Sinn oder Unsinn - Regietheater

  • Wenn man sich nur eine Szene anschaut, ist das doch genauso, als wenn. man sich Bilder aus der Zeitung oder Internet anschaut und dann sein Urteil ùber die gesamte Regie fãllt.

    Mag sein. Aber - und ich wiederhole mich abermals - die Mediatheken eröffnen heutzutage den kompletten Überblick bzgl. Opernproduktionen (jüngst etwa der "Ring" aus Berlin und die "Meistersinger" aus Wien). Von daher ist ein Urteil über die gesamte Regie und das ganze Bühnenbild durchaus legitim.

    »Finis coronat opus.« (Das Ende krönt das Werk.) – Ovid

  • Wenn man sich nur eine Szene anschaut, ist das doch genauso, als wenn. man sich Bilder aus der Zeitung oder Internet anschaut und dann sein Urteil ùber die gesamte Regie fãllt.

    Das mag sein. Ich fälle auch kein Urteil, und schon gar nicht über das ganze. Ich habe eine sehr konkrete Frage zu dieser Szene gestellt. Das kann doch nicht falsch sein. Wenn mir jemand einen Satz sagt, den ich nicht verstehe, weil er undeutlich spricht, kann ich wohl sagen, dass er diesen Satz undeutlich ausgesprochen hat, ohne seine ganze Rede zu kennen und ohne dass dies eine Bewertung der ganzen Rede wäre. (Allerdings kann ich selbstverständlich sagen, dass seine Rede, wenn er durchgehend so undeutlich spricht, nicht als gelungen bezeichnet werden kann. Aber das geht deutlich über die Frage nach diesem einen Satz hinaus, steht hier also nicht zur Debatte.)

    ...denn Wissenschaft hätte, worauf schon Simmel hingewiesen hat, überall nur die Aufgabe, Gesetze zu finden, nicht Gesetze zu geben. Das gilt für die Ästhetik wie für die Moral.

    Fritz Mauthner

  • Ich finde auch, dass sich die Handlung in einer Szene erschließen muss, ohne dass man irgendwo nachliest, was da jetzt gerade passiert. Idealerweise sollte sie auch ein Besucher verstehen, der die Oper zum ersten Mal sieht. Zu Beginn des 3. Akts der "Walküre" weiß man aus dem 2. Akt, dass Walküren Wotans Töchter sind, dass sie kampfeslustig sind und die Aufgabe haben, tote Helden auf dem Schlachtfeld aufzusammeln und nach Walhall zu bringen, wo sie offenbar wiedererweckt werden, um dann als Wotans Armee die Götter gegen Feinde zu verteidigen. Ebenso weiß man, dass die Walküren auf Pferden unterwegs sind. Und auch die Opernbesucher mit nur minimalem Wissen über nordische Mythologie werden wahrscheinlich schon einmal gehört haben, dass es geflügelte Pferde sind, auf denen die Walküren durch die Luft reiten. Was sieht nun ein Opernbesucher mit diesem Wissen in der Szene, so wie sie Robert Lepage inszeniert hat? Frauen in Rüstung setzen sich auf das obere Ende der Rutschen, nehmen daran befestigte Zügel in die Hand, worauf sich die Rutschen auf und ab zu bewegen beginnen. Die Bewegung ist derart, dass ich sofort an das Auf- und Ab auf dem Rücken von Pferden gedacht habe. Auch wenn man die Oper das erste Mal sieht, ist wohl für so ziemlich jeden klar, dass die Damen reiten, und da sie eine Rüstung tragen und ihr Erscheinungsbild wahrscheinlich an das der Brünnhilde im 2. Akt erinnert, dürfte man schnell erkennen, dass das die Walküren sind. Nach und nach gleiten diese dann die Rutschen herunter, was man ohne allzu viel Phantasie als Absteigen von ihren Rössern deuten wird. Danach hören die Rutschen mit ihren Bewegungen auf, auch das ist stimmig, denn nun reitet darauf ja niemand mehr. Für mich ist in diesem Teil der Szene also völlig klar, wer da was macht. Ich finde die Umsetzung des Heranreitens der Walküren sogar recht gelungen, wenn man denn unbedingt das Reiten darstellen will. Danach wird es allerdings problematischer, da teile ich die Kritik von Werner Hintze. Die Walküren haben ein Bündel dabei, in das sie auf der Bühne herumliegende Knochen einpacken, welche irgendwie zusammenhängen. Das passt zum einen nicht damit zusammen, dass die gefallenen Helden von den Walküren von den Schlachtfeldern zum Walkürenfelsen mitgebracht werden und über deren Sätteln hängen sollen. Aber ich gehöre nicht zu denen, die eine vollständige Passung zwischen Libretto und Bühnengeschehen fordern. Allerdings sollte das Bühnengeschehen Sinn machen, und das macht es in diesem Punkt nicht. Wir sind seit "Game of Thrones" daran gewöhnt, dass halb verweste Leichen wiedererweckt werden. Aber im Kontext der Walküren-Handlung macht es keinen Sinn, dass diese sich irgendwo versammeln, wo bereits Knochengerüste herumliegen, die von ihnen dann zusammengeklaubt und verpackt werden. Wie kommen die dorthin? Warum liegen sie so lange dort, dass nur noch die Knochen übrig sind? Werner hat die Fragen alle schon gestellt, die hier offen bleiben.


    Über die Personenregie könnte man auch reden: Wie bewegen sich die Walküren auf der Bühne? Blicken sie die Personen an, mit denen sie reden?


    Ich hasse übrigens die Unart insbesondere in der Met, beim Öffnen des Vorhangs zu applaudieren.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Der Ritt der Walküre findet nach getaner Arbeit, dem Einsammeln der toten Helden, statt. Das steht zumindest im Text und ist auch so im Gesang zu hören. Die Toten sind am Ende des Rates bereits eingesammelt.


    WALTRAUTE

    hineinrufend

    Wer hängt dir im Sattel?

    HELMWIGE

    aus dem Tann auftretend

    Sintolt, der Hegeling!

    SCHWERTLEITE

    Führ' deinen Brauen fort von der Grauen:

    Ortlindes Mähre trägt Wittig, den Irming!


    In der Met-Inszenierung hingegen findet der Ritt anscheinend vor dem Arbeitseinsatz statt, denn die Damen fangen erst nach dem Ritt mit dem Einsammeln einzelner Körperteile ein, was nicht mehr so richtig zum Text passt.

    Der Regisseur hat erheblich gepatzt bei dieser Szene.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Der Regisseur hat erheblich gepatzt bei dieser Szene.

    Gut zu wissen. Wenn das bereits Patzerei ist, was ist dann das, was an der Berliner Staatsoper läuft?


    walkurer7ccd.jpg


    Von Ross und Reiter keine Spur.

    »Finis coronat opus.« (Das Ende krönt das Werk.) – Ovid

  • Das ist nun wieder etwas ganz anderes. Ist es nicht möglich, wenigstens einmal fünf Minuten beim Thema zu bleiben?

    ...denn Wissenschaft hätte, worauf schon Simmel hingewiesen hat, überall nur die Aufgabe, Gesetze zu finden, nicht Gesetze zu geben. Das gilt für die Ästhetik wie für die Moral.

    Fritz Mauthner

  • Der Regisseur hat erheblich gepatzt bei dieser Szene.

    Das kann durchaus sein. Aber ich glaube nicht, dass der Patzer darin darin liegt, dass die Aktion nicht dem Libretto entspricht. Das Problem ist, dass die Aktion so wenig artikuliert ist, dass die Frage nach dem Verhältnis dieser Aktion zum Text gar nicht erst in Betracht kommt.


    Der diffuse Eindruck kommt schon daher, dass die Darstellung einen starken Stilbruch enthält. Der Anfang mit den Damen, die auf einer Wippe sitzen, die ein Pferd sein könnte, ist eine starke Stilisierung. Den ersten (kleineren Bruch) gibt es, wenn die Pferde plötzlich und unmotiviert zu Rutschbahnen werden. Noch stärker wird der Bruch aber, wenn die Damen unten sind und nun mit diesen ganz naturalistisch gemachten Knochen herumspielen. Dieser externe Bruch wird durch nichts begründet oder vermittelt, er steht auch nicht im Dienst der Erzählung, sondern findet einfach statt. Das ist aber fatal für die ganze Szene und ein wirklicher handwerklicher Fehler, der nicht zu tolerieren ist.

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    Fritz Mauthner

  • Ja, natürlich. Es gibt vielleicht deutlich mehr, wo eher gedankenlos drauslosgespielt wird, aber jedenfalls genug, an denen man sehen kann, was gemeint ist.

    Vielen Dank. Ich war so frei und habe den Link von Joseph II. genutzt, um mir die analoge Stelle der Berliner Aufführung anzusehen, die er oben mit Bild noch einmal zeigte. Ich glaube langsam zu verstehen.



    Ich finde auch, dass sich die Handlung in einer Szene erschließen muss, ohne dass man irgendwo nachliest, was da jetzt gerade passiert. Idealerweise sollte sie auch ein Besucher verstehen, der die Oper zum ersten Mal sieht.


    Bei der Berliner Inszenierung war ich die ganze Zeit über gefangen .... Ich bin allerdings auch kein "Wagnerianer". Vorher hatte ich noch einmal die Aufführung der Szene in der Met angesehen. Das Reiten finde ich weiterhin hervorragend (Es ist allerdings auch sehr aufwändig und ein wenig futuristisch) Die Kostüme passen immer noch nicht. Die Handlung nach dem Absteigen von "was auch immer" ist allerdings wirklich seltsam. (Ich musste es mir dafür aber dreimal ansehen!) Dieses dauernde Ins-Publikum-Zeigen, wenn eigentlich auf ein Geschehen im Hintergrund verwiesen wird, ist auch seltsam und trägt zur Verständnis der Handlung an sich wenig bei. Ist es vielleicht ein akustisches Problem der Bühne, warum alle Walküren ins Publikum singen, während Brünnhilde im Hintergrund auftaucht? Übrigens Brünnhildes Auftritt an sich ist wieder sehr reizvoll.


    Der Gesang ist selbstverständlich absolut hochkarätig!


    Je häufiger ich sie sehe, erinnert mich diese Szene, natürlich viel schicker aufgemacht, an so manche Oper, die ich früher gesehen habe. Da war das Libretto unumgänglich und das Theaterspiel tatsächlich bodenlos langweilig. (Ich beurteile selbstverständlich nur diese Szene hier!) Wahrscheinlich könnte man in einem diesem Fall wirklich auf den ganzen Putz verzichten und die Sänger frontal singen lassen ...


    Die Berliner Aufführung finde ich richtig überzeugend (Die Sängerinnen sind vielleicht nicht ganz so gut?) Es passiert etwas auf der Bühne, was durch den sehr gut artikulierten Gesang hervorragend unterstützt wird. Platt gesagt: "Die Action packt ....". Ich war gebannt .... (Übrigens die Idee, die "Helden" mit einer digitalen Akte zu zeigen, finde ich auch hervorragend und spannend :) )...


    Ob ich jetzt eine vierstündige Oper durchhalte, also die Inszenierung mich so lange am Ball halten kann, weiß ich natürlich nicht.


    Es schließen sich für mich trotzdem noch Fragen an.


    Met: Wir haben ja über die Bewegung mit dem Gerüst und den Walküren schon einen stark abstrahierenden Zugang zum Bühnengeschehen, der irgendwie durch das konkrete Knochengewurstel konterkariert wird. Wäre die Inszenierung an dieser Stelle abstrakt geblieben mit ästhetisch ansprechender Aktion auf der Bühne, hätte diese Szene (es geht ja eigentlich nur bis zu Brünnhildes Auftritt) auch ohne eigentliches Narrativ faszinieren können. Kann es sein, dass die nicht verstehbare Konkretheit den zweiten Teil vermasselt?


    Diese Probleme hat die Berliner Inszenierung nicht. Ganz im Gegenteil wird so gut gespielt (darstellerisch), dass man sogar ohne den Akt vorher gesehen zu haben, gebannt ist.


    Ich komme aber irgendwie auf die Möglichkeiten der Sänger zurück. Können die metropolitischen Damen das eventuell nicht darstellen (Ich kenne auch die akustischen verhältnisse des Opernhauses nicht) und man wählte eben diesen Kompromiss oder ist es nur ein Fehler der Regie? Wie weit reichen die Stimmen, wenn die Sänger sich zum Hintergrund wenden?


    Gut zu wissen. Wenn das bereits Patzerei ist, was ist dann das, was an der Berliner Staatsoper läuft?


    walkurer7ccd.jpg


    Von Ross und Reiter keine Spur.

    Der Text funktioniert auch ohne Ross und Reiter erstaunlich gut... Und natürlich haben wir auch in der Met-Inszenierung weder Ross noch Reiter ... Das wären ja dann eher Buffalo Bill und seine Show. ;) Man benötigt ja eigentlich nur das Bild von Ross und Reiterin, um in der Handlung weiterzukommen ...

  • Ohne mir zu sehr auf die Schulter klopfen zu wollen, aber diese Dissonanz innerhalb der Inszenierung habe ich bereits im letzten RT-Thread an welchem ich mich beteiligt habe versucht zu erklären.

    Damals schrieb ich:


    "Dabei möchte ich jedoch anmerken, dass mir die innere Kohärenz bei Opern weit wichtiger ist, als historische Authentizität. Es ist für mich ein bisschen wie mit Trickfilmen: es gibt solche die Handgezeichnet sind (die alten Disneyfilme zum Beispiel) und solche die am Computer 3d animiert wurden (Alles was Disney derzeit an Animationsfilmen produziert). Beide sind schön und gut und können ihre ganz eigenen Probleme und Stärken unabhängig von der Animation haben. Wenn man aber ein 3d Objekt in einen Handgezeichneten Film schlecht integriert, reißt es einen heraus, weil es nicht in dieses Medium, diese Kunstform gehört und man es deswegen bemerkt. Ob die Soldaten in „Carmen“ nun Uniformen aus dem 19. Jh. oder dem spanischen Bürgerkrieg tragen ist mir ehrlich gesagt herzlich wurscht, das würde ich noch nicht mal unter Regietheater fassen. Es würde mich höchstens stören, wenn Don José in einer ansonsten sagen wir 1850ger Kulisse mit einem Cabrio auf die Bühne führe oder sonst wie völlig aus der Zeit fiele."


    Die Ebene des Libretto hineinzunehmen halte ich für nur begrenzt Zielführend. gerade bei Wagner sind einige Alptraumhafte Anweisungen. Ich würde es auch nicht als großen Patzer ansehen, wenn bspw. im Figaro Susannah Cherubino auf einer Harfe statt auf einer Gitarre begleiten würde.

  • Wie weit reichen die Stimmen, wenn die Sänger sich zum Hintergrund wenden?

    Das sind nun schon Detailfragen des Handwerks (die hier eigentlich nicht relevant sind, weil die Probleme viel früher anfangen). Das ist ein weites Feld, wie der alte Briest sagen würde. Dieser Fall ist allerdings einfach:


    Sänger müssen nach vorn singen. Das hat mit der Struktur der Guckkastenbühne zu tun und ist verbindlich. (Eine der wirklichen Verbindlichkeiten, nach denen der ausgewiesene Fachmann für philosophische Ästhetik so eifrig sucht.) Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das ist die Regel. Diese Regel kann man im Wesentlichen auf zwei Arten erfüllen. In der guten alten Zeit reihten sich die Sänger rampenparallel auf und sangen. Gelegentlich wurde das durch ein wenig Gewusel ornamentiert wie in dieser Szene aus der MET), aber das war’s dann auch schon. Dann kamen böse, böse Regisseure und meinten, so ginge das nicht, man müsse doch Theater spielen, und dazu gehöre, dass sich die Figuren ansehen, wenn sie miteinander sprechen. (Richard Wagner gehörte zum Beispiel zu diesen.) Seitdem gehört es zum Handwerk des Regisseurs, die Aktionen so zu organisieren und die Arrangements so einzurichten, dass sich die Teilnehmer an einem Dialog anschauen können, wenn sie zueinander sprechen, und trotzdem nach vorn singen. Das ist natürlich schwierig, wenn der zur Verfügung stehende Raum so flach ist (weil der größte Teil von dieser nur ein paar Sekunden genutzten Installation verbraucht wird), dass die Arrangements nur eine sehr geringe Tiefe haben können. Aber das hat in der Arbeit nicht weiter gestört, weil ohnehin nur die Aufstellung aus der guten alten Zeit mit einigem Gewusel beabsichtigt war. Natürlich kann man auch das besser machen, aber das würde auch nichts ändern, und Applaus gibt es ja auch so, also lohnt die Mühe ja nicht.

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    Fritz Mauthner

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  • weil der größte Teil von dieser nur ein paar Sekunden genutzten Installation verbraucht wird

    Es wäre interessant zu wissen, ob diese Installation noch einen Sinn über die Darstellung des Walkürenritts hinaus hat. Sie könnte zum Beispiel Motive aufnehmen, die in anderen Szenen bereits gezeigt wurden, und damit eine Funktion innerhalb der Konzeption haben, die der gesamten Ring-Inszenierung zugrundeliegt (wenn es denn eine solche gibt). Vielleicht soll ja wirklich gezeigt werden, dass die Walküren hier nur eine Maschinerie bedienen (oder Teil einer solchen sind). Oder das Set könnte auch einfach nur zum Produktionsdesign dieses "Rings" passen (Begriffe aus dem Film, ich weiß nicht, ob es so etwas auch beim Theater gibt). Um das zu beurteilen, müsste man allerdings die ganze Ring-Inszenierung kennen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich halte das für unwahrscheinlich, weil das Publikum offensichtlich überrascht war. Aber selbst wenn diese seltsame Installation durch geht, ändert das nichts an den eklatanten Schwächen der Inszenierung dieser Szene.

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    Fritz Mauthner

  • Wer sind denn die »RT-Künstler«?

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    Fritz Mauthner

  • Die Berliner Aufführung finde ich richtig überzeugend (Die Sängerinnen sind vielleicht nicht ganz so gut?) Es passiert etwas auf der Bühne, was durch den sehr gut artikulierten Gesang hervorragend unterstützt wird. Platt gesagt: "Die Action packt ....". Ich war gebannt .... (Übrigens die Idee, die "Helden" mit einer digitalen Akte zu zeigen, finde ich auch hervorragend und spannend :) )...



    Diese Probleme hat die Berliner Inszenierung nicht. Ganz im Gegenteil wird so gut gespielt (darstellerisch), dass man sogar ohne den Akt vorher gesehen zu haben, gebannt ist.


    Die Szenen im halbrunden Versammlungsraum zählen zu den stärksten im Berliner Tscherniakow-Ring. Es gibt sie im Rheingold, der Walküre und der Götterdämmerung. Diese Bühnenarchitektur stärkt natürlich auch die Stimmen.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Hallo Hans,


    Danke für Deinen Beitrag. Ich war auch ganz überrascht, dass mich Wagner begeistern konnte. Vielleicht wird es ja noch was bei mir :)

  • Ich bin wirklich glücklich über Tamino, dass es mir diese Diskussion hier beschert hat. Denn sie hat mich von der Illusion befreit, die ich leider Gottes viel zu lange hatte, hinter dem Regietheater stecke eine seriöse künstlerische Haltung und ein seriöses ästhetisches Konzept. Jetzt weiß ich, dass dies alles nur der reine Irrsinn ist. Regietheater ist ganz leicht zu begreifen. Man braucht nur diese einfache Erkenntnis von dem Theaterkünstler von heute und was er tut: Umschreibung des Satzes: Es gibt keine Verbindlichkeiten. Meine Unverbindlichkeit ist meine künstlerische Freiheit. Natürlich kommt beim Regietheater ab und zu auch mal etwas Sinnvolles heraus. Ein blindes Huhn findet schließlich auch mal ein Korn. ^^


    Dieser (schon etwas ältere) Beitrag von Holger enthält m. E. zwei Fehlschlüsse.


    Der erste Fehlschluss besteht darin, das sogenannte "Regietheater" als eine Art zusammenhängende ästhetische Strömung oder gar Schule aufzufassen. Hierfür müsste es aber eine gewisse zeitliche und eventuell auch örtliche Kohäsion der ästhetischen Entwicklungen geben, die man zu dieser Richtung zählt - beides ist beim "Regietheater" nicht gegeben (Gegenbeispiele wären etwa die Zweite Wiener Schule, die Darmstädter Avantgarde oder die Gruppe 47).


    Aus diesem ersten Fehlschluss ergibt sich in gewisser Hinsicht der zweite, nämlich die Äußerungen von Werner Hintze als repräsentativ für diese vermeintliche ästhetische Strömung aufzufassen. Das können sie aus den genannten Gründen nicht sein, und ich bin mir sicher, dass Werner diesen Anspruch auch niemals stellen würde.


    Somit können Werners Äußerungen überhaupt nicht über eine "künstlerische Haltung" oder ein "ästhetisches Konzept" einer vermeintlichen künstlerischen Richtung aufklären, so dass auch Holgers Konklusion, er sei hier von einer "Illusion befreit" worden, nicht sinnvoll ist.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Es ist übrigens auch so, dass ich gar keine »künstlerische Haltung« und kein »ästhetisches Konzept« dargelegt habe. Das ist reine Phantasie. Er kann über diese Dinge gar nichts wissen. Er kann lediglich wissen, dass ich seine Konzepte nicht akzeptiere, wenn er ihre »Verbindlichkeit« nicht begründen kann. Wenn er es kann, hat er es jedenfalls bisher nicht getan.

    ...denn Wissenschaft hätte, worauf schon Simmel hingewiesen hat, überall nur die Aufgabe, Gesetze zu finden, nicht Gesetze zu geben. Das gilt für die Ästhetik wie für die Moral.

    Fritz Mauthner

  • Ein Vorschlag von mir.Alfred lädt uns alle nach Wien ein mit Eintrittskarten fùr die Staats oder Volksoper mit einer werkgerechten und RT Inszenierung. Und anschließend wird bei einem Glas Wein darúber friedlich diskutiert :)

  • Ein Vorschlag von mir.Alfred lädt uns alle nach Wien ein mit Eintrittskarten fùr die Staats oder Volksoper mit einer werkgerechten und RT Inszenierung. Und anschließend wird bei einem Glas Wein darúber friedlich diskutiert :)

    Haha - Bester Beitrag bisher!

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • warum sind alle nach dem 9. Januar erstellten Beiträge gelöscht worden?


    Es gab hier Beiträge, die nach dem 9.1. verfasst worden sind? Ich meine nicht.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Ich möchte auf einen Beitrag von Karl zu einem Beitrag von arte hinweisen. Wenn man sich das ansieht, wird einem doch vieles klarer, was Wagner und seine Ideen angeht. Nur der Begriff "Tradition wahren" wird nicht wirklich diskutiert. Das spielt aber für den Beitrag auch nur eine untergeordnete Rolle


    Der Traum vom Gesamtkunstwerk


    Eine zweiteilige Doku auf ARTE, die die Gedankenwelt der ausführenden Künstler sehr gut herausstellt.