Operninszenierungen - modern vs. "altmodisch"

  • Da ich mich, wie viele andere zu den bekennenden Gegnern zähle, fühle ich mich nicht nur getroffen, sondern auch direkt angegriffen, bis hin zu beleidigt


    Hallo, Chrissy,


    Du bist heute aber freundlich aufgelegt! Hätte ich geantwortet, wären meine Sicherungen ob der Großschnauzigkeit und Überheblichkeit durchgebrannt. Deshalb habe ich nicht geantwortet. Aber als Kulturkrieger im Kampf gegen Kunstzertrümmerer fühle ich mich schon, und ich bin stolz darauf!!!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber chrissy,


    du bellst ja nicht nur, sondern schnappst gleich zu. ;)


    Trotz meiner zarten 30 Lenze maße ich mir an, über die Stichhaltigkeit bzw. den Wert von Argumenten zu urteilen. Ich hoffe, dies willst du mir nicht absprechen. Zunächst aber, lies doch bitte einmal genau, was ich schrieb. Genauer: Erklärte ich an irgendeiner Stelle, ich sei Befürworter des Regietheaters, mir gefalle der "Rattengrin" oder ich hege die Absicht, euch (?) eure aus Erfahrung erwachsene Meinung abspenstig zu machen? Oder anders gefragt: Fühlst du dich selbst als einer jener, (ich zitiere mich selbst) die alles andere (als Librettotreue) in Bausch und Bogen unreflektiert dämonisieren und verdammen?

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Ich zähle mich auch zu den radikalen Regietheatergegener - fühle mich aber nicht beleidigt.
    Warum dies ?
    Weil eines meiner "Hobbys" Psychologie und Psychatrie ist
    Es ist eine alltbekannte Tatsache, daß ein Opfer, das sein Leid immer und immer ieder klagt plötzlich als jammernd und störend empfunden wird, während man sich darüber öffentlich Gedanken macht welche Gründe der Täter wohl für seinen Angriff gehabt haben wird.
    Dieses Schema existiert überall. Es wird verlangt sich mit den "Tatsaschen abzufinden" und den derzeitigen Status anzuerkennen.
    Die Reaktion von Lynkeus ist daher durchaus "normal und vorhersehbar"


    Das wissen natürlich auch unsere Gegner -und sie werden alles daran setzen uns als dümmliche alte Querulanten und Verweigerer von "Reformen" darzustellen.
    Und ich wiederum werde MEINE Taktiken anwenden um dem Widerstand zu leisten.


    Die Fronten sind verhärtet. Man kann über gewisse Dinge nicht diskutieren. Zb. B nicht über den Klassenkampf.
    Jene Gruppe die sich als von Gott auserlesen bezeichnet, die Welt zu beherrschen wird mit den anderen nicht diskutieren.
    Weil sie ihr Privileg nicht aufgeben willl. Jene, die sich in der Mehrheit fühlen und den anderen ihre Privilegien neiden werden alles daran setzen diesen Zustand zu ändern. Prinzipiell sind beide Gruppen bereit sie jeweils andere zu töten, bzw zu dezimieren - so diese Taktik Erfolg verspricht. Das wird gerne heruntergespielt, aber es ist so.


    Ähnliche Verhältnisse herrschen zwischen RT-Gegnern und Befürwortern, wobei die TR Macher grinsend im Hintergrund sitzen.


    Die RT Macher bauen darauf, daß die Gegner der Bevölkerung auf die Nerven gehen. Ich baue darauf, daß die politischen Kräfte eines Tages, wenn man eingestehen muss daß kein Geld da ist, den RT-Machern die Subventionen völlig entziehen, aus Angst vor dem Volkszorn. Oder daß man eines Tages einen dieser Regisseure nach dem letzten Vorhang von der Bühne holt und .........(mein Zartgefühl verbietet mir den Gedanken öffentlich zu artikulieren)


    Persönlich habe ich mein Forum als eines der wenigen Kunstmedien auch den RT-Gegnern zur Verfügung gestellt - nachdem sie von der ansonst gleichgeschalteten Presse ja unterdrückt werden.
    Deshalb ist viel HÄME über mich gegossen worden - worauf ich stolz bin.


    Die RT Befürworter meinen:
    Es wäre jetzt an der Zeit, daß die lästigen Gegner schweigen - sie machen uns das Geschäft kaputt
    Wir werden so lange sagen, daß ihre Aktivitäten sinnlos sind bis sie resignieren


    Die RT Gegen meinen:
    Wir dürfen nicht aufhören der Welt auf die Nerven zu gehen, bis dieser Spuk von den Bühnen Europas verschwunden ist.


    Die Situation des Regietheaters und seiner Macher sehe ich so ähnlich wie die Situation auf der Titanic:
    Oben wird noch mit Champagner gefeiert, während Tonnen eisigen Wassers sich in den verwundeten Stahl des Schiffsbauches fressen.
    Als die Tragödie die ersten Zeichen von sich gibt, witzelt man noch über ein unsinkbares Schiff, während zur gleichen Zeit der an Bord befindliche Chefkonstrukteur Thomas Andrews , nachdem er auf einen Zettel ein paar Zahlen gekritzelt hat,lakonisch zu Kapitän Smith sagT: "Zwei Stunden noch - maximal drei"


    Auch das Regietheater ist schwer angeschlagen - darf es aber nicht zeigen.
    Im Todeskampf - seine Symptome sind doch nicht zu übersehen - schlägt es wild um sich
    Und so möchte ich hier in Abwandlung des Spruch von Andrews sagen:
    Fünf Jahre noch - maximal Sieben....


    Es gibt aber keine Gründe, daß Tamino- Mitglieder deswegen streiten..


    Beste Grüße aus Wien
    ALFRED ADMIN 001

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo, Chrissy, Du bist heute aber freundlich aufgelegt!

    Lieber La Roche
    Wie Du weißt, in der Regel bin ich das und bemühe mich darum. Das ändert sich aber, wenn man sich angegriffen und beleidigt fühlt.



    Aber als Kulturkrieger im Kampf gegen Kunstzertrümmerer fühle ich mich schon, und ich bin stolz darauf!!!

    Ich auch, volle Zustimmung! :thumbup:



    du bellst ja nicht nur, sondern schnappst gleich zu.

    ... und zwar mit Fang- und Reißzähnen, wenn es erforderlich scheint!



    Trotz meiner zarten 30 Lenze maße ich mir an, über die Stichhaltigkeit bzw. den Wert von Argumenten zu urteilen.
    Ich hoffe, dies willst du mir nicht absprechen.

    Das will ich Dir keinesfalls absprechen. Nur, dann muß das auch begründet sein. Es reichen solche Schlagwörter wie "borniert, peinlich und kindisch" nicht! Wenn man das nicht nachvollziehen kann, ist der schmale Grat zu Angriff und Beleidigung ganz schnell nicht mehr erkennbar.



    Erklärte ich an irgendeiner Stelle, ich sei Befürworter des Regietheaters, mir gefalle der "Rattengrin"

    Nein, das hast Du nicht. Um so mehr muß man Deine Äußerung persönlich nehmen.



    oder ich hege die Absicht, euch (?) eure aus Erfahrung erwachsene Meinung abspenstig zu machen?

    Euch ist garantiert richtig. Denn ich spreche hier ganz sicher nicht nur für mich.



    Fühlst du dich selbst als einer jener, die alles andere (als Librettotreue) in Bausch und Bogen unreflektiert dämonisieren und verdammen?

    Ich fühle mich als einer, der in -zig Live- Vorstellungen hervorragendes Theater/Oper erlebt hat. Wo die Musik mit der Inszenierung/Regie, dem Bühnenbild, den Kostümen und der Zeit und dem Ort der Handlung dem Werk und der Absicht des Komponisten weitgehend überein gestimmt hat. Diese Erlebnisse und Erfahrungen haben sich selbstverständlich im Gedächtnis manifestiert. Und in der daraus resultierenden Konsequenz bin ich einer, wie glücklicherweise viele andere hier im Forum, der gegen jegliche Verunglimpfung, Verunstaltung, gegen sinnentstellenden Klamauk, nur um des gewünschten Skandals und der Schlagzeilen ist. Für mich war Oper immer ein kultureller Genuß und nie ein Ärgernis! Und wenn mir jemand meine Erinnerungen und damit Meinung und Ansicht infrage stellt, oder gar schlecht reden will, dann wird das Schlachtroß gesattelt und die Streitaxt hervorgeholt.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Lynkeus, im ersten Aufzug der "Meistersinger" verteidigt Hans Sachs mit den folgenden Worten den jungen aufbegehrenden Ritter Walter von Solzing, über den die andere Meister eben im Begriff sind herzufallen - nur, weil er anders ist als sie:


    "Halt! Meister! Nicht so geeilt!
    Nicht jeder eure Meinung teilt.
    Des Ritters Lied und Weise,
    Sie fand ich neu, doch nicht verwirrt;
    Verließ er unsre Gleise,
    Schritt er doch fest und unbeirrt.
    Wollt ihr nach Regeln messen
    Was nicht nach eurer Regel Lauf,
    Der eignen Spur vergessen
    Sucht davon erst die Regeln auf!"


    Ich möchte mich hier ausdrücklich an Deine Seite stellen, denn Du hast Deine Meinung sehr klar und begründet zum Ausdruck gebracht, der Diskussion neue Aspekte zugeführt. Dafür gebührt Dir Dank. Du hast aber auch den Finger auf eine Wunde gelegt. Dann wir hier immer scharf zurückgeschnappt. Ich habe das selbst erst kürzlich wieder erlebt. Dabei bin ich genau so wenig ein Befürworter des sogenannten Regietheaters wie Du. Nicht, dass ich das nicht aushielte, ich finde es nur gähnend langweilig. Deshalb beteilige ich mich nicht mehr an solchen Debatten. Wenn dieses Forum zukunftsfähig sein will, braucht es Mitglieder wie Dich. Lass Dich nicht einschüchtern. Niemand darf Dir Deine Jugend vorwerfen. Wo kämen wir da hin? Das geht einfach nicht. Wer heute dreißig ist, der kann nun mal nicht mehr "Tosca" oder "Butterfly" wie vor dreißig Jahren gesehen und gehört haben.


    Mit besten Grüßen Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hallo Figaroo,


    es wäre interessant zu erfahren, wann Prawy dieses herrliche Gedicht geschrieben hat. Das ist ja sicherlich schon eine Weile her und er hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen - dennoch, geändert hat das wohl nichts.


    Besonders aufgefallen ist mit an diesem Gedicht, dass es im Musiktheater offenbar Usus ist, dass der Regisseur und nicht etwa der musikalische Leiter das Sagen hat, eine Tatsache, die ich als "Outsider" im Theaterbetrieb schon immer unerklärlich fand.


    Das Gedicht gibt mir noch einen weiteren Denkanstoß. Vielleicht sollten wir nicht so verbissen gegen das RT vorgehen, sondern es wie Prawy eher der Lächerlichkeit preisgeben.


    :hahahaha: Uwe


    Dieser Beitrag reagiert auf ein von Figaroo eingestelltes Gedicht von Marcel Prawy. Durch Threadzusammenlegung ist das nicht mehr eindeutig ersichtlich. TP

  • Und in der daraus resultierenden Konsequenz bin ich einer, wie glücklicherweise viele andere hier im Forum, der gegen jegliche Verunglimpfung, Verunstaltung, gegen sinnentstellenden Klamauk, nur um des gewünschten Skandals und der Schlagzeilen ist. Für mich war Oper immer ein kultureller Genuß und nie ein Ärgernis! Und wenn mir jemand meine Erinnerungen und damit Meinung und Ansicht infrage stellt, oder gar schlecht reden will, dann wird das Schlachtroß gesattelt und die Streitaxt hervorgeholt.


    Auch ich bin ein entschiedener Gegner des RT und werde es bleiben. Ich habe einst mehrmals den Versuch gemacht mich diesem anzunähern, es ist mir einfach nicht gelungen.



    Das Schlachtroß und die Streitaxt benötige ich nicht, denn ich bin ein friedfertiger Mensch. Oft habe ich in den Antworten in diesem Forum eine Korrespodenz entdeckt, die schon an die Grenze der persönlichen Beleidigung geht.


    Solchen Diskussionen entziehe ich mich dann grundsätzlich, weil es denen einfach an Sachlichkeit fehlt. Ich verlange von niemandem, meine negativen Ansichten über das RT zu übernehmen.


    Es wird sich über einen vielleicht etwas längeren Zeitraum als Alfred meint von selbst ins Abseits bringen. Der Opernfreund wird sich über kurz oder lang wieder an den Werten der Musik orientieren und diese wieder in den ihr zugedachten Rahmen setzen.



    Gruß


    Bernard :hello:

    Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar, so tief wie die MUSIK,
    eben weil keine uns das wahre Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen lässt



    Arthur Schopenhauer

  • Lass Dich nicht einschüchtern. Niemand darf Dir Deine Jugend vorwerfen. Wo kämen wir da hin? Das geht einfach nicht.


    Lieber Rheingold
    Schön von Dir und es ehrt Dich und spricht für Dich, daß Du hier Partei ergreifst. Hier will aber niemand jemanden einschüchtern, oder gar dessen Jugend vorwerfen. Und ganz bestimmt nicht ich, da wäre ich falsch verstanden worden.
    Nur, die "Jugend" kann aber andererseits nicht uns, den etwas Reiferen bis Älteren, unsere Meinungen und Ansichten unkommentiert vorwerfen.

    Wer heute dreißig ist, der kann nun mal nicht mehr "Tosca" oder "Butterfly" wie vor dreißig Jahren gesehen und gehört haben.

    Völlig richtig, so ist es und hier entsteht das evtl. Problem. Hier muß logischerweise gegenseitiges Verständnis, Toleranz und Akzeptanz einsetzen. Uns, die wir das live erlebt haben, muß es aber auch gestattet sein, an unseren positiven Erinnerungen festzuhalten und diese mit dem heutigen Geschehen zu vergleichen!

    Das Schlachtroß und die Streitaxt benötige ich nicht, denn ich bin ein friedfertiger Mensch.


    Lieber Bernard
    Wenn Du meine sonstigen Beiträge mitunter vielleicht liest, wirst Du gemerkt haben, daß ich beide Sachen möglichst auch nicht brauche und möchte. Ich habe das eigentlich auch mehr spaßig ironisch gemeint, um eine drohende Schärfe aus dem Thema zu nehmen.

    Oft habe ich in den Antworten in diesem Forum eine Korrespodenz entdeckt, die schon an die Grenze der persönlichen Beleidigung geht.


    Wenn es aber an diese Grenzen geht, bzw. überschritten werden, muß man sich nicht "die Butter vom Brot nehmen lassen". Da gibt es Mitglieder unter uns, deren diesbezüglichen Beiträge, mit ihrer fachlich fundierten und unverrückbaren Meinung, ich mit Bewunderung und Hochachtung lese.

    Ich verlange von niemandem, meine negativen Ansichten über das RT zu übernehmen.


    Ich auch nicht. Ich will niemanden umstimmen oder missionieren. Wem´s halt gefällt und wer´s halt braucht...

    Es wird sich (gemeint hier das RT) von selbst ins Abseits bringen. Der Opernfreund wird sich über kurz oder lang wieder an den Werten der Musik orientieren und diese wieder in den ihr zugedachten Rahmen setzen.

    So ist es. Wir leben alle in der Hoffnung.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Ich möchte mich hier ausdrücklich an Deine Seite stellen, denn Du hast Deine Meinung sehr klar und begründet zum Ausdruck gebracht, [...]


    Ich sei, gewährt mir die Bitte,
    In eurem Bunde der Dritte!


    Tatsächlich finde ich den Effekt, den Lynkeus an sich selber beobachtet, sehr nachvollziehbar. Es zeigt sich, dass das vehemente Vertreten einer Position der Position selber nicht immer unbeschränkt zuträglich zu sein scheint. - Natürlich geht es dabei auch sehr viel um die Psychologie, wenngleich eventuell in einem etwas anderen Sinne, als von Alfred dargestellt.



    Niemand darf Dir Deine Jugend vorwerfen. Wo kämen wir da hin? Das geht einfach nicht. Wer heute dreißig ist, der kann nun mal nicht mehr "Tosca" oder "Butterfly" wie vor dreißig Jahren gesehen und gehört haben.

    Ich versuche inzwischen, das Alters-"Argument" einfach zu überlesen (gelingt nicht immer)! Auch ich bin schon einige Male damit konfrontiert worden und immerhin schon über 40 :hahahaha:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Rheingold
    Da fällt mir als Ergänzung ein:

    Wer heute dreißig ist, der kann nun mal nicht mehr "Tosca" wie vor dreißig Jahren gesehen und gehört haben.

    Doch, das kann, bzw. konnte man. Bis zur baulichen Schließung der Berliner Staatsoper vor zwei Jahren, lief dort die Tosca in der Inszenierung, einschließlich der Kostüme, unverändert seit der Premiere im März 1976 - (leider allerdings nicht mehr mit dem damaligen Solistenensemble). Ob das jetzt im Schillertheater auch noch möglich ist, weiß ich aber nicht.
    Und von unseren Wiener Freunden wissen wir, daß dort noch die herrliche Zeffirelli- Produktion der Boheme von 1963 (!!!) läuft. Ebenso eine alte hervorragende Inszenierung des Rigoletto, wie Gregor und Strano Sognatrice schilderten.

    Ich versuche inzwischen, das Alters-"Argument" einfach zu überlesen (gelingt nicht immer)! Auch ich bin schon einige Male damit konfrontiert worden und immerhin schon über 40

    Niemand wirft jemandem jugendliches oder jüngeres Alter vor. Im Gegenteil, ich selbst habe z. B. oft schon meine Hochachtung gegenüber unserem jungen Mitglied "Joseph II." zum Ausdruck gebracht. Anders herum darf aber auch erwartet werden, daß die Erlebnisse und Argumente der Reiferen bis hin zu den Älteren, wenn schon nicht verstanden, dann aber wenigstens geachtet und respektiert werden!
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Liebe Freunde,


    solche Äußerungen, wie sie Lynkeus tut, können mich zwar nicht aus der Ruhe bringen. Auch ich bin ein entschiedener Gegner des Regietheaters und werde nicht aufhören, hier meine begründete Meinung dazu zu sagen, die Absurdität dieser verunstalteten Inszenierungen aufzuzeigen und zu zerpflücken, die lächerliche zusätzlichen Showelemente auch als lächerlich herauszustellen. Und da können mir die wenigen, die das hier wollen, nicht dem Mund bzw. die Beiträge verbieten. Wir verbieten ihnen ja auch nicht, ihre anderen Gedanken hier weiterhin zu äußern.
    Also bitte, wenn ihr anderer Meinung seid, dann toleriert auch unseren Kampf gegen diesen Schund und die ständige Verschlechterung des Kulturniveaus und versucht nicht dauernd uns immer wieder zum Schweigen zu mahnen.
    Was die jungen Leute angeht: Es ist interessant, wie viele jüngere Leute hier auch dagegen sind und wie viele ich auch sonst kenne, die diesen Mist lächerlich, wenn nicht gar absurd finden. Leider sind die Verantwortlichen noch nicht ganz aufgewacht, aber ich habe den Eindruck, dass nach den vielen Protesten auch die Medien nicht mehr allen Dreck mit höchsten Tönen loben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber chrissy,


    Niemand wirft jemandem jugendliches oder jüngeres Alter vor. Im Gegenteil, ich selbst habe z. B. oft schon meine Hochachtung gegenüber unserem jungen Mitglied "Joseph II." zum Ausdruck gebracht. Anders herum darf aber auch erwartet werden, daß die Erlebnisse und Argumente der Reiferen bis hin zu den Älteren, wenn schon nicht verstanden, dann aber wenigstens geachtet und respektiert werden!


    zwei Dinge will ich zu Bedenken geben:


    Es war nicht Lynkeus, der sein oder das Alter eines anderen ins Spiel gebracht hat. Er hat lediglich geschildert, wie viele der Diskussion rund ums "Regietheater" hier im Forum auf ihn wirken und m.E. hat er dabei auch deutlich hervorgehoben, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung handelt. - Dass ich diese Meinung im Wesentlichen teile, ist eine andere Sache.
    Zum zweiten halte ich es für ein großes Missverständnis, dass Qualität oder Tragfähigkeit eine Argumentes vom Alter desjenigen abhängen sollte, der es verwendet! Was das Alter einem Jüngeren fraglos in vielen Fällen voraus hat, ist die (Lebens-)Erfahrung - dies ist unbestritten anzuerkennen und zu respektieren. Tatsache ist aber auch, dass Erfahrung wohl als heuristische Grundlage taugen mag, nie jedoch als Argument.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Geht es nur mir so, oder erkennt noch jemand hier eine (m.E. eher suboptimal gelungene) Kopie des Kreislerschen "Musikkritikers"?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Also bitte, wenn ihr anderer Meinung seid, dann toleriert auch unseren Kampf gegen diesen Schund und die ständige Verschlechterung des Kulturniveaus und versucht nicht dauernd uns immer wieder zum Schweigen zu mahnen.


    Was das Alter einem Jüngeren fraglos in vielen Fällen voraus hat, ist die (Lebens-)Erfahrung - dies ist unbestritten anzuerkennen und zu respektieren.

    Lieber Michael


    Nichts anderes wollte ich in der Hauptsache sagen.

    Tatsache ist aber auch, dass Erfahrung wohl als heuristische Grundlage taugen mag, nie jedoch als Argument.


    Erfahrungen und Erlebnisse der Vergangenheit sind aber eine wesentliche und nicht weg zu diskutierende Grundlage als Vergleich zur Gegenwart und somit selbstverständlich auch ein Argument. Und Erfahrung kann einem niemand nehmen, man kann es nicht mal selbst. Sie ist beim Vergleich immer allgegenwärtig, ob nun positiv oder negativ, ob bewußt oder fast unbewußt.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Na und wenn schon! Das macht doch seine Aussage nicht weniger zutreffend!


    Dieser Beitrag reagiert auf ein von Figaroo
    eingestelltes Gedicht von Marcel Prawy. Durch Threadzusammenlegung ist
    das nicht mehr eindeutig ersichtlich. TP

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Lieber Rheingold, lieber Michael,


    ich möchte euch zunächst herzlich für euren Zuspruch danken. Dieser freut mich umso mehr, als ich eure Beiträge im Forum sehr schätze.
    Mein die Diskussion auslösender Beitrag war sicherlich nicht gänzlich frei von jeglicher Schärfe, aber doch m.E. keinesfalls so formuliert, dass mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden muss. Dies ist aber symptomatisch für die von mir geschilderte Wahrnehmung. Die Regietheaterdiskussionen werden emotional geführt, nicht sachlich.


    Mit einem dämlichen Etikett wie Regietheater-Gegner bzw. Befürworter, lasse ich mich sicher nicht markieren. Nach wie vor wünsche ich mir selbst eine Zunahme librettogetreuer Inszenierungen, in denen Bühnengeschehen und Text kongruent sind. Und ebenfalls stößt mich die Vielzahl clownesker, bedeutungsüberladener Provokationen ab. Aber - und hier wiederhole ich mich bzw. die Argumente anderer - es gibt nicht nur schwarz und weiß, und Librettotreue muss nicht per se gut sein und Regietheater per se schlecht. Diese Pauschalisierungen sind es, die ich abstoßend finde. Wenn über nicht gesehene, ja noch nicht einmal gelaufene Inszenierungen gleich Spott und Häme geschüttet wird, dann ist das unvernünftig und ein Urteil im Vorraus gefällt.


    Aus meiner Sicht gibt es die Oper, wie die RT-Gegner sie beschwören, nicht, ebensowenig wie es die Klassik gibt. Librettotreue Inszenierungen sollten ein Teil dessen sein, was unter den Begriff fällt, m.E. gehören aber sogenannte Regietheaterinszenierungen ebenfalls dazu. Hundert und mehr Jahre alte Stücke einzig und allein nur so aufzuführen, wie es den Intentionen der Schöpfer entsprach, unter Ausblendung sämtlicher gesellschaftlicher Veränderungen, historischer Ereignisse und vor allem Dingen der stückspezifischen Forschungsergebnisse und Rezeption, wäre ein kulturelles Armutszeugnis.


    Persönlich gehe ich nicht vom Verschwinden des RT aus. Es wuchert zurzeit einfach ziemlich unkontrolliert. Nach meiner Ansicht wird es in Zukunft nicht "absterben", sondern kultiviert werden. Begabte Regisseure werden auf Inhalte setzen statt auf plumpe Provokation und beide Formen der Inszenierung, einschließlich all der Zwischenstufen, werden dann idealerweise gleichberechtigt in einer vielgestaltigen Kulturlandschaft nebeneinanderstehen.

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Hundert und mehr Jahre alte Stücke einzig und allein nur so aufzuführen, wie es den Intentionen der Schöpfer entsprach, unter Ausblendung sämtlicher gesellschaftlicher Veränderungen, historischer Ereignisse und vor allem Dingen der stückspezifischen Forschungsergebnisse und Rezeption, wäre ein kulturelles Armutszeugnis.

    Wieso denn das?

    Zitat

    Persönlich gehe ich nicht vom Verschwinden des RT aus. Es wuchert zurzeit einfach ziemlich unkontrolliert. Nach meiner Ansicht wird es in Zukunft nicht "absterben", sondern kultiviert werden. Begabte Regisseure werden auf Inhalte setzen statt auf plumpe Provokation und beide Formen der Inszenierung, einschließlich all der Zwischenstufen, werden dann idealerweise gleichberechtigt in einer vielgestaltigen Kulturlandschaft nebeneinanderstehen.

    Ja, in die Richtung dürfte es gehen, meine Frustration hat sich durchaus gemildert, ich sehe Licht am Horizont.
    ;)

  • Zitat

    Zitat von Lynkeus:Wenn über nicht gesehene, ja noch nicht einmal gelaufene Inszenierungen gleich Spott und Häme geschüttet wird, dann ist das unvernünftig und ein Urteil im Vorraus gefällt.

    Wieso eigentlich nicht warnen und aufzeigen, wenn aufgrund der Vorberichte und der vorab gezeigten Bilder (wie z.B. beim Ring des Nibelungen von Castorf) ganz eindeutig zu erkennen ist, dass schon wieder mal eine Oper mit Gewalt zertrümmert wird?

    Zitat

    Zitat von Lynkeus: Hundert und mehr Jahre alte Stücke einzig und allein nur so aufzuführen, wie es den Intentionen der Schöpfer entsprach, unter Ausblendung sämtlicher gesellschaftlicher Veränderungen, historischer Ereignisse und vor allem Dingen der stückspezifischen Forschungsergebnisse und Rezeption, wäre ein kulturelles Armutszeugnis.

    Lieber Lynkeus,


    könntest du mir mal konkret erklären, welche modernen Bezüge ich z.B. bei den Meistersingern in Salzburg finden soll, wenn das Werk mit teilweise affigem Herumhampeln, mit allerhand Figuren, die nicht hineingehören und mit undeutbaren Grimassen angefüllt wird? Oder beim Falstaff, der an sich eine spritzige und lebendige Oper ist, mit Erzeugen von Langeweile, Herumräkeln auf dem Fußboden und sonstigen Gegenständen, Elfenzauber zwischen Zimmerpflanzen (auch wenn im Text von der Eiche die Rede ist) und auch Anfüllen des Werks mit allerhand Personen im Hintergrund, die überhaupt nicht dazu gehören?
    Oder soll der moderne Bezug etwa sein, dass man heutzutage nur noch Blödelshows und künstliche "Action" zeigen zu können glaubt?
    Stückspezifische Forschung kann ich weder bei den neuen Bayreuther noch bei den Salzburger Inszenierungen erkennen!!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Das Altersargument ist völlig sinnlos und sollte künftigen Diskussionen nach Möglichkeit ganz fehlen. Ich kann allerdings verstehen, wenn Chrissy es im Hinblick auf Lynkeus' jugendliche 30 Lenze gebracht hat, weil er sich von dessen Beitrag völlig zu recht getroffen fühlte. Jemand, der angeblich so nach Sachlichkeit strebt, Schwarz-Weiß-Denken verdammt und sich über allzu emotional geführte RT-Diskussionen beklagt, sollte dann auch mit gutem Beispiel vorangehen und seinen Beitrag nicht mit Beleidigungen wie "borniert" etc. spicken, sonst wird die hehre Mission ganz schnell unglaubwürdig.



    Zitat von »Lynkeus«
    Hundert und mehr Jahre alte Stücke einzig und allein nur so aufzuführen, wie es den Intentionen der Schöpfer entsprach, unter Ausblendung sämtlicher gesellschaftlicher Veränderungen, historischer Ereignisse und vor allem Dingen der stückspezifischen Forschungsergebnisse und Rezeption, wäre ein kulturelles Armutszeugnis.


    Wieso denn das?

    Das habe ich mich auch gefragt. Wobei ich mir schon denken kann, was dann kommt: Der Einstieg in eine weitere fruchtlose Diskussion mit endlos durchgekauten Argumenten.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Doch, das kann, bzw. konnte man. Bis zur baulichen Schließung der Berliner Staatsoper vor zwei Jahren, lief dort die Tosca in der Inszenierung, einschließlich der Kostüme, unverändert seit der Premiere im März 1976 - (leider allerdings nicht mehr mit dem damaligen Solistenensemble). Ob das jetzt im Schillertheater auch noch möglich ist, weiß ich aber nicht.


    Ich denke, Rheingold spielt da auf die allgemeine Situation und besonders die Neuinszenierungen an. Wer sein Opernbild nach denen ausrichtet und DVD-bzw. youtube-Vergleiche nicht einholt und/oder aufgrund räumlicher Entfernung z.B. keinen Zugang zu alten, noch vorhandenen Inszenierungen hat, wird wahrscheinlich in der Tat annehmen, dass die "Neudeutungen" des Regisseurtheaters der Weisheit letzter Schluss seien. Das ist traurig, aber es ist ein Grund, warum sich diese "Theaterform" so festsetzen konnte, nämlich durch systematisches Ausschalten nahezu jeglicher Live-Vergleichs-und Wahlmöglichkeiten.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Fühlst du dich selbst als einer jener, (ich zitiere mich selbst) die alles andere (als Librettotreue) in Bausch und Bogen unreflektiert dämonisieren und verdammen?


    Mit diesem Zitat war nicht ich gemeint. Dennoch möchte ich dazu äußern : Ja, Ja und nochmals Ja!


    Und in diesem Konsens gibt es auch für Regisseure genügend Spielraum, eigene Ideen einzubringen. Beispiel war "Der Ring" in Chemnitz. Kontraproduktiv war "Der Ring" in Salzburg und Dutzende andere Ringe der letzten Wagnergedenkjahre. Mein Protest richtet sich vor allem gegen die Tatsache, daß jedes Theater, von Detmold über Meiningen, Weimar, Dresden, bis München und Wien (selbst MET und Valencia) verunstaltete Inszenierungen waren. Dieser Tatsache steht kein einziger Ring gegenüber, der Wagner als Wagneroper bringt. Ich betone ausdrücklich, daß ich die albernen Flügelhelme der Walküren auch nicht mehr brauche. Aber sie sollten nicht in Jeans oder Straßenanzügen kommen!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Wieso denn das?


    Lieber Kurzstückmeister,


    deine ebenso einfache wie berechtigte Frage, hat mich doch im ersten Moment sprachlos gemacht und mich dazu gezwungen, die meiner Aussage zugrunde liegenden Überlegungen in Worte zu fassen.


    Eine Möglichkeit zur Inszenierung einer Oper besteht darin (verkürzt ausgedrückt), Libretto und Partitur zu nehmen, und das Ganze auf die Bühne zu bringen. Das ist vollkommen legitim und sollte m.M.n. fester Bestandteil der Aufführungspraxis sein. Die Frage bleibt, ob es damit erledigt ist?
    Offensichtlich nicht, denn das Interesse der Musik-, Opern- und Kulturfreunde bleibt häufig nicht auf das Werk beschränkt, sondern geht über dessen Grenzen hinaus. Aus diesem Grunde beschäftigt man sich dann mit der Biografie von Komponisten, der Wirkung eines Werkes auf die Hörer im Laufe der Zeit oder der Rezeption und Interpretation eines Stückes. Einzelaspekten wird nachgegangen, sie werden diskutiert und wissenschaftlich untersucht, z.B. die Quellen Wagners für seinen Ring. All dies sind Aspekte und Bedeutungsschichten, die durch das Werk aktiviert werden und die ihm in gewisser Weise zugehören und unsere Sicht darauf zu einer anderen machen als bspw. zum Zeitpunkt der Uraufführung. Diesen Wissensreichtum nicht gelegentlich heranzuziehen und für Inszenierungen fruchtbar zu machen, auch wenn dies Librettoabweichungen nach sich zieht, wäre das beschworene Armutszeugnis.


    Wichtig ist: Man kann all diese Dinge für eine Inszenierung berücksichtigen oder eben auch nicht. Das ist ja im Übrigen eine wiederholt vorgebrachte und berechtigte Forderung: Der Regisseur soll sich mit dem Stück befassen. Ein begabter Regisseur kann dann durch ein gutes Konzept eine Inszenierung auf die Beine stellen, die mehr wird als zur librettogetreuen Wiedergabe, sondern zum intelektuellen Vexierspiel. Ein Gedanke, (vielleicht wurde Derartiges ja bereits versucht): Bekannterweise gibt es vom zweiten zum dritten Aufzug des Siegfried einen Bruch, konzeptuell und kompositorisch. Die mit der Entstehung des Werks vertrauten, wissen warum. Wäre es nicht reizvoll, diesen Bruch auch inszenatorisch zu reflektieren? Ich habe im Moment keine Idee, wie dies geschehen könnte, bin aber überzeugt, dass es Möglichkeiten gibt, dies zu bewerkstelligen, ohne dabei Opernfreunde vor den Kopf zu stoßen; ein Aha-Erlebnis zu verursachen, dass sagen lässt: Toller (Regie-)Einfall.


    Problematisch dabei ist die Heterogenität des Publikums. Das Kunststück bestände nämlich darin, demjenigen, der eine Oper erstmals sieht und hört, ebenso anzusprechen, wie den Wagnerforscher. Vorraussetzung dafür ist natürlich die Auseinandersetzung mit dem Werk und das Vorhandensein eines überzeugenden und schlüssigen Regiekonzeptes.



    [...] könntest du mir mal konkret erklären, welche modernen Bezüge ich z.B. bei den Meistersingern in Salzburg finden soll, wenn das Werk mit teilweise affigem Herumhampeln, mit allerhand Figuren, die nicht hineingehören und mit undeutbaren Grimassen angefüllt wird? Oder beim Falstaff [...]

    Lieber Gerhard, leider kann ich das nicht, da ich einerseits mit den Werken zu wenig vertraut bin (meines Alters wegen, ich arbeite daran, mir die Opernliteratur zu erschließen :P ) und andererseits die Inszenierungen nicht kenne. Deine Schilderungen veranlassen mich anzunehmen, dass es sich bei den Inszenierungen tatsächlich um misslungene Deutungen handeln könnte, also jene, die einen Großteil an dem ausmachen, was Regietheater genannt wird und zu (durchaus nicht immer unberechtigt) Unmut führen. Deswegen deutete ich an, dass das Regietheater einer Kultivierung bedarf, da derzeit die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt.



    Jemand der angeblich so nach Sachlichkeit strebt, Schwarz-Weiß-Denken verdammt und sich über allzu emotional geführte RT-Diskussionen beklagt, sollte dann auch mit gutem Beispiel vorangehen und seinen Beitrag nicht mit Beleidigungen spicken, sonst wird die hehre Mission ganz schnell unglaubwürdig.

    Liebe Strano, wenn du in meinen Beiträgen hehre Missionierungsversuche ausmachst, missverstehst du mich. :no:

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • All dies sind Aspekte und Bedeutungsschichten, die durch das Werk aktiviert werden und die ihm in gewisser Weise zugehören und unsere Sicht darauf zu einer anderen machen als bspw. zum Zeitpunkt der Uraufführung. Diesen Wissensreichtum nicht gelegentlich heranzuziehen und für Inszenierungen fruchtbar zu machen, auch wenn dies Librettoabweichungen nach sich zieht, wäre das beschworene Armutszeugnis.


    Also ist es für Dich ein Armutszeugnis für die chinesische Kultur, dass sie die Kun-Oper nur in der traditionellen Form pflegen?


    Ich verstehe ja, dass Du beides möchtest, aber dass es Modernisierung/Bearbeitung geben muss, geht mir weniger ein (wenn es um die Pflege des kulturellen Erbes geht).
    :hello:

  • Also ist es für Dich ein Armutszeugnis für die chinesische Kultur, dass sie die Kun-Oper nur in der traditionellen Form pflegen?

    Ich kenne mich nicht mit der Kun-Oper aus, aber die Frage scheint etwa so ähnlich, als frage man: Ist es ein Armutszeugnis für die deutsche Kultur, dass mittelalterliche Minnelieder nur traditionell gesungen werden? Mit anderen Worten: Lebt eine Kunstform noch oder geht es nur darum, sie als Erbe zu erhalten? Da die Kun-Oper als Weltkulturerbe zählt, liegt letzteres näher.


    Zudem ist aufgrund der historischen und kulturellen Unterschiede die Vergleichbarkeit nicht unproblematisch. Nicht zuletzt, da hier ja von der Oper ganz allgemein die Rede ist, während die Kun-Oper an sich schon eine eigenen Regeln gehorchende Sonderform darstellt, in der es wiederrum eigene Schulen gibt. Auch der reglementierte Rollenverteilung sowie die Farbsymbolik verdeutlichen den Sonderstatus.


    Ein lesenswerter Artikel zum Thema findet sich hier: "http://german.china.org.cn/german/119163.htm
    Darin heißt es u.a. auch:


    Zitat

    Im Juni 2001 wurde z.B. das Stück "Der Päonien-Pavillon" der Kunqu-Oper in Deutschland aufgeführt. Die Aufführung dieses aus 55 Akten bestehenden Stücks dauerte insgesamt 19 Stunden. "Grenzerfahrung der Dramatik", so kommentierten die lokalen Zeitungen. Deshalb werden meistens nur ein bis drei Akte dieses Stücks aufgeführt.

    Da muss man ja schon fast froh sein, dass die Regie bei uns nicht derart kürzt. :P

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Ist es ein Armutszeugnis für die deutsche Kultur, dass mittelalterliche Minnelieder nur traditionell gesungen werden? Mit anderen Worten: Lebt eine Kunstform noch oder geht es nur darum, sie als Erbe zu erhalten?


    Genau diese Unterscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Inwiefern ist Händels Stil lebendiger als der Stil der Kun-Opern? Beides ist historisch und wird in Aufführungen gepflegt, als kulturelles Erbe. Durch die Pflege lebt es natürlich weiter, Händel ebenso wie die Kun-Oper. Reglementierte Rollenverteilungen und standardisierte Gestik gibt es in der Barockoper auch.
    :hello:
    P.S.: Cestis "Pomo d'oro" wird man auch nur mit großen Kürzungen auf die Bühne bekommen.

  • Lieber Kurzstückmeister,


    meine metaphorische Wortwahl (lebende Kunst) war unzureichend und wird der Sache nicht gerecht. Ich muss wiederholen, dass sich mein Wissen bezüglich der Kun-Oper im Wesentlichen auf die Inhalte meines vorangehenden Beitrags beschränkt. Davon ausgehend erachte ich eine Vergleichbarkeit aus genannten Gründen für nicht gegeben. Weitere Fragestellungen gesellen sich hinzu: Ist die Popularität der Kun-Oper mit der "unserer" Oper im Allgemeinen vergleichbar? Oder mit derjenigen der Barock-Oper? Oder handelt es sich nur um eine kulturelle Nische mit einem kleinen Liebhaberkreis? Gibt es in jeder größeren Stadt Opernhäuser, gibt es CD- und DVD-Aufnahmen im vergleichbaren Umfang etc.?


    Ganz davon abgesehen stellt sich mir die Frage, inwieweit die Analogie uns in der eigentlichen Diskussion weiter führt und/oder ob ihr Zweck nicht nur darin besteht, mich auf unsicherem Terrain zum Stolpern zu bringen. Letzteres will ich dir keinesfalls unterstellen; nur der Gedanke kam mir eben und ich äußere ihn nur, weil ich mir sicher bin, dass du damit umzugehen weißt.


    Insofern schlage ich den Bogen einfach mal zurück und frage, ob es lediglich der Begriff „Armutszeugnis“ ist, der dir an meiner Ausführung im Beitrag 2184 missfällt und der nun als Einfallpforte dient, um auch den Rest fragwürdig scheinen zu lassen?

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Ja, mich stört eigentlich nur das "Armutszeugnis", denn ich finde, dass unsere Kultur vor der Erfindung des Regietheaters auch nicht so arm war, und in China würde ich den Vorwurf auch nicht so erheben wollen.
    ;)
    Die traditionelle chinesische Musik hat (leider) auch im chinesischen Raum nur ein kleines Publikum.

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