Was ist eigentlich Musik?


  • Lieber Alex,


    ich verstehe (fast) nur Bahnhof.


    Es wäre hilfreich für mich, wenn Du, ach! ab und an Deine (zugegebenermassen) virtuosen, über-wolkigen Gedankenflüge hinunterbrechen würdest auf die profane Ebene vernebelter Spurensuche von geistig unbedarfteren Zeitgenossen: Oh, ich würde gewiss etwas aufatmen!


    Ich ahne, dass das, was Du sagen willst, irgendwie ja schon richtig ist, und ich neige dazu, Uebereinstimung zu mimen.
    Aber es ist Arbeit! Harte Arbeit!:D


    Soll mir dieses hart erarbeitete Ahnen halt einfach zugemutet werden? Ist Einsicht sonst nicht zu erlangen? Forderst Du Eigenarbeit, erwartest Du didaktische Prüfung, intendierst Du dialektische Erziehung?
    Ach was rege ich mich an: letztlich hat es doch der gute Wulf auf den Punkt gebracht:


    Musik ist Musik ist Musik.


    Diese Zeilen mögen selbstverständlich weder Dich, werter Graf, noch Deinen genüsslichen barocken Schreibstil kritisieren, sondern ich möchte nur einfach Albus`Statement wieder Gehör verschaffen:


    Albus hat die Musik als „Ordnungsmacht“ definiert. Das kann ich irgendwie nachvollziehen, das finde ich interessant, sehr interessant sogar!
    Wohlwissend, dass damit nicht die „kosmische Polizei“ gemeint ist. :D


    Ebenso freundlich aus dem Profanen grüsst der olle
    aus Bern,

    Walter


  • Aber das hat er doch auch gesagt, nur eben anders :D

  • Ich danke hier dem großen Grummelbock für seinen kollegialen Hinweis. Daß man dem "Grafen Donnerschlag", wie mich ein hochgeschätzter User mal betitelt hat, ein solches Posting ganz im Ernste zutraut, stimmt mich doch nachdenklich. Das dauert aber niemals allzu lang bei mir... ;)


    Inzwischen, lieber Walter, hast Du es selbst bemerkt, daß ich dasselbe wie Du gemacht habe, nämlich Blumen mit Blumen beantwortet.


    Ich reiche nuneinmal nicht hin, den lieben Albus zu verstehen. Dem galt es Ausdruck zu verleihen.


    Ich könnte natürlich jetzt uns weiterparodieren, lieber Walter, und in einer mise-en-abyme-Technik den Thread hier ganz in ebenjenen Abgrund schicken.


    Aber wir sind ja schließlich nicht in der Hermetik. Oder doch...? Außerdem gibt´s da die Sittenpolizei, die sieht das gar nicht gerne...



    Alex. :hello:

  • Tag,


    also, um ein Ende zu machen. - Unter dem 'eigentlich' in der Frage "Was ist eigentlich Musik?" finde ich endlich diese Antwort wieder:


    Musik ist eine soziale Institution neben anderen sozialen Institutionen.


    Diese Feststellung gilt sowohl für 'kalte' Kulturen (traditionsgeleitet-statische Kulturen oder Gesellschaften) als auch für 'heiße' (modern-dynamische Kulturen oder Gesellschaften). Einer sozialen Institution folgen heißt, einem Universum von Regeln folgen. Doch auch Traditionen weisen innere Bewegungen und allmähliche Erweiterungen auf. Die Spielarten des nach den Regeln Zulässigen nehmen in der Ordnung langer Dauer zu (Soziale Diifferenzierung). Vieles ist heute Musik, was ehemals so nicht begriffen worden war. Und es geht ständig weiter.


    Im Einzelfall des Musikobjektes kann es sich lohnen, im Offenkundigen ein Verborgenes zu suchen. Da ein gegebenes Musikobjekt (unter der Tatsache der sozialen Institution, objektiver Geist) als vermittelnde Unmittelbarkeit in Erscheinung tritt, ist im Einzelfall nicht auszuschließen, es findet sich hinter dem Rhythmus ein Metaphysisches oder Heidnisches. Findet jemand Derartiges, ist es kein Gnadengeschenk der Erkenntnisse von den Wiesen der Frommen, vielmehr Tradiertes. Tradiertes ist unter Umständen Verschmelzung von einerseits Natur, Psyche, Geist sowie andererseits Geschichte, Gesellschaft, Person - in einem Musikphänomen, dass der Einheit der Sinne mehr oder weniger Fassbarkeit abverlangt. Mehrschichtigkeit von Musik ist nicht zwangsläufig gegeben. Viele moderne Musik ist in voller Absicht auf Einschichtigkeit angelegt; hinter den Tonreihen ist nichts als Klangschwerpunkt und Klanghelligkeit etwa. Oder, wenn in der Warenform, das Image und die Aktion des Geldes.


    Jetzt ist es an der Zeile, "Aus Albus!" zu sagen.


    Freundlich
    Albus


    NS: Zur sozialen Institution Musik gehören in der Moderne selbstverständlich auch die technischen Apparaturen ('Instrumente' hat einen mehrfachen Sinn); sowohl in Komposition, Tonstudiotechnik als auch Wiedergabesituation (Wohn- oder Hörraum). Längst ist der Übergang von der Produktionsästhetik zur Rezeptionsästhetik im Musikgeschäft mit Tonträgern vollzogen (Mastering Audio für "Profit and Fun", Bob Katz).
    A.

  • Morgen,


    auf die Frage "Was ist eigentlich Musik?" lautet meine Antwort, in einem Satz das Allgemeine und das Besondere meinend:


    "Musik ist Soziale Institution neben anderen Sozialen Institutionen; ist Objektiver Geist und Universum von Regeln über Klänge, Töne, Geräusche und Lärmen."


    Das war's denn.


    Freundlich
    Albus

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  • Musik ist die organisierte Form von Schallereignissen.


    :hello:


    (Ich gege also d'accord mit Wikipedia und Herrn Schmidt)

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Original von SMOB
    Musik ist die organisierte Form von Schallereignissen.


    Ob das nicht auch für eine Dampframme gilt?


    Da wäre Musik sozusagen ein Nebeneffekt. :untertauch:


    :hello: Jacques Rideamus

  • Na sicher, wenns "organisiert" ist, also ein Plan dahinter steht.
    (Z.B. Konzert für 10 Dampframmen)


    Soweit ich weiß, gibt es aber noch kein Stück für Dampframmen.


    :hello:


    "Klänge, Töne, Geräusche und Lärmen" sind IMO schwierig auseinander
    zuhalten. Allerdings passen die Vogelgeräusche nun nicht mehr hinein,
    da nicht organisiert (und ein Gottargument würde dahin führen, dass
    alle Geräusche organisiert wären, und wir stehen wieder am Anfang).
    Ach blöde Definitionen.


    :boese2:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Musik ist die organisierte Form von Schallereignissen.


    Na ja, dann wäre ja auch das Stahlgewitter der Bomben in der Schlacht von Verdun reinste Musik gewesen..........


    Denn organisiert waren diese Schallereignisse sicherlich........


    Irgendwie finde ich diese Beschreibung genauso sinnvoll wie ein von mir hingeworfenes
    "Musik ist das, was hinten rauskommt"


    :pfeif:
    Michael


    P.S.
    Im übrigen gibt es keine Antwort auf diese Frage............
    und das ist auch gut so......... :wacky:

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  • Zwecks der Organisation bediene man sich sogenannter Instrumente. Da soll es auch solche geben, welche Vogelgeräusche imitieren, z.B. in der "Kinder-Sinfonie": Kuckuck und Wachtel, deren Klang exakt in der Partitur vorgeschrieben, de facto organisiert ist...


    Und der Beethoven benötigte diese Zusatzinstrumente erst gar nicht...


    :hello:


    Ulli

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Ulli schrieb :


    Zitat

    Zwecks der Organisation bediene man sich sogenannter Instrumente. Da soll es auch solche geben, welche Vogelgeräusche imitieren, z.B. in der "Kinder-Sinfonie": Kuckuck und Wachtel, deren Klang exakt in der Partitur vorgeschrieben, de facto organisiert ist...


    Wie wäre es dann wenn ein Instrument die Dampfwalze imitiert ? :D



    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Warum nicht?


    Oder so: Wenn es Honegger geschafft hat, eine Eisenbahn zu imitieren... warum dann nicht auch eine Dampfwalze?


    :hello:

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Zitat

    Original von Franz-Peter Gülke


    [...] als knapp Siebzigjähriger hätte er Tristan, als Achtzigjähriger Brahms' Erste Sinfonie erleben können. Diese wäre freilich dann so nicht komponiert worden.


    Wäre Georg Philipp Tafelmann 285 Jahre alt geworden, hätte er Elektrohausens Telemusik erleben können. Freilich wäre er dann stocktaub gewesen...


    Man muß nur lange genug den Finger in die Steckdose halten, dann ist es auch Musik...



    Alex. :hello:

  • Zitat

    Man muß nur lange genug den Finger in die Steckdose halten, dann ist es auch Musik...


    Vor oder nach dem elektrischen Schlag ? :D



    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

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  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Na ja, dann wäre ja auch das Stahlgewitter der Bomben in der Schlacht von Verdun reinste Musik gewesen..........


    Denn organisiert waren diese Schallereignisse sicherlich........


    Na, ganz so nichtssagend ist diese Definition nun auch wieder nicht. Als Klangereignis war diese Knallerei nicht organisiert. Der Krach war ein zufälliges Nebenprodukt.


    Viele Grüße

  • Also spielt die Intention eine Rolle? Ist dann John Cage mit seiner vom Zen-Buddhismus abgeleiteten Absichtslosigkeit keine Musik mehr??


    Ich kann euch sagen, was für mich auf jeden Fall keine Musik mehr in meinen Ohren ist: dieser unsäglich gewordene, viel zu ernst betriebene thread, in dem ein paar "Muppets" (wie der Graf es in einer privaten Note) nannte, auf Amateurbasis das auszuloten versuchen, was kein Musicus vom Fach nur ansatzweise versuchen würde,weil es - wie Micheal Schlechtriem zurecht hinweist - zum Scheitern verurteilt ist.


    Ein altes Prinzip: Es gibt Fragen, die ein jeder Muppet stellen kann, die aber kein noch so Fachkundiger beantworten kann.


    :untertauch:
    :D
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf


    Ein altes Prinzip: Es gibt Fragen, die ein jeder Muppet stellen kann, die aber kein noch so Fachkundiger beantworten kann.


    :untertauch:
    :D
    Wulf


    Schon recht, lieber Wulf; hier haben wir allerdings das Problem, daß ein ausgesprochen Fachkundiger Threadstarter die Frage zur Erörterung angeregt hat. Was die von Dir und dem Grafen so charmant genannten Muppets nicht verhindert (köstliche Formulierung).


    Mache allerdings hier jetzt das Gleiche wie Du und (leider schon lange) auch Claus, nämlich: :untertauch:


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • O wei, also da muß ich doch rasch einschreiten. Die "Muppets", welcher Kennzeichnung ich mich privatim tatsächlich und in freundlicher Absicht bedient habe, bezogen sich nicht auf diesen Thread hier. Die Applikation stammt vom geschätzten Wildhund...



    Alex,

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl


    Wäre Georg Philipp Tafelmann 285 Jahre alt geworden, hätte er Elektrohausens Telemusik erleben können. Freilich wäre er dann stocktaub gewesen...


    Während Haydn 77 Jahre alt wurde, Salieri 75 und Gossec sogar 95 ist Dein "Tafelmann" hier etwas arg fiktiv.., nicht?


    :hello:

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

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  • Wer den Grafen kennt, weiß, daß die Prägung selbstverständlich nur in freundlicher Abischt entstand. Die zugegeben schwacheTransferleistung ist ein Abfallprodukt meiner Schulzeit. Der Windhund wollte damit niemanden zu nahe treten. Und wenn, dann nur ein kleines bißchen :D


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von SMOB
    Musik ist die organisierte Form von Schallereignissen.


    Ich finde, diese Definition hält allem stand, und erlaube mir, ein Beispiel zu geben:


    Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil ich ein Bild aufhängen will, dann ist es keine Musik. Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil es mir um die Erzeugung des entsprechenden Schallereignisses geht - dann ist es Musik.


    Weil es aber keine abschließenden Problemlösungen gibt: Wenn ich dabei aus Versehen auf meinen Daumen treffe und dann laut aufschreie - ist das dann Musik?


    Hoffe zuversichtlich, hiermit nichts übermäßig Belastendes in die Debatte geworfen zu haben und wünsche allen Taminoaner/innen einen besinnlichen Vierten Advent!

  • Zitat

    Original von Ulli
    Während Haydn 77 Jahre alt wurde, Salieri 75 und Gossec sogar 95 ist Dein "Tafelmann" hier etwas arg fiktiv.., nicht?


    Ach, Ulli, Du warst auch schonmal besser in Form. Jetzt fehlt nur noch, daß Du nen Vorschlag machst, wo man das hinverschieben könnte...



    Alex. :hello:

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil ich ein Bild aufhängen will, dann ist es keine Musik. Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil es mir um die Erzeugung des entsprechenden Schallereignisses geht - dann ist es Musik.


    Weil es aber keine abschließenden Problemlösungen gibt: Wenn ich dabei aus Versehen auf meinen Daumen treffe und dann laut aufschreie - ist das dann Musik?


    :hahahaha: - Naklar! Aleatorische Improvisation!


    Ebenfalls schöne Adventsgrüße, Matthias

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  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil ich ein Bild aufhängen will, dann ist es keine Musik. Wenn ich mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlage, weil es mir um die Erzeugung des entsprechenden Schallereignisses geht - dann ist es Musik.


    Weil es aber keine abschließenden Problemlösungen gibt: Wenn ich dabei aus Versehen auf meinen Daumen treffe und dann laut aufschreie - ist das dann Musik?


    Dann hättest du dich ganz einfach verspielt :-) Ich denke mal, dass es noch Musik wäre.
    (passiert ja auch denen
    mit den 88 Hämmern ab und zu...)


    Ich wünsche noch einen besinnlichen Advent


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Original von Gurnemanz


    Ich finde, diese Definition hält allem stand....


    Hält sie wirklich allem stand? Ist 4'33'' "organisierte Form von Schallereignissen"? Ich habe mir gerade bei Youtube John Cages 4'33'' angesehen und muß gestehen, faszinierend fand ichs schon. Offensichtlich bin ich damit nicht allein, immerhin wurde das Video bereits 503943 mal aufgerufen und 2264 mal kommentiert. Dabei bewegen sich die Kommentare zwischen begeisterter Zustimmung, esoterischen Deutungsversuchen über Des Königs Neue Kleider-Vergleiche bis hin zu agressiver Ablehnung und Obszönitäten. Immer wieder wurde gefragt: ist das - oder: was ist Musik. Und es scheint mir gerade bei diesem Beispiel aussichtslos, da eine konsensuale Antwort zu finden. Vielleicht ist die Erkenntnis der Aussichtslosigkeit einer klaren Grenzziehung ja das Hauptverdienst von 4'33''.


    Die Frage, was ist Musik, finde ich wegen dieser Aussichtslosigkeit, eine befriedigende Antwort zu finden, auch weniger interessant, als die Frage, welches Interesse eigentlich hinter dieser Frage steht. Offensichtlich soll "Nicht-Musik" ausgegrenzt werden, und das ist ja gar nicht neu. So z.B. J.S. Bach hinsichlich der religiösen Funktion von Musik: "Die Musica soll ausschließlich zur Ehre Gottes und Recreation des Gemüts dienen; wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ist´s keine eigentliche Musik, sondern ein teuflisches Geplerr und Geleyer". Nun, das war wohl eine seinerzeit kaum zu hinterfragende Position, die sich ähnlich z.B. auch bei Mattheson und anderen findet.


    Ausgrenzende Zweckbestimmungen von Musik wird es wohl sehr viel gegeben haben, mich würde als besonders bösartiges Beispiel für eine solche Ausgrenzung interessieren, wie z.B. das Musikverständnis formuliert wurde, das als Grundlage zur Definition und Ausgrenzung von "Entarteter Musik" geführt hat.


    Besonders peinlich finde ich die Diskussion darüber, was Musik sei, wenn ich das Gefühl habe, dass sie mit der Ausgrenzungsabsicht geführt wird, um in der Diskussion um Geschmacksfragen mit scheinobjektivierten Maßstäben unangreifbar recht zu behalten. Ein Helikopterquintett oder 4'33' sind demnach eben keine Musik und ein sie ausgrenzender Geschmack erweist sich damit als objektiv weit überlegen.


    Manuel García

  • Zitat

    Original von Manuel García
    Besonders peinlich finde ich die Diskussion darüber, was Musik sei, wenn ich das Gefühl habe, dass sie mit der Ausgrenzungsabsicht geführt wird, um in der Diskussion um Geschmacksfragen mit scheinobjektivierten Maßstäben unangreifbar recht zu behalten. Ein Helikopterquintett oder 4'33' sind demnach eben keine Musik und ein sie ausgrenzender Geschmack erweist sich damit als objektiv weit überlegen.


    Grundsätzlich hat eben derjenige, der alles toleriert, bei einer solchen Diskussion immer gewonnen. Mit "Was ist eigentlich Musik?" ist von den Fragestellenden wie Holger nichts anderes gemeint als in etwa "Was ist genauso wertvolle Musik wie die traditionell klassische, die ich mir mit Gewinn anhöre?".
    Wenn dann als Gegenbeispiel z. B. ein Stück von Lachenmann angebracht wird, in dem 15 (?) Minuten lang nur ein Ton erklingt, der am Ende crescendiert, muss nur einer der Toleranten darauf verweisen, dass Person X (z. B. er selbst) es sehr schätzt, und schon hat er gewonnen. Denn natürlich ist es Musik, je nachdem wie man Musik definiert (und so, wie man Musik normalerweise definiert, ist es auf jeden Fall Musik). Und wenn jemand sie mit demselben Gewinn hört wie eine Beethovensonate, wird er die Musik auch als genauso "wertvoll" (oder welches Wort auch immer) betrachten, genauso wie derjenige, der dies nicht im Geringsten tut, in die Versuchung kommen wird, es als Un-Musik abzustempeln.
    De facto sehe ich in der Diskussion keinen Sinn. Man wird zu einigen wertfreien Definitionsversuchen - wie bereits getan - gelangen, die dann Zustimmung finden werden, aber bringen die einen weiter?
    Klar, jedes organisierte Klanggebilde kann man Musik nennen, dann kann jeder Mensch (oder sogar manches Tier) Musik machen - aber ich denke, den Provokateuren geht es um die Wertung. Ab wann ist Musik etwas, was besondere Wertschätzung verdient? Garantiert ja nicht, wenn ich nun mal eben organisiert auf meine Tastatur klopfe.
    Diese Frage finde ich interessanter... Aber gleichzeitig ist sie gefährlicher und zu einem Ergebnis, dem alle zustimmen, würde man sowieso nie kommen.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von rappy
    Klar, jedes organisierte Klanggebilde kann man Musik nennen, dann kann jeder Mensch (oder sogar manches Tier) Musik machen - aber ich denke, den Provokateuren geht es um die Wertung.


    Lieber Rappy,


    Musik kann mE nicht von Tieren gemacht werden, allenfalls können Laute von Tieren bei uns den Eindruck von Musik machen, was etwas anderes ist.


    Um die Wertung geht es nicht nur den Provokateuren, aber bei der Wertung gibt es ja doch Äußerungen, die gehen über dumpfe Stammtischmentalität nicht hinaus, bis zu solchen, die hohe ästhetische Sensibiltät beweisen. Es geht also auch um die Akzeptanz und Akeptabilität von Wertungen.


    Zitat

    Ab wann ist Musik etwas, was besondere Wertschätzung verdient? Garantiert ja nicht, wenn ich nun mal eben organisiert auf meine Tastatur klopfe.
    Diese Frage finde ich interessanter... Aber gleichzeitig ist sie gefährlicher und zu einem Ergebnis, dem alle zustimmen, würde man sowieso nie kommen.


    Bei einer ästhetischen Kommunikation wird immer auch der Kommunikationspartner (hier der Hörer von Musik) eine Rolle spielen. Das heißt, das die Frage lautet: Welche Musik verdient für wen besondere Wertschätzung.


    Dass Wohl- und Missgefallen von sehr zufälligen Anlässen abhängig sind, wenn eine ausreichende Erfahrung fehlt, kann man immerhin feststellen.


    Liebe Grüße Peter

  • Lieber Peter,


    Zitat

    Original von pbrixius
    Musik kann mE nicht von Tieren gemacht werden, allenfalls können Laute von Tieren bei uns den Eindruck von Musik machen, was etwas anderes ist.


    Wenn organisiertes Geräusch Musik ist, dann müsste das aber auch für organisiertes Geräusch von Tieren gelten - oder jedenfalls muss man als Einschränkung dazu sagen, dass von Menschen organisiertes Geräusch gemeint ist.


    Zitat


    Um die Wertung geht es nicht nur den Provokateuren, aber bei der Wertung gibt es ja doch Äußerungen, die gehen über dumpfe Stammtischmentalität nicht hinaus, bis zu solchen, die hohe ästhetische Sensibiltät beweisen. Es geht also auch um die Akzeptanz und Akeptabilität von Wertungen.


    Da stimme ich auf jeden Fall zu. Aber es man muss da auch eine Sache beachten: Wer bestimmte Musik als Hobbyhörer (wie das hier im Forum bei den meisten der Fall ist) ablehnt, wird sich nicht genügend mit ihr beschäftigen (warum sollte er auch), um sie auf qualifiziert kritisieren zu können. Deswegen hat er in einer solchen Diskussion eigentlich von vornherein verloren.


    Zitat


    Bei einer ästhetischen Kommunikation wird immer auch der Kommunikationspartner (hier der Hörer von Musik) eine Rolle spielen. Das heißt, das die Frage lautet: Welche Musik verdient für wen besondere Wertschätzung.


    Ok, aber das bedeutet auch sehr viel Beliebigkeit. Ich könnte jetzt eine Stilkopie einer Beethovensinfonie anfertigen, mit lauter Satzfehlern und schlechter Orchestrierung. Auf eine Kritik hin würde Person Y entgegnen, das würde doch gerade den Reiz ausmachen, er fände die Musik sogar noch viel besser als Beethoven.
    Hieße das nun, beides ist gleichwertig, nur eben mit der notwendigen Differenzierung, dass der Beethoven für den Kritiker wertvoller ist und die Stilkopie für Person Y?
    Also sicherlich ein wichtiger Punkt, den man nicht übergehen kann, aber der als alleiniges Argument nicht ausreicht - oder doch?

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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