Arthur Honegger - ein "Handwerker"

  • Ich habe zwar einiges an Honeggers Orchestermusik herumstehen, bin aber noch nicht wirklich dazu gekommen es in Ruhe anzuhören.


    Erwähnen möchte ich eine CD mit ihm selbst als Dirigent:


    Pearl GEMM CD 9459 - Pacific 231, Rugby, Pastorale d'Été, Prélude aus La Tempête
    (+ 4 Werke von Milhaud geschrieben und dirigiert)
    Die Aufnahmen sind von 1929 und 1930 und haben Referenzcharakter.


    Meine am häufigsten gespielte Honegger-CD sind seine Klavierwerke, vor allem "Toccata et Variations" von 1916 - das erste Thema erinnert mich an etwas, seit Jahren zermartere ich mir das Hirn und bekomme es nicht raus ....
    Die niederländische Pianistin Annette Middelbeek hat alles für Klavier solo 1991 für Koch Schwann aufgenommen, leider vergriffen, aber sehr zu empfehlen.

  • Hallo Ralf,


    vielen Dank auch von mir für Deinen großartigen Beitrag zu Honeggers Bühnenoratorium 'Jeanne d' Arc au Bûcher', das ich bisher ein eiziges Mal als konzertante Auffürung erleben durfte.
    Und ich kann mich bezüglich der ARTE-Dokumentation Michael nur anschließen, daß es sich auf jeden Fall lohnt, das hoch beeindruckende Meisterwerk auf diesem Wege kennenzulernen. :yes:


    Eine Einspielung, die sich zwar noch nicht in meiner Sammlung befindet, die ich jedoch durch einige bei Klingsor gewonnene Höreindrücke nur empfehlen kann, ist diese:


    Arthur Honegger (1892-1955):
    Jeanne d' Arc au Bûcher (Johanna auf dem Scheiterhaufen) -
    Bühnenoratorium in 11 Szenen 1934/35
    John Aler, Georges Wilson, Michele Command, Francoise Pollet, Pierre-Marie Escourrou, Marthe Keller, Paola Lanzi, Jean-Philippe Courtis, Nathalie Stutzmann
    Choeur de Radio France, Orchestre National de France, Seiji Ozawa
    DG, 1989, 1 CD



    :hello:
    Johannes

  • An dieser Stelle möchte ich auch gerne die Filmmusiken von Arthur Honegger erwähnt wissen:


    La Roue (1922)


    Napoleon (1926-27)


    Les Miserables (1933-34)


    L'Idee (1934)


    Le Capitaine Fracasse (1934)


    Mermoz (1934)


    Rapt (1934)


    Crime et Chatiment (1935)


    Crime et Châtiment (1935)


    L'Equipage ou Celle que j'aime (1935)


    Mayerling (1936)


    Les Mutinés de L'Elseneur (1936)


    Nitchevo ou L'Agonie du sous-marin (1936)


    Mademoiselle Docteur (Salonique nid d'espions) (1936-37)


    Regain (1937)


    La Citadelle du Silence (1937)


    Liberté (1937)


    Miarka, la fille à l'ourse (1937)


    Marthe Richard au service de la France (1937)


    Le Demon de L'Himalaya


    Farinet ou L'Or dans la Montagne (1938 )


    Le Deserteur ou Je t'attenrai


    Le Grand Barrage


    De l'Atlantique au Pacifique


    Le Journal tombe à 5 heures (1942)


    Secrets (1942)


    Callisto ou La Petite Nymphe de Diane (1943)


    Un Seul Amour (1943)


    Un Ami viendra ce soir (1945)


    Les Démons de l'aube (1945-46)


    Un Revenant (1946)


    Bourdelle (1950)


    Paul Claudel (1951)


    _________________________________________________


    Naxos bietet eine kleine Auswahl an Filmpartituren auf CD an.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Johannes,
    die Ozawa-Aufnahme der "Jeanne" ist sicherlich nicht übel, aber sie ist meiner Meinung nach nicht die beste aller Möglichkeiten. Das beginnt mit Vorbehalten gegen Marthe Kellers "erotische" Jeanne und endet bei Ozawas Dirigat, in dem ich Differenzierung und Leidenschaft vermisse. Aus diesem Grund bitte ich, zumindest für ein Testhören, folgenden Aufnahmen eine Chance zu geben:

    Baudo und die Prager übertreffen Ozawa für mein Empfinden, weil sie die Holzschnitthaftigkeit nicht überbetonen, sondern stilisieren und dadurch Raum für direkte Vermittlung von Emotionen lassen. Die Solisten, vor allem die Sprecher, sind zumindest gleichwertig.


    Wer keine Angst vor historischem Mono hat, sollte aber auch diese Aufnahme bedenken:

    Sie wurde zu einer Zeit gemacht, in der das Werk als Ausdruck des Widerstands verstanden wurde. Dementsprechend leidenschaftlich ist die Darbietung. (Vielleicht haben sich deshalb die Tontechniker auch besonders angestrengt - die Qualität ist, bedenkt man die Zeit, atemberaubend.) Abgesehen davon bekommt man einen guten Eindruck von der damaligen pathetischen Deklamation französischer Bühnenschauspieler und beginnt zu begreifen, wie Honegger auf die Idee kommen konnte, die Hauptrollen sprechen zu lassen: Sozusagen wird der musikalisch erfundene Text in Zusammenhang mit der Deklamationsweise zum Gesang, der keine Verdopplung durch Noten braucht.


    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    ganz vielen Dank für Deine Einspielungsempfehlungen. Da ich, wie gesagt, bisher nur die Ozawa-Aufnahme kannte, hatte ich natürlich noch keine Vergleichsmöglichkeiten. Deine Beschreibungen der beiden anderen Interpretationen klingen höchst interessant, so daß ich mir diese auf jeden Fall bei Gelegenheit zu Gemüte führen werde.


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Eine andere interessante Aufnahme wäre natürliche eine DVD einer szenischen Aufführung. Die Produktion aus Montpellier, die in der ARTE-Dokumentation vorgestellt wurde, ist in Frankreich als DVD erhältlich und kann im Internet bestellt werden. Als Lieferant käme die auch deutschen Frankreichreisenden bekannte Medienfirma fnac in Frage. Eine Webanschrift mit der Honegger-DVD wäre
    (bitte Lücken zusammensetzen...)
    ht tp://ww w4.fnac.com/Shelf/article.aspx?PRID=1967847


    Die Dokumentation im TV war ja sehr eindrucksvoll und ließ es auch an religiös-revolutionärem Pathos nicht fehlen. Es war interessant, dass es sich um eine ziemlich historisierende Inszenierung gehandelt hat, weit ab von jeglichen Konzepten des Regietheaters, die bei diesem Werk wunderbar funktioniert hat. Allerdings ist Paul Claudels Text an sich ja auch bereits in gewisser Weise zeitlos und weder eindeutig im Spätmittelalter der Jenne d`Arc noch in der Gegenwart der 1930/40er Jahre anzusiedeln.

  • Im Forum für die klassische Moderne ist in letzter Zeit wenig los - schade.
    Gut, ich höre ja auch gerne :D "anständige Musik", :hello: aber vernachlässigt mir das 20.Jahrhundert nicht.


    Mein Musterbeispiel, wie dermaßen schlecht er in aller Regel war, ist gemeinhin Arthur Honeggers Sinfonie Nr. 3 "Liturgique": wenn man Karajans Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern im Hörvergleich mit der Aufnahme Jewgenij Mrawinskys mit den Leningrader Philharmonikern aus dem Jahr 1965 heranzieht, glaubt man sich wirklich in einem falschen Film. Realsatire pur: wie demontiere ich ein großartiges Werk des 20. Jahrhunderts? Karajan gibt die Antwort. Auf der anderen Seite dagegen der messerscharfe Analytiker Mrawinsky!


    Swjatoslaw ist nun in der Tat kein großer Karajan-Freund, sodass ihm solche Zeilen leichter von der Hand gehen als mir.
    Wenn man sich diesen Thread verfolgt so habe ich meine Favoriten für die Honegger-Sinfonien (und insbesondere die Sinfonie Nr.3) in Beitrag 3 und 8 ausführlich beschrieben.


    Karajan (DG) gehört auf jeden Fall zu den Interpreten, die gerade im Vergleich zu der fantastisch detailreichen Aufnahme der Sinfonie Nr.3 mit Ansermet (Orfeo) wesentlich breiiger im Orchesterklang sind, aber dennoch in der Dramaturgie das Werk packend gestalten können. Ich emfand die Karajan-Aufnahme, die überhaupt erstmalig bei Swjatoslaw schlechte Kritik bekommen hat, immer als eine passable Interpretation, die zum obern Drittel gehört. Nicht so perfekt wie die supermodern klingende mit Ansermet/Bayerisches RSO (Orfeo) und die mir noch liebere, weil sinfonischer klingende mit Ansermet/Orchestre de la Suisse Romande (Decca), die ich leider nur auf Decca-SXL-LP habe.


    Mrawinsky´s Wahnsins-CD (Melodiya) hatte ihr zunächst wegen der Hindemith-Sinfonie Harmonie der Welt gekauft (was Umwerfenderes für dieses Werk ist kaum denkbar).
    Die Honegger 3 erschien mir zuerst nach der Prägung durch Ansermet und auch Karajan dann mit Mrawinsky etwas fremd - aber bereits nach den ersten Takten wird klar, dass den Hörer großes erwartet. Mindestens beim 2.Hördurchgang weis man, das es eben auch ganz anders klingend (wie bei Mrawinsky) richtig und mega-packend sein kann. Ich stimme Swjatoslaw zu, dass die Mrawinsky-Aufnahme der Wahnsinn ist und nicht nur der Karajan-Aufnahme unbedingt vorzuziehen ist !
    :thumbsup: Mrawinsky sehe ich hier als eine Ausnahmestellung einnehmend - das ist auch mein Favorit, der in dieser Intensität nie mehr wiederholt wurde - und, liebe Leute - auch nie mehr wiederholt wird !
    :!: Ich halte diese Hindemith/Honegger-CD (Aufnahmen Februar 1965) ohnehin für das Beste, was wir von Mrawinsky überhaupt hören können. Trotz dieser Live-Aufnahmen mit vielen Hustern - der Wahnsinn !



    Lieber Swjaloslaw,
    der Vergleich zu Karajan ist auch fast nicht möglich, weil Mrawinsky´s Aufnahme so total anders geartet ist. Ich würde die Karajan-Aufnahme aber keinesfalls als Demontation eines großen Werkes des 20.Jahrhunderts bezeichnen. Sie schlägt sich im Vergleich zu den meisten Anderen in ihrer bei Karajan grosssinfonischen Sichtweise gut und läßt zum Beispiel den hier langweiligen routinierten Dutoit (hier APEX) klar hinter sich.


    Ich lege Dir auch ganz besonders die analytische Ansermet-Aufnahme (ORFEO) ans Herz, die Dir nach Mrawinsky auch sehr gefallen dürfte. Ansermet bringt Strukturen zum klingen, die bei allen Anderen ungehört bleiben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich stimme Swjatoslaw zu, dass die Mrawinsky-Aufnahme der Wahnsinn ist und nicht nur der Karajan-Aufnahme unbedingt vorzuziehen ist ! :thumbsup: Mrawinsky sehe ich hier als eine Ausnahmestellung einnehmend - das ist auch mein Favorit, der in dieser Intensität nie mehr wiederholt wurde - und, liebe Leute - auch nie mehr wiederholt wird ! (...)
    der Vergleich zu Karajan ist auch fast nicht möglich, weil Mrawinsky´s Aufnahme so total anders geartet ist.


    Lieber Wolfgang,
    Honeggers Sinfonie Nr. 3 "Liturgique" ist bei Mrawinsky in so dermaßen guten Händen, dass es für jeden anderen Dirigenten schwer ist, diese Hochspannung zu erreichen (oder gar zu übertreffen). Allenfalls Furtwängler wäre das noch zuzutrauen, aber von ihm gibt es leider nur ein einziges Tondokument mit einem Honegger-Werk: am 10. Februar 1952 dirigierte Furtwängler im Berliner Titania-Palast das Festkonzert zum 70-jährigen Bestehen der Berliner Philharmoniker mit folgendem Programm:


    L. van Beethoven, Große Fuge op. 133
    A. Honegger, Mouvement symphonique Nr. 3
    F. Schubert, Sinfonie Nr. 8 h-moll "Unvollendete"
    J. Brahms, Sinfonie Nr.1 c-moll op. 68


    Den Mitschnitt des gesamten Konzerts gibt es bei der Wilhelm-Furtwängler-Gesellschaft auf einer Doppel-CD zu kaufen; das Honegger-Werk ist auch früher einmal ausgekoppelt auf einer Music&Arts-CD erschienen. Sonst aber Fehlanzeige (wie mir auch - leider - keine weitere Mrawinsky-Aufnahme eines anderen Honegger-Werks geläufig ist).


    Begeisterung löst bei mir auch Bernstein mit dieser CD aus

    wobei etwas weiter oben in diesem Thread die packende Bernstein-Deutung von "Pacific 231" bereits gewürdigt wurde. Bei "Rugby" macht Lennie seine Sache ebenfalls gewohnt gut.


    Ich wundere mich ein wenig, dass bisher in diesem Thread noch nicht die Rede war von den verschiedenen Honegger-Aufnahmen, die Charles Munch hinterlassen hat. Ich kann sie gar nicht alle einscannen, so viele gibt es - wähle daher nur mal zwei Beispiele:

    Ich selbst kann zu diesen Munch-Aufnahmen (noch) nichts sagen, weil sie lediglich auf meiner Merkliste, aber noch nicht in meinem Regal stehen. Sie sind mir aber schon mehrfach empfohlen worden und sollen sehr gut sein.


    Tja, und zu dem von Dir angesprochenen Karajan: ich mag seine Honegger-Deutungen einfach nicht. Im Falle der Sinfonie Nr. 2 besitze ich (noch) keine Alternativaufnahme, daher ist die Karajan-CD aus Repertoiregründen noch in meiner Sammlung. Sobald mir aber eine andere Version vorliegt, fliegt sie raus. Bei der Sinfonie Nr. 3 ist der direkte Vergleich mit Mrawinsky einfach so erdrückend, dass... Naja, ich lasse es lieber, hier noch einmal vom Leder zu ziehen. Das habe ich bereits (wie von Dir zitiert) in dem Tamino-"Läster-Thread" getan, wobei ich sicherlich zu drastisch formuliert habe und dies zurücknehmen möchte. Karajans Honegger ist sicherlich besser, als ich ihn aus einer generellen Karajan-Skepsis heraus höchst subjektiv beurteile. Aber dass Karajan Mrawinsky bei Honegger nicht das Wasser reichen kann, dabei bleibe ich.
    Herzliche Grüße
    Swjatoslaw

  • Hallo Swjatoslaw,


    auch hier bei Honegger reicht eine GA nicht aus um die herausragensten Aufnahmen zu besitzen.


    Da Du gerade die Sinfonie Nr.2 ansprichst, kann ich Dir nur die Ansermet-Aufnahme (Decca) mit den Sinfonien Nr.2 und 4 empfehlen.
    Bei der Sinfonie Nr.3 gibt es ohnehin keine Alternative - da kann nur noch Mrawinsky (Melodiya) punkten.
    Die Sinfonie Nr.1 ist mir mit Plasson (EMI) in seiner frischen und detailreichen Aufnahme sehr an Herz gewachsen, der ansonsten gerade bei der 3 den großen Atem vermissen läßt.
    Die Sinfonie nr.5 schätze ich mit Järvi (Chandos) aber auch in der Detailscharfen mit Baudo (Supraphon).


    Die Baudo-GA (Supraphon) hatte ich mir seinerzeit durch Edwins Empfehlung gekauft. Ich berichtete in Beitrag 19. Gerade mit Baudos Aufnahme der Sinfonie Nr.3 bin ich nie ganz so warm geworden, weil ich durch beide Ansermets, Karajan und natürlich Mrawinsky andersgeartet vorgeprägt war.
    Aber die anderen Sinfonien sind allererste Wahl für Honegger.
    :thumbsup: Bei Baudo (Supraphon) sind auch die Mouvements Symphonique dabei: mit Pacific 231.
    Ich glaube Dir gerne das Bernstein dieses Paradestück ebenfalls glänzend hinlegt (die abgebildete CD würde mich auch wegen Roussel 3 interessieren, die ich mit Lenny in der DG-Aufnahme habe). Aber wegen Pacifis 231 lohnt der Kauf nicht unbedingt, denn was Baudo mit der Tschechischen PH an hochexpressiver Power abliefert ist schwer zu übertreffen. Referenzwürdig !



    Supraphon, 1960 - 1986, ADD/DDD


    Diese GA/Doppel-CD ist derzeit unglaublich günstig zu haben.


    Von den Munch-Aufnahmen habe ich noch nichts gehört - so gut sie auch sein mögen. Man sollte aber meinen, dass Dutoit gerade von diesen gelernt haben sollte ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Diese GA/Doppel-CD ist derzeit unglaublich günstig zu haben.


    Danke für den Hinweis, lieber Wolfgang! Das ist ja wirklich kaum zu fassen: ich habe die Baudo-Doppel-CD gerade eben für 2,19 Euro bestellt :thumbup: Ich bekomme nun endlich auch eine Vergleichsaufnahme zum Mouvement symphonique Nr. 3 in die Sammlung, den ich bisher nur in Furtwänglers 1952er Live-Aufnahme kenne. Und wenn Du sagst, dass Baudos Pacific 231 den Mund sperrangelweit offen stehen lässt, habe ich mit dieser Investition sicherlich nichts falsch gemacht. Zumal ich die Tschechische Philharmonie Prag sehr schätze.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich kam dazu wie die Jungfrau zum Kinde. Ich sah sie nämlich bei Saturn für 3.99 und der Dirigent war, oh Wunder!, Ed Spanjaard! Und Spanjaard für 3.99 da würde ich alles nehmen.
    Was ich allerdings von der Musik halten soll, das weiß ich nach einmaligem Hören definitiv nicht. Irgendwie scheint es ja ein einziger großer Spaß zu sein. Es klingt sehr nett und gar nicht "modern". Na, ja und jetzt liegt sie da und will noch mal gehört werden. Aber sie wird sich wohl gedulden müssen.


    Aber de Name blieb hängen und Naxos hatte eine Aufnahme der 2. Symphonie, zack hatte ich sie gekauft. - Und schon mehrmals gehört. Aber auch irgendwie nicht verstanden. Es klingt nicht schlecht, aber mir fehlt der "Aufhänger", irgendetwas, das mich durch die Symphonie leitet, oder etwas, worauf ich besonders achten müsste. Finde ich aber nicht. Und schon habe ich wieder eine CD, von der ich weiß, dass sie mir eigentlich gefallen müsste, wo aber noch der Funke fehlt.


    Kann hier jemand zündeln?


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Klaus,


    die von Dir abgebildete CD und das Werk kenne ich nicht - offenbar eine Oper. Ich glaube kaum, dass ich mich dafür jedmals interessieren würde. :pfeif::stumm:


    Mir scheint Du hast bei Honegger mit den falschen Werken begonnen. Es müste so "richtig toll zündeln" bei der :thumbup: Sinfonie Nr.3 und Pacific 231.
    Ansermet (DEcca und ORPHEO) und Baudo (Supraphon) haben hier u.a. mustergültiges vorgelegt !


    Die Sinfonie Nr.2 haut den Ersthörer auch tatsächlich nicht direkt vom Hocker; dann noch eher die Sinfonie Nr.1, die ich mit Plasson (EMI) favorisiere, der das Werk unheimlich eingebungsvoll musizieren lässt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die 2. bildet schon gemeinsam mit der 3. die "Starsinfonien" Honeggers - von der ersten würde ich eher Abstand halten, dann schon eher Pacific 231 und Rugby.


    Man muss aber schon das langsam vorwärtsschreitende Klagen und die losbrechenden Erlösungszustände mögen, die Honegger so meisterhaft beherrscht, vor allem in den Sinfonien 2 und 3.

  • Zitat

    Man muss aber schon das langsam vorwärtsschreitende Klagen und die losbrechenden Erlösungszustände mögen, die Honegger so meisterhaft beherrscht, vor allem in den Sinfonien 2 und 3.


    Ich schätze diese Art von Dramaturgie in Sinfoninen ganz besonders. :angel: Die Dritte ist eine der grössten Sinfonien des 20.Jhdt für mich. In der Ansermet-Aufnahme mit seinem schweizer Orchester (Decca) zuerst kennengelernt, hatte diese immer schon einen durchschlagenden Erfolg bei mir.


    Ich hatte gestern aber noch eine der wichtigsten Aufnahmen vergessen (in Beitrag 7 und 37 hatte ich diese allerdings bereits mit grosser Fürsprache genannt):
    :thumbsup: Mrawinsky sehe ich hier als eine Ausnahmestellung einnehmend - das ist auch mein Favorit, der in dieser Intensität nie mehr wiederholt wurde - und, liebe Leute - auch nie mehr wiederholt wird !
    :!: Ich halte diese Hindemith/Honegger-CD (Aufnahmen Februar 1965) ohnehin für das Beste, was wir von Mrawinsky überhaupt hören können. Trotz dieser Live-Aufnahmen mit vielen Hustern - der Wahnsinn !



    Hindemith: Symphonie "Die Harmonie der Welt"
    Honegger: Symphonie Nr. 3 "liturgique"


    Leningrad PO, Mravinsky
    Melodia 1965, ADD


    Warum KSM dann aber "von der Ersten eher Abstand halten würde" kann ich nicht verstehen, denn die ist doch ein sehr zugängliches und gutes Werk. Die Plasson-Aufnahmen (EMI) haben nicht die gewünschte Ausdruckskraft, aber die Sinfonie Nr.1 hat er besonders gut im Griff (ich finde noch besser als die bei 2-5 hochgeschätzte Baudo - GA (Supraphon).
    :thumbup: Mir gefällt die Sinfonie Nr.1 jedenfalls weit besser als die Sinfonie Nr.2, bei der mir schon durch die Instrumentation nur für Sterichorchester und Trompete die Farbigkeit, die klangliche Abwechslung fehlt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • 9,99Euro!
    Und schon relativ begeistert. Das Eingangsstück, Pacific 231, hier schon mehrfach gelobt, gefällt mir ausnehmend gut. Sehr gut kommt dieser Eindruck der gewaltigen Maschine rüber, klar Jansons, sowas kann der.


    Eine sehr blöde Frage: Wie spricht man den Namen Honegger eigentlich aus?


    Die 2. kommt hier sehr satt und wuchtig daher, was wohl auch daher rührt, dass die Bässe sehr im Vordergrund und laut sind, ein schöner Effekt wie ich finde. Alles ist eingehüllt in dieses Brummen, was dann die schrillen Geigen toll zur Geltung bringt.


    Demnächst mehr, denke ich
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Auch wenn die letzten Fragen noch offen sind, hier noch eine: Was hat der Name "Rugby" eigentlich zu bedeuten? Ein Sinn würde mir den Zugang zu diesem Stück bestimmt erleichtern.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Klaus,


    Rugby ist das amerikanische Sportspiel - American Football. Du als Fussballfan (ich absolut gar nicht) müstest das doch wissen !
    Rugby ist ein sinfonischer Satz (Mouvement symphonique no. 2) von Arthur Honegger für Orchester, der die Sinneseindrücke bei einem Rugby-Spiel beschreibt ...


    Habe gerade festgestellt, dass ich das Stück gar nicht auf CD habe. In meiner Baudo-GA ist es nämlich nicht dabei - nur die Mouvements Symphonique Nr. 1 und 3. Und auf meinen anderen Einzel-Aufnahmen ist es auch nicht dabei.
    ;) Ich habe aber noch eine TB-Aufnahme aus Urväterszeiten - muss ich mal raussuchen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Rugby ist das amerikanische Sportspiel - American Football.


    Nein, eben nicht. Rugby wird vornehmlich in Großbritannien, Frankreich, Südafrika, Australien und Argentinien gespielt. American Football ist eine deutlich veränderte Abart von Rugby in Nordamerika.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Und der Name des groben Fussballspiels dürfte von der gleichnamigen Schule (wie Eton oder Harrow eine der ältesten und angesehensten Privatschulen) in dem gleichnamigen Ort stammen:


    "http://en.wikipedia.org/wiki/Rugby,_Warwickshire#Fame"


    Der Name des Komponisten wird meines Wissens französisch ausgesprochen, also in etwa "OnegÄhr"

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Jetzt habe ich mir mit diesen Informationen Rugby noch mal angehört. Also wenn man mir gesagt hätte, dass es hier wieder um eine Lokomotive handelt, dann hätte ich das auch geglaubt. Ich weiß nichts über Rugby, aber wenn diese Musik das beschreibt, hat es mit Fußball überhaupt nichts zu tun.
    Ein Lieblingsstück wird es nicht werden, obwohl ich Honegger immer interessanter finde, je mehr ich höre.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ein Werk, welches hier bisher - soweit ich es überblicke - noch nicht erwähnt wurde (vielleicht stimmt auch einfach die Jahreszeit nicht ;) ):


    Cantate de Noël


    für gemischten Chor, Kinderchor, Bariton, Orgel und Orchester von 1953. Diese Weihnachtskantate gilt gemeinhin wohl als die letzte vollendetet Komposition Honeggers und ist gleichzeitig das erste seiner Werke, welches ich bewusst wahrgenommen habe. Wer hier allerdings friedvoll-festliche Weihnachtsmusik erwartet, sei gewarnt! Vielmehr ist der grundlegende Duktus eher verstörend und selbst die verschiedenen eingearbeiteten Weihnachtslieder wirken in diesem Zusammenhang zumindest auf mich mehr beängstigend, als weihnachtlich.


    Leider scheint es auch nicht allzuviele Einspielungen dieses faszinierenden Werkes zu geben, was allerdings die Benennung einer Referenz wesentlich vereinfacht


    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ein Lieblingsstück wird es nicht werden, obwohl ich Honegger immer interessanter finde, je mehr ich höre.


    Hallo Klaus,


    ja, mir geht es genau so mit Rugby, so etwas tolles ist das in seiner Vertonungsabsicht wirklich nicht; zumal mich Fussball und ähnlich abgewandelte Spiele nicht wirklich interessieren.
    Bei der Suche nach Rugby ist mir aber eine CD aufgefallen, die ich bestellt habe: Die Bernstein-Aufnahme ! Damit habe ich nun meine Lücke zu Rugby geschlossen.
    :) Die CD habe ich aber nicht wegen Rugby gekauft, sondern wegen dem Rest auf der CD und der (laut Kritikern und Hörern) :thumbsup: besten und spannenste Aufnahme von Roussels Sinfonie Nr.3.: Die CD wollte ich immer schon kaufen - nur war die bisher nur zu nicht bezahlbaren Wucherpreisen im Netz - jetzt für knapp 7Euronen.



    SONY, ADD



    Hallo MSchenk,


    die CD habe ich auch seit dem "vorigen Jhd" schon. Gekauft wegen den referenzwürdigen Aufnahmen der Sinfonien Nr.2 und 4 - die Nr.3 habe ich mit Ansermet auf LP (die gibt es aber heute auch auf CD). Dem vermeindlichen 23Minuten-Filler, der Cantate de Noël war ich dann aber wie Du auch positiv überrascht. Kein Weihnachtswerk; das hatte ich auch nicht erwartet, aber ein fastzinierend ernsthaftes Werk in dem bekannte Weihnachtslieder eingearbeitet sind.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Eine beglückende Begegnung mit diesem mir bis dato kaum näher bekannten Komponisten durfte ich heute machen: im tschechischen Rundfunk stolperte ich quasi zufällig über dieses seltene Werk, dass es bisher nur in Form einer alten, nicht mehr erhältlichen Schallplatte gab.


    61VZ-9Q-V2L._AA1500_.jpg


    Hier wurde nun ein Konzert dieses Oratoriums aus den 70er Jahren übertragen, dirigiert von Serge Baudo, der ja bereits Honeggers Symphonien eingespielt hat.
    Die Musik ist hochexpressiv, farbenreich, jedoch nicht verstörend atonal, das Orchester ist bisweilen fast perkussiv, es gibt auch zart-impressionistische Momente, die dann wieder mit dramatischen Zuspitzungen abwechseln. Ferne Erinnerungen an Orff und Strawinsky stellen sich ein, und dennoch liegt hier ein ganz individueller, ungemein faszinierender und kraftvoller Stil vor.
    Der Rundfunkmitschnitt ist von sehr guter Klangqualität.


    Arthur Honegger : Cris du Monde H 77.


    Oratorium für Sopran, Alt , Bariton, Chor und Orchester nach Versen von René Bizet


    Es sangen Helena Tattermuschová (Sopran), Vera Soukupová (Alt), Jaroslav Majtner (Bariton) und der Prager Philharmonische Chor , Chorleiter Antonín Šídlo. Es spielten die Prager Symphoniker, Serge Baudo dirigierte. Eine Aufzeichnung eines öffentlichen Konzertes in Prag, 1975 .


    Zum Glück habe ich geistesgegenwärtig mitschneiden können. Eine tolle Aufnahme, die mich sehr beeindruckt hat, wenn auch, kurioserweise, in tschechischer Sprache.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Arthur Honegger, an den ich mit dieser Box.


    erinnern möchte, wurde am 10. März 1892 geboren.


    Heute ist sein 123. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • In einer Kritik wurde im Frühsommer berichtet, dass der dissonante Höhepunkt im Schlusssatz in keiner bekannten Aufnahme derartig "erschütternd-drastisch-erschreckend" rüber kommt wie bei Jansons, auch nicht bei Mrawinsky.
    Ich hatte mir kurz danach die EMI-CD mit Jansons bestellt. Das mit dem " erschütternd-drastisch-erschreckender als Mrawinsky" wollte ich mir nicht entgehen lassen.
    *** Jetzt nach der Sommerpause (das Wetter liess nur Zeit für sommerliche Aktivitäten) meine Antwort dazu:


    Die Kritik war insoweit realistisch, dass es sich wirklich um eine ausgezeichnete CD aller enthaltenen Werke handelt. Als Bonus erhält man in den Aufnahmen eine ausgezeichnete Klangqualität geboten, bei denen keine Details verschluckt werden. Das Oslo PO erweisst sich wieder als ein ausgezeichneter Klangkörper.
    Die Sinfonie Nr.3 in einer Spitzeninterpretation mit Hörspass ... nicht so modern aussergewöhnlich wie Ansermet ORFEO), aber packend ... aber was den Höhepunkt im Schlusssatz angeht ist mein Hörempfinden doch anders gelagert:


    :thumbsup:Mrawinsky´s Interpretation bleibt für mich an der Spitze. Schon wie Mrawinsky den 3.Satz aufbaut und zum angesprochenen Höhepunkt treibt, erzeugt bei mir noch mehr Gänsehäute. Es wirkt auf mich noch emotionaler.
    Im Melodiya-Textheft der Mrawinsky-Aufnahme wird bereichtet, dass Mrawinsky das Werk seit vielen Jahren aufführt und unendliche Proben erfolgten. Das ist keine Gelegenheitsaufführung, wie man (als Aussenstehender) annehmen könnte, da ist nichts dem Zufall überlassen sondern absolut ausgefeilt.
    Letztendlich möchte ich aber beide Aufnahmen nicht mehr missen.


    Die Sinfonie Nr.2 mit Jansons ist auch ganz exqusit und wirkt auf mich noch besser als unter Baudo (Supraphon); bei Pacific 231 kann Jansons qualitativ deutlich an Baudo anknüpfen, der allerdings noch expressiver klingt.



    EMI, 1993, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich sehe in diesem thread erstmal, wie wenig ich von Honegger kenne; außer "Pacific 231" ist es vor allem die "Jeanne d´Arc", ein absolutes Meisterwerk. Dieses Stück habe ich Düsseldorf und in Gelsenkirchen gesehen. Man braucht wirklich einen großen Apparat und eine sehr gute Schauspielerin, denn Jeanne ist eine Sprechrolle. Die Ozawa-Aufnahme kenne ich nicht, aber die Baudo-Interpretation, die großartig ist. Wahrscheinlich bin ich hier der einzige Honegger-Verehrer, der das Werk in einer deutschen Version hat, nämlich in einer Produktion des WDR, die, wenn ich mich erinnere, von Hiroshi Wakasugi dirigiert wurde.
    Wenn ich die in den Weiten meiner Sammlungen finde, melde ich mich hier noch mal.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Arthur Honegger gehört zugegeben zu einem Bereich der Klassik, den ich relativ selten höre. Aber ich habe ihn letztes Jahr so ein bisschen für mich entdeckt. Von den Six ist er mir inzwischen nach Poulenc der zweitliebste. Besonders die Sinfonik habe ich inzwischen einige Male gehört und würde die fünf Werke zu den bedeutenderen Sinfonie-Zyklen des 20. Jh. zählen.


    An der Spitze steht bei mir die 3. Sinfonie "Symphonie liturgique". Eine der bezwingendsten Liturgievertonungen der Musikgeschichte würde ich sagen. Und eine der wenigen, die ohne Worte auskommt. Dem 1. Satz liegt das ziemlich häufig vertonte "Dies Irae" zu Grunde. Das liturgische Motiv der Gregorianik findet sich ja quer durch die Musikgeschichte, z.B. immer wieder im Werk Rachmaninows. Dem Tag des Zorns angemessen ist die stürmische, wilde Musik. Teilweise klingt es nach purer Raserei. Höhepunkt der Sinfonie ist, nicht nur für mich, das "De profundis" im 2. Satz. "Aus der Tiefe rufe ich Herr zu dir", ist die Vertonung von Psalm 130. Erschütternde Musik, teilweise von einer ganz eigenen Schönheit. Der Beter dieses Psalms, der theologisch eine 'Klage des Einzelnen' darstellt, ist verzweifelt und ruft in größter Not nach Gott. Die Entstehungszeit der Sinfonie am Ende des Zweiten Weltkrieges (1945/46) erklärt einen solchen Fokus. Honegger bezeichnet den Satz als 'Gebet ohne Hoffnung'. Dem eignet eben am ehesten die Klage. Nun sind aber Psalmen immer in bestimmter Weise aufgebaut. Eine 'Klage des Einzelnen' z.B. schildert zunächst in aller Ausführlichkeit das Leid und die hoffnungslose Situation um dann in einer katechetischen Wendung seine Hoffnung auf Gott zu setzen. Hier passiert das in Vers 4 ("denn bei dir ist die Vergebung[...] Ich hoffe auf den Herren"). Abschließend wird in diesem Psalm-Typus die nun positive Zukunft ausgemalt. Honegger betont verständlicherweise eher die Klage des Psalmbeginns und spricht von Hoffnunglosigkeit. Aber ein wenig Hoffnung enthält IMO auch dieser Satz: Das tröstende Element klingt mit den abschließenden Flötenfiguren am Satzende nach Aufbruch. Als Finale erklingt das "Dona nobis pacem", das die meisten (vollständigen) Messvertonungen abschließt, weil es am Ende des Agnus Dei steht. Das Lamm Gottes wird um Frieden angerufen. Bei Honegger wird daraus ein kämpferischer Satz (1945!), mit der Erfahrung seiner Zeit muss Frieden erkämpft werden. Doch nach dem großen Höhepunkt (nach diesem Kampf) schließt ein kontemplatives, vielleicht auch resignatives Finale die Sinfonie. Ein Violinsolo strebt der Höhe entgegen. Musik eben, von 1946.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Sinfonie Nr. 3 "Symphonie liturgique"

    An der Spitze steht bei mir die 3. Sinfonie "Symphonie liturgique". Eine der bezwingendsten Liturgievertonungen der Musikgeschichte würde ich sagen. Und eine der wenigen, die ohne Worte auskommt. Dem 1. Satz liegt das ziemlich häufig vertonte "Dies Irae" zu Grunde. Das liturgische Motiv der Gregorianik findet sich ja quer durch die Musikgeschichte, z.B. immer wieder im Werk Rachmaninows. Dem Tag des Zorns angemessen ist die stürmische, wilde Musik. Teilweise klingt es nach purer Raserei. Höhepunkt der Sinfonie ist, nicht nur für mich, das "De profundis" im 2. Satz. "Aus der Tiefe rufe ich Herr zu dir", ist die Vertonung von Psalm 130. Erschütternde Musik, teilweise von einer ganz eigenen Schönheit. Der Beter dieses Psalms, der theologisch eine 'Klage des Einzelnen' darstellt, ist verzweifelt und ruft in größter Not nach Gott. Die Entstehungszeit der Sinfonie am Ende des Zweiten Weltkrieges (1945/46) erklärt einen solchen Fokus. Honegger bezeichnet den Satz als 'Gebet ohne Hoffnung'. Dem eignet eben am ehesten die Klage. Nun sind aber Psalmen immer in bestimmter Weise aufgebaut. Eine 'Klage des Einzelnen' z.B. schildert zunächst in aller Ausführlichkeit das Leid und die hoffnungslose Situation um dann in einer katechetischen Wendung seine Hoffnung auf Gott zu setzen. Hier passiert das in Vers 4 ("denn bei dir ist die Vergebung[...] Ich hoffe auf den Herren"). Abschließend wird in diesem Psalm-Typus die nun positive Zukunft ausgemalt. Honegger betont verständlicherweise eher die Klage des Psalmbeginns und spricht von Hoffnunglosigkeit. Aber ein wenig Hoffnung enthält IMO auch dieser Satz: Das tröstende Element klingt mit den abschließenden Flötenfiguren am Satzende nach Aufbruch. Als Finale erklingt das "Dona nobis pacem", das die meisten (vollständigen) Messvertonungen abschließt, weil es am Ende des Agnus Dei steht. Das Lamm Gottes wird um Frieden angerufen. Bei Honegger wird daraus ein kämpferischer Satz (1945!), mit der Erfahrung seiner Zeit muss Frieden erkämpft werden. Doch nach dem großen Höhepunkt (nach diesem Kampf) schließt ein kontemplatives, vielleicht auch resignatives Finale die Sinfonie. Ein Violinsolo strebt der Höhe entgegen. Musik eben, von 1946.

    Das hast Du fabelhaft charakterisiert, lieber Tristan.

    Auch ich schätze diese Sinfonie Nr.3 von seinen Sinfonien am höchsten und habe mehre Interpretationen vorliegen:

    Ansermet (Decca), Ansermet (ORFEO), Melodiya), Baudo - GA (Supraphon), Karajan (DG), Järvi (Chandos), Jansons (EMI), Plasson - GA (EMI), Mrawinsky ( ..... alle sind gut - hervorragend).

    Besonders die Erste, die Ansermet-Aufnahme (Decca) schätze ich wegen der über die Zeit entstandenen Prägung absolut hoch.


    :angel: Doch zwei Aufnahmen haben eine Besonderheit, die mir "die Socken ausgezogen hat:

    Das sind 2 CD-Edelsteine, die ich nicht missen möchte.


    1. Ansermet (Orfeo)

    51a7BzJ0vFL._SX300_SY300_QL70_ML2_.jpg

    Orfeo, LIVE 1966


    Ganz anders als in meiner gewohnten Decca-Aufnahme aus 1960 betont er hier alle modernen Effekte, lässt die Sinfonie in einem ganz anderen Licht dastehen, als sei sie 30Jahre später komponiert. Nie habe ich zwei Interpretationen von einem Dirigenten des gleichen Werkes gehört, die sich so krass unterscheiden ... und es liegen gerade mal 6Jahre zwischen beiden Interpretationen. Es sind Stimmen und Effekte zu hören, die in allen anderen Aufnahmen ungehört bleiben ... eine Wahnsinnsaufnahme ...




    2. Mrawinsky (Melodiya)

    51JvVR2Q6bL._SY300_.jpg

    Melodiya, 1965

    Diese CD ist schon durch Hindemiths Die Harmonie der Welt-Sinfonie eine ganz besondere Aufnahme ... nie wurde dieses Werk bezwingender dirigiert ... der absolute Hammer !

    Genau so die Honegger Liturgique ... es ist frapierend welchen Hochspannungsgehalt Mrawinsky wiedereinmal erzeugen erzeugen kann. Kann man kaum in Worte fassen ... muss man einfach selber hören !

    Die Klangqualität hat natürlich das Niveau der russischen Aufnahmen von 1965, wenigstens gutes Stereo ... aber das vergisst man durch Faszination bereits nachwenigen Takten Mrawinsky - Genuss :hail:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose