Beethovens 9 Sinfonien ordnen

  • Die tendenzielle Reihenfolge ist auch nach einem erneuten "Durchgang" aller neun Symphonien unverändert:


    5, 9


    6, 7, 4, 8


    3


    2, 1


    Wobei es wirklich so ist: Immer die, die grad läuft, ist ganz vorn. ;)


    Allerdings würde ich bei den bevorzugten Aufnahmen der jeweiligen Symphonien inzwischen hierzu tendieren:


    1. Bernstein [1977]
    2. Bernstein [1978]
    3. Bernstein [1978]
    4. Bernstein [1978]
    5. Bernstein [1976], Karajan [1962], Furtwängler [1947]
    6. Bernstein [1978], Karajan [1967]
    7. Bernstein [1977 und 1990]
    8. Bernstein [1978]
    9. Bernstein [1979 und 1989], Böhm [1980], Karajan [1977 Silvester], Klemperer [1964], Furtwängler [1951 und 1954]

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Der Humor
    hat Beethoven ihn gehabt?
    in sich getragen
    wie Lennie, fast bis auf die Bahren?
    Joseph,
    der Vielseitigkeit fröhnten
    Ludwig und der Bernstein stets
    "immer nur ich,
    DAS geht mir auf den Keks"
    höre ich den Lennie klagen.
    Meister und Diener
    würden hoffentlich nicht
    vor der Einseitigkeit
    Deiner Wahl
    VERZAGEN


    Gruß...................."Titan"


  • Als FAN! nicht als Kenner (der ich sowieso nicht bin!!) würde ich
    dagegen halten: Klemp!
    1. 1970 Bonn, ne andre hab ich nicht außer im Studio!
    2. 1957 London
    3. 1954 Köln oder 1970 Bonn oder 1963 Wien
    4. 1968 München oder 1957 London
    5. 1957 London oder 1968 Wien
    6. 1964 Berlin oder 1956 Amsterdam
    7. 1951 Amsterdam oder 1955 Hamburg
    8. 1956 Amsterdam oder 1963 London
    9. 1956 Amsterdam oder 1957 London (Klemp 64 ist MÜLL!!) Fu 1942 ist auch dabei!


    Allesamt Liveaufnahmen, die mit Lennie locker mithalten können!


    Da ich aber nur Liebhaber=Fan bin, weiß ich dass diese Auswahl, so schön sie auch ist, keinen Bestand haben wird.
    Von den 9. aus Amsterdam/London mal abgesehen. :jubel:


    Und deshalb gilt das oben von mir Geschriebene: Keine echte Ordnung, keine echten Favoriten, nur Approximationen. Alles im Fluss.


    Gruß S.

  • Lieber s.bummer,


    interessante Empfehlungen.


    Aber warum ist Klemperer 1964 "Müll"? Die Solisten, allen voran Haefliger, sind toll. Ist Klemperer Deines Erachtens soviel schlechter als wenige Jahre davor? Ich finde immer diese Extreme etwas überzogen. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hi,
    gerne gebe ich die Antwort:
    1957 und 1956 sind besser in der
    a) Klangqualität (1956 nur knapp!)
    b) Behandlung des Orchesters hinsichtlich Dynamik und Flexibilität.
    Was mich stört 1964 ist die beginnende Starre der Interpretation.


    Ich bin ein Riesenfan von Klemp!, doch muss ich zugestehen, dass er nach 1963 nur sporadisch so gut war wie in seiner besten auf Tonträger dokumentierten Zeit 1954 - 1957.


    Und in der 9. von 1964 beginnen die Tempomodifikationen steif zu werden und die Flexibilität gelingt nicht mehr. Es wird ZU monumental, ehern!
    Und das ist nicht das Gewohnte, das ich kenne!
    Auch war er auch während des Konzerts irritiert von den heißen Lampen (Filnm) und all dem Gedöhns (meine eigenen Worte Klemp interpretierend nach Heyworth)


    Es war sein Antrittskonzert mit dem New Philharmonia Orchestra, es wurde gefilmt, und daher gibt es es als Konserve.


    Walter Legge hatte zuvor sein Orchester, das Philharmonia Orchestra aufgelöst, die Musiker ließen sich das nicht bieten und haben sich selbst neu konstituiert, New .. genannt und Klemp zum Ehrendirigenten berufen.
    Insofern ist die Aufnahme von 1964 im wahrsten Sinne historisch. Aber eben nicht künstlerisch.


    Die Aufnahme von 1970 (bei YouTube aktuell zu sehen) gefällt mir besser. Gerade im 1. und 3. Satz. Aber so doll ist die auch nicht.


    Ganz seltsam sind die wunderbaren ganz späten Aufnahmen:
    Die Eroica von 1970 aus Bonn oder die Oxford Sinfonie von Haydn von 1971. Flexibel und wunderbar ausgehört.


    Ich kann Dir die 9. von 1956/1957 nur nachdrücklich empfehlen, und da es Liveaufnahmen sind, geht die Post wirklich ab. Da hast Du nen Eindruck, was Klemp berühmt gemacht hat. 1964 ist er ein Schatten seiner selbst!


    Gruß S.

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  • Hui, da wurde was ausgegraben...


    Ernsthaft? (unmöglich) Na gut.... Ein Versuch:


    2 - 5 - 1 - 3 - 7 - 4 - 8 - 9 - 6


    Der Versuch ist mit dem Tippen schon ungültig und nicht haltbar.


    Die Neunte rangiert mit den Sätzen 1-3 weiter vorne; Satz 4 ist eigentlich ein Unding, eine Zumutung; komplett also kein vorderer Rang.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Vergleiche ich mit dem, was ich vor 13 (!!!) Jahren schrieb, hat sich mein Topfavorit nicht verändert, wohl aber etwas Bewegung im Rest:


    5 - 7 - 9 - 4 - 2 - 8 - 6 - 3 - 1


    Die Fünfte geht eigentlich immer, was im Prinzip für die Siebte genauso gilt. Bei der Neunten braucht es schon mehr Muße und Konzentration, gilt es ja über eine Stunde durchzuhalten. Vierte, Zweite und Achte liebe ich gerade deswegen, weil sie nicht ganz so gewichtig daherkommen. Die "Pastorale" höre ich viel seltener, genauso merkwürdigerweise bis heute die "Eroica", wo ich mich immer etwas überwinden muss, sie dann aber ganz genial finde. Der Erstling landet auf dem undankbaren letzten Platz, ohne dass irgendetwas schlecht an ihm wäre.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich hätte nicht gedacht, dass noch mehr Leute die 2. so sehr schätzen... :/

    Naja, ich finde es super :)


    Meine Liste:


    2 - 1 - 5 - 7 - 3 - 6 - 4 - 9 - 8


    Ich mochte schon immer die ersten beiden viel lieber als den Rest, 5, 7, 3 sind schon etwas abgenudelt. Mit der 9. habe ich mich sehr lange sehr schwer getan, mittlerweile kann ich auch Teilen des Finales etwas abgewinnen...


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Ich hätte nicht gedacht, dass noch mehr Leute die 2. so sehr schätzen... :/

    Das war exakt mein Gedanke. Die Zweite ist wirklich unterschätzt und - anders als ich früher glaubte - ein wirklicher Quantensprung auf ihre Art. Die schlechte Presse hat sie wohl durch Furtwänglers persönliche Geringschätzung erhalten (von dem es nur einen einzigen Mitschnitt in grottigem Klang gibt). Heute nenne ich die Zweite sogar die "kleine Eroica". :saint:

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    – Luís de Camões

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    3-9-5-8-7-1-2-4-6

    Missa Solemnis- Messe C-Dur

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Kurios, was es in den Tiefen des Forums für Threads gibt.


    Eine solche Reihung ist eigentlich unmöglich, aber wenn es denn sein muss:


    9 - 7 - 5 - 3 - 6 - 1 - 4 - 2 - 8

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • So, nun nochmal mit Text:


    Jede ist genial, und modellhaft anders, sie zueinander zu gewichten ist deshalb eine Frechheit, eigentlich. Aber auch ein kindischer Spaß! :-)


    meine Reihung ist: 2,6,4,3,7,1,8,9,5


    Die Zweite ist schon 100% Beethoven und der zweite Satz der schönste 2. Satz Beethovens für mich. Die Rhythmik und Dynamik und die Melodien dieser Symphonie sind einfach klasse, damals unerreicht und auch von Beethoven nicht mehr getoppt. Lt. Harry Goldschmidt (1975), einem Musikkritiker, den ich mal hier hervorkrame, soll sie als verdecktes Programm nichts Geringeres als Mozarts Zauberflöte enthalten, was Goldschmidt sowohl biographisch als auch anhand der Oper selbst glaubt nachzuweisen. Wie auch immer, sie hat das, was mir bei Mozart immer etwas gefehlt hat.


    Die 6. ist ein Wunder, denn sie ist tatsächlich ein Naturerlebnis, das mittels eines Kulturproduktes vermittelt wird, unglaublich.


    Die Vierte soll am Leonore Thema (erster Satz Struktur einer vierten Leonore Ouverture lt. schon wieder der einsam interpretierende Harry G.) sich orientieren oder als Thema die Liebe zu einer Frau haben.


    Damit sind die ersten 3 Plätze schon allein wegen der positiven Themen, die behandelt werden, für mich fest.


    Eigentlich müßte nun die 8. kommen, die zum Thema Zeit und Rhythmus und die witzige Auseinandersetzung damit haben soll, aber da ich den Witz kaum kapiere, ist sie für mich nur als Musik einfach schön.


    Die 3. und 7. sind staatstragende Symphonien und natürlich haben sie die stärksten Themen überhaupt.


    Die Erste ist wunderschöne Klassik und frisch und voller Einfälle.


    Die Neunte ist für mich ein Spannungsbogen mit der gesamten Menschheitsproblematik, schwere Kost und größte Kunst...FReude empfinde ich da aber nie beim Anhören, leider - vielleicht ja sogar Thema verfehlt aber doch grandios - selbstverständlich!


    Die 5. ist perfekt, vielleicht die beste Symphonie ever, aber leider für meine Ohren fast schon totgenudelt bereits, aber dafür kann ja die Musik nix.

  • Im Prinzip schätze ich alle Beethoven - Sinfonien gleichermaßen hoch ein ... daran hat sich in den 18 Jahren wo ich meine erste Reihung abgegeben habe auch nichts geändert: die Alte von 2005:

    5 - 3 - 7 - 9 - 4 - 8 - 6 - 2 - 1.

    Es gibt keinen anderen Komponisten, von dem sich bis heute so viel GA der Sinfonien angesammelt haben (Schostakowitsch wäre der Nächste).


    *** Meine Liste würde heute so aussehen: 5 - 3 - 7 - 9 (nur auf die ersten drei Sätze bezogen) - 4 - 2 - 8 - 1 - 6


    Das soll nicht heißen, dass ich die Pastorale in irgend einer Form gering schätze ... aber die höre ich ohnehin fast nur noch mit Karajan (DG, 80er) ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es gibt keinen anderen Komponisten, von dem sich bis heute so viel GA der Sinfonien angesammelt haben (Schostakowitsch wäre der Nächste).

    Das soll nicht heißen, dass ich die Pastorale in irgend einer Form gering schätze ... aber die höre ich ohnehin fast nur noch mit Karajan (DG, 80er) ...

    Das ist bei mir auch so, was die GA betrifft. Und jetzt reichts auch. Die Pastorale ist eigentlich ein singuläres Werk, das ich gerne in bestimmten Stimmungssituationen höre, allerdings dann nicht mit Karajan. Der ist mir zu schnell. Dann besser Barenboim oder Otmar Suitner.

    Ein Ranking der Beethoven-Sinfonien hier zu nennen, finde ich etwas problematisch, hat sich doch in Beethovens Schaffen eine künstlerische Entwicklung vollzogen, die schwer zu bewerten ist.

    Na gut, fangen wir an.


    3 - 9- 7 - 5 - 8 - 6- 4 - 2 - 1


    Ich weiß nicht, was das bringen soll.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

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    LG :hello:

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  • Ich habe die vielleicht seltsame Einstellung, dass ich die ungeraden Nummern bei Beethoven mehr schätze als die geraden. 2, 4, und 8 höre ich so gut wie nie, kenne sie auch kaum. Bei dieser Einteilung ist allerdings die 6., die Pastorale, eine Ausnahme; sie gehört mit Brahms' 2., Schumanns 4., Mendelssohns 4. und Mahlers 4. zu meinen besonders geliebten Sinfonien, die ich immer hören kann. Allerdings: mein Lieblingssinfonienkomponist ist Joseph Haydn, hier speziell die 40er (Sturm und Drang). Vielleicht macht einer von euch mal ein Thema, ob es für Taminos die eine Sinfonie gibt, die so etwas wie der beste Freund, die beste Freundin ist, einen immer treu begleitet und derer man nicht müde wird. Bei mir ist das Haydn 44 (die Trauersinfonie, allerdings nur in HIP-Form, also Hogwood, Gardiner etc).

    P.S. Nachdem ich mich hier umgesehen habe, gibt es doch einen Trend zur Bevorzugung der ungeraden Nummern.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Die Neunte rangiert mit den Sätzen 1-3 weiter vorne; Satz 4 ist eigentlich ein Unding, eine Zumutung; komplett also kein vorderer Rang.

    Du hast Glück, dass du sowas heute schreibst und nicht, wie ich, vor einigen Jahren. Da hatte ich auch die Sätze 1-3 als genial bewertet und den 4. Satz verworfen. Da brach ein Shitstorm los, obwohl ich noch gar nicht wusste, was das ist. Es gipfelte in einem Statement, man man solche Dissidenten wie mich hier im Forum eigentlich nicht dulden sollte. Ein anderes "Argument" war, dass es einmal im Jahr in Japan eine Neunte gab, an der 10.000 Sänger mitwirkten. Dabei muss ich sagen, dass ich die Musik nicht so schlecht finde, aber als Sänger und Verfechter von Chormusik finde ich, dass sie für Chor nicht gut komponiert ist. Daher würde ich als Dirigent den Chor durch ein zweites Orchester ersetzen (macht ja eh keiner). Die Solistenpartien würde ich allerdings komplett entfernen. Auch die anderen Chorwerke (Missa solemnis, Schlusschor Fidelio und Chorfantasie) schätze ich nicht, obwohl ich weiß, dass das wahrscheinlich ungerecht ist, mindestens für die Missa solemnis. Die würde ich gerne mal live hören, aber das ist hier in der Rhein-Ruhr-Schiene in den letzten Jahren nicht angeboten worden.

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  • Kurios, was es in den Tiefen des Forums für Threads gibt.


    Eine solche Reihung ist eigentlich unmöglich, aber wenn es denn sein muss:


    9 - 7 - 5 - 3 - 6 - 1 - 4 - 2 - 8

    Auch Kollege Symbol hat diese Reihung. Meine einzige Änderung wäre Satz 4 der Neunten.

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  • Keine Rangierung


    Warum?


    Es sind alle beethovenschen Sinfonien unvergleichlich.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • da sie alle 9 modellhaft-bedeutsam und sehr unterschiedlich sind, ist es tatsächlich fast sinnfrei, eine Reihung vorzunehmen; allerdings geht es ja hier nicht um eine allgemeine Bedeutung und Rangstellung, sondern die ganz persönliche Lieblingsreihung, welche man besonders "mag". Ich bin mir sicher, daß mehr als 80% der Posts hier so gemeint sind und diese Mehrheit alle einzelnen Symphonien für musikgeschichtlich und kompositorisch, also qualitativ, trotz der vorgestellten Rangfolge, auch für ähnlich bedeutsam halten.

  • Ein Ranking ist für mich auch unmöglich :S.


    Jede für sich genommen ist IMO unwiderstehlich, sehe ich ähnlich wie moderato .


    Zur Zeit ist es 4. & 3. die meine größte Aufmerksamkeit genießen.

  • 9,

    3,

    7, 5,

    8, 4,

    2, 6,

    1

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich muss jetzt aber doch mal nachhaken, und bitte darum, dass mir einer die Qualitäten der 8. erklärt. Hier landet sie bestenfalls im Mittelfeld, meist aber im Tabellenkeller und ganz oft als letzte!

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Ich muss jetzt aber doch mal nachhaken, und bitte darum, dass mir einer die Qualitäten der 8. erklärt. Hier landet sie bestenfalls im Mittelfeld, meist aber im Tabellenkeller und ganz oft als letzte!


    Die 8. ist natürlich wie alle Beethoven-Sinfonien ein Stück höchster Qualität. Meine Vermutung, warum sie tendenziell etwas untergeht, ist ihre Platzierung zwischen den sehr populären Nr. 7 und 9. Ähnlich scheint es mir bei der 4. gelagert zu sein, die etwas am Schatten der übermächtigen Nr. 3 und 5 leidet.


    LG :hello:

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  • Die 8. ist quasi ein gigantischer "Witz", zugleich noch eine klassische, aber beinahe schon eine neoklassizistische Sinfonie. Zwar finden sich in Beethovens Klavier- und Kammermusikwerk auch ein paar Stücke, die beinahe auf jedes Pathos verzichten, aber die 8. ist ein Extremfall, sie treibt alles auf die Spitze (was dann doch wieder "typisch Beethoven" ist).

    Kein langsamer Satz, dafür ein Menuett, das zwischen rhythmischer Verwirrung und Parodie auf ein "altmodisches" Menuett oszilliert. Ein angesichts der Gesamtlänge übergewichtiges Finale, in der der polternde Humor mitunter in den tobenden Wahnwitz zu rutschen scheint (und solche Passagen gibt es auch in der Durchführung des Kopfsatzes).

    Es ist auf seine Art ein extremes Werk, das sicher schon damals Erwartungen enttäuscht hat.

    Die 4. besitzt immerhin den normalen Umfang einer Sinfonie und einen gewichtigen langsamen Satz; klar, sie steht etwas im Schatten der Nachbarn, aber sie passt gut zu anderen eher lyrischen Werken aus derselben Zeit (Violinkonzert, 4. Klavierkonzert etc.).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich muss jetzt aber doch mal nachhaken, und bitte darum, dass mir einer die Qualitäten der 8. erklärt. Hier landet sie bestenfalls im Mittelfeld, meist aber im Tabellenkeller und ganz oft als letzte!

    Gleichfalls und anders herum: was führt sie bei Dir ins Mittelfeld oder in den Keller, gar an den letzten Platz?

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Du hast Glück, dass du sowas heute schreibst und nicht, wie ich, vor einigen Jahren. Da hatte ich auch die Sätze 1-3 als genial bewertet und den 4. Satz verworfen. Da brach ein Shitstorm los, obwohl ich noch gar nicht wusste, was das ist. Es gipfelte in einem Statement, man man solche Dissidenten wie mich hier im Forum eigentlich nicht dulden sollte. Ein anderes "Argument" war, dass es einmal im Jahr in Japan eine Neunte gab, an der 10.000 Sänger mitwirkten. Dabei muss ich sagen, dass ich die Musik nicht so schlecht finde, aber als Sänger und Verfechter von Chormusik finde ich, dass sie für Chor nicht gut komponiert ist. Daher würde ich als Dirigent den Chor durch ein zweites Orchester ersetzen (macht ja eh keiner). Die Solistenpartien würde ich allerdings komplett entfernen. Auch die anderen Chorwerke (Missa solemnis, Schlusschor Fidelio und Chorfantasie) schätze ich nicht, obwohl ich weiß, dass das wahrscheinlich ungerecht ist, mindestens für die Missa solemnis. Die würde ich gerne mal live hören, aber das ist hier in der Rhein-Ruhr-Schiene in den letzten Jahren nicht angeboten worden.

    Mir geht es auch so. Wäre schön, wenn das mal ein Dirigent machten würde - wird aber wohl nicht passieren. Obwohl - ich habe mich an den 4. Satz gewöhnt, aber lieben muss ich ihn ja nicht. Missa Solemnis nehme ich aus - seit ich die Gardiner Aufnahme kenne. Vorher stand die Messe wie eine undurchdringliche Wand vor mir.


    Kalli

  • Hat Beethoven nicht mal trotzig gemeint, die Achte sei sowieso besser als die schon damals allseits bewunderte Siebte? Ob man soweit gehen muss, weiß ich zwar nicht, allerdings hat Johannes Roehl es ja etwas weiter oben schon sehr gut dargestellt, was die Achte ausmacht und man ihr insofern durchaus den Status eines Meisterwerkes zubilligen kann.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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