Christian Thielemann - Hoffnungsträger der Tonträgerbranche?

  • ......Münchner Stadtrat trennt sich von Generalmusikdirektor Thielemann
    München: Die Landeshauptstadt München und der Dirigent Christian Thielemann gehen ab 2011 getrennte Wege. Der Stadtrat hat soeben in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, den Vertrag mit Thielemann als Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker auslaufen zu lassen. Das bestätigte Kulturreferent Küppers dem Bayerischen Rundfunk. Nach Vertragsende könne Thielemann aber noch als Gastdirigent tätig sein. Die Mehrheit des Münchner Stadtrats hielt Thielemanns Bedingungen für inakzeptabel. Er hatte gefordert, auch über die Programme von Gastdirigenten weitgehend frei bestimmen zu können.



    Ähnlichen Mut sollte der Senat des Landes Berlin bei einem gewissen Maestro D.B. auch mal an den Tag legen....!!!!


  • Der vollständige Artikel hier:


    "http://www.zeit.de/newsticker/2009/7/24/iptc-bdt-20090724-319-21897788xml"

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Manuel Brug schrieb neulich in der "Welt", dass Thielemann in seiner Karriere eine Spur der Verwüstung hinter sich herzieht. Er bezieht sich dabei auf dessen bisherige Positionen in Düsseldorf, Nürnberg, Berlin und jetzt München.
    Der Artikel ist ohnenhin sehr lesenswert:
    http://www.welt.de/kultur/arti…st-endgueltig-vorbei.html


    Eigentlich ist dem nicht mehr viel hinzuzufügen.
    Ich hoffe nur, dass die Verantwortlichen bei der Staatskapelle Dresden einen klaren Kopf bewahren und einsehen, dass Thielemann für dieses Orchester nicht gut ist.



    Agon

  • Interessant die Umfrage bei der WELT:



    Diktatoren haben auch ihre Bewunderer. :pfeif:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das muß hin und wieder sein, sonst erstarrt alles im Immergleichen. An seinem Dirigat kann sich der eigene Musikgeschmack schärfen; darauf kommt es eigentlich an und nicht auf das Medienspektakel und auch nicht auf seine grenzwertige persönliche Attitüde. Insofern ist es gut, daß es hin und wieder die Thielemänner gibt.


    ;)

  • Ob Herr Thielemann für dieses oder jenes deutsche Orchester die richtige Wahl ist, das vermag ich nicht zu sagen, die Wiener Philharmoniker indes schätzen ihn sehr.


    Was ich indes sehr wohl zu sagen imstande bin ist, daß Herr Thielemann ein cleverer Kopf und hervorragender PR Manager in eigener Sache ist. Stets ist er in aller Munde - und stets kontroversiell beurteilt - was das beste ist was einem Künstler heutzutage passieren kann. Kein Langweiller, den alle mögen, kein Modernisierer den (fast) niemand mag, sondern ein Dirigent, der besonders für "deutsches" Repertoire geeignet erscheint - ob dieser Ruf nun zu Recht opder zu Unrecht entstanden ist ist völlig bedeutungslos, er verleiht Thielemann Profil - ein Bonuns den nur wenige heutige Dirigenten aufzuweisen Haben.


    München wäre meiner Meinung nach schlecht beraten, ihn gehen zu lassen, er passt dorthin und er hat dem Orchester ein wenig jenes Flair wieder zurückgegben, das nach Celibidaches Tod, unter James Levine verloren gegangen war.


    Aber ich glaube - im Kern geht es eher um künftige Tonaufnahmen - die bringen mehr Ruhm und mehr Geld als jeder GMD-Titel....
    ..und die sind gesichert wenn man "in aller Munde" ist...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe mich nach der Lektüre dieses Threads mal ein bißchen über Thielemann informiert. Ich kannte bisher nur einige seiner musikalischen Arbeiten, die mir nicht besonders gefallen haben. Meine Eindrücke stimmen genau mit denen von Christian überein, der damals schrieb:


    Zitat

    Original von Il Grande Inquisitore
    (...) reichlich heruntergekurbeltes Repertoire an der DOB und auch eine gruselige Bruckner-Fünfte mit den Berliner Philharmonikern.
    Letztere hat mich denn schon an der künstlerischen Ernsthaftigkeit Thielemanns zweifeln lassen.


    Die Fünfte habe ich in einem anderen Thread ganz genauso beschrieben - interessant, wie gleich so etwas wahrgenommen werden kann.


    Die andere Seite ist allerdings der politische Mensch Thielemann. Und ich finde nicht, daß man ihn vom Musiker trennen kann. Ich halte auch den weiter oben von Oscar Wilde zitierten Spruch für ziemlich sinnentleert. Musik und Politik sind nicht irgendwelche Sachen, die man tut und die man vom Rest abtrennen kann. Schon gar nicht Thielemann. Thielemann ist von der Repertoirewahl, von seinem musikalischen Gestus und Stil, vom Erscheinungsbild und seinen politischen Äußerungen ein lupenreiner Rechtsaußen. Wer den Badenweiler in Nürnberg spielt, im Bezug auf seinen Kollegen Barenboim von "Juderei" spricht, hauptsächlich Strauss und Wagner im spätromantisch aufgeladenen, schwülstigen Stil der Anfangs-40er-Jahre spielt, auf den Coverphotographien schaut wie ihr wißt schon wer, ein unverschämt größenwahnsinniges Gehabe an den Tag legt... mir läuft es eiskalt den Rücken runter.


    Den Badenweiler Marsch, ich fasse es nicht. Tut mir leid, ich mochte seine Musik eh schon nicht besonders, aber jetzt ist sie für mich ungenießbar geworden.


    M.

  • Tss,tss, tsss, Mengelberg - Musik und Politik - Nein, die haben doch gar nichts miteinander zu tun - dies weiß man doch hier - wie kommen Sie bloß auf eine solch unschickliche Behauptung, tss, tss, tss und dann noch bei einer solch erhabenen Gestalt wie Siegfried äh, Christian Thielemann :pfeif:

  • Meiner Meinung nach geht es hier nicht um Politik, sondern um PR
    Und die versteht Herr Thielemann oder seine Berater offenbar ausgezeichnet. Natürlich ist er sich der Symbolik durchaus bewusst - aber er verlässt nie den 2grünen Bereich" - bzw das was allgemein als "grüner Bereich" zugebilligt wird. Er bricht keine Tabus - sondern er biegt sie (allenfalls !!)
    Das Klassikpublikum siehts mit Vergnügen


    Welcher Dirigent eines deutschen Spitzenorchesters ist der beste?


    42%
    Christian Thielemann


    Der immer wieder von den Medien hochgepushte Simnon Rattle


    bringt es hingegen auf magere 18 %


    und Ingo Metzmacher auf 3%


    Da sieht dann auch sein ganz bestimmt nicht rechtslastiges Plattenlabel gnädig über ein paar "Schnitzer" hinweg -die Verkaufszahlen stimmen offenbar - aus welchen Gründen immer.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • An Thielemann scheiden sich eben die Geister.


    Mir kommt es immer so vor, als ob seine Verächter, die ihn menschlich nicht mögen – wieso auch immer –, dies auf seine Aufnahmen und Vorstellungen subjektiv übertragen.


    Thielemann ist zumindest in aller Munde, da pflichte ich Alfred bei. Wer kennt schon Metzmacher, wer Zagrosek?


    Daß er beinahe schon der einzige Deutsche ist, der einem deutschen Spitzenorchester vorsteht, macht ihn vielleicht noch populärer.


    Zurück zur Ausgangsfrage: Ist er nun ein Hoffnungsträger der Tonträgerbranche? Aufnahmen gibt es ja eher wenige von ihm (ich rede jetzt nicht von irgendwelchen Radio-Mitschnitten usw.). Das ist sicher noch ausbaufähig.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die Verkaufszahlen stimmen offenbar - aus welchen Gründen immer.


    Ich glaube einfach, daß Thielemann mit seinem Auftreten eine gewisse Klientel bedient, die es in Deutschland leider immer noch gibt. Ich glaube nicht, daß es nur PR ist - seine Musik hört sich nämlich genau so an, wie er spricht. Deshalb halte ich es für nicht richtig, Musiker und Politiker zu trennen. Thielemann scheint mir, in allem, was er da so tut, schon recht aufrichtig und konsequent zu sein. Wenn das alles ein Marketing-Trick sein soll (wie Du meinst), dann wäre mir der Appetit auf Thielemann so oder so vergangen. Wer den braunen Mann spielt, um seine Platten zu verkaufen, der ist bei mir unten durch.


    Zitat

    die ihn menschlich nicht mögen – wieso auch immer –, dies auf seine Aufnahmen und Vorstellungen subjektiv übertragen


    8o Es ist schwierig zu diskutieren, wenn auf die Argumente nicht eingegangen wird. Thielemann spielt den Nazi-Marsch Nr. 1 und redet von "Juderei" und Du sagst: Hm, weiß nicht, was daran unsympathisch sein soll. Ist das Dein Ernst? Und dann immer dieses Gerede vom "Subjektiven" - alles, was wir wahrnehmen, ist subjektiv, und in der Musik ganz besonders. "Subjektiv" eine Abneigung in die Wahrnehmung von Musik zu projizieren... mit Verlaub, was für ein Unsinn. Wie hörst Du denn? Objektiv?


    Zu den anderen Dirigenten: Metzmacher kenne ich viel besser, weil seine Konzerte, wenn auch nicht großartig, immer noch besser als die von Thielemann sind. Sein Repertoire ist ungleich interessanter, und im Gegensatz zu Thielemann scheint Metzmacher ein sympathischer Mensch zu sein. Marek Janowski, den ich immer wieder gerne erwähne, ist als Dirigent eine ganz andere Klasse als Thielemann. Er macht seit Jahren hervorragende Musik und macht nicht durch dümmliches Geschwätz von sich reden, das hat er gar nicht nötig. Ich bin mir sicher, ob er in irgendeinem Ranking von so einem Käseblatt wie der Welt auftaucht oder nicht, ist ihm auch herzlich egal. Gott sei dank.


    :hello:
    M.

  • Lieber Mengelberg,


    ich weiß nicht, auf welche Aufnahmen Du Dich jetzt konkret beziehst mit der Aussage, seine Musik höre sich "genauso an, wie er spricht".
    Ich fand seine "Meistersinger" von 2002 etwa viel unpathetischer dirigiert als Furtwängler und Kubelik (denen man braune Sympathien ja schwer vorwerfen kann).


    Daß er damals (wie viele Jahre ist das jetzt her? 15?) den "Badenweiler" spielen ließ, mag in einer Zeit der "political correctness" ungeschickt gewesen sein. Aber letztlich ist dieses Werk auch eines, das von den Nazis lediglich vereinnahmt wurde (der Marsch m. W. von 1914). Wenn er jetzt die "Rienzi"-Ouvertüre gespielt hätte, hätte man ja ähnliche abstruse Vorwürfe vorbringen können bzgl. Reichsparteitag usw.


    Wenn Herr Barenboim in Israel Wagner spielt, gibt es einen ungleich kleineren Skandal (verstehe ohnehin nicht, was daran skandalös sein soll). Hätte Thielemann das gemacht, er wäre wohl bis zum Lebensende gebrandmarkt gewesen. :no:


    Natürlich ist dieses Ranking nicht wissenschaftlich. Aber zeigt immerhin eine Tendenz an. Am PR alleine kann's nicht liegen, sonst müßte Sir Simon Rattle Nr. 1 sein.


    Liebe Grüße
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Mengelberg


    Ich glaube einfach, daß Thielemann mit seinem Auftreten eine gewisse Klientel bedient, die es in Deutschland leider immer noch gibt.


    Dieser Satz klingt in meinen Ohren ehrlich gesagt ein wenig anmaßend. Oder meinst du, dass Thielemann mit seiner angeblichen Juderei-Bemerkung auf Kundschaft-Fang gegangen ist?
    Dieses Zitat ist soweit ich weiß ein Gerücht, das Thielemann bestreitet. Und selbst wenn er eine Äußerung in dieser Richtung von sich gegeben hat, ist immer noch die Frage, wie sie genau gemeint war (von wegen ungezwungene Atmosphäre und so).


    Thielemann ist offenbar ziemlich konservativ eingestellt. Das gefällt mir nicht, aber mein Gott: es geht doch um Musik!? So lange er nicht mit Gesetzen in Konflikt gerät, ist mir seine Gesinnung doch eher gleichgültig.


    Bekannt ist Thielemann jedenfalls nicht wegen unterstellter brauner Tendenzen, sondern weil er a) ein gewisses Charisma mitbringt (das man nicht mögen muss) und b) sein Kernrepertoire nicht gerade unbeliebt ist. So erscheint es mir jedenfalls.

  • Das Ranking ist zwar unwissenschaftlich - aber es sagt viel aus:


    Meine Berurteilung als "Aussenstehender (ich bin kein Deutscher)


    "Wir lassen uns unseren Nationalstolz nicht verbieten"


    " Wir möchten Musik wieder hören wie sie unter Furtwängler geklungen hat"


    " Wir mögen die Moderne nicht"


    Ich kann natürlich nicht beschwören, daß das so ist - aber die Tendenz dürfte in diese Richtung gehen.....



    Zitat

    Metzmacher kenne ich viel besser, weil seine Konzerte, wenn auch nicht großartig, immer noch besser als die von Thielemann sind. Sein Repertoire ist ungleich interessanter


    Das ist eine sehr SUBJEKTIVE Aussage, Was einer als INTERESSANT
    bezeichnet, ist dem anderen vielleicht ein Greuel ....


    Ebeno ist es mit SYMPATHIE - sie ist subjektiv - und beruht zumeist auf Gegenseitigkeit.


    Zitat

    Ich bin mir sicher, ob er in irgendeinem Ranking von so einem Käseblatt wie der Welt auftaucht oder nicht, ist ihm auch herzlich egal. Gott sei dank.


    Ich kann üpber den Stellenwert der "Welt" nur wenig aussagen - aber es ist ein beliebtes Spiel, Medien in denen man heruntergenacht wird als "unbedeutend" zu deklarieren


    Man muß aber dann, wenn man so agiert, damit rechnen, daß´einem die Wahrheit eines Tages schonungslos präsentiert wird - ohne jegliche Rücksicht.


    Ich glaube nicht daß Thielemann den "braunen Mann" spielt - aber man hat ihm das unterschoben um ihm zu schaden.
    Letztlich wird er draufgekommen sein, daß ihm, dieses Image eher nützt als schadet - und er dementiert nicht mehr ....


    Keine Behauptung - lediglich eine Einschätzung


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von honigschlecker
    Oder meinst du, dass Thielemann mit seiner angeblichen Juderei-Bemerkung auf Kundschaft-Fang gegangen ist?
    Dieses Zitat ist soweit ich weiß ein Gerücht, das Thielemann bestreitet. Und selbst wenn er eine Äußerung in dieser Richtung von sich gegeben hat, ist immer noch die Frage, wie sie genau gemeint war (von wegen ungezwungene Atmosphäre und so).


    M.E. ist die Bemerkung "Juderei", so sie denn tatsächlich seitens Thielemann gefallen sein sollte, derartig unter aller Sau, dass sich die Frage "wie sie genau gemeint war" völlig erübrigt. Diese Art von augenzwinkerndem Antisemitismus, der sich bei zunehmenden Alkoholpegel immer stärker demaskiert, kenne ich aus eigener Anschauung zur genüge. Und ich fürchte, dass es nicht wenige Anhänger Thielemanns gibt, bei denen diese außermusikalische Selbstinszenierung als Tabubrecher des deutschen Nachkriegskonsenses gerade deswegen so gut ankommt ("Endlich sagt mal einer was gegen die Juden").


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Da es hier keine noch Äußerung zu den aktuellen Wechselabsichten von Christian Thielemann gibt, will ich das hiermit erledigen. Vor einigen Tagen las ich, die Stadt München will den Vertrag mit den Münchner Philharmonikern (bis 2011) nicht verlängern. Als Grund wurde genannt: Er möchte, wie bisher, die alleinige Entscheidungsgewalt über Programmatik, Gastdirigenten, Solisten. Aber das ist das eigentlich das gute Recht eines Generalmusikdirektors einschließlich auch der Programmatik der Gastdirigenten. Wenn das so ist, dann wird deutlich, es besteht kein Zweifel an der künstlerischen Qualität des Dirigenten, wohl aber an seiner Kompetenz und Amtsführung als Generalmusikdirektor. Das Tischtuch ist also zerrissen.


    Nun lese ich heute in der Presse, "nach den geplatzten Vertragsverhandlungen mit der Stadt München will der Generalmusikdirektor der Philharmoniker, Christian Thielemann, nun doch bleiben." Und weiter: " 'Ich liebe dieses Orchester, ich liebe die Musikstadt München und möchte hier bleiben', teilte er er am Freitag über seinen Anwalt mit". Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn im gleichen Artikel wird in diesem Zusammenhang über Spekulationen eines Wechsels Thielemanns zur Staatskapelle Dresden geschrieben. Dresden will ihn offenbar nicht und plötzlich liebt Thielemann die Stadt München.


    Wie auch immer, ich habe mir bereits Karten für ein Gastspiel der Wiener Philharmoniker mit Christian Thielemann im Dezember 2010 (!) in Berlin gesichert. Vielleicht bahnt sich da ja etwas an ???
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Zitat

    Original von timmiju
    Denn im gleichen Artikel wird in diesem Zusammenhang über Spekulationen eines Wechsels Thielemanns zur Staatskapelle Dresden geschrieben. Dresden will ihn offenbar nicht und plötzlich liebt Thielemann die Stadt München.


    Offizielle Kommentare aus Dresden gab es m. W. nicht.
    Soviel ich hörte, löste die Vorstellung, Thielemann könnte kommen, bei manchen blankes Entsetzen aus; andere hingegen wären sehr erfreut. Auch in Elbflorenz also Polarisierung pur.
    Man fürchtet wohl eine zu enge Konzentrierung auf das deutsche Fach.


    :hello:

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    – Luís de Camões



  • Wer das möchte, ist bei Thielemann an der vollkommen falschen Adresse.


    Thielemanns Interpretation von Bruckners 5. ist vorhersehbar. Schon nach wenigen Minuten weiß man genau, was einen erwarten wird. Thielemann wird zu schnell zu laut (so daß er für den grandiosen Schlußchoral im Finale keine Reserven mehr hat) und bei ihm ist leise=langsam und laut=schnell. Somit mag Thielemanns Bruckner "effektvoll" sein, für mich ist er aber auch langweilig, weil eben vorhersehbar.


    An Furtwänglers Bruckner war nichts vorhersehbar. Nicht die Tempi, nicht die Dynamik, nicht die Rubati. Egal wie man zu Furtwänglers Subjektivität stehen mag, man kommt nicht umhin, die Individualität der Interpretationen anzuerkennen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich habe Thielemann dieses Jahr wieder in Bayreuth gehört und muß sagen, daß meine Bewunderung für ihn eher noch gestiegen ist.


    Ich habe den Ring so noch nie gehört. Oft habe ich mich gefragt, wie er diese Klänge aus dem Orchester herauszaubert. Manchmal schwebte die Musik geradezu und war von einer noch nie erlebten Durchsichtigkeit. Zudem hatte er immer ein Ohr für die Sänger und trug sie auf Händen.


    Thielemanns Dirigate werden oft als "teutonisch" und zäh bezeichnet. Nein, der Ring war gar nicht so. Auch wenn er manchmal langsam war, verlor der Klang aber nie an Spannung. Gerade die lange Zwiesprache zwischen Fricka und Wotan habe ich so noch nie gehört. Oft wirkt dieser Teil langweilig; hier aber war das Gespräch durchgearbeitet und voller Spannung.


    Ich frage mich aber noch etwas anderes: Wie kann es sein, daß sicherlich auch dieses Dirigat von Thielemann kontrovers in manchen Kreisen diskutiert wird? Geht es dort um das Dirigat oder die Person Thielemann?

  • Bisher habe ich via Radio-Übertragung nur das diesjährige "Rheingold" gehört, und die in der Presse kursierende Beschreibung als "kammermusikalisch musiziert" trifft es m. E. ziemlich gut. Von wegen Bombast oder "deutschtümelndes" Pathos. Genau die Vorurteile, die man oft beim Namen Thielemann hört, wurden eindeutig widerlegt. Eine alles in allem sehr gelungene Vorstellung.


    Zitat

    Ich frage mich aber noch etwas anderes: Wie kann es sein, daß sicherlich auch dieses Dirigat von Thielemann kontrovers in manchen Kreisen diskutiert wird? Geht es dort um das Dirigat oder die Person Thielemann?


    Sicher letzteres. Thielemann könnte dirigieren, wie er will – man würde immer wieder was finden, was nicht passt.


    Gab es denn hier einen Aufschrei nach dem desaströsen "Meistersinger"-Dirigat des Herrn Weigle? Nein. Ich mutmaße mal, hätte Thielemann so dirigiert (rein hypothetisch, er ist Klassen besser), dann hätte man ihn hier zerrissen.

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    – Luís de Camões

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ja, Joseph II., so sehe ich das auch.


    Ein anderer Vergleich ist doch noch einfacher. Man muß doch nur die Meistersinger unter Barenboim mit den Meistersingern unter Thielemann vergleichen. Es ist doch fast die selbe Sängerbesetzung. Für mich liegen zwischen den Dirigaten Welten.


    Aber wieder stellt sich mir die Frage: Warum beurteilen sehr viele Hörer Thielemann kritischer als Barenboim?

  • Wenn ich lese "Musikalische Leitung: Christian Thielemann", dann weiß ich, dass ich in dieses Konzert oder diese Vorstellung nicht gehe. Zuletzt Bruckners Fünfte und Wagners Meistersinger: natürlich war's gut einstudiert, aber unbefriedigend, übermäßig laut, ständig war das Orchester mit unerwarteten Tempowechseln des Maestro konfrontiert (große Hochachtung den Wiener und Münchener Philharmonikern), und beim Applaus ist da immer ein hysterisches Publikum zugegen, das dem Dirigenten ungerechtfertigt so entgegenbrüllt, dass mir Angst und Bange wird.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ach, Melot, schon Handke schrieb das Theaterstück Publikumsbeschimpfung, und ich befürchte, Sie werden diese schriftstellerische Qualität nicht erreichen. Außerdem finde ich Ihre Einseitigkeit schon sehr beachtlich.


    Hören Sie sich doch einfach mal den Ring aus Bayreuth in aller Ruhe an und beurteilen Sie, ob auch dort Ihre Vorurteile bestätigt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Casimir ()

  • Zitat

    Original von Casimir
    Ach, Melot, schon Handke schrieb das Theaterstück Publikumsbeschimpfung, und ich befürchte, Sie werden diese schriftstellerische Qualität nicht erreichen. Außerdem finde ich Ihre Einseitigkeit schon sehr beachtlich.


    Hören Sie sich doch einfach mal den Ring aus Bayreuth in aller Ruhe an und beurteilen Sie, ob auch dort Ihre Vorurteile bestätigt werden.


    Den Bayreuther Ring habe ich mir schon voriges Jahr in Ruhe angehört. Ich sage ja nicht, dass Thielemann nicht gut wäre, aber ich möchte nicht mehr dabeisein, wenn er dirigiert. Recht gut gefallen hat mir die erste Aufführungsserie des Wiener Tristan mit ihm. Da finde ich auch immer noch die daraus entstandene Aufnahme gut gelungen im Gegensatz zu der Parsifal-Aufnahme, für die man die Vorstellungen mit Domingo als Parsifal mitgeschnitten hat ...

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.


  • ich denke, man sollte Herrn Thielemann nicht so ernst nehmen. Er ist für mich ein "möchtegern Kapellmeister", deren gab es vor ihm auch schon mehrere (H.v.K :hello:.). Er macht auf mich den Eindruck, er würde gerne ein zweiter Abendroth werden, von der Frisur her klappt es ja schon, nur sind die musikalischen Stiefel viel zu groß für ihn ;)

  • Zitat

    Original von Mitridate
    Er ist für mich ein "möchtegern Kapellmeister", deren gab es vor ihm auch schon mehrere (H.v.K.)


    könntest du diese einschätzung begründen?


    greetings, uhlmann

  • Bei Mitridate würde mich umgekehrt neben seinem genadenlosem Niedermachen mal interessieren, wen er denn so schätzt (und natürlich, warum Thielmann und von Karajan "Möchtegern-Kapellmeister seien). Sich über Thielemanns schmissige Frisur zu mokieren wird ja wohl nicht alles gewesen sein.


    Positiv und zu Thielmanns Gunsten wüsste ich eine Aufnahme von Schumanns 3. Sinfonie mit der Philharmonie Essen zu benennen sowie sein Zusammenspiel mit Frank-Peter Zimmermann bei Beethovens op. 61, hier begleitet vom Philharmonischen Orchester Köln. 1986 war das, und Friedel Neuber war damals noch Chef der noch nicht von der Sch... EU kastrierten WestLB. Die hat die Aufnahme auch ermöglicht.


    A propos Frisur: den schmissigen Scheitel hatte Thielemann damals schon. Wenn das nicht Kontinuität ist ;) .


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Nicht von mir!


    Heute war in der SZ auf Seite 2 ein interessanter Beitrag von Antje Vollmer über den Thielemann Streit in München.


    Tenor in etwa: Die Münchener sollte sich nicht so anstellen, Thielemann sei ein Genie, es zu verlieren wäre arg übel.
    Und die Münchener Philharmoniker auch nicht in der Form wie unter Celi, deshalb sollte man Thielemann behalten, der wüsste schon, wies ginge.
    Als ob das Eine mit dem Anderen zu tun hätte.


    (Ich habe immer schon geahnt, dass die alten K-Gruppen Tanten und Bessermenschen, die dann die Christin in sich entdeckt haben, tief im Innern tief reaktionär und orientierungslos waren und sind)
    Das nur mal so.


    Gruß S.

  • Ich hoffe, dass es bei der Entscheidung des Stadtrats bleibt und Thielemann nicht doch noch mal Chef in München wird. Außerdem wünsche ich dem Orchester und dessen Leitung den Mut, einen Chef zu wählen, der vielleicht nicht zunächst einmal populär und teuer ist, sondern aus musikalischen Gründen gewählt wird. Ein Star kann man ja auch in München werden...


    Mit den Orchestern und ihrer Macht ggü. Chefdirigenten ist das so eine Sache. Es gibt sie, aber das Orchester ist, wie jedes andere Kollektiv, nur schwer zu gemeinsamem Handeln zu kriegen - das gilt ja teilweise schon musikalisch, politisch erst recht... ;)

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)


  • Moin Thomas,
    von den heutigen Dirigenten schätze ich nicht viele, wobei sicherlich Roger Norrington, Minkowski, Harnoncourt (der Jüngere, der Ältere mit Einschränkungen), Albrecht, M. Creed, D. Harding, D. Zinman, J. Savall, M. Janowski, M. Jansons, S. Kuijken für mich gute bis sehr gute Dirigenten sind. Sicherlich nicht vollständig, aber die Liste zeigt Dir vielleicht, woher ich komme.
    Die großen Dirigenten, die speziell Wagner so rüberbringen konnten, dass man sich im Sitz festkrallen mußte, gibt es nicht mehr.
    Heute versuchen die meisten Herren, durch künstliches "Verschleppen" und dann wieder wahnsinningen, schnellen Tempi, Spannungen zu erzeugen. Für mich klingt es schlechthin eintönig, es klingt letztlich alles gleich, mehr nicht.
    Außerdem stört mich auch das übertrieben starke Vibrato der Geigen, leider auch ein Mittel vieler Dirigenten heute, künstliche "Breite" zu erzeugen.
    Als Wagner die Musik komponierte wurde übrigends OHNE Vibrato gespielt, und genau das Klangbild hatte er vor Augen.
    Aber das ist ein anderes Thema und wurde von den "alten" Dirigenten leider auch häufig übersehen.
    Nun bin ich wieder bei Thielemann, der genau das Prinzip umsetzt, forte macht er zu fortissimo, piano zu pianissimo, und dann ergießt sich immer wieder ein Klangbrei über die Bühne, der alles zudeckt.


    Sicherlich könnte ich/man mit Thielemann leben, wie auch mit den vielen anderen, durchschnittlichen Dirigenten, aber nun ist er zum Allheilmittel hochgejubelt worden, und dem wird er leider in keiner Weise gerecht.


    Das mit dem Kapellmeister hat er übrigends selber aufgebracht, in einem Interview von 2004 hat er sich als Nachfolger der Deutschen Kapellmeister bezeichnet. Für mich ist er genau das Gegenteil eines Kapellmeisters.
    Zu seinem arroganten und überzogenem Auftreten und seinem wohl nach "Rechts" tendierenden Gedankengut hat sicherlich auch das Arbeiten mit Karajan beigetragen.
    Wobei genau dieser Punkt es mir verbietet, über den (auch selbsternannten Kapellmeister) H.v.K mich weiter auszulassen, weil dann bei mir wieder Würgereize hochkommen, wenn ich daran denke, was dieser Selbstdarsteller auf dem Kerbholz hat. :boese2:


    liebe Grüße ;)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner