Die beliebtesten Verdi-Tenöre

  • Den Othello hat Björling nie gesungen. Es gibt nur das hinreißende Racheduett mit Merrill. Dass eine Aufnahme geplant war, isit mir auch nicht bekannt. Vom "Lohengrin" schon mit der Schwarzkopf unter Beecham.

  • Zitat

    Original von GiselherHH die extremen Gefühlsschwankungen im "Otello", das fast kreatürliche Leiden des Mohren, das auch Machohafte der Rolle: das alles sind Rollenelemente, für die Bergonzi eine Spur zu nobel ist.


    Unabhängig davon, dass "Otello" keine Rolle für Bergonzi war, finde ich gerade die Ausschnitte in der Aufnahme der Verdi-Tenor-Arien sehr gelungen, weil sie zeigen, was dazugewonnen wird, wenn keine der grossen, schweren Stimmen eingesetzt wird - sondern ein eher eleganter Sänger mit toller Linienführung.

  • Zitat

    Original von brighella
    Den Othello hat Björling nie gesungen. Es gibt nur das hinreißende Racheduett mit Merrill. Dass eine Aufnahme geplant war, isit mir auch nicht bekannt.


    Ich bezog mich bei meiner Beobachtung hinsichtlich Björlings Spitzentönen auch auf das Racheduett mit Merrill (wo er die "Sangue"-Rufe tatsächlich singt).


    Norbert und Alviano:


    Generell bevorzuge ich auch stilistisch gekonnt phrasierende und geschmackvoll singende Tenöre wie Bergonzi gegenüber den Stimmprotzen mit durchgehendem Dauerforte. Was man bei einem "Otello" Bergonzis in dieser Hinsicht an neuen Interpretationsfacetten hinzugewonnen hätte, wäre andererseits allerdings wohl wieder an Virilität, Kraft und Extase verlorengegangen, Eigenschaften, wie sie etwa Vinay oder del Monaco (im Übermaß gebraucht) zur Verfügung standen. Der Otello ist eben keine "normale" Tenorpartie wie der Manrico, Radames oder Riccardo, sondern eine - nicht zuletzt dank Boitos Libretto - psychologisch und schauspielerisch sehr fein ausdifferenzierte Figur, der Verdi - außer dem "Esultate"-Auftritt - keine Bravourarien in die Kehle komponiert hat. Otello ist die Studie eines seelischen Verfalls und Zerfalls, die auskomponierte Vernichtung eines komplexbehafteten Außenseiters. Bergonzi klingt mir dafür, wie gesagt, einfach zu nobel.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,
    das "Esultate"würde ich nun nicht gerade als Arie bezeichnen,
    dann schon eher das"Ora e per sempre addio",ein sehr wildes,
    dramatisches Stück.Es folgen noch zwei rezitativähnliche Stücke,
    die eher resignierend daherkommen:"Dio! mi potevi scagliar",
    und zum Schluß das"Niun mi tema".


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,


    Du hast natürlich recht, ich hätte besser den Terminus "Bravourstück" gebraucht, denn Otello hat in diesem Sinne eigentlich keine Arie.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Zitat

    Original von Norbert
    das ist doch mal eine interessante Aussage.
    Ich kenne Labò nur aus der fantastischen Don Carlos Aufnahme mit Antonietta Stella, Boris Christoff, und Ettore Batianini unter Gabriele Santini, aber wenn man ihn hört, wie er buchstäblich um sein Leben singt, wenn man hört, wie viel Temperament und Enthusiasmus er in seine Rolle "hineinsingt", dann wünscht man sich, es gäbe mehrere CD-Aufnahmen von und mit Labò.


    Hallo Norbert,


    es gibt mehrere Aufnahmen mit Labo. Neben dem genannten Don Carlo gibt es eine komplette Studio-Aufnahme von


    LUCIA DI LAMMERMOOR, Prag 1968 (Supraphon).


    Im Studio wurde ausserdem ein


    RECITAL - Santa Cacilia, Fernando Previtali


    aufgenommen.


    Ob diese beiden Studio-Aufnahmen auf CD erschienen sind, kann ich nicht sagen.
    Auf CD erhaeltlich sind vom italienischen Verleger Bongiovanni:


    FLAVIANO LABO vol 1
    FLAVIANO LABO vol 2
    FLAVIANO LABO vol 3
    FLAVIANO LABO & MAGDA OLIVERO in concert Marseille 1973
    LA BOHEME m. Freni, Guadagno, 1966?


    Ausserdem auf CD erschienen:


    IL PIRATA m. Caballe, Cappuccilli, Florenz 1967


    Auf LP wurde frueher folgendes veroeffentlicht:


    TOSCA m. Rysanek, MET 1964


    Als Privataufnahmen sind mir in die Haende gekommen:


    MEFISTOFELE m. Olivero, Buenos Aires 1964
    PAGLIACCI m. Mazza, Torregiami, 1974
    TURANDOT m. Lippert, Caballe, MET 1960
    AIDA m. Cerquetti, MacNeil, Mexico Stadt 1958
    LA FORZA DEL DESTINO m. Cappuccilli, De Osma, Fidenza 1961
    SIMONE BOCCANEGRA m. Taddei, Cavalli, Buenos Aires 1961
    REQUIEM (Verdi) m. Tucci, Barbieri, Washington, Siena 1963


    Es gibt aber noch viele andere, Iris von Mascagni, Manon Lescaut, Trovatore...


    BERGONZI hat den Otello uebrigens gesungen (New York 2000), und es gibt davon auch einen Mitschnitt.


    SET SVANHOLM ist ein vorzueglicher Otello gewesen. Es gibt zwei Aufnahmen (San Francisco 1947 und Stockholm 1953 mit S. Bjoerling als Jago), mit denen er sich in den engsten Kreis der besten Otellos des letzten Jahrhunderts hineingesungen hat.


    :hello:
    M.

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    [
    BERGONZI hat den Otello uebrigens gesungen (New York 2000), und es gibt davon auch einen Mitschnitt.



    :hello:
    M.


    um genau zu sein: halb gesungen ; nach dem zweiten Akt brach er ab. Ein entfernter Bekannter war extra deswegen von München nach New York geflogen...

  • Der Tenor Flaviano Labò hat natürlich eine gute angenehme Stimme.
    Er gehört zu der Gruppe: Mario Filippeschi, Gianni Poggi, Angelo
    Lo Forese und Francesco Albanese, die durch Sänger wie Jussi
    Björling, Richard Tucker, oder Carlo Bergonzi, als Verdi-Tenöre
    in die zweite Reihe verwiesen wurden.
    Übrigens, der Otello ist keine typische Verdi-Partie.Deswegen
    wird er auch meistens von Nichtitalienern besser Inerpretiert
    als von italienischen Tenören.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • Hallo Liebestraum,

    danke für die Infos. Ich werde mal nachschauen, ob die Aufnahmen erhältlich sind.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Wie soll man denn aktive Verdi-Tenöre, die auch noch hervorragend
    und beliebt sein sollen benennen, wenn es die garnicht gibt.Es gibt
    zwar einige Tenöre, die Verdi singen,(R.Alagna, J.Cura ,S.Licitra)
    aber deswegen kann man sie ja nicht als Verdi-Tenöre bezeichnen.
    Der einzige, der zumindest noch lebt ist C.Bergonzi.Ich möchte
    als Beispiel für einen echten Verdi-Tenor der Vergangenheit
    noch den Namen Auriliano Pertile nennen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Ich möchte als Beispiel für einen echten Verdi-Tenor der Vergangenheit
    noch den Namen Auriliano Pertile nennen.


    ... dessen Stimme dankenswerter Weise auf Tonträgern gut präsent ist und der wirklich in jede Sammlung gehört. Ausgeglichen in den Lagen, gute Attacke, tolle Phrasierung - nicht nur die Gesamtaufnahmen lohnen, auch die Recitals (bsplsw. die Tenor-Arie aus "Luisa Miller" - oder auch die "Lohengrin"-Ausschnitte...), wers nicht kennt - kaufen!


  • Manchmal ist die Welt wirklich schwer zu verstehen...


    Luciano Pavarotti hat den Othello nie auf der Bühne gesungen und hatte auch nie die Absicht dazu.. Er hat lediglich einmal zugestimmt, als die äußeren Umstände eine brauchbare Realisierung wahrscheinlich machten, eine kleine Serie konzertanter Vorstellungen zu machen. Es war, wie er sagte, auch für ihn eine hochinteressante Erfahrung und es war ihm klar, dass er nicht als Othello in Erinnerung bleiben würde (und sein Hauptanreiz war wohl, dass er eben so auch einmal den Othello gesungen hat). Der Mitschnitt zeigt das, was man ohnehin immer gewusst hat, dass nämlich Pavarotti rein stimmlich kein Othello war. Davon abgesehen war die Leistung aber nicht annähernd so schlecht, wie hier im Forum gerne Eindruck gemacht wird. Und wie gesagt, es war eine einmalige Angelegenheit!


    Carlo Bergonzi hingegen hat es wirklich versucht, hat dabei seine Grenzen überschritten und ist schrecklich eingegangen. Das scheint aber niemandem groß zu stören, er bekommt nachträglich keine guten Ratschläge übermittelt, während auf Pavarotti-Othello andauernd eingeprügelt wird.....


    ?(

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Armin Diedrich


    um genau zu sein: halb gesungen ; nach dem zweiten Akt brach er ab. Ein entfernter Bekannter war extra deswegen von München nach New York geflogen...


    Es existiert eine komplette Aufnahme der Generalprobe.

    Opera is when a guy gets stabbed and instead of bleeding, he sings.
    -- Ed Gardner


  • Ja, manchmal ist sie es wohl tatsächlich...


    Ich frage mich, wie eine "kleine Serie" einmalig sein kann, aber das nur am Rande. Bei Bergonzi wird es, so weit ich es verstanden habe, auch nicht öfter vorgekommen sein.


    Ich kann mich auch nicht entsinnen, auf Pavarotti "andauernd einzuprügeln" und bei Bergonzi irgend etwas gutzuheißen.


    Ich kenne Bergonzis "Otello-Versuch" nicht, kann also auch keinen Vergleich ziehen zu Pavarottis Version, die ich alles andere als gelungen finde.


    Ein großer Unterschied scheint mir aber zu sein, daß beim Pavarotti-Versuch gleich eine CD aufgenommen werden mußte, so daß ich böswillig auch einen pekuniären Hauptanreiz vermute...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo



    Der nächste Wortklauber! ;)



    Zitat

    Ich frage mich, wie eine "kleine Serie" einmalig sein kann,


    Es waren zwei Vorstellungen innerhalb von drei Tagen.




    Zitat

    Ich kann mich auch nicht entsinnen, auf Pavarotti "andauernd einzuprügeln" und bei Bergonzi irgend etwas gutzuheißen.


    Ich habe dabei nicht dich und niemanden einzelnen gemeint. Aber regelmäßig kommen die Postings, wo sich Leute darüber mockieren, wie Sänger wie Pavarotti sich mit zu schweren Partien wie dem Othello die Stimme ruinieren. Was aber im Falle Pavarotti vollkommen lächerlich ist, denn mit zwei konzertanten Vorstellungen wird sich ein Sänger mit ordentlicher Technik auch bei Othello die Stimme nicht ruinieren.


    Ich habe auch kein Wort davon gesagt, dass das gleiche bei Bergonzi "gutgeheißen" worden wäre. Aber ihm wurde sein Othello-Versuch auch kaum vorgeworfen, obwohl er wesentlich desaströser endete als jener Pavarottis.


    Aber darf ich dich selbst zitieren? "Carlo Bergonzi: welch Timbre, welch saubere Technik und Stimmführung; schade, daß er keinen Otello aufnahm, weil er fürchtete, daß diese Rolle seine Stimme ruinieren könne. Und das, obwohl Bergonzi als Bariton begann. Hätte Pavarotti diese intelligente Selbsteinschätzung doch auch besessen...". Du implizierst damit auch, dass Pavarotti sich damit stimmlich übernommen habe. Was aber keineswegs der Wahrheit entspricht....




    Zitat

    Ein großer Unterschied scheint mir aber zu sein, daß beim Pavarotti-Versuch gleich eine CD aufgenommen werden mußte, so daß ich böswillig auch einen pekuniären Hauptanreiz vermute...


    Deine Naivität ist bemerkenswert. Der populärste Tenor singt das einzige Mal in seinem Leben den Othello, da ist es doch vollkommen selbstverständlich, dass die Mikrophone das aufzeichnen. Schon allein die große Pavarotti-Fangemeinde war ganz scharf auf diese Aufnahme. Pech war allerdings, dass sich Pavarotti im kalten Chicagoer Winter schwer verkühlte und nur unter Aufbietung aller ärztlicher Tricks für die beiden Abende fit gemacht werden konnte. Das Ergebnis ist durch diese Indisposition mit Sicherheit merklich abgewertet worden.


    Und es gab natürlich überhaupt keinen Unterschied, denn auch bei Bergonzi wurde aufgenommen. Nur dass eine halbe Vorstellung nicht zu vermarkten ist. Aber es soll bei den Fans ein Mitschnitt der Generalprobe kursieren....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Original von brighella
    Den Othello hat Björling nie gesungen. Es gibt nur das hinreißende Racheduett mit Merrill. Dass eine Aufnahme geplant war, isit mir auch nicht bekannt. Vom "Lohengrin" schon mit der Schwarzkopf unter Beecham.


    In einem amerikanischen Opernforum war kuerzlich die Rede von Leonie Rysaneks Schallplattenkarriere, bei der sie in vielen Fällen durch andere Sängerinnen ersetzt worden war. In einem Falle allerdings sang sie fuer eine urspruenglich vorgesehene Kollegin, für Victoria de los Angeles. Mit ihr und Jussi Björling (also dem Paar der Bohème- und Butterfly-Aufnahmen) war eine Otello-Einspielung geplant gewesen, die durch den Tod Björlings nicht zu Stande kam und in der er durch Vickers ersetzt wurde.


    Diese Information (Quelle : ein Schallplattenproduzent) war fuer mich neu, und ich weiß nicht, ob es fuer Björling gut gewesen wäre, eine Partie, die er nie auf der Buehne gesungen hatte und die seine Fachgrenzen üeberschritten hätte, aufzunehmen. Damals war Mario del Monaco der Maßstab als Otello, wenige Jahre frueher Ramon Vinay. Mit Beiden konnte Björling es, was Stimmkraft angeht, nicht aufnehmen.


    Mikko

  • Hallo zusammen,


    ich hab es mir mal einfach gemacht und meine Cd-Sammlung „befragt“.
    Die einzigen Tenöre die bei meinen Verdiaufnahmen (nur Gesamtaufnahmen) öfter als 5-mal vertreten sind :


    Richard Tucker


    Carlo Bergonzi


    Jussi Björling


    Die 3 wurden ja auch schon mehrfach genannt da muss ich nicht mehr viel zu sagen.
    Danach wird es schwieriger.


    Jose Carreras


    Wegen seiner frühen Aufnahmen, die ja schon erwähnt wurden.
    Eine wichtige ist noch Simone Boccanegra (Claudio Abbado1977).


    Jetzt wird es wirklich etwas heikel, denn heute noch aktive Verdi-Tenöre vom Format der 3 erstgenannten kenne ich leider nicht, und wenn es sie gäbe hätte sich das wohl herumgesprochen.



    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Natürlich dürfen die auch was anderes singen, ich wollte nur Wagner-Tenöre und Liederspezialisten ausgrenzen, ditto reine Mozart-Tenöre


    Alfred


    Wenn ich nach der Vorgabe von Alfred auch Sänger mit einbeziehe die, wenn auch keine ausgesprochenen Verdi Spezialisten, ihren Schwerpunkt im Bereich italienische Oper haben, dann sind die letzten beiden:


    Ramon Vargas


    Rolando Villazon


    Auch wenn historische Sänger nicht hierher gehören möchte ich auf die Duett und Ensembleaufnahmen von Giovanni Martinelli mit Rosa Ponselle, Giuseppe de Luca und Ezio Pinza hinweisen.
    Die Aufnahmen aus Aida und La Forza del Destino sind Ende der 20er Jahre entstanden und gehören für mich zu den bedeutendsten Verdiaufnahmen überhaupt.



    Viele Grüße von


    Jimi :hello:

  • Hallo Jimi,


    herzlichen Glückwunsch zu Deinem ausgeprägten, guten


    Verdi-Tenor-Geschmack.


    Das sage ich natürlich in erster Linie, weil er sich mit meinem


    Verdi-Tenor-Geschmack deckt. Und mein


    Verdi-Tenor-Geschmack ist natürlich hervorragend. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • Diesmal kann auch ich mich vollinhaltlich anschliessen. :hello: :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Zitat

    Original von Theophilus


    Aber darf ich dich selbst zitieren? "Carlo Bergonzi: welch Timbre, welch saubere Technik und Stimmführung; schade, daß er keinen Otello aufnahm, weil er fürchtete, daß diese Rolle seine Stimme ruinieren könne. Und das, obwohl Bergonzi als Bariton begann. Hätte Pavarotti diese intelligente Selbsteinschätzung doch auch besessen...". Du implizierst damit auch, dass Pavarotti sich damit stimmlich übernommen habe. Was aber keineswegs der Wahrheit entspricht....


    Für mich hat sich Pavarotti definitiv übernommen.


    Aber was soll's. Ich muß Dich nicht überzeugen, Du mußt mich nicht überzeugen, belassen wir es dabei, daß wir unterschiedliche Meinungen über die Qualität von Pavarottis Otello vertreten.


    Zitat

    Deine Naivität ist bemerkenswert. Der populärste Tenor singt das einzige Mal in seinem Leben den Othello, da ist es doch vollkommen selbstverständlich, dass die Mikrophone das aufzeichnen. Schon allein die große Pavarotti-Fangemeinde war ganz scharf auf diese Aufnahme. Pech war allerdings, dass sich Pavarotti im kalten Chicagoer Winter schwer verkühlte und nur unter Aufbietung aller ärztlicher Tricks für die beiden Abende fit gemacht werden konnte. Das Ergebnis ist durch diese Indisposition mit Sicherheit merklich abgewertet worden.


    Und es gab natürlich überhaupt keinen Unterschied, denn auch bei Bergonzi wurde aufgenommen. Nur dass eine halbe Vorstellung nicht zu vermarkten ist. Aber es soll bei den Fans ein Mitschnitt der Generalprobe kursieren....


    Müssen wir uns tatsächlich ernsthaft darüber unterhalten, daß es einen gewaltigen Unterschied zwischen einer offiziellen Aufnahme des "Hauslabels" Pavarottis und einem mehr oder minder offiziellen Mitschnitt von wem auch immer bei Bergonzi gibt?


    Dann allerdings sollten wir zuerst einmal die Frage der "bemerkenswerten Naivität" neu diskutieren...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich kann nur 4 benennen:


    1. Mir sind viele aktuelle Verdi-Tenöre, welche zur Zeit an den Opernhäusern (weltweit) singen nicht bekannt.


    2. Die mir bekannten und auch bereits genannten z. B. Villazon kann ich im Moment nicht auf die Stufe(n) der unten aufgeführten Sänger stellen. Ich hoffe aber, daß vielleicht in ca. 7-10 Jahren Juan Diego Flórez für die lyrischen und Spinto-Rollen in Frage kommt. Technik und Timbre sind klasse.


    Nr. 1: Carlo Bergonzi
    Nr. 2: Richard Tucker (hier einmal vor Björling)
    Nr. 3: Jussi Björling
    Nr. 4: Giacomo Lauri-Volpi


    Caruso bleibt außer Konkurrenz...auch weil es an Gesamtaufnahmen mangelt.


    Bis dann.

  • Hallo Herbert und Siegfried,


    ich möchte noch einige andere Sänger erwähnen die es nicht in meine Liste geschafft haben, mal sehen ob Ihr hier auch mit mir übereinstimmt.


    Als Rigoletto-Herzog finde ich keinen meiner Top 3 wirklich ganz ideal, zumindest nicht in den Gesamtaufnahmen.
    Die Björling-Studioaufnahme von 1956 ist wohl eine seiner schlechteren Aufnahmen, zu dem Zeitpunkt war er wohl auch stimmlich nicht so gut drauf.
    Besser ist die Liveaufnahme von 1945, stimmlich ist er wohl ziemlich auf dem Höhepunkt, aber er singt mir vieles etwas zu kräftig, ich habe den Eindruck er versucht die Klangfülle der späteren Carusoaufnahmen(nach 1910) zu imitieren.
    Auf seinen ganz frühen Aufnahmen Anfang der 30iger Jahre singt er u.a. La donna e mobil(auf Schwedisch) wesentlich lyrischer, technisch mit geradezu unverschämter Leichtigkeit.


    Generell bevorzuge für den Rigoletto-Herzog eher einen sehr lyrischen Tenor, dramatische Tenöre wie del Monaco oder Corelli finde ich ausgesprochen unpassend für diese Rolle.


    Meine Favoriten bei den Gesamteinspielungen sind demzufolge:


    Alfredo Kraus (Solti 1963)


    Luciano Pavarotti ( Bonynge 1971)


    und mit leichten Einschränkungen:


    Ferruccio Tagliavini(Questa 1954)



    Ganz vorzüglich finde ich Tagliavinis Aufnahme der Arie des Fenton (Dal labbro il canto) aus Falstaff.


    Othello ist nicht ganz so mein Fall, wenn dann Jon Vickers oder Ramon Vinay.


    Natürlich muss auch noch Placido Domingo als Verdi-Tenor genannt werden, wenn ich auch bei fast allen seinen Aufnahmen eine entsprechende von Bergonzi, Tucker oder Björling noch besser finde.


    Sehr gelungen finde ich seinen Don Carlo(1970 ,Giulini) .


    Hallo Keith,


    Zu deinen ersten 3 Kandidaten brauch ich ja nichts mehr sagen, kommt mir irgendwie bekannt vor. :D


    Lauri-Volpi schätze ich, nicht nur als Verdisänger, außerordentlich.
    Er war ja ein sehr vielseitiger Sänger- I Puritani bis Othello – das muss man erst mal hinkriegen.

    In einer GesamtVerdiSängerListe (also von Schellack bis Heute) wäre er bei mir, neben Caruso und Martinelli, auf jeden Fall auch mit dabei.



    Viele Grüße von


    Jimi

  • Zitat

    Original von severina
    Martinucci?? Ist das dein Ernst? Bei uns am Stehplatz hieß er nur der "Brüllaffe", und Piano konnte der nicht einmal buchstabieren, geschweige denn singen! Tja, die Geschmäcker sind wirklich verschieden, nix für Ungut! :D
    lg Severina :hello:


    Nein, nichts für Ungut! Aber kennst Du das Aida-Video von der Arena (1985 glaube ich)? Da ist Martinucci wirklich klasse.
    Und danke Jimi für den Hinweis, den Martinelli hatte ich ganz vergessen. Seinen Otello und seinen Radames halte ich nach wie für für Referenz-Interpretationen. Helge Rosvaenge gehört auch irgendwie dazu - schade, daß er alles nur auf deutsch gesungen hat. Rosvaenge konnte auch alles - vom Duca über Alfred bis zum Otello.

  • Zitat

    Original von Jimi
    und mit leichten Einschränkungen:


    Ferruccio Tagliavini(Questa 1954)


    Ganz vorzüglich finde ich Tagliavinis Aufnahme der Arie des Fenton (Dal labbro il canto) aus Falstaff.



    Ferruccio Tagliavini gehört zu meinen Lieblingssängern (siehe mein Ranking bei den Tenören). Als Rigoletto in der von Dir erwähnten Aufnahme (übrigens mein Favorit bei den Rigoletto-Aufnahmen; höre auch Taddei als Rigoletto... einer der besten Interpreten dieser Rolle).


    Aber insgesamt habe ich von Tagliavini zu wenige Verdi-Gesamteinspielungen, um ihn bei meinen 4 Favoriten zu erwähnen.


    Wenn Du Deine "Einschränkung" damit begründest, das Tagliavini als tenore di grazia (oder als lyrischer Tenor) für die Spinto-Rollen oder gar Otello weniger oder gar nicht in Frage kommt, wären wir einer Meinung; auch deshalb habe ich Tagliavini nicht zu den besten Verdi-Tenören gezählt. Diese Vielseitigkeit hatte wohl nur Bergonzi.


    Bis dann.

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  • [quote]Original von keith63
    Ich kann nur 4 benennen:


    1. Mir sind viele aktuelle Verdi-Tenöre, welche zur Zeit an den Opernhäusern (weltweit) singen nicht bekannt.


    2. Die mir bekannten und auch bereits genannten z. B. Villazon kann ich im Moment nicht auf die Stufe(n) der unten aufgeführten Sänger stellen. Ich hoffe aber, daß vielleicht in ca. 7-10 Jahren Juan Diego Flórez für die lyrischen und Spinto-Rollen in Frage kommt. Technik und Timbre sind klasse.


    Um Gottes willen, male nicht den Teufel an die Wand! 8o 8o Bitte nicht noch ein begnadeter lyrischer Tenor mit einer Jahrhundertstimme, der sich mit Verdi ruiniert!! Er selbst hat in einem Interview gemeint, er sähe seine Zukunft als Mozart-Sänger, von den Verdi-Partien werde er nur den Duca singen, weil der ja im wesentlichen lyrische Qualitäten verlangt. Ich hoffe sehr, er bleibt bei dieser weisen Beschränkung und lässt sich nicht aus finanziellen Gründen auf ein Terrain locken, wo er meiner Meinung nach nur verlieren kann.
    lg Severina :hello:


  • Ich schrieb ja auch "vielleicht in ca. 7-10 Jahren". Ich glaube in 7-10 Jahren wird Flórez dieses machen:


    1. Er wird der Versuchung nicht widerstehen.
    2. Bei dieser sehr guten Technik, könnte eine "Weiterentwicklung" möglich sein.


    Bis dann.

  • Ich habe diesen alten Thread ausgegraben und vollständig durchgelesen.


    Heute hatte ich mir nämlich zufällig Gedanken über Verdi-Tenöre gemacht - daher hat mich der Thread interessiert. Und noch ein Zufall: Ich habe heute eine Recital-CD mit Flaviano Labò gehört, und siehe da: Mit meiner Meinung, er sei ein idealer Verdi-Tenor, stehe ich offenbar nicht alleine da.


    Interessant an dem Thread ist auch, wie die Entwicklung von Flórez vor mittlerweile 13 Jahren eingeschätzt wurde.


    Nun aber zu meinen ursprünglichen Gedanken. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die berühmten Verdi-Opern ab "Luisa Miller". Bei all dem Reden von Verdi-Tenören (u.a. dass es solche heute kaum noch gibt) frage ich mich, ob der Komponist Verdi eigentlich wirklich dafür brannte, Tenor-Arien zu schreiben. Oder waren sie für ihn eher ein notwendiges Übel?

    Sicher, er ist der Komponist von "La Donna è mobile" und "Di quella pira", aber wenn ich ganz ehrlich - und selbstverständlich ganz subjektiv - bin, finde ich die meisten Tenor-Arien von Verdi langweilig. "Traviata", "Macht", "Aida", "Maskenball", "Luisa Miller", "Rigoletto", "Don Carlos" - wenn ich auf diversen "Sängerporträts" Tenor-Arien aus diesen Opern höre, werde ich meist schläfrig. Natürlich gibt es schöne Stellen für die Tenöre in diesen Opern, aber Arien?

    Baritone dagegen haben wirklich schöne Arien bei Verdi: "Trovatore", "Maskenball", "Don Carlos", "Traviata" - Highlights auf jeder Arienplatte.

    Ausnahmen bestätigen die Regel: "Trovatore" ist trotz der typisch langweiligen Arie "Ah, si ben mio" unter anderem auch eine echte Tenor-Oper mit zahllosen wunderbaren Stellen. Und natürlich "Otello" - ein Fall für sich, wie im Thread bereits angesprochen.

    Ansonsten ist noch festzuhalten, dass es auch einige Verdi-Opern gibt, die gar keine echte Hauptrolle für den Tenor vorsehen: "Simone", "Falstaff", und schon davor die bekannten "Macbeth" oder "Nabucco". Bei Puccini etwa, gibt es so etwas nur in "Il trittico".


    Von Adolf Dallapozza habe ich im Radio einmal die Vermutung gehört, dass Richard Strauss - angesichts der überschaubaren Beachtung, die er diesem Stimmfach in seinem Werk schenkte - wohl keine Tenöre gemocht habe. Vielleicht gilt das für Verdi auch ein bisschen. Aus seiner Biografie ist mir auch nicht bekannt, dass er dezidiert für bestimmte Tenöre geschrieben hat - für Baritone und Soprane tat er das aber sehr wohl.


    Klar ist es eine gewagte Behauptung, aber ich persönlich meine, dass ein Donizetti, ein Puccini, ein Giordano, ein Ponchielli, ein Mascagni, ein Catalani und ein Leoncavallo aufregendere Arien für Tenöre geschrieben haben als Giuseppe Verdi.

  • Mit meiner Meinung, er sei ein idealer Verdi-Tenor, stehe ich offenbar nicht alleine da.

    Lieber greghauser2002,


    das mag ja sein, aber ich habe da eine andere Meinung.

    Für mich ist er der einzige Schwachpunkt in einer ansonsten großartig besetzten Aufnahme:

    Da singt er die Titelrolle, für mich viel zu grobschlächtig und vor allem zu laut. Es handelt sich um eine originale DGG-Aufnahme von 1961, ich besitze sie mit einem anderen Cover. Der Dirigent, Gabriele Santini, scheint mit der Besetzung der Titelpartie keine glückliche Hand gehabt zu haben. In seiner früheren Aufnahme der Oper (EMI) von 1954 singt Mario Fillippeschi den Don Carlos, das ist IMO eine ähnliche Fehlbesetzung. Man höre sich stattdessen Carlo Bergonzi (Solti, Decca) oder Plácido Domingo (Giulini, EMI) an, so stelle ich mir den Titelhelden vor.

    Ich kenne Flaviano Labò noch aus einer anderen Einspielung:


    Ein Portrait der Manon (Scenes from Massenet: MANON & Puccini: MANON LESCAUT) [Vinyl Schallplatte] [2 LP Box-Set]

    Da singt er zwar keine Verdi-Rolle, sondern den Des Grieux in Massenets "Manon", da überzeugt er mich eher noch weniger.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Sicher, er ist der Komponist von "La Donna è mobile" und "Di quella pira", aber wenn ich ganz ehrlich - und selbstverständlich ganz subjektiv - bin, finde ich die meisten Tenor-Arien von Verdi langweilig. "Traviata", "Macht", "Aida", "Maskenball", "Luisa Miller", "Rigoletto", "Don Carlos" - wenn ich auf diversen "Sängerporträts" Tenor-Arien aus diesen Opern höre, werde ich meist schläfrig. Natürlich gibt es schöne Stellen für die Tenöre in diesen Opern, aber Arien?


    Klar ist es eine gewagte Behauptung, aber ich persönlich meine, dass ein Donizetti, ein Puccini, ein Giordano, ein Ponchielli, ein Mascagni, ein Catalani und ein Leoncavallo aufregendere Arien für Tenöre geschrieben haben als Giuseppe Verdi.

    Nein, nein, nein lieber greghauser, hier bin ich als spezieller Verdi - (und Puccini) Liebhaber ganz anderer Meinung.

    Ganz im Gegenteil, ich finde Verdi hat in den von Dir aufgeführten Opern ganz herrliche, großartige Tenor - Arien komponiert.

    Darüber hinaus viele grandiose Duette für Tenor und Sopran oder Bariton und viele tolle mitreißende Ensembleszenen, wo der Tenor auch führend ist.

    Allein wenn ich an das Duett und das Quartett im Rigoletto denke. Oder an das Duett im Finale der Aida.

    Und in beiden Opern, wie auch in den anderen, gibt es doch auch herrliche Solo - Arien für den Tenor.


    Und weil es ja hier wohl auch namentlich um die persönlich beliebtesten Verdi - Tenöre geht, so hat wohl jeder unterschiedlich und subjektiv seine Favoriten.

    Bei mir sind es, neben einigen anderen, vor allem Pavarotti, Bonisolli und Orofino, um nur drei zu nennen.


    Herzliche Grüße

    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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