Anton Bruckner Symphonie Nr. 6, ein Stiefkind?

  • Nein, ich meine nicht die Coda, sondern wirklich nur die letzten Sekunden. - Praktisch den Orgasmus.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Die letzten Sätze sind fast immer klasse, aber in der letzten Minute fehlt mir einfach die Kulmination, das Totale. So wie es Tchaikovski perfekt beherrschte und natürlich auch Beethoven.

    Nein, ich meine nicht die Coda, sondern wirklich nur die letzten Sekunden. - Praktisch den Orgasmus.


    Also was denn jetzt: Minuten? oder Sekunden? - Ich meine nur zu erahnen, was Du eigentlich meinst, aber überlege einmal ob ein Finale à la Tschaikowski, Symphonie Nr.3 oder Beethoven, Symphonie Nr.5 überhaupt zur Gesamtkonzeption einer Bruckner-Symphonie passen würden ... Es mag ja sein, dass derartige Finali wesentlich effektvoller wirken. Andererseits sind Bruckner-Finali mit ihren unwahrscheinlichen Steigerungen m.E. im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Und wenn schon der Vergleich mit einem Orgasmus sein muss, dann haben wir es bei Tschaikowski und Beethoven wohl eher mit dem männlichen, erruptiv-kurzen zu tun, während Bruckner eher die weibliche Form bevorzugte :pfeif:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich antworte jetzt spontan und habe den genauen Schluss der Sechsten auch nicht im Hinterkopf.


    Vielleicht meint Klaus die Tatsache, dass in manchen Bruckner-Sinfonien am Ende der großen Schluss-Steigerungen nach diversen (mehr oder minder) Wiederholungen der mehrstimmigen Höhepunktsphrase(n) die Musik noch in einem Unisono diatonisch zum Grundton hin nachklappt. Vielleicht stört ihn das.


    Das hat aber wohl kaum etwas damit zu tun, dass Bruckners Apotheosen generell als grandios bezeichnet werden dürfen.


    Die zweite Sinfonie von Charles Ives ist ja auch nicht atonal, nur weil es der allerletzte Akkord ist.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Was ich meine, ist, dass es halt nicht zum Knall kommt, dass sich nicht alles explosiv entlädt. Für mich ist es ein: So! Alles ist gesagt. Jetzt können wir nach Hause gehen. - Ich würde aber gern zum Schluss noch einmal erschlagen werden, wünsche mir, dass sich alles was war (und das ist ja nicht wenig) noch einmal kumuliert. Die große Helligkeit am Schluss, von mir aus das Happy End oder ganz pathetisch die ERkenntnis.


    Wie schon öfter erwähnt, wäre die Alternative das endlose Verhauchen bei der 9. , aber das ist ja eine andere BAustelle.


    Oder zeige ich hier etwa nur ein Sehnen nach Kitsch?????


    TSchö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Oder zeige ich hier etwa nur ein Sehnen nach Kitsch?????


    Vielleicht. Oder eben doch das Schielen nach dem Effekt. - Gibt es ein Bruckner-Finale, dass Dich bzgl. Deiner Wünsche und Vorstellungen zufrieden stellt? Also mit einem "So! Alles ist gesagt."-Knall?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Anton Bruckner: Symphonie Nr. 6 A-dur
    NDR-Sinfonieorchester
    Dirigent: Günter Wand
    AD: 7. Juli 1996 (Lübeck: Eröffnungskonzert SHMF 1996)
    Spielzeiten:……… 16:36 - 15:42 - 8:48 - 13:54 – 55:00 min.;
    Spielzeiten 1976: 15:35 - 15:04 - 8:48 - 13:54 – 53:01 min.;


    Ich habe eben in den voraufgegangenen Threads eine interessante Diskussion gelesen, was die Coda dieser herzerfrischenden Sinfonie betraf, frei nach dem abgewandelten Motto: Es kommt alles darauf an, dass am Ende keine (veritable) Coda fehlt. Dazu werde ich noch kommen.
    Zunächst einmal fällt auf, mit welcher Verve, ja, welchem Swing, Günter Wand den Kopfsatz, der mit Maestoso überschrieben ist, beginnt. Alles ist so leicht, so lucide, wie es dem Charakter dieser ja manchmal mit der Sechsten Beethovens verglichenen Symphonie gebührt. Zwar ist das Orchester groß dimensioniert, aber für Bruckner nicht zu groß. Mit der Größe, 8 Kontrabässe, 10 Celli, vierfaches Blech, hart Karajan früher die Beethoven-Symphonien dirigiert.


    Auch das Adagio hat einen beschwingten Rhythmus und ein heiteres Gewand. Das Orchester schwelgt frohen Herzens, und auch Günter Wand freut sich. Es sei an dieser Stelle auch einmal gesagt, wie gut die Holzbläser-Musiker ihren Job machen. Das geht manchmal unter, egal, ob es die Flöten, Oboen oder Klarinetten und Fagotti sind.


    Das Scherzo, hier mit der Satzbezeichnung nicht schnell – Trio. Langsam nimmt Günter Wand auf keinen Fall „langsam“ im Gegensatz zu „nicht schnell“, sondern bestenfalls „moderat schnell“. Es passt halt alles genau zu seiner inneren Uhr. Ich habe oben einmal die Zeiten seiner ersten Aufnahme 1976 (damals mit dem WDR-Sinfonieorchester dagegengestellt, nur, um zu demonstrieren, dass sich in den 20 Jahren kaum etwas geändert hat.


    Das Finale schließlich ist doch so etwas wie ein Endpunkt, ein Ziel, wie es bei Bruckner ja häufig ist, und es hat m. E. doch eine veritable, wenn auch kurze Coda. Sie passt halt ausgezeichnet zu der ja auch nicht gerade langen Symphonie.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vor vier Jahren schrieb ich hier, dass ich die Sechste der Siebten von Bruckner vorziehen würde. Heute würde ich das nicht mehr schreiben. Tatsächlich hat sich auch bei mir die Sechste mittlerweile zum "Stiefkind" der späteren Bruckner-Symphonien herauskristallisiert. Die Fünfte wurde noch deutlicher der Favorit, gefolgt von der Achten. Daran konnte nicht mal die sehr gute Aufnahme von Klemperer viel ändern. Übrigens gefallen mir die Live-Aufnahmen mit dem BBC Symphony Orchestra und dem Concertgebouw-Orchester von 1961 fast noch besser als die EMI-Studioaufnahme von 1964. Der Kopfsatz, für mich der Höhepunkt des Werkes, ist hier noch etwas langsamer dirigiert, besonders in den ersten Takten (17:13 bzw. 17:12 zu 16:55). Die Pauken sind besonders in Amsterdam deutlicher, allerdings ist es Mono. Die Anschaffung der Testament-CD lohnt sich schon, weil sie Klemperers einzige Aufnahme des Te Deum enthält.



    BBC 1961: 17:13 - 13:07 - 9:12 - 13:04
    CGO 1961: 17:12 - 12:43 - 8:34 - 12:07
    NPO 1964: 16:55 - 14:42 - 9:23 - 13:50

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Als Resultat des Stiefkinddaseins existiert eigentlich nur eine Einspielung, die ich annähernd vorbehaltlos empfehlen kann, die auch traditionelle Referenzen wie Haitink, Klemperer, Stein, Wand übertrifft. Herbert Blomstedt hatte bereits eine exzellente, seit längerem von Decca gestrichene Aufnahme aus San Francisco vorgelegt. Nicht zuletzt dank des Gewandhausorchesters übertrifft er sich im zweiten Wurf selbst, denn die überaus sorgfältige und überlegte Konzeption wird hier durch das lebhafte und engagierte "live-" Spiel des Ensembles mitgetragen b.z.w. aufgefangen.


  • Hallo,


    was ich gerne wüsste: gibt es eine Aufnahme der Mahlerschen Version von 1899, die seine Eingriffe in die Partitur hörbar macht?
    Immerhin gibt es eine Mahler-Version der Schumann-Symphonien sowie der Beethoven-9.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)



  • Seltsamerweise mit keinem einzigen Wort bisher erwähnt wurde die Einspielung von Heinz Bongartz mit dem Gewandhausorchester Leipzig vom Dezember 1964 für Eterna, die später bei Berlin Classics auf CD aufgelegt wurde. Die Einzel-CD ist vergriffen, aber man bekommt sie in einer größeren Box nach wie vor. Von den reiferen Symphonien von Anton Bruckner ist die Sechste sicherlich wirklich das Stiefkind. Bongartz' Ansatz scheint mir - nicht unähnlich Klemperer - dahingehend, sie nicht zurückstehen zu lassen im Vergleich zu den monumentaleren Schwesterwerken. Das ist großsymphonisch und mit vollem Orchester, wie ich es liebe. Im Kopfsatz nimmt er die Bezeichnung Majestoso sehr ernst (17:25). Bereits beim ersten Auftreten der Blechbläser fällt die imposante Wuchtigkeit auf, mit der hier interpretiert wird. Die Pauken kommen sehr gut zur Geltung. Sehr feierlich getragen der langsame Satz (18:10), ohne dass je die Gefahr eines Verschleppens bestünde. Das Scherzo der Sechsten (8:24) dürfte zu den besten des Meisters zählen. Bei Bongartz geht es ohne falsche Zurückhaltung richtig zur Sache. Der oft als Schwachstelle der Symphonie genannte Finalsatz (14:32) fällt hier nicht eigentlich ab. Die Coda ist wirklich die Krönung, Wahnsinn! Bongartz' Meisterschaft ist im Ganzen bestechend. Schade, dass er sich ansonsten keiner anderen Bruckner-Symphonie widmete. Klanglich übertrifft diese sehr präsent eingefangene Einspielung an Dynamik so manche aus der Digitalära. Rundum empfehlenswert!

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    – Luís de Camões

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  • Die Sechste ist einfach großartig. Das Adagio - aber auch das Scherzo - gehört für mich zum Schönsten, was Bruckner geschrieben hat. Auch der Kopfsatz ist großartig. Vielleicht ist die Sechste in der Gesamtanlage nicht so rund wie die Fünfte oder Achte, weil vielleicht das Finale etwas zu leichtgewichtig ist (ähnlich wie in der Siebten), aber ich liebe diese Sinfonie sehr und bedaure, dass sie relativ selten gespielt wird.


    56:26 Bei so viel Energie verliert der Paukist sogar den Schlägel aus der Hand.^^

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Ich gebe zu, dass mir die sechste Symphonie von Bruckner am wenigsten vertraut ist.

    Interessant finde ich das neue Video von David Hurwitz zu Poschners Neueinspielung aller Bruckner-Symphonien mit unterschiedlichen Versionen. Wenn ich richtig lese, sollen insgesamt 19 Aufnahmen der 9 Symphonien erstellt werden.


    Hier ist die CD:


    Anton Bruckner:

    Symphonie Nr.6

    Bruckner Orchester Linz, Markus Poschner

    Label: Capriccio, DDD, 2021


    Und hier der Link zu David Hurwitz' Video:

    Review: Poschner's Vivacious No. 6


    Interessieren tut es mich. Aber vielleicht warte ich auch auf die Komplettbox. 2024 soll das Projekt mit allen Aufnahmen fertiggestellt sein. Das könnte klappen, denn die 8. Symphonie wird schon in ca. drei Wochen erscheinen.


    Beste Grüße von der Nordseeküste sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Danke für die " Wiederbelebung "


    ich habe jetzt meine Loboz Aufnahme herausgeholt, sie läuft gerade. Ich habe auch noch eine zweite Aufnahme in meinem Fundus gefunden, die werde ich heute auch noch hören :


    Und Nagano habe ich mir gebraucht bestellt, und auch noch Solti, aber erstmal hören. Ich denke diese vier Aufnahmen reichen mir dann doch.


    Kalli

  • ... Herbert Blomstedt hatte bereits eine exzellente, seit längerem von Decca gestrichene Aufnahme aus San Francisco vorgelegt. ...

    Ich habe sie glücklicherweise damals gekauft - hier ist das Coverbild:

    ">Bruckner 6 - SFS - Blomstedt

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)



  • Seltsamerweise mit keinem einzigen Wort bisher erwähnt wurde die Einspielung von Heinz Bongartz mit dem Gewandhausorchester Leipzig vom Dezember 1964 für Eterna, die später bei Berlin Classics auf CD aufgelegt wurde. Die Einzel-CD ist vergriffen, aber man bekommt sie in einer größeren Box nach wie vor. Von den reiferen Symphonien von Anton Bruckner ist die Sechste sicherlich wirklich das Stiefkind. Bongartz' Ansatz scheint mir - nicht unähnlich Klemperer - dahingehend, sie nicht zurückstehen zu lassen im Vergleich zu den monumentaleren Schwesterwerken. Das ist großsymphonisch und mit vollem Orchester, wie ich es liebe. Im Kopfsatz nimmt er die Bezeichnung Majestoso sehr ernst (17:25). Bereits beim ersten Auftreten der Blechbläser fällt die imposante Wuchtigkeit auf, mit der hier interpretiert wird. Die Pauken kommen sehr gut zur Geltung. Sehr feierlich getragen der langsame Satz (18:10), ohne dass je die Gefahr eines Verschleppens bestünde. Das Scherzo der Sechsten (8:24) dürfte zu den besten des Meisters zählen. Bei Bongartz geht es ohne falsche Zurückhaltung richtig zur Sache. Der oft als Schwachstelle der Symphonie genannte Finalsatz (14:32) fällt hier nicht eigentlich ab. Die Coda ist wirklich die Krönung, Wahnsinn! Bongartz' Meisterschaft ist im Ganzen bestechend. Schade, dass er sich ansonsten keiner anderen Bruckner-Symphonie widmete. Klanglich übertrifft diese sehr präsent eingefangene Einspielung an Dynamik so manche aus der Digitalära. Rundum empfehlenswert!


    Lieber Joseph,


    ich hatte Deine positive Besprechung ganz tief im Gedächtnis gespeichert, als ich mir gestern zum ersten Mal Bongartz' Aufnahme anhörte und kann Deine Begeisterung nachvollziehen.

    Es stimmt, mit den sehr moderaten, aber nie zu langsamen Tempi und mit dem großsinfonienschen Interpretationsansatz verschiebt sich der Fokus tatsächlich weg von der "kecksten" Sinfonie in Richtung der Monumentalität der 5. oder 7., aber das ist für mich ein durchaus stimmiger Ansatz.

    Neben den Dingen, die Du erwähnt hast, hat mir besonders die Ausarbeitung der Schlusscoda im Kopfsatz gefallen. Hier nimmt sich Heinz Bongartz viel Zeit, um den Satz monumental-strahlend ausklingen zu lassen.


    Eine Ergänzung: Wie Du im Verlauf der letzten beiden Jahre (seit Verfassen des Beitrags) vielleicht selbst herausgefunden hast, gibt es inzwischen noch eine zweite, zumindest per Stream verfügbare Aufnahme.


    51qWyR3nfaL._UX358_FMwebp_QL85_.jpg


    Es handelt sich dabei allerdings um eine mono-Aufnahme.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Lieber Joseph,


    ich hatte Deine positive Besprechung ganz tief im Gedächtnis gespeichert, als ich mir gestern zum ersten Mal Bongartz' Aufnahme anhörte und kann Deine Begeisterung nachvollziehen.

    Lieber Norbert,


    das freut mich natürlich ungemein, dass sich mein Hinweis für Dich als dienlich erwies und Du es nach Abhören der Aufnahme sogar ganz ähnlich siehst. Für mich persönlich hat sich diese Einspielung als die bevorzugte der Sechsten entpuppt und mir das Werk sehr viel nähergebracht. Es ist wirklich ziemlich bedauerlich, dass Bongartz' Bruckner-Diskographie ansonsten sehr überschaubar ist, euphemistisch ausgedrückt. Über die besagte "Nullte" stieß ich im Zuge meiner Recherchen auch. Schade hier, dass sie klanglich nicht mehr konkurrenzfähig ist, ist es doch ein Werk, das ich sehr gerne mag und am ehesten mal "nebenbei" auflege, was bei Bruckner ansonsten kaum geht, wie ich finde, da man sich - ähnlich wie bei Mahler - schon auf Kolosse einlassen muss. ;) Jedenfalls wäre Eterna gut beraten, die Aufnahme bald wieder leichter verfügbar zu machen. Ich bin recht zuversichtlich, dass die Bongartz'sche Sechste demnächst bei Tower Records als SACD erscheinen wird, arbeitet sich dieses Label doch sukzessive durch den Eterna-Katalog und hat auch schon Konwitschnys Aufnahme der Fünften berücksichtigt. Das Tower-Remastering des DG-Zyklus von Jochum halte ich nach wie vor für eine Großtat sondergleichen.


    Nachtrag: Schau an, meinem Wunsch wurde schon entsprochen.


    NEODAI-129927.jpg?v=1


    "Pure analog remastering from ETERNA original analog tape"

    SACD layer: Directly converted to DSD after mastering in the analog domain from a new analog master tape in the home country

    CD layer: Similarly, after mastering in the analog domain, 44.1kHz/16bit after high-quality digitization at 96kHz/24bit

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph,


    es ist tatsächlich bedauerlich, dass sehr wenig Bruckner von Heinz Bongartz zu hören ist, weil er in vielen Artikeln als "Bruckner Spezialist" galt und mir generell ein Dirigent zu sein scheint, mit dem sich die Beschäftigung durchaus lohnt (wie z.B. bei den Brahms Serenaden oder bei Dvoraks 7. Sinfonie zu erleben). Leider sind generell nicht viele Aufnahmen mit ihm verfügbar.


    Ansonsten frage ich mich gerade, welche Aufnahmen der 6. Sinfonie ich am liebsten höre. Eine gute Frage, weil nicht eindeutig zu beantworten.

    Aus dem Stegreif tendiere ich zu


    Michael Gielen



    Herbert von Karajan



    Bernard Haitink



    Sylvain Cambreling


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Die Aufnahme von Heinz Bongartz ist für mich eine Entdeckung! Bislang konnte ich mit dieser Symphonie nicht sehr viel anfangen, aber die etwas langsameren Tempi vor allem im ersten Satz machen Sinn. Zudem ist bei Bongartz das Material sehr gut durchgeformt.


    Viele Grüße, Christian

  • Da muss ich doch mal wieder die Nr. 6 anhören.


    Ich habe die schon genannten Solti, Nagano und Lopez-Cobos. Aber anfangen werde ich mit Celibidache aus dieser Box:

  • Bruckners Sechste habe ich mittlerweile live in Bamberg gehört mit dem auch nicht mehr ganz so jungen Thomas Dausgaard am Pult. Im Konzertführer von Csampai/ Holland werden die etwas versteckteren, aber durchaus raffinierten Qualitäten durchaus herausgestellt. Es ist ein Bruckner auf der Höhe seines Schaffens und er hat offenbar auch keine gut gemeinten Ratschläge dazu erhalten oder umgesetzt. Es ist bei der einen Version geblieben. Eigentlich wird meines Erachtens auch nur derjenige weibliche oder männliche Hörer enttäuscht, der auf eine pompöse Schlusswirkung wartet. Doch dafür gibt es zur Genüge andere Sinfonien des Meisters.


    Ich war jedenfalls von der Aufführung angetan und habe mir die Musik in den letzten Jahren zwar nicht allzu oft, aber doch gerne angehört. Im Wesentlichen besitze ich nur Bruckner-Integralen, vier an der Zahl. Mit den Hör-Profis dahier werde ich nicht wirklich konkurrieren können. Am besten gefällt mir die jüngste Anschaffung mit Regionalmatador Gerd Schaller. Wirklich verleiden konnten mir bislang aber auch Haitink (Amsterdam), Wand (Köln) und Jochum (Dresden) die Komposition nicht. ;)


    Wirklich spannend finde ich den ersten Satz. Es ist dieses minimalistische Moment mit den harmonischen Rückungen bei gleichbleibender rhythmischer Basis, das mich keineswegs kalt lässt. Seltsamerweise schien es mir dann live gar nicht so prägend, wie ich es von den CDs in Erinnerung hatte. Der Grund? Vielleicht die Bereitschaft genauer hinzuhören und von der Emporenposition auch hinsehen zu können. Aber das weiß ich nicht wirklich. Der zweite Satz ist eine Welt für sich, mit Schubert'schen Längen bei Mahler'scher Empfindung. Der dritte Satz ist wie so viele Scherzi das, was im Sinne bösartiger Zeitgenossen ohnehin Bruckner erst erträglich macht. Live-Erfahrung naturgemäß: Beinahe angespanntes Bamberger Hornquartett - da ein internationales Spitzenorchester, bleibt es indes beim Beinahe. Und der Finalsatz steht am Ende. Kleiner Scherz.


    PS: Vielleicht sollte ich mir jetzt allerdings mal den ganzen Faden durchlesen ...


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Thomas Dausgaard hat die 6. Sinfonie auch auf CD eingespielt:


    Anton Bruckner (1824-1896)

    Symphonie Nr.6

    Bergen Philharmonic Orchestra, Thomas Dausgaard

    BIS, DDD, 2018


    Mit 14:54, 16:38, 8:04 und 12:40 legt er recht rasante Tempi vor. Ich habe die Aufnahme erst einmal vor 3 1/2 Monaten gehört und in erster Linie als "bös fix" in Erinnerung. Aber ich werde gerne demnächst die Höreindrücke noch einmal überprüfen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Als rasant habe ich die Tempi in Bamberg nicht empfunden. Die Aufführung dürfte ziemlich genau eine Stunde gedauert haben. Da wären die Philharmoniker von Bergen in Deiner Aufnahme, Norbert, dann in der Tat zügiger unterwegs. Leicht möglich, dass Dausgaard sein Konzept gegenüber vor fünf Jahren noch ein wenig geändert hat. Das spräche gewiss nicht gegen ihn.


    Der zweite Satz ist mir irgendwie länger vorgekommen als 16, 17 Minuten. Aber da ich nicht auf die Uhr gesehen habe, ist das spekulativ.


    Und vielleicht kommt im Kopfsatz dieser seltsame Eindruck bezüglich der rhythmischen Basis, den ich oben kurz geschildert habe, dadurch zustande, dass das Tempo eher schnell war. Schon interessant irgendwie, aber schwer nachzuweisen.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Lieber Wolfgang,


    in der Tat ist der erste Satz in Bruckners Schaffen einzigartig, weil sich das Geschehen, auch und insbesondere die "rhythmische Basis", wie Du es nennst, sich nicht auf einer Ebene beschränkt.


    Ich hatte in diesem Thread auf den Text von Habakuk Traber verwiesen, der das gut beschreibt und den ich noch einmal zitiere:


    Zitat

    "Mehrschichtiges Denken

    Die verschiedenen Themen und Motive bilden die eine Schicht der Komposition, ihr traditionsverankertes Fundament. Bruckner legte eine zweite dramaturgische Ebene darüber, sie wird durch die unterschiedlichen musikalischen Ausdrucksformen und Charaktere gebildet: durch Naturlaut und Idyll, Hymnus und Choral, Signal, Fanfare und heroische Pose. Sie gehen oft rasch und unvermittelt ineinander über, bedienen sich gar der gleichen Substanz. Hier, in den Klangbildern ereignen sich die Brüche, die in der motivischen Konstruktion vermieden werden. Die Verläufe beider Ebenen verhalten sich nicht synchron..."

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Am besten gefällt mir die jüngste Anschaffung mit Regionalmatador Gerd Schaller.

    Wieso Lokalmatador? Ich bekam (auf Wunsch) die GA Schallers zum Geburtstag und finde sie ganz vorzüglich


    Die Nr. 6 war mein Erstkontakt mit Bruckner, ich habe daher ein besonderes Verhältnis zu diesem Werk. Dirigent dieses Erstkontaktes war Otto Klempere ("Sie hörten Aufnahmen der Schallplattenindustrie"). Neben Nr. 6 wirkten die anderen Symphonien auf mich eher schwerer zugänglich, als Schüler war ich zudem darauf angewiesen, die Werke nachmittags in der Stadt-und Landesbibliothek Dortmund zu hören, da die Platten unerschwinglich waren und Bruckner zu Zeiten, zu denen ich Radio hören konnte, nicht so oft gespielt wurde.


    Bei Nr. 6 und da auch bei der Klemperer-Aufnahme gefällt mir vor allem der erste Satz, der zudem auch rhythmisch sehr schön durchstrukturiert ist. Man hat irgendwie das Gefühl, als wäre Bruckner in heiteren Momenten seines Lebens (gab es die?) beiläufig aus der Feder aufs Notenpapier geflossen. Ähnliches empfinde ich nur bei der heute gebräuchliche Fassung von Nr. 3. Beide Sinfonien stehen bei mir ganz oben im Sinfonien-Ranking. Aufnahmen? Good old Klemp, na klar, Jaap van Zweeden gefällt mir sehr gut ebenso der genannte Schaller. Der sehr gründliche Günther Wand mit seinen Kölner war für mich -wo nötig- immer ein guter Einstieg um dann zu schauen, was denn bei dem Werk sonst noch so geht. Das gilt auch für seine Sicht auf Nr. 6, die ich durchaus schätze. Darüber hinaus müsste ich in meiner Sammlung mal speziell die Aufnahmen von Nr. 6 heraussuchen. Empfehlungen neben Klemp sind meinerseits von desn GAs vor allem diese:




    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • NB und topisches Off:


    Gerd Schaller ist mit seiner Truppe natürlich längst eine zumindest nationale Nummer. Lokal- respektive Regionalmatador ist er für mich nur insofern, als Ebrach 20 Kilometer von meinem Wohnort entfernt liegt, Bamberg nicht viel weiter - wobei ich 20 Kilometer weg in die andere Richtung aufgewachsen bin. Ich habe ihn noch nicht reden hören, könnte mir aber vorstellen, dass der Akzent genau meiner ist. Für alle Auswärtigen: Würzburg klingt wieder anders und Nürnberg ist streng genommen oberpfälzisch - oder wie wir Linguisten sagen: nordbairisch, nicht wirklich ostfränkisch ... Doch das will man in Nürnberg nun nicht hören ... :untertauch:


    Ich gebe zu, dass ich gerne mal vom Lokal- oder Regionalmatador rede, wenn ich für unsere Regionalzeitung einen Konzertbericht schreibe ... und wenn das zutrifft natürlich. ^^ Die großen Veranstaltungen in Nürnberg oder Erlangen oder Ansbach darf ich nicht machen. Ich bin freier Mitarbeiter und weder ein musikalischer noch ein journalistischer Profi.

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  • Lieber Wolfgang,


    in der Tat ist der erste Satz in Bruckners Schaffen einzigartig, weil sich das Geschehen, auch und insbesondere die "rhythmische Basis", wie Du es nennst, sich nicht auf einer Ebene beschränkt.


    Ich hatte in diesem Thread auf den Text von Habakuk Traber verwiesen, der das gut beschreibt und den ich noch einmal zitiere:

    Habakuk Traber - das ist hier ein sehr eindrückliches Zitat. Danke dafür! Sehr grob gesehen, äußern sich Csampai / Holland ähnlich.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Unter dem Projekt Bruckner 2024 werden sämtliche Sinfonien Bruckners in allen Fassungen aufgenommen und die bisher verfügbaren Aufnahmen sind alle grandios.

    Neben Poschners 6. möchte ich noch Heinz Rögners Aufnahme empfehlen.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • Man sollte die Konzerte der letzten Jahre mit dem HR SO (auch Frankfurt Radio SO) beachten, die fast immer für positive Überraschungen gut sind und in Bild und Ton richtig Hörspass machen.


    Auch das Konzert vom 28.06.2016 mit Bruckner Sinfonie Nr.6 mit Christoph Eschenbach, kann sich sehen und hören lassen:


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe nebst anderen auch diese Aufnahme im Regal: Günter Wand dirigiert 1995 live das NDR Sinfonieorchester in der Musikhalle Hamburg. Sie wurde im Eröffnungsbeitrag mit anderem Cover erwähnt und dort auf Platz 1 gesetzt.


    Warum die 6. Sinfonie ein Stiefkind sein soll, kann ich nach dem Anhören nicht nachvollziehen.


    Beim Beginn muss ich mir die Assoziation zu Lawrence of Arabia verkneifen und mich auf die Musik konzentrieren.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Beim Beginn muss ich mir die Assoziation zu Lawrence of Arabia verkneifen und mich auf die Musik konzentrieren.

    Das ist es! Ich habe immer wieder überlegt, an was mich dieser Anfang erinnert. Du hast es aufgelöst, lieber moderato. Würde man Bruckner ja so kaum zutrauen. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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