Hallo liebe Musikfreunde,
eine Frage die hier immer wieder auftaucht, kommentiert wird oder anderweitig erörtert wird ist ja das Thema "Brauchen wir noch eine Aufnahme dieses Werkes?" (z.B. die Symphonien von Beethoven).
Es scheiden sich dann die Geister ob man aus verschiedenen Aufnahmen mehr aus einem Werk herauszuhören lernt, oder ob man durch alternative AUfnahmen lediglich die Wirtschaft unterstüzt hat (sprich, dass man nicht im Bezug auf das Werk davon profitiert).
Das läuft parallel meist daraufhin hinaus, dass verschiedene Aufnahmen angehört werden und dann aber eigentlich garnicht unabhähngig (und somit unvoreingenommen) wahrgenommen werden, sondern sogar absichtlich und gezielt verglichen werden; also auf "besser" oder schlechter" untersucht und reduziert werden (zumindest eingestuft werden).
Inzwischen höre ich mehr und mehr von CD, aber ich habe lange Zeit meine klassische Musik mit Apples Programm iTunes verwaltet und fast schon akribisch katalogisiert. So hatte ich also eine sorgsam vollständige Bibliothek in der nach Handarbeit alles im gleichen Stil benannt war. Bei iTunes ein DOrn im Auge war es mir da allerdings immer verschiedene Versionen eines Werkes unterzubringen. Das bedeutete mehr Handwarbeit und war im Grunde genommen gegen mein Sortierungskonzept.
Das bedeutet zwar nicht, dass ich deswegen lange vermieden habe doppelte Aufnahmen eines Werkes zu erstehen (das lässt sich ja teilweise gar nicht verhindern). Aber es lief oft darauf hinaus, dass ich versucht habe die verschiedenen Versionen des Werkes zu vergleichen und nur die Verison jeweils einzusortieren, die ich als am besten erachtete. Das wiederum störte mich, weil ich dann nicht meine vollständige Musik in iTunes in der Bibliothek hatte und nicht so leicht komplett durchsuchen konnte.
Das klingt jetzt alles sehr bürokratisch, aber der Computer ist immer der einzige Ort, wo ich richtige Ordnung halte Außerdem bin ich Perfektionist
Aus einem anderen Anlass (nämlich die Interpretationsweise gleich zu Beginn jedes Satzes wegen und der verwendeten Stimmungshöhe des Orchesters) hab ich dann vor einigen Wochen sechs verschiedene Einspielungen von Mozarts Klavierkonzert Nr. 20 in d-moll KV 466 verglichen. Außerdem war ich in diesen Tagen mal wieder in live Konzerten (z.B. in Marburg in der Stadthalle: die beiden Klavierkonzerte in a-moll von Schumann und Grieg - in ihrer Ähnlichkeit - und dazwischen die erste Symphonie von Schumann "Frühlingssymphonie" - ein geniales Konzert!!)
Beides brachte mich mal wieder zum nachdenken und -grübel über das Wesen von Musik. Und da viel mir auf, bzw. wurde mir endgültig nochmal Folgendes klar:
Da wir hier ja zumeist von klassischer Musik sprechen muss man Folgendes immer bedenken:
All die Musik die wir wir hören wurde nicht dafür geschrieben um in irgendeiner Form "konserviert" zu werden - sprich auf CD oder Schallplatte aufgenommen zu werden. !! Sie war wirklich rien dafür konzipiert, dass sie allein durch "live" Erfahrung gehört und wahrgenommen werden kann. Also entweder durch das theoretische Studium und durchblättern der Noten oder in original-Besetzung, sowie als Transkription (zumeist für Klavier - evt. zu vier Händen).
D.h. man kann zwar das selbe Werk theoretisch auch im Konzert oder anders immer wieder hören aber eben stets "live. Niemals jedoch wäre es eigentlich möglich gewesen DIESELBE EINE INTERPRETATION eines Werkes beliebig oft zu hören.
Es ist ja gerade das besondere Wesen der Musik, dass die quasi zweimal geschaffen wird: EInmal durch den Komponist als Komposition und Idee und einmal durch die Interpreten als Umsetzer und Praktiker. Diese Form wird nur noch duch das Theater geteilt und ist somit viel spezieller als andere Kunstformen.
Das bedeutet doch, dass die künstlerische Idee, die dauerhaft fasziniert in der Komposition an sich zu suchen ist (denn es geht ja um die Komposition DIESES Komponisten) und nicht in einer bestimmten Interpretation. Eine spezifische Interpretation ist immer mit Stimmung verbunden - und Stimmugn bedeutet hier übertragen nichts anderes als Moment. Und da jeder Moment einzig und eigentlich nicht replizierbar ist, ist es also auch eigentlich ganz vernünftig und logisch, dass man eine Interpretation auch nur einmal hören kann. So wie man auch jeden anderen Moment nur einmal erleben kann.
Dieser Gedanke hat mich so überzeugt, dass ich nun erstens fast nur noch von CD höre (und somit nicht mehr meine Festplatte und iTunes quäle) und zweitens gerade an möglichst vielen Aufnahmen jedes Werkes interessiert bin. Und eben nicht mehr um diese alle zu vergleichn und die beste zu finde, sondern um sie möglichst oft möglichst abwechselnd ind variabler Reihenfolge zu hören und GERADE NICHT zu vergleichen, sondern mich jedes Mal von neuem auf die Stimmung und somit eben jenen Moment den der Interpret festgehalten hat einzulassen.
Auf diese Weise hat man wenigstens ETWAS Abwechslung und stumpft sich nicht an der immer gleichen Interpretation ab. Lezteres kann ja teils so weit gehen, dass man sich so in eine Interpretation eingehört hat, dass man keine Andere AUfnahme des gleichen Werkes mehr akzeptieren kann, bzw. hören möchte. Und das ist doch eigentich ein fürchterlich einschränkendes Armutszeugnis für den "falschen" Gebrauch" und Genuss dieser Musik. Zumindest steht das den ABsichten der klassischen Komponisten wie schon angedeutet völlig unangemessen und dimetral gegenüber.
Ich mache auf diese neue Art und Weise die schönsten Erfahrungen im Musik-Hören, die teils meine Freunden an vielen Werken noch sehr gesteigert hat. Und einer ersten Beobachtung nach auch länger erhält!
Auf diese Art und Weise mildere ich also das Problem, was ALfred in seinem neuen Thread auch wieder thematisiert: Mit einer solchen hörweise ist man für alle Moden stets offen und unterliegt keiner "modebestimmen" Einschränkung im Bezug auf ein Werk. Ich kann seine Haltung nun bestens nachvollziehen und teile sie hiermit auch offiziel!
Für mich erübrigt sich nun also jede Frage, ob sich "denn noch eine Aufnahme der Beethoven Symphonien" lohnt --- im Gegenteil: Ich sage jetzt "Immer her damit"........
Würde mich sehr faszinieren, was ihr zu dieser Thematik denkt!
PS: Der Pianist Matthias Kirschnereit schreibt im Begleitheft seiner Gesamtaufnahme der Klavierkonzerte Mozarst zusammen mit den Bamberger Symphonikern unter Beermann als Dirigent auch zu diesem Thema und dieser Frage. Sehr interessant in diesem Sinn und ich teile auch seine Ansicht! (Übrigens ist dieser Text sowieso sehr gut - auch im Bezug auf eine Spielweise und Interpretationssicht auf Mozart allgemein!)