereifte Künstler sprechen - Stolze war als Herodes unter Solti gar nicht alt. Über eines aber wird man sich einigen müssen: Die Varnay als Klytämnestra in der Böhm-Verfilmung verfügt, und zwar aufgrund ihres Alters und ihrer szenischen Einsatzbereitschaft - über eine Palette an Farben und Valeurs, von der dekorative Mezzo-Kolleginnen nicht einmal träumen können.
Hallo, farinelli!
Vor Kurzem habe ich die Varnay in einer deutsch gesungenen Gesamtaufnahme als Lady Macbaeth gehört. Hervorragend! Sie bewältigte diese Mezzo-Partie, obwohl keine ausgesprochene Verdi-Sängerin, in einer ihr nie zugetrauten Weise.
Gruß Wolfgang
Heute wäre sie 95 geworden:
Ibolyka Astrid Maria Varnay (* 25. April 1918 in Stockholm; † 4. September 2006 in München) war eine amerikanische Opernsängerin ungarischer Abstammung. Sie wurde bekannt durch ihre langjährigen Darbietungen von Frauenfiguren in den Musikdramen Richard Wagners als hochdramatischer Sopran.
Ihre Eltern waren der Tenor Alexander Varnay und die Koloratursängerin Maria Yavor. Die Familie emigrierte 1920 nach New York, wo sie von ihrer Mutter und Hermann Weigert (1890–1955), ihrem späteren Mann, unterrichtet wurde. Ihr Debüt gab sie 1941, als sie für Lotte Lehmann als Sieglinde an der New Yorker Metropolitan Opera einsprang. Wenige Tage darauf ersetzte sie die Traubel als Brünnhilde. Es folgte eine lang anhaltende Weltkarriere.
Ihr erstes Fest-Engagement hatte sie ab 1955 an der Düsseldorfer Rheinoper, einem Haus, dem sie bis zum Ende ihrer Karriere treu blieb.
Ich erinnere mich noch gut an einen Festakt zu Ehren ihres 40-jährigen Dienstjubiläums in Jahre 1995, als sie von Generalintendant Prof. Kurt Horres zum Ehrenmitglied ernannt wurde.
LG
Astrid Varnay kenne ich vor allem als Wagner-Sängerin, besonders im 58er Ring unter Knappertsbusch. Gerade bnei solchen live-Aufnahmen wird deutlich, was für eine Stimmkraft die Varnay besessen hat. Die "Starken Scheite" am Ende der GD singt sie sehr intensiv (und Kna mit seinen Tempi schont die Sänger Weißgott nicht), brennt noch ein regelrechtes Feuerwerk an Emotion ab. Die dunkel eingefärbte Stimme Astrid Varnays liegt mir bei der Brünnhilde deutlich mehr als Flagstad oder Nilson. Auch bei den von Farinelli erwähnten DGG-Aufnahmen als Isolde ist die Varnay ausgesprochen stimmschön. In beiden Rollen ist Astrid Varnay für mich Referenz.
Liebe Grüße vom Thomas
Ich pflichte Dir bei, lieber Thomas. Ich höre die Varnay auch sehr gerne als Brünnhilde (unter Knappertsbusch und Keilberth in Bayreuth). Ihre Isolde ist auch mehr als hörenswert. Phänomenal finde ich sie als Herodias in dem Film unter Böhm.
Demnächst gibt es auch Astrid Varnay im preiswerten 10erPack:
Bei jpc für unter 10,-- €, beim Urwaldfluss merklich teurer...
Eigentlich war sie alles andere als ein Platten-Star, ihre Stärke lag eher auf der Bühne.
Ich habe sie nur einmal auf der Bühne erlebt - irgendwann in den Siebzigern in Düsseldorf - als Küsterin in der "Jenufa". Überragend!
Und was hat das mit Astrid Varnay zu tun ?
Herbert
Astrid Varnay gehört zu den Sängerinnen, deren lange Karriere vom Anfang bis zum Ende akustisch genau dokumentiert ist. Das ist ein historischer Glücksfall. Man kann sich also einen lückenlosen Eindruck verschaffen. Wie noch von Harald erwähnt, begründete sie ihren Ruf im Dezember 1941 mit der Sieglinde als Einspringerin für Lotte Lehmann. Wenige Tage später folgte - auch unvorhergesehen - die Brünnhilde in der "Walküre". Das war noch vor ihrem offiziellen Debüt an diesem Haus als Elsa im "Lohengrin" am 9. Januar 1942. Bemerkenswert ist, dass sie die Karriere, noch bevor es richtig los ging, schon in die andere Richtung, nämlich ins Hochdramatische gelenkt hatte. Dafür ist mir kein anderes Beispiel bekannt. Die berühmte Sieglinde ist erhalten geblieben, ebenso die erste Met-Elsa. An Hand dieses "Walküre"-Mitschnitts wird noch nach gut 75 Jahren (!) deutlich, was sich damals für ein Talent Gehör verschaffte. Sie war erst 23, schlug bei Publikum und Kritik wie eine Bombe ein. Die Vorstellung wurde ja im Rundfunk übertragen. Bis auf Eva in den "Meistersingern", Freia im "Rheingold", Gutrune in der "Götterdämmerung" und Telea in Menottis "The Island God" dürften alle Rollen, die sie in den folgenden Jahrzehnten an der Met verkörpert hat, auf Tonträgern erhalten geblieben sei. Das waren nicht wenige Rollen und nicht wenige Vorstellungen. Letztmalig trat die Varnay an der Met, der sie immer verbunden blieb, als Witwe Begbick in "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" von Weill/Brecht auf. Das war am 22. Dezember 1979. Es gibt sogar einen Film davon. Zwischen Beginn und Abschluss lagen 38 Jahre.
Die üppigen deutschen Jahrzehnte mit Bayreuth im Zentrum sind schon gebührend abgehandelt worden. Der letzte Varnay-Mitschnitt von den Wagner-Festspielen stammt von 1961. Darin ist sie nochmals die Brünnhilde in der "Walküre", und zwar unter Rudolf Kempe, der den "Ring" im Jahr zuvor übernommen hatte. Obwohl die Defizite nicht zu überhören sind, vermittelt sie immer noch eine atemberaubende Vorstellung von der Architektur der Partie. Obwohl sie bis 1967 in Bayreuth tätig war, trat sie in die zweite Reihe zurück, sang keine Premieren mehr. Deshalb haben sich auch keine späten Mitschnitte aus dem Radio erhalten.
Meine erste Begegnung mit der Varnay war genau die Platte, die farinelli in seinem Beitrag Nr. 12 mit großem Lob ins Spiel brachte. Seinen Bemerkungen ist nichts hinzuzufügen. Obwohl die Varnay fürs kontrollierte Studio nicht die idealsten Voraussetzungen mitbrachte, führt sie in den Schlussszenen von "Siegfried" und "Götterdämmerung" nach meiner Auffassung exemplarisch vor, wie die Brünnhilde im Idealfall zu singen ist: die Stimme nicht bis zu den letzten Reserven ausreizen, es muss immer noch etwas mehr möglich sein, deutlich im Wort, Fähigkeit zur Steigerung, die Spannung nicht verlieren, große Ruhe, perfekte Beherrschung der Partie, keine Übertreibungen, dem Werk dienen und nicht der eigenen Eitelkeit. Insofern sind diese Dokumente, die inzwischen auch auf CD veröffentlich wurden in der von Harald eingestellten DG-Box (14), für mich unverzichtbar, exemplarisch und richtungsweisend. So wollte ich es immer hören. Dass ich heute Wagner-Aufführungen weitgehend meide, hat auch damit zu tun.
Es gibt relativ wenig offizielle Studiodokumente mit der Varnay. Dafür aber ist sie eine Königin der Piraten. Ich habe die Mitschnitte nicht gezählt. Es sind garantiert an die zweihundert. Eine der Großtaten der Musikindustrie ist die nachträglich von Testament veröffentlichte erste Gesamtübertragung des "Ring des Nibelungen" in Stereo unter Joseph Keilberth von 1955 aus Bayreuth in bestechender Qualität. Sie ist die Brünnhilde. Inzwischen sind auch weitere Mitschnitte von Orfeo legalisiert worden. Auch der "Ring" von 1955, den Hans Knappertsbusch leitete. Die Varnay ist in der "Götterdämmerung" gleich in zwei Rollen präsent, als 3. Norn und als Brünnhilde. Das macht wirklich Eindruck und zeugt von hoher Professionalität. Unglaublich!
Die WDR-Produktion, die Wolfgang abermals zu Recht eingestellt hat, besitzt Format. Es wird deutsch gesungen, was eine interessante Alternative zu den Dokumenten in der Originalsprache darstellt, die in der Überzahl sind. Mir gefällt an dieser Aufnahme, wie lapidar die Varnay im ersten Akt den Brief liest. Damit erzielt sie einen größere Wirkung als jene, die an dieser Stelle gern übertreiben. Selbstverständlich hat Astrid Varnay die Partie der Lady auch im Original beherrscht, wovon ein Mitschnitt vom Maggio Musicale in Florenz von 1951 zeugt. Die Inszenierung besorgte übrigens Gustaf Gründgens.
Über die Varnay zu reden, verlangt auch den Hinweis auf ihre mustergültigen Carl-Orff-Aufnahmen. Von "Oedipus der Tyrann" (Jokaste) gibt es gleich zwei - live von 1959 aus Stuttgart unter dem vielseitigen Ferdinand Leitner
und aus dem Studio unter Kubelik aus dem Jahre 1966
Beide Male ist der phänomenale Gerhard Stolze der Oedipus.
Im Laufe der Jahre sind etliche filmische Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt - leider nur aus der späten Phase. Zuvorderst zu nennen ist ihre Küsterin in der "Jenufa" von 1970 aus München, die schon genannte Herodias im "Salome"-Film von Götz Friedrich möchte ich wiederholt nennen. Die Klytämnestra in "Elektra", ebenfalls in einem Friedrich-Film, halte ich für grenzwertig, was nicht nur an ihr liegt. Ein Da-capo-Gespräch mit August Everding gibt es auch, das Bayerische Fernsehen zeigte einen sehr bewegenden Film gelegentlich ihres Abschieds als Klytämnestra in München, der ihre gesamte Laufbahn streifte. Schließlich schätze ich auch eine Sendung, in der die Varnay mit ihren Kolleginnen Martha Mödl und Birgit Nilsson plaudernd beisammen war. 1985 drehte Götz Friedrich noch einmal mit ihr, diesmal Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt". Astrid Varnay gab eine sehr komische Juno. "Mahagonny" hatte ich selbst schon genannt. Noch etwas? Mehr fällt mir nicht ein.
Ein Foto aus der Garderobe ihrer frühen Met-Jahre. Auf dem Schminktisch zwei Fotos von Kirsten Flagstad, der mütterlichen Freundin:
Und was hat das mit Astrid Varnay zu tun ?
Herbert
Ich denke, wenn ich Astrid Varnay als Küsterin in der "Jenufa" erlebt habe, was auch ihre Rollenbreite zeigt, kann man doch einen gewissen Bezug hier zum Thema nicht so ganz in Abrede stellen!
In etwa einem Monat steht der 100. Geburtstag von Astrid Varnay an (geboren am 25. April 1918 in Stockholm).
Anders als derzeit im Falle von Christa Ludwig (die heute ihren 90sten feiern kann), scheinen sich die Labels bislang mit Boxen zu Ehren der Varnay zurückzuhalten.
Dass sie nicht unumstritten war, zeigt der Verlauf dieses Threads. Ich selbst war eigentlich vom ersten Mal an von ihrer Stimme fasziniert. Besonders schätze ich sie im Wagner- und Strauss-Fach. Meine Unverzichtbaren: Der Keilberth-"Ring" und die Böhm-"Salome". Dazwischen liegen fast zwanzig Jahre (1955 und 1974).
Ich denke mal, dass es ein Unterschied ist, ob jemand 90 wird und noch lebt oder 100 und längst tot. Will sagen: 100 werden wir alle mal. Ob Labels bei der Varnay auf diesen Gedenktag eingehen, wird sich zeigen. Die Dokumentenlage ist nicht so üppig und differenziert wie beispielsweise bei der von Joseph erwähnten Christa Ludwig. Im Studio sind die wenigsten Aufnahmen enstanden. Nach wie vor finde ich diese immer noch erhältliche Box die beste Zusammenfassung ihrer Studioeinspielungen einzelner Szenen:
Sie könnte nur etwas ansprechehender gestaltet werden.
Ich habe mir ein kleines Experiment gegönnt, weil ich Spaß daran habe. Alle bekannten Aufnamen mit Astrid Varay sind derzeit greifbar - bei Amazon, jpc, Ebay, Spotify, YouTube, antiquarisch u. a. bei ZVAB und Booklooker, sogar die beiden Bücher. Soll heißen, wenn ich das Bedürfnis hätte, ich könnte mir in der nächsten Stunde zusammenholen, wozu ich einst viele Jahre brauchte. Das Netz macht es möglich. Insofern stellt sich für mich die Frage nach neuen Veröffentlichungen immer etwas eingeschränkt. Es sei denn, es käme die ultimative Edition aller Aufnahmen zustande, versehen mit allen erforderlichen Informationen, mit Fots, Dokumenten usw. Aber soetwas gibt es leider nie. Selbst bei der Callas, die Warner nun mit vorbildlichen Sammlungen geehrt hat, fehlt immer etwas.
Auch hier möchte ich heute an sie erinnern, wie ich es schon dort getan habe:
Liebe Grüße
Willi
ZitatAlles anzeigenVon 1951 bis 1967 sang sie bei den Bayreuther Festspielen: Heute wäre Astrid Varnay 100 Jahre alt geworden
Ihr Name ist untrennbar mit dem Neustart der Bayreuther Festspiele nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden. Neben Birgit Nilsson und Martha Mödl zählt sie zu den wichtigsten Wagner-Sängerinnen der 50er und 60er Jahre.
Namhafte Kolleginnen hatten eine Empfehlung für die damals junge Sängerin, die bereits an der Met in New York Erfolge als Sieglinde und Brünnhilde feierte, abgegeben. Wohl auch, um Reisekosten zu sparen, wurde auf ein Vorsingen der Amerikanerin auf dem Grünen Hügel verzichtet. Ihr Bayreuth-Debüt gab Astrid Varnay im Jahr 1951 in der „Walküre“. Oswald Georg Bauer beschreibt diesen Moment in seiner „Geschichte der Bayreuther Festspiele“ so: „In diesem Akt betrat Bayreuths neue Brünnhilde Astrid Varnay die Bühne mit ihren strahlenden Hojotoho-Rufen. In der Todesverkündigung erreichte ihre Gestaltung ihren ersten berührenden Höhepunkt.“
Über den dritten Akt „Siegfried“ ist zu lesen: „Brünnhildes Erwachen mit Bernd Aldenhoff und Astrid Varnay galt als das szenisch und stimmlich Beste im ,Ring‘, als schlechthin vollendet. Es war eine sehr menschliche Darstellung von großer und eindrucksvoller Wirkung. Als wohltuend wurde empfunden, dass Astrid Varnay auf das händeringende, sehnende Recken der Arme verzichtete, dass sie nur einige sparsame Bewegungen machte, die sie aus ihren ,seelischen Empfindungen‘ entwickelte. Sie war von herber, strahlender Größe in Erscheinung und Stimmklang, von bezwingender Überzeugungskraft, sie wurde als ,Leuchtrakete‘ bezeichnet.“
Stimmfetischisten waren sich einig, dass es schönere Stimmen gab, als die der Astrid Varnay. Übereinstimmende Bewunderung löste Varnay aber durch das Zusammenwirken des Gesangs mit ihrer tief empfindenden szenischen Darstellung aus. Sie wurde zu einer der ersten großen Sängerdarstellerinnen der Nachkriegszeit und somit zu einer wichtigen Säule im Regiekonzept Wieland Wagners, von dem der Satz überliefert ist: „Was brauche ich einen Baum, wenn ich Astrid Varnay habe.“ In einem auf Youtube zu sehenden Interview mit dem einstigen Münchner Intendanten August Everding gibt Varnay Einblicke in die Bayreuther Arbeit mit Wieland Wagner. Dabei erinnert sich die Sängerin: „Wieland hat uns verboten, rhythmisch zu agieren.“ Er habe eingeführt, dass man auch in einer Pause eine Bewegung macht, um eine Sache vorwegzunehmen oder etwas anzudeuten. Man kann aus Varnays Schilderung schließen, dass das heute so genannte Mickey-Mousing inder Zeit vor Wieland Wagner weit verbreitet war. Längst ist auf den Opernbühnen Standard geworden, was der Bayreuther Festspielleiter in den 50er Jahren gefordert hat. Den Sängerdarsteller, der durch seine persönliche Ausdruckskraft die eigentliche Verdeutlichung des dem Drama innewohnenden Sinns herbeiführt. Es gelingt freilich nicht immer und ist auch nicht von jedem Regisseur gewollt.
In Bayreuth hat Astrid Varnay fast alle großen Partien ihres Fachs gesungen. Brünnhilde, Isolde, Ortrud, Sieglinde, Gutrune, Senta, Kundry. 1967 sang sie letztmals auf dem Grünen Hügel Brünnhilde, Ortrud und die dritte Norn. Ihr letztes „Ring“-Jahr in Bayreuth dürfte der Hochdramatischen wohl nicht nur in positiver Erinnerung geblieben sein. Bei Oswald Georg Bauer heißt es: „Ein neuer, rüpelhafter Ton machte sich bemerkbar, als Astrid Varnay am Schluss der ,Götterdämmerung‘ ausgebuht wurde, was wieder die Gegenpartei auf den Plan rief. Wilhelm Pitz umarmte sie vor dem Vorhang, der eiserne Vorhang wurde heruntergelassen und die Solisten erschienen nicht mehr, obwohl noch 20 Minuten applaudiert wurde.“
Varnays internationale Karriere war damit noch lange nicht beendet. Insgesamt stand sie mehr als 100-mal als Ortrud oder als Isolde auf den Opernbühnen der Welt. Die Brünnhilde in der „Walküre“ sang sie knapp 140-mal. Ihren letzten Auftritt hatte sie 1995 an der Bayerischen Staatsoper in München als Amme in Modest Mussorgskys „Boris Godunow“.
Im Gespräch mit August Everding sagte die Sängerin: „Ich habe alles mit Humor gemacht, sonst hätte ich nichts ausgehalten.“
Astrid Varnay ist nach einem erfüllten Sängerleben im September 2006 verstorben.
An ihrem 100. Geburtstag möchte ich gerne etwas über diese Jahrhundertsängerin schreiben - ja, das war sie für mich, eine der bedeutendsten Hochdramatischen des 20. Jahrhunderts, mir persönlich vielleicht hinter Flagstad und Nilsson die drittwichtigste. Was für eine Karriere, was für eine Lebensleistung! Live habe ich die Varnay leider nicht mehr erlebt. Als ich Anfang der Neunziger Jahre zum ersten Mal einen Jahresspielplan der Bayerischen Staatsoper München in die Hände bekam und da die Besetzung von "Boris Godunow" mit Astrid Varnay als Amme las, wollte ich sofort hinfahren und habe wirklich eine Reise nach München erwogen, aber irgendwie hat das dann doch nicht geklappt, es ist auch ein weiter Weg von Berlin nach München und in der Bayerischen Staatsoper habe ich wohl nicht viel mehr als 5 Vorstellungen gesehen. Hätte sie nach dem Mauerfall noch einmal in Berlin gastiert, in welcher Rolle auch immer, ich wäre wohl reingegangen.
Ich habe von einem älteren Berliner Opernbekannten, den ich beim Anstehen an der Deutschen Oper kennengelernt hatte, viele seiner Schallplatten geschenkt bekommen, nachdem er sich die Aufnahmen auf CD zugelegt hatte. Die ersten beiden Operngesamtaufnahmen, die er mir in einer Tüte in die Hand drückte, waren zwei "Lohengrin"-Aufnahmen, einmal Staatsoper Berlin 1942(?) unter Heger mit Müller, Klose, Völker, Prohaska und Hofmann sowie Bayreuth 1954 mit Nilsson, Varnay, Windgassen, Uhde und Adam. Vielleicht auch wegen der besseren Tonqualität, aber nicht nur deshalb, gefiel mir die Bayreuther Aufnahme insgesamt besser, auch wenn ich Frau Nilsson als Elsa nicht viel abgewinnen konnte, aber sehr eindrucksvoll fand ich Astrid Varnay als Ortrud - mehr als die Klose im Berliner Mitschnitt.
https://www.youtube.com/watch?v=97WkmgGlqP8
Wenig später bekam ich meine ersten kompletten "Ringe" von ihm auf LP geschenkt: Bayreuth 52 und 58, jeweils mit der Varnay als Brünnhilde. Kurz darauf brach meine Melchior-Leidenschaft aus und ich hörte alles, was damals mit ihm zu bekommen war - und siehe da, da war auch viel Varnay dabei: Venus, erst Elsa und dann Ortrud.
Hier mal stellvertretend für viele MET-Mitschnitte mit der Varnay ihr MET-Debüt als Sieglinde:
https://www.youtube.com/watch?v=j3OAHSWs5-4&t=21s
Wenig später erlebte ich die Varnay auch zum ersten Mal als Darstellerin: Im Fernsehen lief die Münchner "Jenufa" mit ihrer Küsterin - atemberaubend!!! Ich habe das damals auf eine Videokassette aufgenommen und unzählige Mal angesehen.
https://www.youtube.com/watch?v=HkwiiW6OVcU&t=145s
Natürlich stieß ich auch auf Aufnahmen, wo mir die Varnay nicht so zusagte, schon die Bayreuther Sentas Mitte der 1950er Jahre gefallen mir nicht wirklich, in dieser Rolle präferiere ich eine mädchenhaftere, schwärmerische Stimme. Als ich dann einen MET-"Tristan" von 1955 auf CD bekam, war ich sehr skeptisch, aber die Varnay überzeugte mich hier absolut.
Eine zweite Charakterrolle nach der Küsterin, in der sie mich stark beeindruckte und prägte, war ihre Herodias in der Verfilmung durch Götz Friedrich:
https://www.youtube.com/watch?v=MJ1kHi1HjQE
Ich verneige mich vor dieser Künstlerin und ihrer Kunst, die mir seit vielen Jahren so viel gegeben hat.
Und solltest du, lieber "Operus", doch noch eine Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Birgit Nilsson durchführen wollen, dann vergiss bitte nicht, dass die Varnay in diesem Jahr auch 100 wurde und dass es beide gleichermaßen verdient haben, gewürdigt zu werden! Also ein Veranstaltung zum Doppeljubiläum?
Zum Schluss meiner Hommage soll die Varnay selbst zu Wort kommen: