Gibt es DIE PERFEKTE Operngesamtaufnahme???

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Glücklicherweise gibt es die "perfekte " Gesamtaufnahme nicht.
    Und glücklicherweise selbst wenn ich mit einer Aufnahme 100%ig zufrieden bin...


    Also gibt es sie doch. Denn es ist doch wohl klar, daß jede als perfekt empfundene Einspielung eben subjektiv als perfekt empfunden wird (wie Herbert sagt). Objektiv empfinden ist nämlich - ganz im Gegensatz zur perfekten Aufnahme - ein Ding der Unmöglichkeit.

  • Lieber Mengelberg,
    Du hast natürlich völlig recht.
    Der Threadtitel müßte heißen:"Was ist für euch eine perfekte Operngesamtaufnahme"?


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Liebe Mitdiskutanten,


    tatsächlich fällt es nicht leicht, die Perfektion aufzustöbern, aber was haltet Ihr von folgender Aufnahme:


    E. Humperdinck, Hänsel und Gretel, Karajan, Philharmonia 1953 (Schwarzkopf, Grümmer, Metternich, Felbermayr)


    Bis jetzt ist mir kein Kritikpunkt an dieser Einspielung aufgefallen - und sie begeistert mich auch jenseits der Perfektion.


    Grüße aus Berlin,


    Christian


  • Die Aufnahme ist in der Tat grandios und unübertroffen. Nicht zuletzt auch in der Partiturbehandlung. Die orchestralen Steigerungen am Ende des 2. Aktes (Abendgebet, Wache der 14 Engel) überwältigen mich in dieser Aufnahme stets aufs Neue - auch wenn sich Handlung und Musik hier gefährlich nahe am Kitsch bewegen.


    Loge


  • Die Aufnahme war lange Zeit auch meine absolute Referenz, bis ich eines Tages in der Aufnahme von Kurt Eichhorn Christa Ludwig als Hexe hörte. Dann das Live-Erlebnis von Cotrubas und Baltsa unter Dohnanyi in Frankfurt, nach dem mir die Damen Grümmer und Schwarzkopf zwar immer noch großartig, aber etwas zu "alt" vorkamen - ein Eindruck der von Edita Gruberova (bei Davis) und Helen Donath (bei Eichhorhn) bestätigt wurde. Plötzlich war die perfekte Aufnahme - immerhin weiters glorreicher - Imperfekt.


    Im Gegensatz zu Waldi weiter vorne finde ich, dass Perfektion zwar erstrebenswert, aber ihrem Wesen nach un-menschlich ist. Zudem sind die meisten Auffassungen von Perfektion auch dem Geschmack der Zeit unterworfen. Die von Herbert hoch gelobte AIDA galt einmal als das Maß aller Dinge in Sachen dieser Oper. Heuer hat sie in dem Thread über die beste AIDA fast nur Prügel bekommen, von denen die Umschreibungen von "langweilig" wohl die bittersten sind.


    Für mich kommen die beiden ROSENKAVALIER - DVDs von Carlos Kleiber dem Ideal einer Opernaufzeichnung am nächsten, aber...


    Ich kann Alfred da nur zustimmen. Eine "perfekte" Aufnahme würde mir Angst machen. Angst davor, einmal so einer zu begegnen, brauche ich aber nicht zu haben, denn perfekt... s.o.


    Einstweilen lebe ich ganz gut mit meinen "idealen" ROSENKAVALIERen, dem Kleiber-FREISCHÜTZ, dem Abbado SIMON BOCCANEGRA, den ich für so perfekt halte wie menschenmöglich, der Serafin-TOSCA (trotz meiner Probleme mit dem Timbre der Callas), der Karajan BOHÈME, dem Marriner-BARBIER, Soltis ORFEO ED EURIDICE, Gardiners COSI FAN TUTTE (vorzugsweise auf DVD), meinem TV-Mitschnitt von Abbados LA CENERENTOLA mit Frederica von Stade und Francisco Araiza und natürlich Abbados IL VIAGGIO Á REIMS, um nur die zu nennen, die mir gerade einfallen.


    Daneben gäbe es auch noch ein paar Aufnahmen von Operetten und Musicals, aber die gehören wohl nicht hierher. Wenhn ich jemals dazu kommen sollte, meinen Thread über unverzichtbare Aufnahmen aufzumachen, wären die aber, neben den genannten, auch dabei. Was braucht es da noch eine perfekte Aufnahme, die mir nicht mehr erlauben würde, mich auf eventuelle Steigerungsmöglichkeiten zu freuen?


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus



    Im Gegensatz zu Waldi weiter vorne finde ich, dass Perfektion zwar erstrebenswert, aber ihrem Wesen nach un-menschlich ist.


    Lieber Rideamus,


    Sagen wir so, Perfektion k a n n unmenschlich sein. Wenn sie sich rein auf Technik beschränkt und das Empfinden beiseite läßt.Aber weiter oben habe ich auch gar nicht geschrieben, daß sie erstrebenswert, sondern daß sie etwas Relatives ist.
    Es gibt Momente, in denen manche Aufnahmen mir sozusagen perfekt vorkommen. Und dann höre ich mir zur Sicherheit eine zweite Version an, und schon ist ein neues Perfektionsgefühl da, das das erste relativiert. Welchem "Rigoletto" soll ich die Palme reichen? Mindestens fünf oder sechs Aufnahmen kämen da in die engere Wahl, und letztlich müßte ich mich für alle oder keine entscheiden. Perfektion ist die Summe aller und daß ich gewiß sein kann, eines Tages wohl noch weitere genauso schöne Versionen kennenzulernen. Perfektion ist als auch etwas Unendliches. Wie schön empfindet es der Hund, wenn er hinter der Straßenbahn herrennt, die er nie einholen kann. Stell Dir vor, er kriegt sie eines Tages. Ein kurzer Moment der Genugtuung und dann das Gefühl, nie mehr die ursprüngliche Sehnsucht spüren zu können.
    Doch ich glaube, wir stimmen ohnehin überein, daß wir die absolute Perfektion nicht wollen (zumindest nicht im ird'schen Jammertal) - oder sie zumindest nicht wirklich orten können.
    Aber ich gebe zu, daß es ein vergnüglicher Sport ist, die jeweiligen Lieblinge zu vergleichen. Apropos: Deine Kleiber-Rosenkavaliere mag ich auch sehr, aber dennoch denke ich an die alte Roller-Inszenierung in der Wiener Staatsoper, oder die Jurinac als Marschallin... Perfektion hat so viele Facetten.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    [quote]Original von Rideamus


    Sagen wir so, Perfektion k a n n unmenschlich sein. Wenn sie sich rein auf Technik beschränkt und das Empfinden beiseite läßt.Aber weiter oben habe ich auch gar nicht geschrieben, daß sie erstrebenswert, sondern daß sie etwas Relatives ist.


    Lieber Waldi,


    danke für die Korrektur. Ich hätte doch noch einmal nachlesen sollen statt mich auf mein Gedächtnis zu verlassen, denn was mir zu Deinem korrekten Zitat eigentlich eingefallen war ist dieses:


    Perfektion ist m. E. durchaus nicht relativ, sondern absolut: makellos nämlich, und in diesem Sinne der Natur des Menschen nach (zum Glück) un-menschlich, aber dennoch für einen Künstler stets anzustreben.


    Ansonsten stimme ich Dir in allem zu, vor allem darin, dass auch die Auffassung von Perfektion zeitbezogen, also wandelbar ist. So war auch der Karajan-ROSENKAVALIER mit Schwarzkopf, Jurinac und Rothenberger sowie natürlich auch Edelmann für mich einmal das Maß der Dinge in Sachen dieser Oper, ähnlich wie bei HÄNSEL UND GRETEL. Karajan selbst hat ja lange Zeit gesagt, dass er nie eine Neuaufnahme von dieser Oper oder dem FALSTAFF machen würde, weil er sie für unübertrefflich hielt - nur um dann doch... (beidemale leider).


    Sagen wir einfach, wie schon jemand hier zuvor: die perfekte Operneinspielung kann und wird es nicht geben. Allenfalls eine, die wir mit unserer ganz und gar nicht perfekten Imagination nicht besser vorstellen können. Deswegen können wir beruhigt bei unseren Lieblingen bleiben, die wir zuweilen, wie richtige Menschen, auch um ihrer Schwächen willen lieben, weil sie sie uns näher bringen.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    das war mir bislang nicht so aufgefallen (das Alter der Damen). Aber ich gebe Dir recht, daß etwa der Abbado-Simone Boccanegra als Gesamtaufnahme nahe an der Perfektion ist. Wenn man allerdings einmal Alexander Kipnis' "A te l'estremo addio" gehört hat, dann ist man verdorben für Ghiaurov. Dennoch eine großartige Aufnahme.
    Ich habe mir gerade noch einmal die Rosenkavalier-DVD aus München unter Carlos Kleiber angesehen; das Problem ist aber, daß der Ochs (Jungwirth) bei allem buffonesken Talent mehrere Stellen schlicht verpatzt, da ihm die sichere, sonore Tiefe fehlt. Das ist ohnehin mein Kritikpunkt an den CK-Aufnahmen, die mir im Grunde vom Dirigat her immer die liebsten sind: Die Besetzung hat (fast) stets Ausfälle, vielleicht nicht bei der Traviata, da ist mir persönlich aber Domingo zu kloßig.


    Viele Grüße,


    Christian

  • Hallo, liebe (Nicht)perfektionisten,


    Zitat

    Original von Rideamus: Sagen wir einfach, wie schon jemand hier zuvor: die perfekte Operneinspielung kann und wird es nicht geben. Allenfalls eine, die wir mit unserer ganz und gar nicht perfekten Imagination nicht besser vorstellen können.


    Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen und Reaktionen wie: "Nicht schon wieder!" hervorzurufen - einmal nenne ich sie noch:


    Glucks "Orfeo ed Euridice" mit Marilyn Horne, Pilar Lorengar und Helen Donath, Orchestra & Chorus of the Royal Opera House, Covent Garden, unter Sir Georg Solti.


    Meine Imagination, die auch alles andere als perfekt ist, kann sich diese Aufnahme nicht besser vorstellen.
    Aber auch hier hätten Experten wahrscheinlich noch den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag, denn objektive Perfektion kann es auch meiner Meinung nach nicht geben, und wäre wohl auch nicht erstrebenswert.


    :hello: Petra

  • Ich glaube nicht, dass es d i e perfekte Aufnahme gibt;
    es gibt sie aber d o c h, wenn man die eigenen Kriterien anlegt, die einem s"seine" Aufnahme p e r f e k t erscheinen lassen...


    "meine" perfekte (oder eine davon):


    "Falstaff" mit Stabile,Biasini,Borgioli,Oltrabella;Somigli/Toscanini (Salzburg 1937).


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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  • Lieber Joschi, hallo zusammen,



    Eine perfekte Operngesamtaufnahme?
    - um Himmels willen, bloß nicht!!!


    Zum einen bringt Waldi es sehr schön auf den Punkt mit dem Satz: "Ein kurzer Moment der Genugtuung und dann das Gefühl, nie mehr die ursprüngliche Sehnsucht spüren zu können."


    Zum anderen gestehe ich gerne, dass ich viel lieber als zu Studioaufnahmen zu Live-Mitschnitten greife. Warum? Weil die eben nicht perfekt sind! Weil da Leben drin ist und ich den ein oder anderen kleinen Wackler gerne in Kauf nehme, statt nur eine "sterile Konserve" vor mir zu haben....


    :hello:


    Elisabeth


  • Liebe Petra, da sind wir uns doch schon mal bei einer Aufnahme einig, denn den Solti-Orfeo hatte ich ja auch oben unter meinen "idealen" Aufnahmen genannt. :yes:


    @ Christian


    Bei Jungwirth sind wir uns auch einig, da ziehe ich Kurt Moll in der anderen DVD vor. Kiri Te Kanawa, die das bei Solti so hervorragend macht, dass sie trotz aller sprachlichen Könnerschaft nur das authentisch österreichische Flair vermissen lässt, Brigitte Fassbaender aus der einen Kleiber-Aufnahme und Barbara Bonney aus der anderen mit Kurt Moll und das alles unter Kleiber... so träumt man sich seine perfekten Aufnahmen zusammen, für die halt immer wieder gilt: S"ist ein Traum, kann nicht wirklich sein."


    @ Heldenbariton


    es gibt tatsächlich noch eine fast perfekte Einspielung, aber für mich ist das nicht der FALSTAFF von Toscanini, obwohl :jubel::jubel::jubel: , sondern die erste Aufnahme Karajans, bei der so viele glückliche Sterne am Himmel standen (und das, im Gegensatz zu Toscanini, bei völlig akzeptabler Klangqualität, dass ich mir wirklich nicht vorstellen kann, wie es noch besser gehen soll. Und das, obwohl der FALSTAFF neben dem ROSENKAVALIER vielleicht die Oper mit den meisten gelungenen Einspielungen ist, wie neulich in einem anderen Thread hier festgestellt wurde.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Ihr Perfektionisten,


    die von einigen von Euch geforderte perfekte Aufnahme, wäre mir und anderen vielleicht zu steril.


    Zitat


    Original von Rideamus
    Bei Jungwirth sind wir uns auch einig, da ziehe ich Kurt Moll in der anderen DVD vor. Kiri Te Kanawa, die das bei Solti so hervorragend macht, dass sie trotz aller sprachlichen Könnerschaft nur das authentisch österreichische Flair vermissen lässt, Brigitte Fassbaender aus der einen Kleiber-Aufnahme und Barbara Bonney aus der anderen mit Kurt Moll und das alles unter Kleiber... so träumt man sich seine perfekten Aufnahmen zusammen, für die halt immer wieder gilt: S"ist ein Traum, kann nicht wirklich sein."


    Eventuell entstünde dann eine Aufnahme, die gar nicht so perfekt wäre. Man denke an Sportmannschaften, die nur aus Stars bestehen und trotzdem keinen Pokal holen.


    @ Elisabeth, völlig d'accord.


    LG :hello:


    Emotione

  • Zitat

    Original von Rideamus: Liebe Petra, da sind wir uns doch schon mal bei einer Aufnahme einig, denn den Solti-Orfeo hatte ich ja auch oben unter meinen "idealen" Aufnahmen genannt.


    Lieber Rideamus,
    war´s bei mir die Müdigkeit, ich weiß es nicht, jedenfalls habe ich sie in deiner Aufzählung oben überlesen (zerknirschter Smiley).
    Ich mag die Aufnahme so gern, dass ich sie schon in allen möglichen threads genannt habe, da verdoppele ich mich schon selbst :angel:


    :hello: Petra

  • Zitat

    Original von Rideamus
    ...
    Perfektion ist m. E. durchaus nicht relativ, sondern absolut: makellos nämlich, und in diesem Sinne der Natur des Menschen nach (zum Glück) un-menschlich, aber dennoch für einen Künstler stets anzustreben.


    Da bin ich skeptisch. Künstlerische Perfektion ist durchaus etwas Subjektives. Sie erschöpft sich nicht in der technischen Perfektion, und was darüber hinausgeht, unterliegt nicht zuletzt dem persönlichen Geschmack, was die ganze Sache relativiert.



    Zitat

    ... So war auch der Karajan-ROSENKAVALIER mit Schwarzkopf, Jurinac und Rothenberger sowie natürlich auch Edelmann für mich einmal das Maß der Dinge in Sachen dieser Oper, ähnlich wie bei HÄNSEL UND GRETEL. Karajan selbst hat ja lange Zeit gesagt, dass er nie eine Neuaufnahme von dieser Oper oder dem FALSTAFF machen würde, weil er sie für unübertrefflich hielt - nur um dann doch... (beidemale leider).


    Die "leider" sind meines Erachtens unangebracht. Beide Male gibt es Aufnahmen, die klanglich und optisch sehr gut sind, kein Vergleich zu den "Originalen". Außerdem sind auch beide künstlerisch sehr gut, besonders der Falstaff. Für viele Musikfreunde sind das wunderbare Salzburger Dokumente, und für jene, die trotz der technischen Mängel die Ersteinspielungen bevorzugen - wo liegt das Problem? Sie können sich ja bedenkenlos ihrer Lieblinge erfreuen...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Da bin ich skeptisch. Künstlerische Perfektion ist durchaus etwas Subjektives. Sie erschöpft sich nicht in der technischen Perfektion, und was darüber hinausgeht, unterliegt nicht zuletzt dem persönlichen Geschmack, was die ganze Sache relativiert.


    Jetzt wird's aber sophistisch. Warum einen Widerspruich konstruieren, wo wir doch mit verschiedenen Worten eigentlich dasselbe sagen?


    Technische Perfektion ist ja erreichbar, wenn auch die Ausnahme. Technisch perfekte Künstler müssen deshalb noch lange nicht perfekte Künstler sein, denn da spielt noch viel anderes hinein. Wenn ich also von einer perfekten Aufnahme spreche, dann ist das natürlich eine rein subjektive Wertung ohne jeden Absolutheitsanspruch für andere. Genau deswegen sage ich doch, dass der Anspruch der Perfektion den Menschen überfordert, also un-menschlich ist.


    Zu Karajans Remakes: ich wollte und will niemandem seine Salzburger Erinnerungen vermiesen, und natürlich war Karajan als Dirigent seines Lieblingsrepertoires kaum jemals weniger als gut. Ich maß ihn nur an seiner eigenen Aussage, und da haben ihm seine Remakes IMHO Recht gegeben. Deshalb das leider (im Sinne von "leider hatte er Recht" ) und nicht, weil es diese Aufnahmen gibt.


    :hello: Rideamus

  • Natürlich muß es eine perfekte Aufnahme geben können. Theoretisch.
    Wenn einer einmal im Leben "perfekt" singt, und das passiert zufällig während der Aufnahme. Wie hoch (niedrig :untertauch: ) sind die Chancen?
    Wenn das aber für alle Beteiligten bei dieser Aufnahme gilt?
    Und wenn daneben alles Technische auch so verläuft, daß es ans Unmögliche grenzt, dann ist man noch immer am Rechnen: 0,00000000000000000000... aber einmal kommt doch eine Eins.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Rideamus
    ...
    Zu Karajans Remakes: ich wollte und will niemandem seine Salzburger Erinnerungen vermiesen, und natürlich war Karajan als Dirigent seines Lieblingsrepertoires kaum jemals weniger als gut. Ich maß ihn nur an seiner eigenen Aussage, und da haben ihm seine Remakes IMHO Recht gegeben. Deshalb das leider (im Sinne von "leider hatte er Recht") und nicht, weil es diese Aufnahmen gibt.
    ...


    Gut, damit kann ich leben. Aber gerade beim Falstaff haben wir das Video als großen Bonus, so dass es für mich kein Bedauern gibt. Beim Rosenkavalier gibt es weniger Kompensation, wir haben wieder einmal nicht mehr das Sängermaterial von anno dazumal, Karajan nicht mehr den überwältigenden Schwung von früher. Es bleiben eine gewisse Altersweisheit in der Interpretation, in Summe doch gute Gesangsleistungen und Erstklassiges in Bild und Ton. Ohne Kleiber hätte es damals keine Konkurrenz gegeben!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Liebe Taminos,


    noch folgenden Vorschlag für die perfekte Aufnahme (allerdings nicht ganz gesamt): 1. Akt Walküre unter Walter mit Melchior/Lehmann/List


    Zählt vielleicht nicht, ist aber kaum zu toppen, oder?


    Perfektion, die steril wirkt, ist keine solche; perfekt ist für mich eine Aufnahme maximal, wenn sie die Dimension der Ausführung zugunsten der Interpretation verläßt und nie, nie steril wirkt.


    Grüße aus Berlin,



    Christian

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  • Hallo Christian,


    die Aufnahme schlägt in der Tat schon sehr weit oben an. Überhaupt wird Melchior hier erstaunlich wenig erwähnt, obwohl es doch um Perfektion geht.


    Wenn jetzt noch die Aufnahme vollständig und der Klang weniger historisch wäre... :pfeif:



    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    ich weiß ja, ich weiß ja. Teilweise erspart einem der historische Klang aber auch die Desillusionierung.


    8)


    Als weiteren Vorschlag (der, glaube ich, schon vorkam) sei noch die 53er Callas-Tosca in den Ring geworfen; schon ziemlich optimal, aber da mir etwas bessere Vertreter für Scarpia und Cavaradossi einfallen, ist das Bessere Feind des Ausgezeichneten!


    Grüße,



    Christian

  • Lieber Rideamus,


    Mit Melchior berührst Du ein Grundproblem, nämlich daß wir die Schellackgrößen trotz aller technischen Tricks nur mehr bedingt beurteilen können. Natürlich überwältigt eine Stimme wie Melchior trotz der unausweichlichen Einschränkungen der damaligen Aufnahmetechnik. In Wirklichkeit aber muß diese Stimme noch viel mehr mitgerissen haben. Ebenso werden wir die legendäre Santuzza der Jeritza nie wirklich erleben können. Damit ist auch das subjektive Perfektionsempfinden irgendwie relativiert, denn man weiß nicht nur, daß es da in der Vergangenheit gigantische Leistungen gegeben hat, man verfügt auch über zahlreiche Indizien. Aber es bleiben eben Indizien, auch wenn sie noch immer verzaubern können - letztlich schließen wir aus einem Fragment aufs Ganze.
    Wenn wir lesen, wie großartig Francesco d'Andrade als Don Giovanni war, dann denken wir zwangsläufig mehr an das berühmte Gemälde von Slevogt als an das erhaltene Tondokument mit der Champagnerarie, bei dem d'Andrade sicher schon weit von seinem einstigen Höhepunkt entfernt war. Trotzdem möchte ich es nicht missen.


    LG


    Waldi

  • Hmm, es gibt in meinem Regal glaub ich nur eine Aufnahme, die annähernd an Perfektion grenzt: Das ist der "Freischütz" von Keilberth aus dem Jahr 1958. Non-plus-ultra bei den Sängern (Grümmer, Otto, Schock, Kohn, Frick, Prey), grandioses Dirigat. Der Sound könnte manchmal etwas transparenter sein, aber es war ja 1958 ...



    :hello: Florian

  • Wegen der doch überraschend vielen Höchstbewertungen in den TMO-Threads bringe ich mal wieder diesen hoch, in dem das Problem bzw. die Unmöglichkeit perfekter Aufnahmen erhellend diskutiert wird. Gerade den Teilnehmern an den TMO-Threads und deren Lesern empfehle ich seine (wiederholte) Lektüre.


    Sie dürfte Aufschluss darüber geben, dass und warum eine Note 5 keineswegs bedeutet, dass eine Aufnahme perfekt ist, sondern allenfalls, dass sie den jeweiligen Hörer in allen Aspekten voll überzeugt hat. Das ist ja auch schon enorm viel, und solche Aufnahmen leicht auffindbar zu machen, ist immerhin auch ein Effekt der TMO.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Man müßte mal mit der Kategorienverwirrung aufräumen. Es ist halt ein großer Unterschied, ob hier tatsächlich nach einer objektiv perfekten Aufnahme gesucht wird oder nach einer subjektiv perfekten.


    Erstes (objektive Perfektion) ist, da wir von Kunst reden, nicht möglich und wäre auch ein recht sinnloses Thema (ähnlich sinnlos wäre es, über das perfekte Gemälde nachzudenken.) Objektiv heißt einen allgemeinen Konsens erreichend, sicher, wissenschaftlich meßbar. Das macht bei Kunst überhaupt keinen Sinn. Streichen wir das Objektive aus dem Diskurs, fallen auch die Diskussionen darüber weg, ob objektive Perfektion in Bezug auf Musik überhaupt erstrebenswert sei (mit all den Nebenwirkungen, die hier ebenfalls diskutiert wurden).


    Wenn wir akzeptieren, daß gewisse Schwächen einen perfekten Eindruck überhaupt erst möglich machen (siehe Diskussion), dann einigen wir uns vielleicht darauf, daß wir von subjektiver Perfektion reden. Hier geht es um Geschmack, also Wohlgefallen, nicht um wissenschaftlich Meßbares. Deshalb kann eine perfektes Kunstwerk stets nur ein subjektiv perfektes Kunstwerk sein. Alles andere macht keinen Sinn.


    Für viele scheint es (wohl gemerkt: subjektive) perfekte Aufnahmen zu geben, wie Rideamus in seinem Hinweis angedeutet hat. Man könnte doch diesen Thread benutzen, um die vielen Vorschläge im TMO-Thread zu diskutieren. Ich habe da so einiges gesehen, worüber ich mich liebend gern streiten würde! :D


    Für mich gibt es eine perfekte, wirklich perfekte Aufnahme, an der ich nichts verändern würde. Die "Rondine" von Puccini mit Moffo, Barioni, Sereni, De Palma, Molinari Pradelli. :jubel:


    :hello:
    M.

  • Meine Meinung zur "perfekten Opernaufnahme": Es gibt einige Aufnahmen, die beinahe "offiziell" den Anspruch erheben können, eine Referenzaufnahme zu sein (Solti-Ring, Solti-Parsifal um nur zwei aus dem Wagner-Fach zu nennen), aber letztendlich kann man an jeder Aufnahme etwas aussetzen.
    Den TMOO-Thread finde ich daher sehr gut gelungen, das Thema "perfekte Aufnahme" anzuschneiden. Es ist zwar eine recht subjektive Wertung, aber viele User-Wertungen zur gleichen Oper können die richtige Richtung für "die perfekte" CD sehr gut vorgeben.

  • Nahe an der Perfektion sind m. E. diese Aufnahmen:



    Wagner: Tannhäuser
    Solti 1970



    Wagner: Lohengrin
    Kempe 1962/63



    Wagner: Parsifal
    Kubelik 1980
    (wäre bei Goodall der mäßige Amfortas nicht, stände sein "Parsifal" hier auch noch)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Lieber Mengelberg,


    schön, dass Du diesen Thread wieder hervorgeholt hast.


    Was den Diskussionsbedarf in den TMOO-Threads betrifft, den habe ich auch. Ich habe die unterdrückt, damit die Textthreads zu den jeweiligen Werken nicht austrocknen, aber was würde einen daran hindern, die Diskussion dort hinein zu verlagern? Mir kommen die vielen 5er dort auch oft vor, als wären wir ein Organ für Fanclubs, aber wenn die Leute nun mal der Meinung sind...


    Zur RONDINE wäre ich fast Deiner Meinung und war es auch, bis ich die Aufnahme von Pappano hörte. Bei aller Hochachtung vor Molinaro-Pradelli, das ist orchestral (und natürlich aufnahmetechnisch) schon eine andere Dimension.


    Womit wir wieder beim Zusammenwürfeln der Idealaufnahme sind, und da könnte das genannte Fußballbeispiel wohl nur zu oft zutreffen.


    Vielleicht sollte die Threadfrage besser lauten: mit welcher(n) Opernaufnahme(n) seid Ihr wunschlos glücklich?


    :hello: Jacques Rideamus

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