Operninszenierungen - modern vs. "altmodisch"

  • Zitat

    Original von Der-wonnige-Laller
    Ich halte es nicht für unbedingt notwendig, alle "alten" Werke krampfhaft gegen den Strich zu bürsten oder zwanghaft ins Heute zu verlegen - das sind berechtigte theatralische Mittel und Möglichkeiten, aber keine Allheilmittel. Mir ist eine authentische Darstellung von Menschen und Emotionen wichtig - und das geht IMO im Rokokokleid ebenso wie in Jeans. Und eben diese Form von authentischer menschlicher Darstellung ist für mich "modernes Theater", nicht die Tatsache, daß der Freischütz unter einer Autobahnbrücke spielt. Aber da ist besonders in der Oper noch so einiges zu erreichen...


    Weißt Du Clemens, ich fand das mal eine Zeit richtig interessant und gut. Aber mittlerweile ist das so zum Selbstzweck geworden, dass ein Freischütz im Wald schon wieder ein Novum darstellen würde.


    chero: Pretty in Pink? Ohweia! Seit wann gibt's denn diese Inszenierung?

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    chero: Pretty in Pink? Ohweia! Seit wann gibt's denn diese Inszenierung?


    Hallo Knusperhexe,


    ich war auch erstaunt und obwohl ich vorgewarnt wurde, war ich geschockt.


    Die Inszenierung war in der letzen Spielzeit im Staatstheater Saarbrücken. Kannst du dir vorstellen, daß bspw. sogar die Adalgisa in rosa gekleidet war? Sie trug neben rosa Strumpfhose, einen rosa Body und dann noch ein Tütü darüber, die Farbe darfst du nun erraten -breitgins-


    Nun wird es schwer...........welche Farbe hatte der Hirsch :D


    Habe schon nachgesehen, leider wurde die HP des Staatstheaters nun neu gestaltet, sonst hätte ich ein Foto hier reingestellt bzw. einen Link.


    Liebe Grüsse
    Chero

  • Hallo Chero,


    ja, mir ist auch aufgefallen, dass viele Theater keine Fotos mehr reinstellen. Vielleicht weil's manch potentielle Besucher abschrecken könnte? 8o Ich entscheide mittlerweile wirklich schon anhand der Fotos, ob ich mir das Geld lieber spare.


    LG,


    Knuspi

  • Und bevor ich nun auch mal wieder etwas arbeiten muß, will ich auch hierauf nochmal etwas antworten:



    Immer alles auf den "Kapitalismus und seine Auswüchse" zu schieben, halte ich auch nicht für die alleinige Erklärung. Oder auf die Macht der Medien. Auch heute findet ein Heino noch sein Publikum, wenn auch nicht mehr in den Stückzahlen, wie er es in seinen besten Zeiten gewohnt war. Hinzu kommt, daß wir in Deutschland eine schrumpfende Bevölkerung haben und eine zumindest nicht nennenswert abnehmende Arbeitslosigkeit, und daraus folgt, da Kultur ja in vielen Bereichen durch unsere Steuern quersubventioniert wird, daß es auch dort einen "Schrumpfungsprozeß" nach sich zieht.


    Es gibt dabei dann Überlegungen, wie hier in Darmstadt, evtl. eine Sparte ganz einzustellen, oder eben mit weniger Geld dennoch an beiden Sparten festzuhalten. Daraus folgt dann hoffentlich, daß man kreativ und intelligent sich den Werken nähert, oder auch mal "verschollene" Werke auf den Plan setzt, um damit Publikum anzuziehen (hier höchst erfolgreich mit den beiden Orff Opern erfolgt, die mir sehr gut gefallen haben!). Anders gesagt. Pompöse Bühnenbilder sind i.d.R. teurer als "spärliche" Bühnenbilder, und fallen damit dann doch gelegntlich dem Rotstift zum Opfer.


    Andererseits finde ich es dann aber auch schade, wenn ein Lars von Trier "zu feige" (meine Interpretation!) ist, sich in Bayreuth dem Ring zu nähern. Ich hätte mir da etwas Geniales erwartet, nach dem, was er mit den Geistern und anderen Filmen (Breaking the waves z.B.) schon geschafft hatte.


    Ich stimme mit Rideamus dahingehend überein, daß ich mich dem "gemäßigt moderen Stil" nahe fühle und auch, daß diese Frage immer wieder neu an der jeweiligen Inszenierung zu beantworten sein muß. Pauschalurteile können nicht funktionieren.


    Matthias

  • Zitat

    Original von pfuetz
    Anders gesagt. Pompöse Bühnenbilder sind i.d.R. teurer als "spärliche" Bühnenbilder, und fallen damit dann doch gelegntlich dem Rotstift zum Opfer.


    Oh, das muss nicht teuer sein. Wenn Du nur gemalte Kulissen hast, ist das nicht teuer und der Effekt ist ganz traumhaft. Ich plädiere sogar ganz offen für die Wiederbelebung alter Theater- und Illusionsmalerei. schon allein aus Umweltgründen. Die teuren Styropororgien der 60er und 70er Jahre haben neben akustischen auch umweltbelastende Nachteile.


    Gemalte Bühnenbilder dagegen haben ihren ganz eigenen, ästhetischen Reiz, bieten den Vorzug besserer Transportmöglichkeit, erlauben schnellere Verwandlungen und unterstützen auch noch die Akustik.

  • Ich bin ganz klar gegen moderne Inszenierungen. :no:


    Vor kurzem kam "Der Ring des Nibelungen" im Fernsehen - natürlich modern inszeniert. Da mußte man ja fast schon umschalten, es wirkte nicht nur bescheuert, sondern einfach lächerlich.


    Da lob ich mir die "altmodischen" Inszenierungen à la Karajans "Don Carlo" von den Salzburger Festspielen 1986.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Felipe II.
    Ich bin ganz klar gegen moderne Inszenierungen. :no:


    Vor kurzem kam "Der Ring des Nibelungen" im Fernsehen - natürlich modern inszeniert. Da mußte man ja fast schon umschalten, es wirkte nicht nur bescheuert, sondern einfach lächerlich.


    Da lob ich mir die "altmodischen" Inszenierungen à la Karajans "Don Carlo" von den Salzburger Festspielen 1986.


    Na, na, na...


    Mußte umschalten?
    Bescheuert?
    Lächerlich?


    Na, na, na...


    Bitte Begründungen!


    Warum mußte?
    Warum bescheuert?
    Warum lächerlich?


    Du kannst natürlich gerne sagen: "Ich fand", aber "es wirkte"? Auf wen? Warum? Was wirkte wie?


    So einfach kommst Du uns hier nicht davon... ;-)


    Genau hier wird diese Stuttgarter Inszenierung nämlich im Detail besprochen... ;-)


    Matthias

  • Hallo Felipe,


    hast du noch die alten Karajan-Inszenierungen live erlebt? Kenne ich nur von Fotos, bzw. die Don Carlos-Kostüme haben wir während meines Studiums abgezeichnet. Wir standen uns gegenseitig Modell und ich trug das vom König. OT - sorry. Aber wieder zum thema: Diese Kostüme waren derart toll gearbeitet! Da wurde span. Hofzeremoniell erfahrbar!

  • Zitat

    Original von Felipe II.


    Da lob ich mir die "altmodischen" Inszenierungen à la Karajans "Don Carlo" von den Salzburger Festspielen 1986.


    Ist das die Aufführung mit Furlanetto, Salminen, Cappuccilli und Carreras ?


    Wenn ja: Da sieht man, wie unterschiedlich doch so etwas wirken kann. Ich hab es mir mit meiner Freundin angeschaut und wir haben (die DVD) nicht bis zum Ende durchgehalten. Sängerisch durchaus ansprechend, vor allem Carreras und Salminen.


    Aber die Inszenierung war für mich typisches Stehtheater mit Standard-Operngesten. Lediglich Eboli stach hervor (war das Baltsa, ich erinnere mich nicht mehr genau). Extrem langweilige Personenführung, vor allem die Massenszenen endlos und nichtssagend.
    Höchst problematisch aber die Kameraführung. Der Monolog des Phillip erinnerte mich fatal an die Tagesthemen von Ullrich Wickert. Als Close up direkt in die Kamera gesungen, eher abschreckend als eindringlich.
    Weiterhin problematisch die Kostüme. Ich kenne mich zu wenig darin aus, ob sie nun historisch korrekt waren. Jedenfalls hielten sie die Illusion, die sich eventuell Live im Saal aufgrund der Entfernung ergeben haben mag, nicht aufrecht und wirkten deshalb recht billig nachgeahmt. Ein bischen wie klein Erna beim Schulfasching. Oder schlimmer: Star Treck, diese komischen Völker, auf die Kirk, Scotty und McCoy immer auf diversen Planeten getroffen sind in ihren Schlafanzügen. Die sahen auch so ähnlich aus, inklusive der Haartracht und des Haarschmucks.


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von Antracis


    Weiterhin problematisch die Kostüme. Ich kenne mich zu wenig darin aus, ob sie nun historisch korrekt waren. Jedenfalls hielten sie die Illusion, die sich eventuell Live im Saal aufgrund der Entfernung ergeben haben mag, nicht aufrecht und wirkten deshalb recht billig nachgeahmt. Ein bischen wie klein Erna beim Schulfasching. Oder schlimmer: Star Treck, diese komischen Völker, auf die Kirk, Scotty und McCoy immer auf diversen Planeten getroffen sind in ihren Schlafanzügen. Die sahen auch so ähnlich aus, inklusive der Haartracht und des Haarschmucks.


    Das muss wohl eine andere Inszenierung gewesen sein. Die von Karajan hielt sich ganz streng an Schnitt- und Stoffwahl der Historie. Assoziationen zu Klein Erna oder Star Treck waren da nicht möglich.

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  • Hallo Sascha!
    Wieder los von den Büchern ;) ? Beim Salzburger "Don Carlo" muss ich dir vorbehaltlos zustimmen, das ist in meiner Carlo-Sammlung (bisher 5 Stück) derjenige, den ich wohl bald weiterreichen werde - wirklich langweiliges Stehtheater. (Typisch Karajan, hätte ich beinahe gesagt :stumm: ) Da trösten auch die zum Teil ausgezeichneten Sänger nicht darüber hinweg. Agnes Baltsa habe ich danach als Eboli nie mehr so großartig erlebt wie in Salzburg, und wenn ich Videokassette doch behalte, ist das einzig und alleine wegen ihr.
    Was die Aufnahmetechnik betrifft, sind wir halt von den modernen DVDs (ich meine jetzt die letzten 10 Jahre) so verwöhnt, dass alle älteren Aufnahmen dagegen abstinken. Früher gab's halt immer nur die "Frontkameras", den Wechsel zwischen Totale und einigen wenigen Close-ups, während heute aus den verschiedensten Perspektiven mitgedreht wird und eine Inszenierung auf DVD oft viel besser rüberkommt als live. (Habe ich schon etliche Male erlebt!) Ich habe z.B. etliche Aufzeichnungen von der Scala (alles Achtzigerjahre), die ich früher nicht sclecht gefunden habe, inzwischen aber nicht mehr anschauen kann. :wacky:
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Felipe II.
    Ich bin ganz klar gegen moderne Inszenierungen. :no:


    Vor kurzem kam "Der Ring des Nibelungen" im Fernsehen - natürlich modern inszeniert. Da mußte man ja fast schon umschalten, es wirkte nicht nur bescheuert, sondern einfach lächerlich.


    Da lob ich mir die "altmodischen" Inszenierungen à la Karajans "Don Carlo" von den Salzburger Festspielen 1986.


    Hallo Felipe,
    war es nur die Inszenierung oder der "Ring" als Ganzes, was dir mißfiel?
    Ich sah, du bist noch sehr jung. Und in deinem Alter hatte ich zu Wagner nur sehr begrenzten Zugang. Erst ab ca. 30 J. hab ich an seinen Werken dann Gefallen gefunden.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • @ pfuetz: Es handelt es sich hier um meine ganz persönliche Meinung.


    Ich halte generell nichts von Inszenierungen, die sich nicht exakt an die Vorgaben des Komponisten halten.


    Suum cuique. 8)


    Sängerisch mag das Ganze ja nicht schlecht gewesen sein, aber das ist für mich fast schon sekundär. Da kann man sich ja gleich ne CD anhören.



    @ Knusperhexe: Leider Gottes erlebte ich Karajan nicht mehr live, nein (sooo alt bin ich noch nicht :D).



    @ Antracis: Ja, genau die Inszenierung. Billig wirkte das eigtl. nicht auf mich, eher historisch korrekt ...



    @ Siegfried: Nur die Inszenierung. Sängerisch gefiel es mir durchaus! Aber, wie gesagt, das ist mir dann schon zweitrangig, da greife ich gleich zur CD.
    Wagner sagt mir i.d.R. durchaus zu, wenn auch nicht in dem Maße wie Verdi und Co.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Also, ich kann von mir sagen, dass mich konservative Operninszenierungen (s. MET) denkbar langweilen. :untertauch:


    Meine ganz persönliche Erklärung hierfür:


    Oper, wie jede andere Kunstform auch, lebt doch gerade davon, dass sie den Rezipienten ansprechen, ihn treffen und berühren. D.h. für mich auch, dass Oper als Kunstform mehr als nur gefallen soll, nichts ist zum reinen Genießen.
    Eine gute Inszenierung kann dies sehr unterstützen. Dafür muss aber meines Erachtens die Oper auf die Verhältnisse des modernen Menschen übersetzt werden, denn wir sind andere Menschen als die Zeitgenossen des Komponisten. Don Giovanni bspw. agiert außerhalb des moralisch-ethischen Konsens der Gesellschaft. Insofern ist er ein Revolutionär – er muss erschrecken und zerstören [Dies ist natürlich nur eine Facette des Werkes]. Nun erschreckt den Zuschauer von heute nun mal etwas anderes als den des 18. Jhd.. Um der Person des Don Giovanni gerecht zu werden, bedarf es heute andere, teilweise drastischerer Mittel.


    Mir fällt in diesem Zusammenhang ein Cover-Bild einer Don Giovanni Einspielung von Karajan ein, die ich natürlich nicht besitze. Darauf zu sehen: Strahlender Edelmann in Strumpfhosen. Der würde sicherlich gut in eine konventionelle/konservative Inszenierung passen. Ich könnte mich, glaub ich, vor Lachen nicht mehr halten. Das hätte nichts mehr mit der Intention Mozarts/Da Pontes zu tun. Zu ihrer Zeit mag allein das Handeln Don Giovannis ausgereicht haben, um bei den Zuschauern seine Wirkung zu haben. Heute ist das nun mal anders.


    Anmerken möchte ich aber noch folgendes: „Übersetzen“ heißt, dass die Essenz, die Facetten, die Substanz des Werkes erhalten bleiben muss, wobei die Mehrschichtigkeit großer Kunstwerke, hier unterschiedliche Blickwinkel ermöglichen. Provokation um jeden Preis ist aber auch nicht mein Ding.


    [Ein wirklich interessantes Thema. Schade nur, dass es aktuell mind. 2 Threads zu diesem Thema gibt. Sollte mal jemand ändern]

    Einmal editiert, zuletzt von Andreas ()

  • Hallo Severina,


    zum Thema Scala. Ich bin gerade dabei, meine Videos auf DVDs zu überspielen.
    Dabei fiel mir gestern Aida aus der Scala, eine Aufnahme von 1985
    unter Maazel mit Pavarotti in die Hände. Ich habe zwischendurch immer mal reingeschaut und blieb dann dabei, weil ich mal richtig lachen konnte.
    Mal abgesehen von den Kostümen (Pavarotti sah quadratisch aus), kann man sich heute eine Aida in dieser Dekoration mit Standtheater noch dazu überhaupt nicht mehr vorstellen. Dann doch lieber Regietheater, wenn auch in gemäßigter Form, siehe Decker, Loy, Carson u.a.( was ist eigentlich mit Decker los, von ihm hört man gar nichts mehr nach seiner Erkrankung).


    Grüße :hello:


    Emotione

  • Hallo liebe Tamino-Freunde.


    Ich finde eigentlich noch diejenigen Inszenierungen am besten, die sich jenseits von "altmodisch, modern, etc." ansiedeln.


    ...ohne großen Aufwand, wie ich meine, mit einfachen Kostümen, nahe an den Ausführungen und Handlungsanweisungen (explizite und implizite) der Partitur/des Librettos, ohne allzu viel die Fantasie und Interpretationsfreude einengenden Schnickschnack (simple Lichteffekte reichen doch oft schon aus, eine unglaubliche Wirkung zu entfalten)...


    Das sind doch die Grundzüge, die eine starke Inszenierung kennzeichnen.


    => Das Werk wird dargestellt, nicht die Interpretation des Regisseurs (der Regisseur als derjenige, der Interpretation ermöglicht - nicht verschließt: den Künstlern nach ihren Gaben, den Zuschauern/-hörern nach ihren Idealen/vorgefassten Meinungen/...).


    Ergänzung: Sich zu bemühen (das es da Grenzen gibt, ist ja klar), die Partitur/ das Libretto zu Gesicht/Gehör zu bringen, kann auch dessen/deren Lücken einschließen. Auch die können u. U. positiv Teil einer Inszenierung sein.

    Viele Gruesse.
    Holger.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Das muss wohl eine andere Inszenierung gewesen sein. Die von Karajan hielt sich ganz streng an Schnitt- und Stoffwahl der Historie. Assoziationen zu Klein Erna oder Star Treck waren da nicht möglich.


    Hallo Knuspi,


    mal abseits aller Polemik: Bei mir waren die Assoziationen aber offenbar schon möglich. Die historische Korrektheit habe ich ja nie bestritten. Jedoch wirkten auf mich die Kostüme - insbesondere erinnere ich mich an den Kopfschmuck diverser Damen - sehr künstlich, nachgemacht eben. Ich schließe nicht aus, dass hier die Vergrößerungsfunktion des Fernsehens ihren Teil dazu beitrug: Was auf 20 Meter im Theater gut aussieht, schaut mit der Fernseh-lupe manchmal recht ärmlich aus. Das traf auch sicher nicht auf alle Kostüme zu, beim Auftritt des Großinquisitors beispielsweise hat mich da nix gestört. Aber gerade bei den Massenszenen...vielleicht auch wegen der Massenkostüme ?



    Aber im Endeffekt ist es so dasselbe, wie mit den Otto-Schenk-Felsen: Da mag viel Herzblut, Wissen und auch Können drinn stecken, die naturalistische Täuschung gelingt aber nie ganz und wirkt auf mich dann eher komisch, als bewegend. Deshalb bevorzuge ich dann auch eher entweder die bewußte Künstlichkeit, oder den realen Gegenstand auf der Bühne.


    Aber bei besagtem Don Carlos war es, wie bei Severina auch, die äußerst langweilige Personenführung. Als Kontrast habe ich beispielsweise wenige Tage später diesen Met-Fidelio gesehen, der im aktuellen Knast spielt. (Glaube das war Flimm ?)
    Jedenfalls kann man da gerne über Sinn und Unsinn der Inszenierung streiten. Aber in Sachen Personenführung und Spiel war einfach mehr auf der Bühne los. Und da ist leider bei dem Karajan-Carlos fast nix passiert.



    Gruß
    Sascha


  • Hallo Emotione,
    mir fällt leider nicht mehr ein, wo ich das gehört/gelesen habe, aber er inszeniert in der nächsten Saison wieder. (Irgendwo, irgendwas - Alzi lässt grüßen!) Ich würde mich jedenfalls auch freuen, wenn er wieder aktiv wird, denn er zählt ebenfalls zu meinen Regie-Lieblingen!
    lg Severina


  • Dem kann ich mich voll anschließen.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Das stimmt,ich bin voll Deiner Meinung in besonders für Decker usw.
    Die Inzenierung der Scala mit Pavarotti(war die Aida nicht die Chiara)
    ist nicht mehr anzusehen.
    Gruß Rita :baeh01:

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  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Vielleicht liegt die Crux einfach daran, dass Oper für mich untrennbar mit Genuss und Schwelgerei verbunden ist und das heute nur mehr leider der Film bietet. Insofern, wir träumen weiter!! :]


    Lieber Christoph,


    ich meine, dass man mit beidem leben kann. Selbstverständlich schwelge ich auch in alten Hollywood-Filmen (ich mag da eher die witzig-satirischen als die gefühlsüberladenen. Mein letzter - anlässlich einer Wiederaufnahme im Fernsehen - war dieser köstliche "Frauen": So etwas gibt es definitiv nicht mehr - aber es gibt auch nicht mehr diese Gesellschaft, die solche Filme möglich machte). Auch kann ich in Musik und in Opern schwelgen - da habe ich auch kein schlechtes Gewissen.


    Ich vergesse allerdings auch nicht, dass ich inzwischen im 21. Jahrhundert lebe und da die Liebhabereien meiner Großeltern teile. Zu diesen Liebhabereien habe ich die meines Jahrhunderts. Also: Träumen und Wachen.


    LG Peter

  • Zitat

    Original von Holger
    Ich finde eigentlich noch diejenigen Inszenierungen am besten, die sich jenseits von "altmodisch, modern, etc." ansiedeln.


    ...ohne großen Aufwand, wie ich meine, mit einfachen Kostümen, nahe an den Ausführungen und Handlungsanweisungen (explizite und implizite) der Partitur/des Librettos, ohne allzu viel die Fantasie und Interpretationsfreude einengenden Schnickschnack (simple Lichteffekte reichen doch oft schon aus, eine unglaubliche Wirkung zu entfalten)...


    Lieber Holger,


    Ich verstehe Deine Bemerkungen nicht. Es darf weder altmodisch noch modern sein?? Was modern ist, kann ich mich vorstellen. Aber was nennst Du altmodisch?
    Ist das, wenn eine Oper im 16. Jhdt spielt, z.B. das weglassen der Kragen?


    LG, Paul

  • Hallo Sascha,
    Hallo Andreas,


    Ihr formuliert beide, dass es auf Euch komisch wirkt, Euch befremdet, zum Lachen reizt, wenn ein z.B. ein Don Giovanni oder ein Don Carlos historisch korrekt gewandet ist.


    Wie kommt das? Ist das dann für Euch weniger unmittelbar? Ich versuche das nachzuvollziehen und finde lediglich den Vergleich zu meiner eigenen Jalousie, die direkt runtergeht, wenn ich's nicht so, wie o.g. auf der Bühne präsentiert bekomme. Mich reizt es gerade, in alte Zeiten einzutauchen, die Aura des Komponisten zu spüren und es ist mir völlig unbegreiflich, wie man sich dieser Chance verwehren kann. Aber so ist's wohl bei Euch auch, weil unsereins sich Euren Anschauungen verwehrt. Aber was ist dann für Euch Theater? Gehört da nicht die Lust am Verkleiden dazu? Hmm, ich glaube, wir werden da nie,nie, nie zusammenfinden.


    :hello:


    Christoph

  • Hallo Christoph,


    ich finde, dass das Kostüm wie auch das Bühnenbild hinsichtlich der Bedeutung, die ihnen im Streit um das "Regietheater" im allgemeinen beigemessen wird, überschätzt werden. Sie sollten doch beide eigentlich nur dazu dienen, die Personen bzw. die darzustellenden Situationen näher zu beleuchten. Jedes Kostüm, jeder Gegenstand auf der Bühne sollte eine für die Interpretation des Stückes bedeutsame Funktion haben. Alles andere ist für mich bloße Schaufensterdekoration und überflüssiger Ausstattungsplunder, wie man ihn heute etwa beim alten Zeffirelli antreffen kann. Ein "original" gewandeter Carlos oder Don Giovanni ist für mich grundsätzlich noch nichts Lächerliches. Auch in traditionellen Kostümen und Bühnenbildern kann man spannende Personenregie und Interpretationen betreiben. Aber die Personenregie muss eben dazu kommen, ohne die ist alles nichts. Rampengesinge finde ich sowohl in modernem wie in traditionellem Ambiente einfach nur langweilig. Und da erkennt man eben die Unterschiede zwischen nur scheinbar "modernen" Regisseuren, die sich auf medial aufgepeppte Äußerlichkeiten kaprizieren wie etwa Dörrie oder Eichinger, und denjenigen wie Konwitschny, Nel, Neuenfels, Guth, die den Dingen auf den Grund gehen (auch wenn einem das, was sie sagen, nicht immer gefallen muss).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Auf allgemeinen Wunsch wurde der thematisch zu diesem Thema parallel laufende Thread geschlossen. Man kann ihn natürlich weiterhin lesen; er ist hier zu finden. Die Beiträge seit dem 20.8.2007 wurden von dort hierher verschoben, doppelt vorhandene Beiträge jedoch entfernt.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Danke, dass dieses verwirrende Hin-und Her damit beendet ist, denn es war äußerst mühsam sich zu merken, wer in welchem der beiden Threads was gesagt hat. :(
    Zurück zum Thema!
    Ich schaue mir eben den Konwitschny-Carlos von unserer WSO an, und augenfälliger kann der Kontrast zum Salzburger Carlo in der Karajan-Inszenierung wohl nicht sein.
    In Salzburg opulente Bühnenbilder und Kostüme, in denen aber nichts passiert. Die Sänger treten auf, singen ein bisschen miteinander (wunderschön, das muss man sagen!) und treten wieder ab. Wem das jetzt zu polemisch vorkommt: Ich bin NICHT der Meinung, dass das zwangsläufig in jeder konventionellen Inszenierung so ist, in dieser aber schon.
    Nun aber Konwitschny: Hier gibt's für das Auge wenig zu schwelgen, das Bühnenbild besteht aus einem weißen Kasten (Schwimmbad nennen es etliche Leute, die ich kenne), die Kostüme zitieren zwar die spanische Mode unter Philipp II, ohne aber den Anspruch auf Authentizität zu erheben, und die farbliche Reduzierung auf Schwarz und Weiß mag vielen monoton vorkommen. Ich finde es höchst ästhetisch, nichts lenkt auf dieser Bühne von dem an, was wesentlich ist und was ja auch viele Taminos als wesentlich erachten, nämlich den zwischenmenschlichen Beziehungen. Und hier hat Konwitschny das Seziermesser angesetzt, seelische Abgründe bloßgelegt und Nuancen herausgearbeitet, die mir noch in keiner Carlo(s)-Aufführung aufgefallen sind, und ich habe schon viele erlebt. Was immer wieder an diesem Regisseur fasziniert, ist die Feinarbeit, die vielen kleinen Details, mit denen er seine Figuren charakterisiert. Eine Handbewegung sagt da mehr aus als ein langer Monolog. Und eines kann man Konwitschny wirklich nicht vorwerfen, nämlich dass er je gegen die Musik inszenieren würde. Im Gegenteil, für mich ist er der Regisseur, der am genauesten hinhört, Bewegungsabläufe beinahe schon choreographiert, so analog zur Musik laufen sie ab.
    Dieser "Carlos" ist für mich spannendes Musiktheater, wie ich es mir wünsche! Natürlich funktioniert das theoretisch auch in historisierenden Bühnenbildern und Kostümen, ich kenne nur leider keinen Regisseur, der das je in dieser Qualität gemacht hätte, mit Ausnahme von Jean Pierre Ponnelle. Die Crux bei konventionellen Inszenierungen ist für mich nämlich nicht das Rundherum, sondern die oft nicht vorhandene Personenführung. Ob Philip direkt einem Gemälde des 16. Jhdts. entsprungen oder aber völlig nackt ist, spielt für mich keine Rolle, solange er ein echter Charakter ist und nicht bloß eine Figurine.
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Die Crux bei konventionellen Inszenierungen ist für mich nämlich nicht das Rundherum, sondern die oft nicht vorhandene Personenführung. Ob Philip direkt einem Gemälde des 16. Jhdts. entsprungen oder aber völlig nackt ist, spielt für mich keine Rolle, solange er ein echter Charakter ist und nicht bloß eine Figurine.


    :yes: :yes: :yes:


    Danke, severina. Wie so oft, kann ich Dir nur zustimmen. Genau so geht es mir auch - nur kann ich das nicht so treffend in knappen Sätzen formulieren.

  • Liebe Severina,


    Du sprichst mir aus der Seele!


    Denn diese Inszenierung ist zwar sicher modern und in Ballett (originell) und Autodafe sehr gewagt, aber Konwitschny inszeniert nichts, was er nicht in Libretto und Partitur belegen könnte.


    Ich bin gespannt auf seinen Holländer in München, für den ich heute Karten bekommen habe.


    :hello:


    Elisabeth

  • Liebe Severina, nachdem wir Beide ja schon im Land des Lächelns von Konwitschnys Mise en scène begeistert waren und uns gegenseitig noch auf Details aufmerksam gemacht haben, nun der Don Carlos! :jubel:
    Ich würde dem sehr gerne ienen eigenen Thread widmen, da ich diese Oper für eine der Besten die es überhaupt gibt, halte. Das weniger wegen der Musik(die ist natürlich auch gut!!!) als wegen des unglaublichen intensiven Librettos und der Personenpsycholgie.
    Das Ende ist für mich schlimmer als alle blutigen Messer und Degen-Dramen . Vollständige Verzweiflung und Tragödie, obschon fast Alle überleben. Keiner bekommt was er ersehnt, keiner bekommt das, was er liebt. Das ist vielleciht auf lange Sicht schlimmer als ein blutiger aber rascher Mord. Dei Arie des Philipp "Ella giammai m'amo" lässt mir regelmässig das Blut in den Adern stocken. Selbst in deutsch und konzertant mit Klavier gesungen (von unserem Gioachino) hat mich das zu Tränen gerührt.
    Leider komme ich nun vor Abreise nciht mehr zum Ansehen der DVD und erst Recht nciht zum reflektierenden Schreiben. Kannst du, cara Severina, bitte auf mich warten und wir diskutieren das ausführlich im September????? Auch im Hinblick auf Schiller z.B.
    Vielleicht gibt es dann auch noch Andere, die gerne mitmachen würden......


    Mit bittenden Grûssen
    Fairy Queen :angel:

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