Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch (1906 – 1975)
Sinfonie Nr. 4 c-moll op. 43
01. Allegretto poco moderato - Presto - Tempo I
02. Moderato con moto
03. Largo - Allegro
Entstehung: 1932, 1934, 1935 – 1936
Uraufführung: 30.12.1961, Moskau
Ausführende Künstler: Moskauer Philharmoniker, Kirill Kondraschin
Aufführungsdauer: ca. 65 Minuten
Verlag: Edition Sikorski, Hamburg (Taschenpartitur Nr. 2218 )
Orchester:
2 Piccoloflöten
4 Flöten
4 Oboen (4. auch Englischhorn)
1 Klarinette in Es-Dur
4 Klarinetten
1 Bassklarinette
3 Fagotte
1 Kontrafagott
8 Hörner
4 Trompeten
3 Posaunen
2 Tuben
6 Pauken
Große Trommel
Kleine Trommel
2 Becken
Triangel
Holzblock
Kastagnetten
Tamtam (ostasiatischer Metallgong)
Röhrenglocken
Xylophon
Glockenspiel
2 Harfen
Celesta
16 - 20 Erste Violinen
14 - 18 Zweite Violinen
12 - 16 Violen
12 - 16 Violoncelli
10 - 14 Kontrabässe
"Gegenwärtig stehe ich unmittelbar vor dem Beginn der Niederschrift der Vierten Symphonie, die eine Art Credo meiner kompositorischen Tätigkeit sein wird …“
Schostakowitsch 1935
Über das Werk:
Die vierte Symphonie entsteht 1934 in einem Klima der staatlichen Repression, das nach anderen Bereichen von Wissenschaft und Kunst schließlich auch die Musiker erfasst hatte. Ein langjähriger Freund Schostakowitsch, Issac Glikman, schildert in seiner Einleitung zur Edition der Briefe, die Schostakowitsch an ihn gerichtet hat den Moment, als Schostakowitsch im Herbst 1936, ein halbes Jahr nach dem verhängnisvollen Prawda-Artikel, während der Proben an der Vierten zu einem vertraulichen Gespräch geladen wurde, in dem man ihm empfahl, die Symphonie zurück zu ziehen.
Schostakowitsch fühlte sich aufgrund dieser Zensurerlebnisse genötigt, kompositorische Konsequenzen zu ziehen. Später bezeichnet der Komponist seine fünfte Symphonie als „schöpferische Antwort auf eine gerechtfertigte Kritik“.
Die Symphonie ist ein expressionistisches Großwerk von gigantischen Dimensionen. Ihre Ecksätze dauern jeweils circa 28 Minuten und die Besetzung beansprucht über 100 Orchestermusiker (siehe oben). Der erste Satz steht in Sonatensatzform, der zweite ist ein Scherzo, und der dritte kombiniert langsamen Satz mit schnellem Finale. Darüber hinaus führt die Symphonie große Gesten im Stil des 19. Jahrhunderts weiter, mit Tschaikowsky nachempfundenen Emotionen und Pathos. Dennoch ist sie wesensmäßig himmelweit entfernt von jenen Vorlagen, die sie so brillant unterläuft, eine Symphonie ganz im Geist des 20. Jahrhunderts.
Bei aller Bemühung um formale Durchdringung bleibt der Eindruck einer gewissen Episodenhaftigkeit der Musik. Bruitistische Klangexplosionen stehen neben lang gezogenen Inseln der Ruhe, wobei beide oftmals von extrem langen Ostinati durchzogen werden. Höhepunkt dieses Zuges in große zeitliche Dimensionen stellt der doppelte Schluss der Sinfonie dar: der triumphierende Ton des Codabeginns verdunkelt sich, um einem noch viel längeren Pianissimo-Schluss Platz zu machen, der unendlich langsam verklingt.
Die Vierte kann als fremd gesteuerter Abschluss avantgardistischer Tendenzen in seinem frühen Schaffen gelten, an die der Komponist erst in der nachstalinistischen Ära in seinem Spätwerk wieder anzuknüpfen wagt.
Empfohlene Einspielung:
An dieser Stelle möchte ich nur eine Einspielung erwähnen und hoffe darauf, dass andere ihre favorisierten Aufnahmen vorstellen.
London Philharmonic Orchestra
Bernard Haitink
Decca
Dauer: 67'42
Davidoff