Wie "rückwärtsgewandt" ist das Tamino- Klassikforum?

  • Nicht verstehen kann ich es allerdings, wenn in diesem Zusammenhang Lang Lang und Nigel Kennedy genannt werden.

    Hier möchte ich Swjatoslaw voll und ganz zustimmen.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • In den letzten zwei Monaten bin ich sehr 'rückwärts gewandt'. Ich kaufe wieder Schallplatten in rauen Mengen. Dazu auch noch zum Hochpreis (im Schnitt umgerechnet 40 bis 50 DM) Bei der CD hat man die durchnummerierten Tracks, aber bei der LP. ist die Klangqualität in der Regel umwerfender. Das Label MRF, welches ich in den 1980er Jahren nicht kannte bzw. sich nur im Unterbewusstsein eingenistet hatte - in den Musikläden aber kaum angeboten wurde - hat es mir nun angetan.


    Ich fange mal bei den Italienern und Franzosen an, aufzuzählen und fordere Euch auf, sich die Besetzungslisten auf der Zunge zergehen zu lassen:


    MRF 076 Cavalli: L'Egisto - Orailia Dominguez (singt die Partie der Nacht), Rita Talarico, Luigi Alva, S, Bruscantini - VENEDIG 1970
    MRF 117 Scarlatti A: Griselda - Freni, Alva, Luchetti, Bruscantini - Neapel 1971
    MRF 26-5 Verdi: I due Foscari - Luisa Maragliano, Renato Cioni, Maio Zanasi - New York 1968
    MRF 8 Verdi: Alzira - Virginia Zeani, Gianfranco Cecchele, Cornel MacNeill, Carlo Cava - Rom 1967
    MRF 163 Wolf-Ferrari: Le Donne Curiose - Mafalda Micheluzzi, Eugenia Ratti und weitere - New York 1980
    MRF 164 Auber: Le Cheval de Bronze - Nigoghossian, Garcisanz, Arapian, Gold, Bellami - Paris 1979
    MRF 150-8: Chabrier: Gwendoline - Ana Maria Miranda, Claude Meloni und weitere - Paris 1977
    xxx Einiges wurde von GALA auch schon auf CD überspielt xxxl
    BJRS 128: Meyerbeer: Il Crociato - Janet Price, Patricia Kern, Christian du Plessis - London etwa 1970/80
    VOX 5213: Cavalli L'Erismena - Delreen Hafenrichter, Paul Esswood - Oakland-Symphonie, Alan Curtis


    Japaner haben den Laden gestürmt und mir Cherubinis ANACREON vor der Nase weggeschnappt. Der Ladeninhaber kann sich von seinen Schätzen schlecht trennen und ringt jedesmal die Hände, wenn ich in der Tür auftauche. (Mein Kommetar: Wem winken Sie?) Ich will erst noch ein bisschen Rahm abschöpfen, dann verrate ich Euch wo in Hamburg der Laden zu finden ist - also, am Dammtorbahnhof müßt ihr in den Bus umsteigen.


    Scherzfrage eines Schülers, der nur Download macht: "Eine Schallplatte, was ist denn das?" Schezantort: "Das ist das, was Opa hat!"


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

  • Seit meinem letzten Eintrag in diesem Thread ist jetzt einige Zeit vergangen, in der ich mich nach wie vor mit Beethoven befasst habe (Furtwängler, Klemperer, Leibowitz, Kegel), dann mit Schostakowitsch (Kondraschin, Sanderling, Jansons) und Mjaskowski (Swetlanow), dann mit dem Messias (Richter, Beecham, Jacobs), Porgy and Bess (Rattle) und jetzt wieder mit Beethoven unter Dausgaard. Und zu Weihnachten gönne ich mir sehr feierlich Dessaus "Verurteilung des Lukullus" und Orffs "Trionfi" beide unter Kegel.
    In Planung ist noch mehr von Furtwängler, Mahler von Boulez, Porgy and Bess unter Harnoncourt, die Langgaard-Sinfonien, ein Beethoven.Zyklus von Karajan und die Einspielung aller Orchesterwerke Beethovens unter Dausgaard.


    Wie rückwärtsgewandt bin ich?


    John Doe
    :D

  • Hallo!


    Gestern Abend war ich rückwärtsgewandt! Ich hatte meinen "Schellack-Abend". Mit entsprechenden Playern klingen Schellacks richtig gut. Ein Genuß mit Miliza Korjus, Meta Seinemeyer, Richard Tauber, Franz Völker, Herbert Ernst Groh, Hans Reinmar und Georg Hann. Besonders gefallen hat mir das Duett von E. Künneke "Immerzu, klingt mein Herz deinem Herzen zu" mit Tiana Lemnitz und Helge Roswaenge.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Solch einen langen Thread komplett durchzuliesen und zu verarbeiten - das ist schon eine harte Nuss - dennoch habe ich das heute - zumindest annähernd geschafft - manchmal hab ich allerdings sehr schnell und flüchtig gelesen.
    Es fragt sich , inwieweit es sinvoll ist, einen alten Thread erneut zu lesen, zu verarbeiten und zu beantworten.
    Indes - es ist interessant - man findet Aussagen die man beim ersten Mall überlesen hat - und hat Lust darauf zu antworten.

    Zitat


    Die CD wird im Bereich der Bühnenwerke mehr und mehr verschwinden
    und dem 'Gesamtkunstwerk' - bestehend aus Bild und Ton - Platz machen


    Die Theorie könnte stimmen - aber die heutigen Inszenierungen stehen dem entgegen. Es gibt viele Produktionen die musikalisch erstrangig, optisch aber ungenießbar sind.


    Der Vorwurf, die derzeitgen Interpreten wären die ersten, die ob ihres Aussehens Karriere gemanch hätten, ist nicht besonders überzeugend.
    Schon im 19 Jahrhundert. und vermutlich schon immer - hat man gewusst daß ein Virtuose auch "süss" sein darf



    Auch Wilhelm Backhaus war in jungen Jahren sexy - und - entgegen seinen Altersdeutungen - wild.


    Auch der junge Franz Liszt wusste von seinem Aussehen zu profitieren.



    Nun wieder zu Karajan. Es wurde hier im Thread behauptet, auch er wäre ein PR-Talent gewesen. Aber das stimmt nur bedfingt. Ursprünglich empfand er die Anwesenheit von Fernsehkameras als störend, an Emfpängen nam er nur teil wenn dies unbedingt erforderlich war, "Pikante Geschichten" sind von ihm keine überliefert. Wer je ein Intervie mit ihm gesehen hat, seine leise krächzende Stimme und sein eher introvertiertes Auftreten gesehen hat, der wird mir beipflichten, daß Karajans Vorzüge auf anderen Gebieten zu suchen waren: Er war musikalisch und hochintellektuell, ein Stratege, Pragmatiker und formender Musiker zugleich, der seinen eigenen Geschmach stark in seine Interpretationen einfliessen ließ - sehr zur Freude seines zeitgenössischen Publikums.


    Was sit denn eigentlich der Konflikt zwischen der jüngeren Generation, die "ihre" Künstler verteidigt und die "einstigen" Ablehnt.


    Nun das ist komplexer, als es zunächst den Anschein hat. Aber man sollte folgende Parameter im Hinterkopf haben:


    1) Tonaufzeichnungen sind - auch wenn sie noch so gut sind - stets ein Abklatsch des originalen Erlebnisses,


    von lebenden Künstlern existiert bei den jüngeren eventuell die Erinnerung an ein Konzert, welche durch abhören einer CD aufgefrischt werden kann (es muß nicht das gleiche Werk sein)


    2) "Lichtgestalten" und "Elitäre Idole" genossen durch Jahrhunderte teilweise "göttliche Verehrung"


    Die derzeitige Generation hat siich (vorübergehend ?) von diesen Leitblidern losgesagt, alles "übermenschliche" erscheint ihnen suspekt.
    Somit bietet die Musikindustrie (auch die klassische) andere Musikertypen an, beispielsweise den jungen Mann von nebenan, oder die "schöne" emanzipiert junge Frau. Diese Künstler sind zudem viel angenehmer zu handlen, wie die teilweise gottähnlichen Stars von gestern.


    Die Künstlergeneration, die sich in Jeans und T-Shirt ohne jeglichen Aufputz zeigt, kann natürlich bei der älteren Generation nicht punkten. Man hört eigentlich gar nicht hin, denn man mag diese Art von Persönlichkeit a priori nicht, und lässt sie somit auch nicht "hochkommen"
    Ausnahmen gibt es natürlich immer und überall......


    Die Frage, ob das Tamino Klassikforum rückwärtsgewandt ist - ist damit allerdings auch nicht beantwortet... :P



    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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  • Die Künstlergeneration, die sich in Jeans und T-Shirt ohne jeglichen Aufputz zeigt, kann natürlich bei der älteren Generation nicht punkten. Man hört eigentlich gar nicht hin, denn man mag diese Art von Persönlichkeit a priori nicht, und lässt sie somit auch nicht "hochkommen"
    Ausnahmen gibt es natürlich immer und überall......

    Nun kommt es darauf an, was man mit "älterer Generation" meint, aber ich würde mich mit meinen 35 Sommern noch nicht unbedingt zu selbiger Generation zählen, kann aber mit den sogenannten "neuen"Künstlern ebenfalls sehr wenig anfangen. Mich hat schon Nigel Kennedy mit seinem unseligen Palästinensertuch genervt, und David Garrett, der sein Violinkonzert nicht mal im Stehen spielen kann, ist ebenfalls nicht meine Welt. Ich mag Künstler, die sich durch ihre Kunst auszeichnen, nicht durch lächerliches Showgehabe und bewusst "legeres" Auftreten, um ja nicht "steif" zu wirken. Dieser verzweifelte Hang nach dem Anderssein um jeden Preis ist mir völlig suspekt. Heifetz, Perlman, Oistrach etc. hatten/ haben alle ihren persönlichen Stil und ihre Individualität, aber sie bekommen bzw. bekamen das auch ohne kunstferne Mätzchen hin.
    Als im Juni die Arena di Verona eröffnet wurde, gab es dort eine große Gala, die auch im italienischen Fernsehen übertragen wurde. Ich habe diese Gala mit einer Freundin, die bei Verona lebt, angeschaut, und ich war entsetzt über die Plattitüden, den Mischmasch und den geschmacklosen Einheitsbrei, der dort fade gewürzt durch eine überkandidelte Moderatorin serviert wurde.
    Garrett war natürlich auch dabei, befand es aber nicht für nötig, sein Können mit echter Violinmusik unter Beweis zu stellen, sondern musste sich an Beethovens fünfter Sinfonie versuchen, die er mundgerecht arrangiert und rockig unterstützt in 10 Minuten herunterfiiedelte.Anna Netrebkos Prinzgemahl, Mr. Schrott, war sich auch zu schade, um eine echte Arie zu singen und damit seine unter dem ganzen Machogehabe möglicherweise versteckte, hohe Kunst unter Beweis zu stellen, sondern grölte einen Tangosong in ein Mikrofon(!!). Wenn ich mit solcherlei "Kunst" nichts anfangen kann und deshalb "rückwärtsgewandt"bin, dann bin ich es gerne und nehme es sogar als Kompliment, und auch das Forum darf dies IMHO gern so halten.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Nun ja, wenn ich das so lese, regt sich Widerspruch. So denke ich, dass z.B. Beethoven zu seiner Zeit rein äußerlich ebenso verstörend war wie z.B. Kennedy. Er hatte wüstes Haar, war oft unrasiert, der Kragen stand ihm offen und er achtete teilweise gar nicht auf die Kleidung. Oder Wagner, der wie ein Pfau herumlief und sicherlich auffiel. Bruckner mit seinen extrem weiten Kragen und den Hochwasserhosen. Ich glaube, dass es immer so war, dass die KÜnstler auch versuchten, durch ihr Äußeres ihr Anderssein betonen wollten.
    LG
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Beethoven wollte sicher nicht "auffallen", war lediglich ungepflegt. Es gibt einen Bericht eines (adeligen?) Besuchers, der nach einem Besuch bei Beethoven über einen ungleerten Nachttopf und Teller mit Essensresten schreibt. (Ich weiß, jetzt wird wieder als Beweis nach einer Quelle gefragt, aber al ich diesen Text vor gut 20 Jahren las, hatte ich noch keine Ahnung, daß ich je in einem Internetforeum schreiben würde. Die Angabe erfolgt jedoch nach bestem Wissen und Gewissen aus meinem Gedächtnis....
    Beethovens Genialität und ein paar wohlmeinende Gönner halfen jedoch über derlei spielend hinweg.
    Beethoven wurde nicht WEGEN seiner unangenehmen Auffälligkeiten anerkannt, sondern TROTZDEM !!


    Heute wird oft durch taktloses Benehmen, unangebrachte Kleidung etc etc, versucht den Eindruck zu erwecken, man sei ein Genie -das gelingt gelegentlich auch - bis der erste Ton erklingt......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Na ich weiß nicht, ob dein Beethovenbild da nicht doch geschönt ist. Es gibt da einige bekannte Anekdoten, wo man sehr deutlich sah, dass er auch auffallen wollte. Zum Beispiel beim Spaziergang mit Goethe. Bei Bruckner mag es so sein, wie du schreibst, aber bei Wagner, so denke ich, war es so, dass er seine Kleidung so einsetzte wie Garrett heute.
    Und die Klavierhengste, die z.B. von Wilhelm Busch karikiert wurden, die waren auch nicht besser. Das Wort "Künstlermähne" ist schon sehr alt und wurde für Musiker geprägt, die sich durch ihre Haartracht, wie Kennedy, absetzen wollten.
    LG
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Beethoven konnte es sich erlauben, er war unbestreitbar ein Genie. Wagner natürlich auch. Garrett (den Namen auch nur in dem Zusammenhang zu nennen, ist schon ein Sakrileg) ist beim besten Willen keines. Das ist der Unterschied.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Es ging ja erst einmal nur um das Äußere. Ich glaube eigentlich auch nciht, dass Garrett sich vergleicht, das ging ja hier nur auf meine Kappe.
    Und es stellt sich ja die Frage, ab welchen Geniegrades man sich dann auffällig kleiden darf...
    lG
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Bei der Goethe-Anekdote ist aber nicht die Rede davon, dass Beethoven ungepflegt gewesen sei. (Gemälde sind natürlich nicht maßgeblich, aber während spätere Darstellungen zumindest in der Haartracht eine gewisse Vernachlässigung andeuten mögen, zeigen frühere Bilder einen durchaus eleganten jungen Mann. Wie gesagt, solche Bilder sind natürlich keine Schnappschüsse. Die Pockennarben sind wegretuschiert...)
    Er hat dort angeblich bewusst gesellschaftlich brüskiert. Ähnlich soll er ja aufgehört haben zu spielen, wenn jemand schwatzte oder einmal zornig einen Palais verlassen haben, weil ihm etwas nicht passte. Bei all dem sollte man nicht vergessen, dass der Topos des unkonventionellen Genies, das sich über gesellschaftliche Äußerlichkeiten hinwegsetzt, schon zu Beethovens Zeiten nicht neu war. Wenn auch mehr von Malern o.ä., wurde das bereits seit der Renaissance gepflegt.



    Die späteren Berichte, dass Beethoven privat in einem wüsten Chaos gelebt haben soll, deuten sicher einige der Schwierigkeiten an, die den schwerhörigen und im sozialen Umgang außer mit engeren Freunden schwierigen Künstler, umgaben. Die Kombination der Schwerhörigkeit mit der außerordentlichen Konzentration auf die Arbeit, dürfte zu solchen Episoden geführt haben. Ich glaube aber auch nicht, dass das der Normalfall gewesen ist.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bei der Goetheanekdote wird aber doch deutlich, dass er ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für damalige Zeiten extrem rüpelhaft war.
    Und geht doch einmal auf mein Wagner-Beispiel ein. Und auf die KÜnstlermähnen.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Bei der Goetheanekdote wird aber doch deutlich, dass er ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für damalige Zeiten extrem rüpelhaft war.
    Und geht doch einmal auf mein Wagner-Beispiel ein. Und auf die KÜnstlermähnen.
    Klaus



    Bevor ich darauf eingehe, möchte ich nochmal unterstreichen, was hier auch schon gesagt wurde. Ich vergleiche INTERPRETEN wie David Garrett oder Nigel Kennedy nicht mit KOMPONISTEN. Was die Künstlermähnen betrifft, so kommt es ja auch darauf an, WIE so etwas ausgesehen hat. Lange Haare an sich müssen ja nicht ungepflegt oder häßlich sein, im Gegenteil. Und auch die Virtuosen, die du wohl meinst, und die Wilhelm Busch so wunderbar karikiert hat, fielen auch in erster Linie durch ihr Können auf, nicht durch ihre Haare. Mit Haaren allein wird man keinen Blumentopf gewonnen haben.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Natürlich hast Du recht, das Künstler wie vielleicht schon Paganini, sicher Liszt, Wagner u.a. sehr sorgfältig an einem "Image" arbeiteten, was auch Äußerlichkeiten einschloss. Was einen Fall wie Garrett deprimierend macht, ist doch, dass der als Teenager in den 1990ern schonmal ein "ernsthafter" Klassik-Jungstar gewesen ist (ich erinnere mich noch vage), lt. wikipedia mit 14 einen DG-Vertrag usw. Aber anscheinend lässt sich mit dem, was er jetzt macht, mehr Geld verdienen.


    W.Busch


    Der Virtuos


    Ein Neujahrskonzert


    Zum neuen Jahr begrüßt euch hier
    Ein Virtuos auf dem Klavier.
    Er führ" euch mit Genuß und Gunst
    Durch alle Wunder seiner Kunst.


    weiter auf:
    "http://www.wilhelm-busch.de/50_Der_Virtuos.html"

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  • Richard Wagner wusste, dass er ein Genie ist. Er sah sich als eines und forderte von seiner Umwelt dafür die nötigen Mittel ein, weil "es ihm die Welt schuldete".


    Sieh dazu auch das Buch: "Richard der Einzige", Hermann Hakel im Forum-Verlag.


    So höret denn,


    Die G'schicht is' schön.


    Hoch steht ein Zauberschloss auf einem Felsen,


    mitt' in ein'm Felsenhain,


    ganz ohne Gelsen.


    Drin ein Schatz, heisst der "Gral",


    niemst weiß weswegen,


    und der Gral allemal


    bringt Glück und Segen.


    Gral kommt von "Gralawat",


    und möglich is es,


    das'n einst wer g'stohlen hat,


    man weiss nix G'wisses.


    's stärkt den Gral wunderbar


    ein Zaubergeier,


    der kommt g'flog'n alle Jahr,


    folglich auch heuer.


    Und beim Gral Tag und Nacht,


    mit Hump'n und Zither


    halten per Putz nur Wacht


    zwölf schöne Ritter.


    Einer davon bin ich,


    jetzt Urlaubswand'rer,


    um zu erholen mich,


    dann geht ein andrer.


    Jetzt weisst du, wer ich bin,


    ich kann's beweisen,


    und "Herr von Lohengrin",


    so tu ich heißen.


    Doch jetzt muss z'ruck zum Gral


    s'Lamperl mich ziehen,


    schaffen s' ein anders Mal,


    's war m'r ein Vergnügen.


    als kleine Kostprobe der Parodien.



    Liebe Grüße - Erich

  • Es wurde jetzt schon mehrmals gesagt, dass Genies da etwas dürfen, was andere nicht dürfen. Nur: Kann man wirklich erwarten, dass jemand von sich weiß, dass er kein Genie ist?
    Das halte ich tatsächlich für zu viel verlangt. Und bin sicher, dass es ja damals sehr wohl genug Menschen gab, die unseren Genies ihre Genialität absprachen.
    Auch den Unterschied zwischen Komponisten und Musikern lasse ich nicht gelten. Es geht doch um Künstler und wie sie sich der Welt präsentieren.
    LG
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Lieber Klaus 2,


    du hast recht, denn ein Genie wird oft verkannt, bzw. nicht erkannt. Dem neben ihm lebenden Menschen fällt nur die Exaltiertheit, Aussergewöhnlichkeit in vielen Dingen oder anderes nicht so angenehmes auf. Das Genie wird meist erst rückblickend erkannt.


    Wieviele der heute sich nicht konform benehmenden Künstler (egal welcher Gattung) werden wohl in späteren Jahren als Genies gehandelt?


    Liebe Grüße -


    Erich

  • Mal generell was zum Thema "Genie":
    Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander. Die Grenze ist oftmals nicht erkennbar.
    (Diese Erkenntnis stammt nicht von mir. Da waren andere Leute schneller und schlauer).
    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Stimmt, Chrissy. Aber Genie und Crossover auf Kosten einmaliger Werke liegen sehr weit auseinander. :hello:

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

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  • Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander. Die Grenze ist oftmals nicht erkennbar.


    Bayern und Sachsen z.B. auch.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander. Die Grenze ist oftmals nicht erkennbar.
    Bayern und Sachsen z.B. auch.

    Lieber Farinelli
    Hier tut sich natürlich die Frage auf, was meinst Du "die Grenze" oder "Genie und Wahnsinn".
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Scherzfrage eines Schülers, der nur Download macht: "Eine Schallplatte, was ist denn das?" Schezantort: "Das ist das, was Opa hat!"


    Das ist gar keine Scherzfrage, lieber Engelbert. Ich habe es wirklich erlebt in einer Diskussion, dass 16jährige nicht mehr wussten, was Schallplatten sind. Die konnten nicht mal auf den Opa verweisen. :(


    Lieben Gruß von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da ich begeisteter Plattenhörer bin, kann ich dazu Folgendes sagen: Meine drei Kinder, zwei Große und eine 5-jährige Tochter, kennen alle LP´s und hören auch begeistert solche! Meine Vinyl-Sammlung beträgt incl. Schellacks ca. 7000 Platten!

    W.S.

  • Ich habe ziemlich lange gebraucht, bis ich diesen Thread wiedergefunden habe. Die Ursache war, daß ich vergessen hatte, daß ich das Wort "rückwärtsgewandt" unter Apostroph gestellt hatte....
    Der Grund, diesen Thread wiederzubeleben , ist in einem anderen Thread zu suchen, wo darüber geklagt wurde, daß die meisten Tamino-Mitglieder noch immer in der "Vergangenheit" leben und sich musikalisch an Herbert von Karajan und seinen Zeitgenossen orientieren.


    Alte Referenzen - Neue Referenzen - Alternativen


    Um den Thread nicht zu zerschießen -aber das interessante Thema dennoch aufzugreifen habe ich das Nebenthema - hierher verlegt.


    Zitat

    Ich hatte ursprünglich vor, den Thread nur mit Aufnahmen nach 1990 zu starten, dann würden sich aber alle abwenden, die keine Einspielungen aus dieser Zeit haben. Die alten Referenzen und Alternativen waren nur ein didaktischer Kunstgriff, über die alten Aufnahmen auf die neuen aufmerksam zu machen. Daher ist es schon belustigend zu sehen, wie die alten Aufnahmen wieder jongliert werden hinsichtlich ihres Stellenwertes, ohne mitzubekommen, dass die Forianer musikalisch in der Vergangenheit leben.


    Und hier muss man sich mit Kaiser Ferdinand dem Gütigen (auch Gütenand der Fertige) die Frage stellen:
    "Ja derfens denn dös ?" (Ja dürfen sie denn das überhaupt ?)
    Ich weise darauf hin, daß der oben angeführte Thread mit seiner Thematik nicht allein dasteht:


    Potential zur Legende - Aufnahmen ab 2000


    und



    Referenzen ab 2000


    Oder man gebe mal in der Suchfunktion das Wort SINFAU21J


    ein.........


    All diese Threads endeten aber nach relativ kurzer Zeit - oder man zählte die alten Aufnahmen auf - die als BESSER empfunden wurden.


    Dagegen ist schwer etwas zu unternehmen - und er stellt sich die Frage, ob es überhaupt wünschensweert wäre.
    Liebestraum ist mit seinem Thread andere Wege gegangen als ich - und hat von sich aus schon auf alte Aufnahmen hingewiesen. Daß sich das auswirkt, wie die Vorlage eines Balles war (zumindest für mich) vorauszusehen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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  • Warum sollte TAMINO rückwärtsgewandt sein? Doch nicht, weil jemand lieber Beethoven mit Karajan hört oder Bruckner mit Celibidache und Frick dem Pape vorzieht. Die Beispiele ließen sich unendlich fortführen. Sie sind nicht Ausdruck von Rückwärtsgewandtheit sondern von gutem und persönlichem Geschmack. :) Obwohl ich zuletzt immer sehr gern gelesen habe in Liebestraums Refrenzen-Tread, der hier auch ausdrücklich genannt ist, persönlich käme ich gar nicht auf die Idee, Musik-Interpretationen nach derlei Maßstäben zu ordnen. Was sind Referenzen? Was versteht man unter legendären Aufnahmen? Ich weiß es nicht. Wenn es das tatsächlich geben sollte, wer legt es fest? Wer gibt die Regel vor? Wenn schon der Griff nach den großen Worten - deren Sinn und Herkunft man sich zunächst klar machen sollte - sein muss, dann doch nur für den Einzelnen selbst, für den Hausgebrauch. Ich gehe auch gelegentlich etwas schnell mit dem Begriff "legendär" um, ärgere mich aber darüber, weil ich meine Ergriffenheit nicht genauer und deutlicher habe ausdrücken können. :( Natürlich gibt es Aufnahmen, die besonders viele Menschen über Jahrzehnte hinweg erreichen. Sie sind aber dadurch automatisch hervorragend. Auch gefällig können und dürfen sie sein.


    Um auf meinen Ausgangspunkt zurückzukehren. Natürlich - und jetzt die gegenteilige Feststellung - ist TAMINO rückwärtsgewandt, weil es mehr Treads über Beethoven, Bach, Mendelssohn oder Sibelius gibt statt über Donaueschingen und Komponisten, die heute Musik schaffen. Ich bin froh, dass sich die Gewichte so verteilen.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die von Liebestraum angezettelte Diskussion um sog. "Ewig Gestrige" ist völlig albern und überflüssig. Ewig Gestrige eröffnen keine Threads zu Streichquartetten und Orchesterwerken des 21. Jahrhunderts. Und jemand, bei dem das "Aktuell sein" sich nur auf aktuelle Aufnahmen aber nicht auf aktuelle Musik selbst bezieht, sollte sich mit solchen Bemerkungen lieber zurückhalten.:yes:

  • Lieber Alfred,


    ich bin leider mit meinem Vorhaben gescheitert und deshalb habe ich für mich den Thread ad acta gelegt. Die anderen können ihn gern fortführen und sich gegenseitig um die alten Aufnahmen streiten. Nur glaube ich, dass sich keiner diesen Aufwand aufbürden wird.


    :hello: LT

  • ich bin leider mit meinem Vorhaben gescheitert und deshalb habe ich für mich den Thread ad acta gelegt.


    Das sehe ich nicht so und ich würde mich freuen, wenn Du weitermachtest. Auch wenn ich nur (hochinteressierter) Leser bin. Und so war das ja wohl von Dir auch weitgehend angestrebt?

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Zitat

    ich bin leider mit meinem Vorhaben gescheitert und deshalb habe ich für mich den Thread ad acta gelegt. Die anderen können ihn gern fortführen und sich gegenseitig um die alten Aufnahmen streiten. Nur glaube ich, dass sich keiner diesen Aufwand aufbürden wird.


    Ich sehe das nicht so - und ich würde ihn weiterführen. Allerdings - das habe ich in 10 Jahren als Forenbetreiber gelernt - lernen müssen -sollte man nicht zu missionieren versuchen - und wenn man es dennoch tut, damit rechnen, daß das Ergebnis nicht das erwartete ist. Man sollte Threads generell nicht nur danach bewerten, inwieweit die Resonanz im Forum den eigenen Erwartungen entspricht, sondern einerseits wie oft er angeklickt, soll heissen gelesen wird. 687 Klicks sind ein respektables Ergebnis - wenn man das Sommerloch und die relativ kurze Laufzeit des Threads in Betracht zieht.
    Der Thread hatte allerdings einen Schwachpunkt: Er hat in einem Guss immer wieder neue Werke gebracht. Das wäre an sich nicht schlimm, aber es würde voraussetzen, daß die Antworten relativ schnell kämen - etwas, das von Klassikhörern kaum zu erwarten ist - die Tonträgerindustrie kann im wahrsten Sinn ein Lied davon singen ;)
    Ich hätte beispielsweise gerne im Fall der Zauberflöte deine bevorzugten alten Aufnahmen in Frage gestellt, beispielsweise ob man die einzige Aufnahme mit Fritz Wunderlich aus dem Kanon ausschliessen darf - lediglich weil keine Dialoge gesprochen werden. ABER auch diese Anmerkung wäre bezugnehmend auf die ALTEN Aufnahmen gewesen - etwas, daß Du (und ich verstehe das bis zu einem gewissen Grad) partout nicht wolltes. Zu neueren Aufnahmen der Zauberflöte hätte ich nichts zu sagen gehabt - ich kenne sie nicht - und sie interessieren mich nicht eigentlich wirklich.
    Mein eigenes Projekt ist anders aufgebaut: es behandelt jedes Werk extra und lässt die alten Aufnahmen überhaupt weg.
    Das hat theoretisch Konsequenzen - und auch praktische, die oft völlig andere sind als erwartet wurde.


    1) Dadurch, daß die Threads einzeln sind habe ich als
    VORTEIL
    dass die Antworten dazu auch nach Monaten oder Jahren erfolgen können


    NACHTEIL
    dass die Threads im Forum verstreut sind und leicht in Vergesseneheit geraten.


    2) Dadurch, dass ich alte Aufnahmen gar nicht erst erwähnt habe erwartete ich mir als VORTEIL
    dass die alten Einspielungen nicht als Referenz herangezogen werden.
    DIESER VORTEIL ist allerdings NICHT EINGETRETEN, die Affinität zu den alten Aufnahmen ist
    scheinbar zu groß.


    Die Liebe zu Neueinspielungen von Standardrepertoire scheint sich allerdings in Grenzen zu halten, das
    ist nicht nur eine Tamino-Charakteristik, sondern eine des gesamten Klassikmarktes.
    Woher will ich das wissen ? - Nun man braucht nur den Markt zu beobachten:
    Fas alle SUPERSTARS und NEUENTDECKUNGEN der letzten Jahre sind nach wenigen Jahren -
    ja oft sogar nach Monaten von der Bildfläche verschwunden.
    Zum einen wollen (oder können?) die Produktionsfirmen nicht auf den (kommerziellen) Erfolg warten -
    zum anderen wollen die klassischen Sammler nicht den Vollpreis für eine Aufnahme eines Nobodys oder Newcomers bezahlen, wenn sie das Werk schon mehrfach mit den Größen der Vergangenheit in erstklassiger Tonqualität im Kasten haben. Eine Ausnahme macht hier vielleicht Naxos - denn bei deren Preisen ist das Kennenlernen von "vielleicht in Zukunft Prominenten" so gut wie risikolos.
    Man muss natürlich auch berücksichtigen, daß die alten Aufnahmen in oft wochenlanger Kleinarbeit und Tüftelei mit Millionenaufwand im Studio entstanden - und daher perfekt sind - während man uns heute eher Quereinsteiger anbietet, deren Konzert mit einem zweitrangigem Orchester irgendwo LIVE mitgeschnitten wurde.


    Natürlich werden auch heutige Interpreten - zumindest einige von ihnen ihren Weg an die Spitze schaffen. Dieser Weg dauert indes Jahre und er lässt sich nur marginal beschleunigen - und erzwingen überhaupt nicht.
    Künstler werden dann berühmt, wenn sie in vielen Konzerten an A-Locations aufgetreten sind, und das Publikum den Wunsch verspürt diesen Interpreten auch daheim auf CD zu besitzen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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