Sagitt meint:
Eben ging ein Konzert mit Concerto Cölln zu Ende, dessen letztes Werk die sog. Chorfantasie op. 80 von Beethoven war ( der Pianist, dies nebenbei , hat das Werk wohl ein wenig unterschätzt,wie anders sollten seine Fehlgriffe erklärt werden?) Dies gibt mir Anlaß, einen neuen thread zu eröffnen.
Die erste Frage, verdient die Chorfantasie überhaupt einen eigenen thread ?Ist es nicht ein banales Nebenwerk der großen Beethoven ? Als Füllsel zu einem Mammutkonzert im Dezember 1808, von ihm selbst vorgetragen ( die Noten waren gar nicht komplett, es war sein letzter öffentlicher Auftritt als Pianist). Nur eine Vorstudie zur neunten Sinfonie ? Auf einer gleichen Stufe wie Wellingtons Sieg ( Beethovens erfolgreichstes Werk zu seinen Lebzeiten)
Würde ich Gould gegenübertreten, würde er mich auslachen, seine These von der Primitivität Beethovens bestätigt sehen.
In der Tat ist das Werk ziemlich plakativ. In Abwandlung eines klassischen Zitats: edle Einfalt, laute Größe.
Ich muss gestehen, ich habe dieses Werk immer gemocht. Erstmals 1963 beim Beethovenfest in Bonn mit Hans Richter Haaser gehört,sofort begeistert gewesen, sofort die damals einzige Aufnahme mit eben diesem Pianisten gekauft ( ich glaube, er wurde von Böhm begleitet, das aber weiss ich nicht mehr). Im Laufe der Jahnzehnte dann doch sehr viele Aufnahmen erworben. Auch heute lasse ich immer wieder davon begeistern. Es ist eine Musik, die einfach begeistert.
Ich hatte eine wunderbar gespielte Aufnahme mit Andor Foldes ( ein Anschlag, wovon Pianisten in der Regel nur träumen) mit Fritz Lehmann, eine sehr verrauschte aus Russland- melodyia- mit Slawa Richter,eine wilde mit Bernstein und Serkin, eine klassische mit Pollini und Abbado, eine orchestral sehr gute mit Norrington und Melvyn Tan.
Besonders schätze ich eine Aufnahme mit Barenboim mit den Berlinern aus dem vorigen Jahr. Er dirigiert auch und entfaltet ein Feuer. Man sieht, wie die Berliner mitgehen, wie die Sängern von seinem Feuer entfacht sind. Barenboim spielt virtuos und nutzt jede Minisekunde,um noch Zeichen als Dirigent zu geben.
Es sind Sänger dabei, mal Solisten, mal chorisch ( heute der bekannte Chor accentus), aber eigentlich geht es um Orchester und Pianisten.
Wer einen hymnischen Beethoven schätzt, kann an diesem Werk nicht vorbeigehen.