Der schlimmste Schurke in der Oper

  • Hallo Regina,


    ich finde aber aber schon, dass Macbeth im Gegensatz zu seiner Frau doch noch Reste von Gewissen hat, die sich regelmäßig bei ihm melden. Nur er sieht z.B. den Geist des ermordeten Banquo auf dem Bankett und beendet verstört das Fest. Die Gewissensbisse machen seine Taten zwar nicht besser, ein gefühlloses Monster ist er deswegen aber nicht.


    Ansonsten noch zu den "Hoffmann"-Bösewichtern. Wenn man die Figuren der Erzählungen Hoffmanns zum Nennwert nimmt, sind sie sicherlich Erzschurken. Aber man sollte hierbei nicht vergessen, dass es sich um die (verzerrte) Perspektive Hoffmanns und um dessen Projektionen handelt. Lindorf ist sein Konkurrent und Nebenbuhler (mit einem "aspect satanique", zugegeben), aber kein Dämon oder Teufel.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Ich habe heute Verdis Luisa Miller zum ersten Mal gesehen und finde , dass Wurm ein fast genauso verabscheuenswerter Schurke ist wie Scarpia, Jago und der Grossinquisitor. Der einzige Milderungsgrund, den ich bei ihm noch anerkenne, ist, dass er in Luisa verliebt ist.
    Aber ein schlimmeren "Kotzbrocken" als ihn kann man ansonsten schwerlich finden...... :no:


    F.Q.

  • Hi


    Wurm ist für mich in der Jago-Liga und schlimmer als Scarpia oder Großinquisitor (soweit eine Abstufung ab einem gewissen Maß an Schlechtigkeit noch einen Sinn macht). Aber wenn wir schon bei Schiller sind, gab es da nicht irgendwo eine Kanaille? Also auf zu den masnadieri !

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wieso schlimmer als Scarpia???? ?(
    Scarpia ist für mich das Allerdreckigste überhaupt, was eine Opernbühne je gesehen hat, denn er weidet sich zu allem Anderen noch aktiv an der Folter von Cavaradossi und ist ein echter Sadist.
    DAS zumindest ist Wurm in der Oper nciht. Er ist von Leidenschaft und Eifersucht zerfressen und eine feige Ratte dazu. aber ein grausamer Folterknecht wie Scarpia scheint er mir nicht zu sein.
    Da schon eher der Grossinquisitor.........., wobaei der das ganze immerhin unter dem Mantel der heiligen Kirche glaubhaft verstecken kann.


    F.Q.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Wieso schlimmer als Scarpia???? ?(
    Scarpia ist für mich das Allerdreckigste überhaupt, was eine Opernbühne je gesehen hat, denn er weidet sich zu allem Anderen noch aktiv an der Folter von Cavaradossi und ist ein echter Sadist.
    ...


    Entschuldigung, aber sowohl Scarpia als auch Großinquisitor machen zuerst einmal ihre Jobs, welch unerfreuliche Folgen diese auch zeitigen. Sie handeln nicht primär aus persönlichem Interesse, Scarpia versucht lediglich, das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden. Jago, Wurm und der noch ungenannte Dritte handeln aber primär aus rein persönlichem Interesse, der Schaden, den sie anrichten, kann durch keine höheren Interessen gerechtfertigt werden, sie sind zu 100% allein dafür verantwortlich.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Entschuldigung, aber sowohl Scarpia als auch Großinquisitor machen zuerst einmal ihre Jobs, welch unerfreuliche Folgen diese auch zeitigen. Sie handeln nicht primär aus persönlichem Interesse, Scarpia versucht lediglich, das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden.


    Auch Entschuldigung, aber das ist eine sehr tunnelartige, um nicht zu sagenbesonders männliche Sicht der Dinge. Weder Scarpia noch der Großinquisitor wurden wohl zu ihrem Beruf oder sind in ihrem Beruf gezwungen, sich so menschenverachtend zu verhalten, wie sie es tun.


    Befehlsnotstand und fundamentalistische Überzeugungen sollten als Rechtfertigung ausgedient haben, und das schon zur Zeit der Entstehung der jeweiligen Oper, wie die Librettisten und Komponisten mehr als deutlich machen. Trotzdem würde ich Scarpia noch unter den Großinquisitor stellen, denn der ist, wenn überhaupt, wenigstens nur Kryptosadist, während Scarpia noch unübersehbar persönliches Vergnügen aus seinen beruflich sanktionierten Untaten bezieht.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    ...
    Befehlsnotstand und fundamentalistische Überzeugungen sollten als Rechtfertigung ausgedient haben, und das schon zur Zeit der Entstehung der jeweiligen Oper, wie die Librettisten und Komponisten mehr als deutlich machen.
    ...


    Noch einmal Entschuldigung, aber das ist für mich eine sehr naive Sicht der Dinge. Berufliche Zwänge können eine gewaltige Bürde sein. Aber darum geht es gar nicht.


    Scarpia muss auf schnellstem Weg das Versteck Angelottis aus Cavaradossi herausprügeln. Da hat man nicht lange gefackelt und empfindsame Naturen sind nicht Stadtkommandanten von Rom geworden. Der Großinquisitor sah den kirchlichen Einfluss ernsthaft bedroht und handelte entsprechend seiner Möglichkeiten. Von Befehlsnotstand kann überhaupt keine Rede sein, aber beide handelten primär aus ihrer beruflichen Überzeugung und (eingebildeten?) Notwendigkeit heraus. Persönliche Interessen kamen sekundär hinzu. Damit will ich beide nicht schönreden, aber sie hatten für ihre Vorgangsweisen immerhin eine bedingte formale Rechtfertigung. Diese fehlt den drei anderen Schurken.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Theophilus, wenn ich dich nun richtig verstehe, sind also Schurken, deren Boshaftigkeit auf "formal gedeckt" ist und auf einer fundamentalistischen Überzeugung beruht , weniger schurkig als solche die aus rein persönlichen Interesse handeln, sprich aus privatem Ehrgeiz, Eifersucht etc etc?????? ?(



    Einer der mit Befahl von oben und aus ideologischer Überzeugung mordet und quält ist ergo weniger schlimm als ein Wurm, der nicht zuletztaus Leidenschaft für Luise verrät und lügt und feige intrigiert, aber vielleciht doch vor solcher Art niedrigster Brutalität zurückschrecken würde?


    Tut mir leid, aber da komm ich nciht mehr mit....... :no:



    F.Q.

  • Kinder,


    Ihr wollt den Spaß am Leben nicht erkennen! Schwer ist der Beruf! Uff!


    Außerdem haben wir so schöne Auftrittsthemen (Sparafucile ja auch), da lohnt sich die Schwärze auch klanglich sofort.


    LG,


    Christian

  • Hallo Queenie


    Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Theophilus, wenn ich dich nun richtig verstehe, sind also Schurken, deren Boshaftigkeit auf "formal gedeckt" ist und auf einer fundamentalistischen Überzeugung beruht , weniger schurkig als solche die aus rein persönlichen Interesse handeln, sprich aus privatem Ehrgeiz, Eifersucht etc etc....


    Nein, so einfach kann man sich das nicht machen. Aber das wäre eine andere Diskussion und wie zielführend die sein könnte, bleibt dahingestellt (bedenke die Einschränkung in meinem ersten Posting).


    Es bleibt aber die Tatsache, dass "meine" drei Schurken aus eigenen, inneren Antrieb handeln (mehr oder weniger). Du unterstellst Scarpia und Großinquisitor dasselbe, was in meinen Augen Unsinn ist. Sie handeln primär aus äußeren Zwängen heraus, zu denen sich dann noch persönliche Schuld hinzugesellt (obwohl das im Falle Großinquisitor gar nicht so einfach zu sagen ist). Für das Endergebnis mag das irrelevant sein, aber für mich sind das doch deutliche Abstufungen und ich meine, dass man die Schuldfrage nicht so einfach über einen derartig groben Kamm scheren kann.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Das "Problem" bei Scarpia ist nicht, dass er Cavaradossi foltern lässt, um das Versteck Angelottis zu erfahren und auch nicht, dass er Floria Tosca in seinem "Leporello" verewigen will. Das Widerliche an ihm ist doch, dass er sich am Leiden Toscas weidet, dass ihn ihr Haß und ihre Tränen - man verzeihe mir den Ausdruck - aufgeilen ("Spasimi d´ira, spasimi d´amore" - "Come tu mi odi ... Cosi, cosi ti voglio"). Und das deutet doch auf einen zutiefst sadistischen Charakter im pathologischen Sinne hin.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Was noch zu dem von Giselher bestens Erklärtem dazukommt: Leute wie Scarpia und Grande Inquisitore sind so pathologische Sadisten, dass ihr Sadismus bereits zur Berufung sprich zum Beruf geworden ist. Sie haben sich FREIWILLIG in ein System begeben, dass ihre Schurkerei legitimiert. Und offenbar so legitimiert, dass es sogar bis heute Wirkung zeitigt. :D
    Das ist m.E. eine viel systematischere und rationalisiertere Bosheit als ein von leidenschaftlciher Eifersuchtt Heimgesuchter oder vom Leben Vernachlässigter wie Wurm und Jago.
    Wobei ich Letzere auch beileibe nciht exculpiere, sie stehen nur eine deutliche Stufe über den Berufs-Sadisten, was die abgrundtiefe Verkommenheit angeht.
    In Dantes Höllenkreisen gerechnet sind die Schlimmsten ganz unten, muss man dazu wissen.


    F.Q.

  • Die schlimmsten Schurken in der Oper sind die Regisseure, die uns mit ihren "Am-Werk-Vorbei-Inszenierungen" den Abend ruinieren.


    Die zweit schlimmsten Schurken in der Oper sind die Intendanten, die sich nicht trauen, das starre Repertoire durch unbekannte Werke aufzulockern.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Scarpia geht es überhaupt nicht primär um die Politik. Erst als er erfährt, wer hinter dem Bild der Attavanti steckt, nämlich "l'amante di Tosca", weiß er, was er zu tun hat. Denn genau in diesem Moment begreift er, daß der politische Verdacht (die Betonung liegt auf Verdacht) als Vorwand herangezogen werden kann, um an Tosca heranzukommen.
    Daß Scarpia wohl ein brutaler Mensch sein müsse, um Polizeichef von Rom zu sein, mag eine Tatsache sein, entlastet ihn aber keineswegs - ganz im Gegenteil. Daß der Duca (wie oben irgendwo gesagt) einer von vielen gewesen sei, entlastet ihn auch nicht. Wir hatten in einem anderen Bösewichter-Thread mal eine ähnliche Diskussion, die von einigen auch so geführt wurde wie hier: wenn ein Mann seine Ideen (Berufsziele, Überzeugungen etc.) umzusetzen versucht, dann (so die Argumentation) könne man ihm auch nichts vorwerfen!


    Meine Meinung: Das was Scarpia da macht, kann man durch überhaupt nichts rechtfertigen oder mildern. Ganz egal, welchen Beruf er ausübt und was seine Ziele seien.

  • Hallo GiselherHH,


    bei Macbeth meldet sich das Gewissen aber immer erst nach der Tat! Er ermordet Duncan, befiehlt den Mord an Banquo und bekommt erst dann das heulende Elend. Sein Gewissen scheint mir sehr anpassungsfähig, es hält ihn nie von einer Tat ab, sondern ist ausgeschaltet bis alles zu spät ist.
    Die Lady unterdrückt ihr Gewissen zunächst, wird aber später davon in den Wahnsinn getrieben. Nicht so Macbeth! Er wird immer kälter und gefühlloser, je mehr Morde er verübt.


    Gruß
    Regina

  • Zitat

    Original von Davidoff
    Die schlimmsten Schurken in der Oper sind die Regisseure, die uns mit ihren "Am-Werk-Vorbei-Inszenierungen" den Abend ruinieren.


    Die zweitschlimmsten Schurken in der Oper sind die Intendanten, die sich nicht trauen, das starre Repertoire durch unbekannte Werke aufzulockern.


    Davidoff


    :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • intressante Klärungsprozesse bei TAMINO ;)
    - mittlerweile argwöhne ich, dass
    1)Alte Musik und 2)Jazz die beiden einzigen MusikBereiche sind, bzgl. derer ich mich NICHT als Dreiviertels-Dilettant fühlen muss !!
    Soll ich drüberhinaus wirklich noch Senf dazuschmieren ??


    SRY für diese OT-Einleitung - musste mal raus.......


    ABER IN SPANIEN TAUSENDUNDDREI
    ...da werden ja mehr als 10, 20 (Quasi-)Vergewaltigungsopfer mit bei sein...........


    Ich habe mich schon mal mit den physischen (von den psychischen rede ich ja schon gar nicht...) Schäden bei Vergewaltigungsopfern befassen müssen...
    Manche von ihnen sind den Rest ihres Lebens (wenn überhaupt?) nur noch unter Schmerzen zu einer sexuellen Begegnung in der Lage...


    TAUSENDUNDDREI
    IMO sind GEILE GROSSE JUNGS wie Mozarts Don Giovanni nicht schlecht dafür verantwortlich (und das wohl seit Jahrhunderten und Jahrtausenden),
    dass MÄNNERN mehr Misstrauen entgegengebracht wird als evtl. tatsächlich angebracht !!


    Meine "Don Giovanni"-Inszenierung :D beginnt - ohne Musik -
    mit einer stillen, gar zu stillen Szene...
    vor einem hübschen, gar zu hübschen Vorhang...
    Eine fortdauernd verstört wirkende, ca. 17jährige junge Frau wird - am vorderen Bühnenrand sitzend - hübschen grossen Puppen die Beine ausrupfen... ...1 Minute, 2 Minuten...
    o.K.: Länger als der stumme Beginn von Christof Loys Frankf. "Boccanegra"-Inszenierung muss es nun nicht werden - aber kürzer bitte auch nicht !
    Silvia Steger (aus dem Ensemble des "fränkischen Theaters Schloß Maßbach" - sowas nennt man Schleichwerbung ;)) soll diese Rolle übernehmen
    - sie wäre SICHER s e h r überzeugend !!


    Tschüssi aus Franken
    micha

  • Lieber Pieter, verstehe ich diesen Beitrag so richtig, dass du Don Giovanni für einen der oder den grössten Schurken der Operngeschcihte hälst? Wenn nciht, nimm das Ganze bitte als Missverständnis.
    Wenn ja: nein, nein und nochmals nein! :no: :no: :no:


    Dein Eintreten für die körperliche/sexuelle Unversehrtheit der Frauen kann ich nur unterschreiben und begrüssen, aber zwischen einer Vergewaltigung und einer stilisierten Verführerfigur "Don Giovanni" liegen m.E. Welten.


    Es ist ja gerade Ehre und Ziel eines echten Don Giovanni, eben NICHT Gewalt anwenden zu mûssen, um ans Ziel zu kommen und es geht diesem auch keinesfalls nur um das "Endziel" sondern in erster Linie um den Akt der Verführung an sich. Das bei dieser Verführung von Frau zu Frau unterschiedliche Methoden eingesetzt werden, ist die Kunst des Verführers.
    Ein Vergewaltiger verführt nciht und kennt keine Kunst der Liebe sondern nimmt mit roher Gewalt und gegen den erklärten Widerstand des Opfers. Das ist ein ganz entscheidender Unterscheid.
    Mozart und da Ponte hatten eindeutige Sympathien mit ihrem Helden. Donna Elvira liebt ihn bis zum Ende. Zerlina hätte sich freiwillig verführen lassen, wenn nciht Donna Elvira in letzter Minute dazwischen gekommen wäre. Und ob in Donna Annas Fall eine versuchte Vergewaltigung vorliegt, ist sehr umstritten. Es gibt sehr viele Deutungen/Interpretationen, die ihre "freiwillige" Hingabe und ihr Bedauern über das Scheitern derselben präferieren.


    Du sprichst in deinem Beitrag von einer (quasi) Vergewaltigung und eben dieses "Quasi" macht den entscheidenden Unterschied.


    Der Unterschied zwsichen Spiel und Gewalt kann gleichwohl serh fliessend sein, aber ich glaube nciht, dass Don Giovanni wie er von Mozart und da Ponte gezeichnet wird, diesen Unterscheid nciht kennt . Sollte er je soweit herabsinken, dass er Gewalt anwenden muss, um eine Frau zu erobern, ist es mit seiner Ehre als grösster Verführer der Weltgeschcihte jedenfalls aus und vorbei.


    Gleiches gilt auch für den Duca im Rigoletto und andere Brüder im Geiste.


    Fairy Queen

  • Der Großinquisitor ist vielleicht mit seinem Beruf zu "entschuldigen".


    Aber unter Scarpias Berufsausübung fällt doch nicht, dass er Tosca einen Handel anbietet. Wenn sie sich ihm hingibt, dann lässt er Cavaradossi nur zum Schein erschießen, und das alles auch noch mit der Absicht, sich nicht an diese Abmachung zu halten. (Immerhin, dass Tosca ihn umbringen wird und sich auch nicht an die Abmachung hält [um es einmal zynisch auszudrücken], das hat Scarpia sicher nicht vorausgesehen.) Von den Opernfiguren, die ich "kenne", ist Scarpia tatsächlich der schlimmste, aber ich finde die Figur eher widerlich als in all ihrer Negativität imponierend.


    Beim Duca wäre es dagegen möglich, ihn nicht nur als üblen Kerl zu sehen. Es gibt zumindest Ansätze dafür, dass das mit Gilda zwar als Abenteuer beginnt, aber für ihn daraus (ohne die Aktion der Höflinge oder Rigolettos Einmischung) vielleicht doch eine wirkliche Liebesbeziehung wurde. Im Duett mit Gilda klingt er durchaus aufrichtig, wenn er sie umwirbt, mit der Entführung durch die Höflinge hat er zunächst nichts zu tun, sie geschieht auch nicht in seinem Auftrag und nach der Entführung macht er sich zunächst Sorgen um Gilda, die nicht unaufrichtig klingen.


    Warum er nach dem 2. Akt mit Gilda nichts mehr zu tun gehabt hat, bleibt offen. Aber es ist nicht unvorstellbar, dass Rigoletto da ein wenig nachgeholfen hat, damit der Duca Gilda nicht mehr trifft (oder treffen kann). Worauf der Duca annimmt, dass Gilda nichts mehr von ihm wissen will, enttäuscht ist, da es für ihn diesmal wirklich um mehr als ein Abenteuer gegangen ist (das "La donna e mobile" könnte zumindest so gedeutet werden) und sich daraufhin eben ins nächste Abenteuer stürzt. Wozu ihn vielleicht Rigoletto noch ermutigt hat, nicht nur wegen des Mordplans, sondern auch, weil er darin eine Gelegenheit sieht, Gilda endlich von ihrer Liebe zum Herzog zu kurieren.


    Herzliche Grüße
    Waltrada

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

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  • Auch nicht besonders nett sind Boris Timofeyevich, der geile und brutale alte Schwiegervater der "Lady Macbeth von Mzensk"; der starrsinnige Greis Dikoj, der gemeinsam mit der Kabanicha in Janáceks "Kat'a Kabanowa" als schlimmstes Schurkenpärchen Macbeth samt Lady ernsthaft Konkurrenz machen könnte; wenig Verständnis habe ich auch für Don Carlo de Vargas, der einfach so, zum Spaß, seine fürsorgliche Schwester umbringt, nur weil er den, den er eigentlich töten will, nicht mehr erwischt... (falls nun jemand meint, das sei geschehen, um die Ehre der Schwester oder Familie zu retten: für Ehrenmorde hab ich auch kein Verständnis, inbesondere nicht für solche ohne Einverständnis des Opfers [Emilia Galottis Vater bekommt mildernde Umstände])
    Als sehr negative Gestalt empfinde ich auch Nilakantha, wie ich schon einmal in einem Thread über Lakmé dargelegt habe. Und Paolo aus dem "Simone Boccanegra" gehört auch unbedingt in die Reihe der Schurken! Der ist noch dazu feige!


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Meine Favoriten:


    - Hagen (der absolut Böse)
    - Ortrud (das boshafte Weib)
    - Klingsor (der böse Zauberer)
    - Scarpia (der perverse Lüstling)
    - Macbeth (tolle Figur, nicht nur in der Oper)
    - der Großinquisitor (eine der düstersten Opernrollen, gewiß)
    - Alberich (finde ich auf ne Art sogar sympathisch)


    Mime ist für mich kein klassischer Bösewicht, fast schon eher ne halbe Witzfigur.


    Diskutierbar wären auch Daland, Melot oder Fafner.


    Wenn ich nur einen nennen sollte, dann HAGEN.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Darf eine Frau nicht auch eine "Schurke" sein? Denn ist Dalila qua Erzählung dann nicht fast prädestiniert dafür? Und so lieb ist Carmen ja auch nicht... :stumm:


    LG, Paul

  • Stimmt, auffällig wenige Frauen wurden bisher genannt.


    Lady Macbeth ist sicher ganz vorne aufzuführen. Aber auch Turandot ist doch eiskalt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Je länger man nachdenkt, desto mehr fallen einem ein. :D


    Ich wollte grad fast schon den Holländer anführen – aber der ist ja gar kein echter Schurke. Hotters Darstellung als "Seeteufel" ist aber zu genial. :jubel:
    Der wahre Böse in der Oper ist m. E. viel eher Daland: geldgierig und skrupellos.


    Auf ne gewisse Art und Weise ist ja sogar Tannhäuser ein Schurke, zumindest aber ein Lüstling.


    Beckmesser ist wiederum kein wirklicher Bösewicht.


    Salome wäre auch noch zu nennen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Auf ne gewisse Art und Weise ist ja sogar Tannhäuser ein Schurke, zumindest aber ein Lüstling.


    Da sieht man mal wieder wie extrem es hier darauf ankommt, aus welcher Perspektive man dieses Thema betrachtet...


    :wacky:
    M.

  • Hallo liebe Opernfreunde,


    ich möcht mal zwei Schurken aus deutschen Opern anführen, obwohl der eine ja gar kein deutscher Schurke ist:


    Kaspar aus dem Freischütz,
    Don Pizarro aus Fidelio.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Also Kasper und Don Pizarro sind schlimm, keine Frage.
    Aber die hier schon so ausführlich diskutierten Jago und Scarpia sind auch für mich ganz oben auf der Liste der Opern-Schurken.
    Don Giovanni und auch seinen weiblchen Kontrast Carmen kann ich nur bedingt als Schurken ansehen.
    Und eine Person möchte ich mal in dem Raum werfen, die bislang (glaube ich) noch nicht genannt worden ist: Dr. Falke aus der Fledermaus (auch wenn die gerne als Operette gewertet wird). Seine Revenge für den Fledermaus-Gag vom Eisenstein finde ich doch arg heftig, da er die ganze Welt Eisensteins auf den Kopf stellt.

  • Na - Ortrud und Telramund sind auch nicht gerade Engel!
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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