Wie wichtig ist Euch das Libretto?

  • Hallo,


    mit Libretto meine ich die Handlung der Oper...


    Ich habe mich schon manches mal gefragt, ob ich ein Trottel bin =) ... Ich höre unheimlich gerne den Ring, allein, nach der konkreten Handlung befragt würde ich gehörig ins Schwimmen kommen...So ganz grob kenne ich sie schon, aber: Wichtig ist mir die nie gewesen...


    Wie macht Ihr das? Geht ohne Libretto garnix oder nehmt Ihr das auch eher 'nebenbei' mit?


    Gruß,
    Olli

  • Man verletzt den Komponisten zutiefst in seinem Ansinnen, wenn man das Libretto außer Acht lässt. Dies ist in meinen Augen eine klassische Frage von Inhalt und Form. Man nehme nur den Don Giovanni :jubel: Oder die anderen DaPonte Opern von Mozart :D Vielleicht ist das ja aber auch bloß eine Ausnahmeerscheinung :wacky:

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • das libretto ist mir ein wenig wichtiger als die musik - nicht umsonst wird
    traditionellerweise der textdichter vor dem komponisten genannt. es gibt
    opern, deren libretto mir überhaupt nicht zusagt und die ich deshalb meide.
    als beispiel: ich liebe strauss' salome, aber ich kann mit elektra (wegen dem
    libretto) überhaupt nichts anfangen.


    faun


    ps: auch der andere richard (wagner) hat einige libretto schwächen für mich.

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Sagen wir es so: ich möchte, dass mir Text und Musik gleichwichtig und voneinander abhängig, quasi eine unzerstörbare Einheit, sind. Ich fordere dies von einer Oper.


    Die Realität ist nach meiner Beobachtung ganz anders: beide Kompomenten bilden selten eine Einheit. In diesen Fällen nehme ich das Werk kaum als Gesamtkunstwerk wahr, sondern achte auf die meist höherwertige Musik.


    Ganz wenige mir bekannte Opern bestehen aus einer gleichwertigen Verzahnung von Musik und Text auf höchstem künstlerischen Niveau, in erster Linie der Wozzeck, aber auch die Erwartung oder einige von Brittens Opern. Die eine Komponente ist in diesen Fällen ohne das andere kaum denkbar.


    Bei Wagner ist das so eine spezielle Sache. Beim Parsifal bewundere ich auch die Musik alleine; dennoch ist gerade das Gesamtkunstwerk von hohem Wert.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Für mich ist das Libretto sehr wichtig. Ich wiil wissen, was gemeint war. Und wenn es italienisch ist (hab ich nur ein Jahr studiert), will ich da eine Übersetzung daneben haben. Dann verstehe ich nicht nur die Handlung, aber kann ich auch beurteilen ob ein(e) Sänger(in) da was vor sich hin jodelt.


    Wie lange ist es her, daß super Sänger kamen, ihre eigene Partien sangen (das waren dann eigenlich Einlagearien, denn hatten nichts mit jener Oper von tun), kassierten und wieder verschwanden.
    Wenn zB ein Tenor eine c'' schmettert, will ich wissen, ob tatsächlich so laut die Trompete klingen muß, oder ob eher ein piano angebracht war.


    LG, Paul

  • Das kommt bei mir auf die Oper an.


    Es gibt Opern deren Libretti von eher mäßiger Qualität sind, besonders bei der Opera Seria, da interesiert mich das Libretto meist gar nicht.


    Bei den frz. Tragèdies Lyriques ist das anders, da sind für mich Text und Musik gleichwertig.


    Mir ist auch die Sprache wichtig, ich halte Deutsch für absolut ungeeignet für die Oper.



    Ich bin verwöhnt durch die Poesie von Quinault, Benserade, Racine oder Metastasio.


    Ich hatt mal ein Gespräch mit einer Dichterin und da kamen wir auch auf Herrn von Hofmannstahl zu sprechen, wir waren uns schnell einig - wir haben seine Texte beide für langweilig, uninspiriert und vollkommen lächerlich befunden.
    Mag sein dass er von der Fachwelt (wer immer das auch zu sein behauptet) hochgejubelt wurde - ich finde das indiskutabel und es nervt - ganz besonders wenn ich es noch gesungen ertragen muß.


    An einem einzigen Satz 6 Wochen zu basteln ist für mich auch keine Inspiration... vielleicht hätte er lieber einen anderen Beruf ergreifen sollen... :stumm:

  • Wenn ich eine Oper das erste mal höre/ sehe, dann brauch ich das Libretto auf jeden Fall, ich will ja schließlich wissen, um was es da geht, denn gesungen hört sich beinahe jede Sprache "unerhört" an, d.h. außer Rezitativen, so denn da welche sind, würde ich selbst Deutsch gesungenes nicht verstehen...


    Die literarische Qualität ist für mich sekundär. Was wiederum bedeutet, dass ich gut damit leben kann, wenn der Text schwach ist, die Musik aber gut. Umgekehrt würde ich es dann lieber nur lesen...

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Mir ist auch die Sprache wichtig, ich halte Deutsch für absolut ungeeignet für die Oper.


    Ich glaube, daß ich als Ausländer (ergo ziemlich neutral) darüber besser urteilen kann. Und ich bin hier absolut nicht Deiner Meinung zugetan.


    Wie zB Lortzings Libretti sind :lips:


    LG, Paul

  • Prima la musica :D
    Nur leider kommt man ohne Libretto auch nicht klar mit einer Oper, da man viele komponierte Feinheiten nicht versteht, wenn man nicht weiß, um was es eigentlich überhaupt grade geht ?(:rolleyes:


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Für mich ist das Lesen des Librettos sehr zentral. Ich bin der Meinung,
    eine Oper erschließt sich erst durch die Kenntnis des Librettos.
    Dabei ist es erst einmal unwesentlich wie qualitätvoll der Text ist.
    Ich denke , um die Handlung einer Oper zu bewerten , ist des Libretto
    schon sehr wichtig. Weil hier auch Wagner angesprochen wurde, gerade er
    hat großen Wert auf seine Texte gelegt. Deshalb bin ich doch etwas erstaunt,
    daß dies für manche nicht so entscheidend ist.

    Gruß
    Rüdiger


    ________________________
    Lärm ist ... nur eines der Übel unserer Zeit, wenn auch vielleicht das auffälligste. Die anderen sind Grammophon, Radio und neuerdings die verheerende Television.


    C.G. Jung

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  • Ich kann mich Blackadder nur anschließen:


    Wenn ich mich erstmalig intensiver mit einer mir bis dato ganz oder relativ unbekannten Oper beschäftige, dann lese ich immer im Libretto mit, um mitzubekommen, was gerade passiert (und wie es in Musik umgesetzt wurde). Das ist meiner Meinung nach zum Verständnis einer Oper unerlässlich - schließlich reagiert die Musik auf das, was im Libretto steht, setzt die Wörter, die Szenenanweisungen in Klang, Gefühl und Dramatik um. Und da möchte ich halt wenigstens zum Einstieg einmal genau Bescheid wissen - immerhin kann man sich dann auch schon sein persönliches Urteil in Bezug auf "Wie gut hat der Komponist die Handlung umgesetzt?" bilden. Sowas ist für meine persönliche Beurteilung einer Oper schon recht wichtig.


    Wenn ich eine Oper dann aber besser kenne, ist mir das Libretto eher unwichtig - ich kenne mich dann ja in der betreffenden Oper aus und brauch es nicht mehr, da ich mich orientieren kann und nur noch zuhöre...
    Einige Opern kenne ich derart in- und auswendig (Zauberflöte, Entführung, Freischütz oder Carmen zum Beispiel), dass ich quasi selbst schon Libretto bin :D


    Bei manchen Operntypen sind die Libretti für mich eher von geringerer Bedeutung als bei anderen: Die italienischen Belcanto-Opern, die so im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts entstanden sind (um hier ein Beispiel zu nennen), scheren sich musikalisch eher weniger um die zugrundeliegenden Texte - es sind halt ausgedehnte Sängerfeste, die einen singbaren Text benötigen, aber da ist bloßes Zuhören definitv wichtiger und gewinnbringender als Grübeln über die (eigentlich austauschbaren) Gesangstexte ;)


    Außerdem interessieren mich Libretti auch in "technischer Hinsicht" oft sehr - gerade wenn es um die Umsetzung eines Romans oder Schauspiels in operntaugliche Form geht: Da ist es oft hochinteressant, einen Vergleich mit der Originalvorlage anzustellen. Welche Handlungsstränge werden für die Opernfassung vom Librettisten gekürzt oder gar ganz weggelassen, welche Personen werden hervorgehoben, welche weggelassen, etc. - da gibt es manch geniale und leider zahlreiche grottenschlechte Lösungsansätze. Es macht mir immer viel Spaß, hier ein bissel in den "Werkstätten" der Operntextdichter herumzuwühlen :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Oliver,


    interessante Frage! Für mich als eine, die den Weg zur Oper übers Theater gefunden hat, sind Libretto und Handlung absolut unverzichtbar. Will heißen: Ich würde eher Gefahr laufen, mich in einer musikalisch tollen Oper mit dröger Handlung zu langweilen als in einer Oper mit weniger großartiger Musik aber einem guten Plot. Das ist übrigens der Hauptgrund, warum ich z.B. bei Don Giovanni und Figaros Hochzeit nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen kann - im Gegensatz zu Faun bei Elektra allerdings schon.


    Allerdings - Cosí fan tutte entspricht zwar auch nicht unbedingt meiner Vorstellung von einem packenden Stück, aber dank der Komischen Oper Berlin weiß ich jetzt immerhin, dass eine gute, flotte Übersetzung einiges retten kann. :]

  • Hallo Grimgerdes Schwester,


    na, das lässt ja interessante Rückschlüsse zu :]


    Demnach findest Du die Handlung von Figaros Hochzeit und Don Giovanni langweilig - aber zumindest die Musik toll?
    Immerhin etwas... ;)


    Ich weiß, das ist natürlich Geschmackssache - vielleicht hast Du aber einfach nur bisher die falschen Inszenierungen gesehen? Bei Cosi fan tutte hat es ja auch bei Dir gefunkt :]


    Ich empfehle für solche Fälle: Augen zu - Ohren auf! Wenn die Musik toll ist, wen interessiert dann noch die Handlung?


    Wie gesagt: Bei Belcanto-Opern wie Lucia di Lammermoor oder Norma finde ich die Handlung auch nicht soooo erschöpfend - aber die herrliche Musik entschädigt doch für vieles....


    In solchen Situationen bin ich dann immer heilfroh, dass man sich in einer Oper und nicht im Schauspiel befindet :D

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    na, das lässt ja interessante Rückschlüsse zu


    Nur zur Klarstellung: ich habe meine Mutter furchtbar lieb. :D


    Kann durchaus sein, dass der Don Joe mit einer Grimgerdes-Schwester-kompatiblen Regie doch noch Gnade vor meinen Augen finden kann. Eine Chance werde ich ihm wohl mindestens noch geben. Falls ich also in einem halben Jahr plötzlich völlig begeistert von dieser Super-Oper zu schwärmen anfange, ist Deine Theorie richtig. Und Konwitschny ein Held.

  • Hallo!


    Literarische Ansprüche an das Libretto einer Oper stelle ich keine. Sonst würden die meisten Opern auch bei mir durchfallen.
    Wo hingegen ein gewisser literarischer Anspruch im Libretto vorliegt, da meckere ich gerne, z.B. bei Verdis Macbeth: Eine deutliche Verschlechterung und Unverständnis gegenüber Shakespeare.
    Ansonsten Konzentriere ich mich lieber auf die Musik. Die Handlung von Cosi fan tutte z.B. ist für mich (literarisch) uninteressanter, banaler Quark. Aber die Musik ist so himmlisch schön, daß es eine meiner Lieblingsopern ist. Ähnlich ist es beim Barbier von Sevilla etc.
    Meine absolute Lieblingsoper ist Don Giovanni. Da stimmt alles.


    Ich habe noch kein Libretto gesehen, daß literarisch einem Dramen-Text einer der großen Dramatiker standhalten kann. Auch Tirsos Don Juan ist besser als Da Pontes Don Giovanni.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius
    Auch Tirsos Don Juan ist besser als Da Pontes Don Giovanni.


    ...der lässt sich aber nicht so wundervoll vertonen! :P


    Salut!


    Im Prinzip kann ich nur antworten: Das Libretto ist mir nicht unwichtig! Ich sehe das mit den Augen eines Komponisten, der entscheidet [wenn er dies kann bzw. durfte], ob er das Libretto vertonen mag. Bei Mozart war das ab dem Idomeneo der Fall. Und das Ergebnis liegt klar auf der Hand. Da Pontes Meisterwerk [dem sich Mozart anschließt] ist ganz klar Cosi fan tutte!


    Beim Libretto ist mir schon der "Gehalt" sehr wichtig, um die entsprechende Musik geniessen zu können. An einer "Oper", die nur von aneinandergereihten Huldigungen und dementsprechenden Koloraturen usw. "lebt", kann ich kein wirkliches Gefalles finden: Zwar ist die Musik oft unschlagbar, doch gehaltlos, denn inhalt- resp. sinngebend ist eben doch der zunächst Text. Oder besser: Text und Musik müssen für mich korrespondieren, das heißt: sie müssen nicht zwingend übereinstimmen, aber sich unterhalten. Bei Cosí fan tutte ist dies am klarsten der Fall: Wo der Text uneindeutig ist, suggeriert die Musik Klarheit [also einen Kontrapunkt]; wo der Text eindeutig ist, schafft die Musik Verwirrung. Bei der Cosí vergisst man bei entsprechender Interpretation schnell, dass es neben der Rahmenhandlung noch etwas mehr [zwischen den Zeilen, siehe entsprechender Thread] gibt. Und genau das hat auch Mozart musikalisch wirklich herausragend umgesetzt - ohne dies hervorragende Libretto wäre es gar nicht möglich gewesen [Salieri hatte sich übrigens diesbezüglich disqualifiziert]. Die Nervenstränge, welche die elektrischen Impulse zwischen den Akten leiten, hat Mozart auskomponiert, d.h. durch msuikalisch-thematisch angelehntes bzw. geborgtes Themenmaterial über die Akte und Charaktere hinweg herüberkopiert. Mir ist es auch erst nach 15jähriger Cosí-Pause aufgefallen.


    Viele liebe Grüße
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Man sollte m.E. hier Plot/Handlung im engeren Sinn und das tatsächliche Textbuch unterscheiden. Man mag die Handlung in Mozart/Da Pontes Figaro albern finden (sie ist allerdings nicht alberer als die der gewöhnlichen Shakespeare-Komödie, denen dieser Vorwurf komischerweise nie gemacht wird) , aber dass das ein tempo- und pointentreiches libretto mit sehr viel Witz usw. ist, kann man kaum bestreiten. Die sprachliche Qualität italienischer Libretti wage ich nicht zu beurteilen. Ähnliches gilt für anderen Da Ponte-Opern. Das angebliche "Machwerk" Zauberflöte fand kein geringerer als der Geheimrat Goethe so gut, dass er eine Fortsetzung schrieb! Man sollte dabei auch immer mal schauen, wie viele und welche Theaterstücke aus der Zeit der jeweiligen Opern noch aufgeführt werden. Spielt man in Frankreich noch die Stücke Hugos, nach denen einige Verdi-Opern entstanden? Ein Opernlibretto muß andere Qualitäten aufweisen, da die Handlung ja fast immer sehr stark aufs wesentliche konzentriert werden muß, verglichen mit dem Sprechtheater. Es kommt schließlich auch gar nicht darauf an, ob der Text sich gesprochen gut anhört, er muß funktionieren, wenn er gesungen wird.


    Dennoch sind mir einge Opern auch an der Albernheitsgrenze, Freischütz z.B , obwohl ich die Musik sehr schätze.


    Schließlich muß ich ma cher ami, le Lulliste aufs heftigste widersprechen. Deutsch ist eine sehr gut zum Singen und damit zur Oper geeignete Sprache. Allein die Tatsache, dass das Kunstlied ein weitgehend auf den deutschen Sprachraum begrenzte Erscheinung ist, belegt das.
    Ich persönlich habe leider ein tiefsitzende Abneigung gegen klassisches Singen in französischer Sprache. Der Nasalreichtum, all die Silben, bei denn nicht so klar ist, ob sie nun verschluckt werden sollen oder nicht, völlig widerwärtig. Englisch, Spanisch, Russisch, alles besser als französisch (Für mich eh die meistüberschätzte Sprache. Ihr Ruf in Deutschland ist nur damit zu erklären, dass anscheinend hier beide Geschlechter das Genäsel sexy finden... nein, ich habe nie eine schlechte Note in französisch gehabt, ich hatte die Sprache gar nicht in der Schule))
    Ich kann mich nur sehr selten dazu bringen, das anzuhören. Jetzt über Weihnachten sollte ich mir mal Zeit für Rameau, Gluck oder endlich Berlioz Trojaner (die CD habe ich bestimmt vo bald zwei Jahren gekauft, nur kurz reingehört) nehmen. Allein, ich fürchte, es wird wieder nix.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Salut,


    bei Buffo-Opern gefällt mir das frz. "Genäsel" durchaus sehr gut [Sacchini u.a.] - es erinnert ein wenig an die Rolle der Despina als Notar. Aber bei dramatischen Werken ziehe ich dem frz. die italienische Version [z.B. Gluck] absolut vor, zumal Gluck ja auch in den mir bekannten Fällen zunächst die ital. Version und erst später speziell die frz. Version schuf, um dabei nicht nur sprachlich sondern auch die Musik dem Pariser Geschmack entsprechend anzupassen [die hatten schon immer einen etwas seltsamen Geschmack, die Pariser!]. Dass Mozart keine frz. Oper komponiert hat, spricht bereits Bände.


    Natürlich eignet sich Deutsch als Singsprache absolut - wie jede andere Sprache auch: Vorausgesetzt, das Original ist in eben dieser Sprache. Das Problem liegt in der Übersetzung von Sprache UND Musik, was nun einmal nicht immer so treffend möglich ist. Eine 'Zauberflöte' in italienischer Srpache trifft nun mal vollends direkt neben das Ziel... Mozart hätte sie ganz anders komponiert, wäre sie für Neapel bestimmt gewesen [vgl. z.B. Tito für Prag].


    Deinen ersten Absatz finde ich ganz hervorragend formuliert und kann dem nur absolut zustimmen!


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat


    Mir ist auch die Sprache wichtig, ich halte Deutsch für absolut ungeeignet für die Oper.


    Ich hatt mal ein Gespräch mit einer Dichterin und da kamen wir auch auf Herrn von Hofmannstahl zu sprechen, wir waren uns schnell einig - wir haben seine Texte beide für langweilig, uninspiriert und vollkommen lächerlich befunden.
    Mag sein dass er von der Fachwelt (wer immer das auch zu sein behauptet) hochgejubelt wurde - ich finde das indiskutabel und es nervt - ganz besonders wenn ich es noch gesungen ertragen muß.


    An einem einzigen Satz 6 Wochen zu basteln ist für mich auch keine Inspiration... vielleicht hätte er lieber einen anderen Beruf ergreifen sollen... :stumm:


    auch wenn weihnachten (schon fast) angebrochen ist und mich milde stimmt, so ein quark, sorry, das muß mal kommentiert werden.


    a) sehe ich überhaupt nicht. warum ist sie ungeeignet? debussy hielt z.b. französisch für den gesang für vollkommen ungeeignet.
    b) nun, einen der bedeutendsten wortschöpfer als uninspiriert zu bezeichnen zeugt zumindest von einer dichterin für keine gedankliche 'glanzleistung'
    c) manchen künstlern täte es gut, wenn sie weniger auf die schnelle, als auf die güte achteten.


    frohe weihnachten :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor


  • Das kann ich- auch wenn´s Heilig Abend ist- nicht so stehen lassen ....:D Wieso sollte Deutsch für die Oper weniger geeignet sein als andere Sprachen? Auch die französische Sprache hat ja bei der Vertonung durchaus ihre Tücken. Der entscheidende Punkt ist doch ein anderer: Sind Libretto und Musik für diesselbe Sprache konzipiert? Denn es ist ja ein Unterschied, ob Libretto und Musik eine Sinneinheit bilden, oder nicht. Was beispielsweise bei dem von Dir gescholtenen Hofmansthal und Richard Strauss der Fall war.


    Nun kann man Hofmansthal mögen oder auch nicht, aber seine Libretti einfach so abzuqualifizieren halte ich für falsch. Wenn man beispielsweise den "Rosenkavalier" nimmt, kann man von einem wirklichen Gesamtkunstwerk sprechen. Was gerade an diesem Libretto "langweilig", "uninspiriert" und "lächerlich" sein soll würde mich sehr interessieren. Im Gegenteil: Psychologisch überaus feinsinning, betrachtet man den Monolog der Marschallin, oder sich überhaupt mit der Ausgestaltung dieser Figur durch Hofmansthal befasst.


    Und abgesehen davon: Solche pauschalen Verdikte sind selten sinnvoll: Auch Metastasio und Racine haben mittelprächtige Verse verbrochen, oder irre ich? Und was soll daran Schlimmes sein, sechs Wochen für einen Satz zu benötigen? Thomas Mann beispiesweise ist bekannt dafür gewesen, akribisch auch an Details zu feilen- und seiner Prosa hat das durchaus nicht geschadet. Das für sich genommen ist kein Qualitätskriterium. Hier spiegelt sich lediglich das unterschiedliche Selbstverständnis der Dichter. Was im übrigen im 17. Jahrhundert ein anderes gewesen sein dürfte als, als im Fin de Siecle. Schon alleine deswegen hinkt der Vergleich gewaltig.


    Um zu der Kernfrage des Threads zurückzukommen: Für mich ist das Libretto durchaus wichtig. Gehe ich in eine Oper die ich nicht kenne,beschäftige ich mich vorher mit dem Libretto,einfach um mir einen Überblick zu verschafffen, denn Text und Musik gehören einfach zusammen. Natürlich ist es vergleichsweise selten, das Libretto und Musik auf einem vergleichbar hohen Niveau sind, wie bei da Ponte und Mozart- oder bei Hofmansthal und Strauss.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Hallo Pius,


    Zitat

    Original von Pius
    Wo hingegen ein gewisser literarischer Anspruch im Libretto vorliegt, da meckere ich gerne, z.B. bei Verdis Macbeth: Eine deutliche Verschlechterung und Unverständnis gegenüber Shakespeare.


    Mit seinen Librettisten war Verdi auch nicht gerade glücklich, zumindest bis er auf Arrigo Boito traf, der ihm für seine späten Opern "Otello" und "Falstaff" die Texte Shakespeares so kongenial einrichtete und verdichtete, dass sie literarisch immer auf der Höhe der Vorlag blieben.


    Zitat

    Ansonsten Konzentriere ich mich lieber auf die Musik. Die Handlung von Cosi fan tutte z.B. ist für mich (literarisch) uninteressanter, banaler Quark. Aber die Musik ist so himmlisch schön, daß es eine meiner Lieblingsopern ist.


    Aber gerade bei der "Cosi" sollte man sowohl auf den Text als
    auch
    auf die Musik achten! Denn obwohl die Geschichte auf den ersten Blick ein banal-frivoler Rokoko-Partnertausch zu sein scheint, gewinnt sie durch die Musik Mozarts eine entscheidende Ausdrucksebene, die oft in Spannung zu dem steht, was die handelnden Personen sagen: erzählt die Person jetzt die Wahrheit oder nicht und sind die Gefühle echt oder nur gespielt? Diese auktoriale Betrachtungsweise macht m.E. die Faszination dieses Stückes aus: Menschliche Beziehungen als quasi experimentelle Versuchsanordnungen, darin Goethes "Wahlverwandschaften" nicht unähnlich (und recht eigentlich glücklich scheint mir das "Cosi"-Ensemble am Schluss auch nicht zu sein, da wird viel Schmerz und Verletzung beiseite gewischt).


    Zitat

    Ich habe noch kein Libretto gesehen, daß literarisch einem Dramen-Text einer der großen Dramatiker standhalten kann


    Dann solltest Du Dir mal Pfitzners "Palestrina" oder Busonis "Doktor Faust" anhören, die Libretti könnte man auch so, ohne Musik, auf die Bühne bringen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • christian, wieder einmal vollkommen d'accord :yes:
    :untertauch: ups, das war ja zum teil französisch ... ob's zum libretto taugt? ;)


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von klingsor
    christian, wieder einmal vollkommen d'accord :yes:
    :untertauch: ups, das war ja zum teil französisch ... ob's zum libretto taugt?


    Natürlich, denn jetzt kannst Du mit mehr Recht die Behauptung des Lullisten widerlegen. :D
    Du sprichst doch französisch? Kannst also darüber urteilen. :D


    LG, Paul

  • Hallo Pius,
    man kann von einem Libretto,z.B.dem von Verdis "Macbetto"
    nicht verlangen,daß es genau so ist wie das Drama von Shakes=
    peare.Zum einen ist die Sprache eine Andere,außerdem mußte
    man zur Zeit Verdis auch Arien und Ensembles einbringen,die
    eine besondere Textbehandlung erfordern.Als Arien und
    Ensembles in der Oper nicht mehr so wichtig waren,konnte
    man natürlich Dramen ziemlich Textgetreu vertonen.
    (Salome,Wozzek).Aber auf die Opern Macbetto,Don Carlo,
    Otello oder Falstaff möchte ich auf keinen Fall verzichten.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo, Giselher!


    Zitat

    Mit seinen Librettisten war Verdi auch nicht gerade glücklich, zumindest bis er auf Arrigo Boito traf, der ihm für seine späten Opern "Otello" und "Falstaff" die Texte Shakespeares so kongenial einrichtete und verdichtete, dass sie literarisch immer auf der Höhe der Vorlag blieben.


    Dann werde ich mir das Libretto zu Verdis Otello wohl mal vornehmen müssen...
    Das zu Macbeth hatte ich seinerzeit für den Opernführer gelesen und mit dem Original verglichen. Hier hatte ich ein wenig dazu geschrieben.


    Zitat

    Dann solltest Du Dir mal Pfitzners "Palestrina" oder Busonis "Doktor Faust" anhören, die Libretti könnte man auch so, ohne Musik, auf die Bühne bringen.


    Da ist dann wieder die Frage, ob ich die Musik mag... :rolleyes:


    @Herbert:


    Zitat

    man kann von einem Libretto,z.B.dem von Verdis "Macbetto"
    nicht verlangen,daß es genau so ist wie das Drama von Shakes=
    peare.Zum einen ist die Sprache eine Andere,außerdem mußte
    man zur Zeit Verdis auch Arien und Ensembles einbringen,die
    eine besondere Textbehandlung erfordern.


    Ja, das ist mir klar. U.a. diese Zugeständnisse an die Musik bzw. Musiker "verwässern" die literarische Qualität des Liberettos. Zudem sollen die Opernsänger ja in erster Linie Musiker sein und weniger Schauspieler.
    Einen grandiosen Otello- oder Macbeth-Darsteller erwarte ich bei einer Verdi-Opern-Aufführung gar nicht, eben weil es hauptsächlich um Musik geht bzw. gehen soll.
    Das alles soll keine Kritik an Opernkomponisten oder Librettisten sein, sondern ist eine (pragmatische) Feststellung.
    Wie gesagt ist mir das Libretto daher nicht besonders wichtig.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius
    ... Zugeständnisse an die Musik bzw. Musiker "verwässern" die literarische Qualität des Liberettos. Zudem sollen die Opernsänger ja in erster Linie Musiker sein und weniger Schauspieler.
    Einen grandiosen Otello- oder Macbeth-Darsteller erwarte ich bei einer Verdi-Opern-Aufführung gar nicht, eben weil es hauptsächlich um Musik geht bzw. gehen soll.
    Das alles soll keine Kritik an Opernkomponisten oder Librettisten sein, sondern ist eine (pragmatische) Feststellung.
    Wie gesagt ist mir das Libretto daher nicht besonders wichtig.


    Lieber Pius,


    Du hast eine Tatsache vergessen.
    Es gibt Sänger, die tatsächlich auch schauspielen können. Zugegeben, nur ganz wenige.
    Meist hört man auf eine CD bereits ob ein Sänger es kann.
    Maria Callas konnte das. Gottlob Frick konnte das. Kathleen Ferrier hat bei Glucks Orfeo gezeigt, daß sie auch dazu gehörte. Enzo Dara m.E. auch. Walter Berry und Hermann Prey soll man nicht vergessen.
    Obwohl ich Wunderlich sehr bewundere, kann ich nicht über seine Bühnenpräsenz urteilen.


    Es gibt also Ausnahmen. Und jene Ausnahmen sollen als Richtschnur gelten.


    LG, Paul

  • Ich denke schon,das das Ramon Vinay als Otello,oder


    Giuseppe Taddei als Falstaff auf der Opernbühne dar=


    stellerich besser waren,als sehr viele Schauspieler in den


    entsprechenden Dramen von Shakespeare.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Paul,
    es gibt ja einen Thread bei"Die berühmte Stimme"über Giuseppe
    Taddei. Ramon Vinay war das als Otello,was L.Welitsch als
    Salome,oder K.Ferrier als Orfeo war.
    Er sang nicht Otello, er war Otello.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Salut,


    wenn mich die Handlung nicht irgendwie anspricht, kann ich mich nur sehr schwer für die Musik erwärmen. Erfreulicherweise finde ich selbst in den abstrusesten Opernlibretti meist noch einen Funken, der in mir was zum klingen bringt, daher hat z.B. auch die arme Euryanthe eine Chance. Aber ganz klar, ohne vorher das Libretto zu lesen, läuft nix. und deswegen:


    Zitat

    Original von der Lullist


    Mir ist auch die Sprache wichtig, ich halte Deutsch für absolut ungeeignet für die Oper.



    kann ich mit der Aussage nix anfangen. Ich plädiere sogar ganz eindeutig dafür, wieder mehr Werke in Deutsch zu geben. Gehöre nicht zu der Generation, wo das noch gang und gebe war, habe diese Aufführungspraxis sogar abgelehnt. Doch dann kamen die ganzen Wallhall-CDs raus und seitdem bin ich voll begeistert von deutsch gesungenen Opern. Herrlich, dieses gezischte


    "Vor dem da zitterte einst das ganze Rrrrrrrom!" einer Ranczak.


    Oder die lyrischen Texte einer Rusalka, einer verkauften Braut.


    Nee, also wirklich, es gibt ungemein packende und sprachlich anspruchsvolle Libretti, von denen ich froh bin, sie rezitiern zu können.


    CU at the Opera,


    Knusperhexe

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