Peter Schreier - Liedinterpret vs Opernsänger

  • Fritz Wunderlich - seine Fähigkeit, die Expressivität der Oper in die Liedgestaltung und die Intensität des Liedgesanges in die Oper einzubringen, machen ihn für mich zu einem der ganz Großen.

    Die Apfelsinen, lieb Mütterlein,
    Sind gut, und mit wahrem Vergnügen
    Verschlucke ich den süssen Saft,
    Und ich lasse die Schalen liegen.

  • Welche Tenöre meinst du?
    Und auf Grund welcher Eigenschaften bevorzugst du sie?


    (Abgesehen davon, dass man die Vorliebe zu einer Stimme ebenso wenig begründen kann wie Liebe allgemein.)

    Die Apfelsinen, lieb Mütterlein,
    Sind gut, und mit wahrem Vergnügen
    Verschlucke ich den süssen Saft,
    Und ich lasse die Schalen liegen.

  • Zitat

    Original von ClauS
    Welche Tenöre meinst du?
    Und auf Grund welcher Eigenschaften bevorzugst du sie?


    Ich denke zB an Kurt Equiluz (Oesterreich). Ich hatte das Glueck ihn oefter als Evangelist erlebt zu haben.
    Und der Schweizer Ernst Haefliger, der ich auch mehrmals als Evangelist bewundern konnte. Was Haefliger am Ende seines Laufbahnes noch aus seinem Gurgel presste. :jubel:
    Und der Niederlaender Tom Brand, der so frueh verstarb, dass er international kaum bekannt ist.


    Und warum? Ihr Timbre an erster Stelle. Ihre ungeheuere Ausdrucksmoeglichkeit bei jener schwierige Rolle. Sie wussten die so schoen und ruehrend zu verklangen. Da bekam ich jedesmal Gaensehaut an einigen Stellen.
    Und natuerlich sind da noch andere, unbestimmte Faktoren. Ich kann sie nicht benennen, aber zweifelsohne gibt es sie.


    LG, Paul

  • Wenn man Musik beschreiben könnte, wäre sie nicht die göttliche Kunst, die sie ist.
    Ernst Haefliger habe ich leider noch kaum gehört :untertauch:
    Mag sein, er wäre - hätte ich ihn bereits gehört - auch für mich der Evangelist...

    Die Apfelsinen, lieb Mütterlein,
    Sind gut, und mit wahrem Vergnügen
    Verschlucke ich den süssen Saft,
    Und ich lasse die Schalen liegen.

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  • Hallo ClauS,


    du solltest Haefliger als Schubert-Interpreten antesten, es lohnt sich (seine Aufnahmen mit Jörg Ewald Dähler).

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Komisch, niemand nennt Schreier als Wagner-Sänger. Ich habe ihn als Loge bei meiner Rheingold-Aufnahme kennengelernt und finde ihn in dieser Rolle genial.


    Aufnahme:
    Staatskapelle Dresden (Marek Janowski)
    Minton, Napier - Adam, Schreier, Nimsgern, Salminen



    Thomas Deck

  • Zitat von ClauS

    Fritz Wunderlich - seine Fähigkeit, die Expressivität der Oper in die Liedgestaltung und die Intensität des Liedgesanges in die Oper einzubringen, machen ihn für mich zu einem der ganz Großen.


    Balsam für meine Seele!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat von thdeck

    Komisch, niemand nennt Schreier als Wagner-Sänger.


    Einer schon:


    Zitat von Siegfried

    Schreier verfügt als ehemaliger Kreuzchorist über eine solide Grundlage und durch seine hohe Intelligenz vermag er auch solche Werke brauchbar zu interpretieren,die seiner Stimme nicht gerade liegen,z.B.den Meistersinger-David.


    Allerdings finde ich Schreiers David in Karajans Dresdener Aufnahme mehr als nur brauchbar - es ist eine geniale Interpretation der Rolle: sängerisch untadelig und mit überwältigender Wortausdeutung. Einen solchen Reichtum an Nuancen hört man im Wagnergesang selten - vor allem natürlich in der ausführlichen Schilderung der Regeln des Meistersangs im ersten Akt, die bei anderen Interpreten oft nur langstielig wirkt. Schreier dagegen, wunderbar flexibel begleitet von Karajan und der Staatskapelle, bietet ein echtes Kabinettstück.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Habe Peter Schreier als Loge im Rheingold gehört, unter Zubin Mehta 1981.
    Das war wirklich ausgezeichnet!!! :]
    Sehr gut auch als Ottavio im Don Giovanni und als Flamand in Capriccio u.v.a. mehr an der Wiener Staatsoper.
    Schätze ihn sehr auch als Lied- und Oratoriensänger.



    :hello:

    mucaxel

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  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Allerdings finde ich Schreiers David in Karajans Dresdener Aufnahme mehr als nur brauchbar - es ist eine geniale Interpretation der RolleViele Grüße
    Bernd


    Freut mich, dass dir diese Interpretation so gut gefällt.
    Ich identifiziere den David mit Gerhard Unger, der bei mir bleibende Eindrücke mit dieser Rolle hinterlassen hat. Das mag zu meiner Schreier-Deutung geführt haben. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • "Trocken" ist denke ich hier der Falsche Ausdruck. Die Stimme ist möglicherwiese schmal, stellenweise sogar eng, aber nie "trocken". Sie ist im Gegenteil stets obertonreich und leuchtend.

  • Zitat

    Original von ClauS
    Er ist einer der beiden größten Tenöre des letzten Jahrhunderts... um so schlimmer, dass es für diese zwei - im Gegensatz zu FiDi und Prey - kaum würdige Nachfolger gibt. (Sollte mich jemand eines Besseren belehren können, wääre ich sehr dankbar)


    Solche "Jahrhundertaussagen" sind sehr gefährlich - das waren immerhin hundert Jahre - und alle Sänger kennst du bestimmt nicht. Da gab es z.b. noch Peter Anders, Aksel Schiotz und Karl Erb um nur einige zu nennen.

  • Es muss in der ersten Hälfte der 60er Jahre gewesen sein - also in der Bluetezeit Fritz Wunderlichs -, als ich im DDR-Rundfunk einen mir bis dato unbekannten Tenor mit der Ferrando-Arie aus "Cosi fan tutte" hörte - alles andere als ein "Schreier", aber ein Stilist von hohen Graden. Dann brachte Theo Adam, der als (damals) einziger der DDR-Grössen ein Dauer-Ausreisevisum hatte, eben diesen Peter Schreier mit zu einem Gastspiel an die Hamburgische Staatsoper und ich hatte die grosse Freude, dass sich mein Eindruck live vollkommen bestätigte.


    Ich hörte Peter Schreier in der Folgezeit sehr oft, ob in Hamburg, Ost-Berlin oder Wien als Tamino, Belmonte, Ferrando, Ottavio, David sowie als Lied- und Oratoriensänger.


    Seine absolut beste Leistung, fuer die er mir ewig in Erinnerung bleiben wird, war der Bach-Evangelist. Aber im Laufe der Zeit wandelte sich meine anfängliche Begeisterung, so dass ich diejenigen, die ihm reservierter gegenueber stehen, ganz gut verstehen kann. Schreiers Stimme bekam ein fuer mich unangenehm Greinendes, z.B. als David (live, nicht CD), Mime oder Hexe (Cd, nicht live), und in zunehmendem Masse fehlte mir das, was mir an Wunderlich so gefiel, das "Fleisch auf den Stimmbändern".


    Natuerlich bzw. leider widerstand Peter Schreier nicht immer der Versuchung, sich zu uebernehmen. Dazu zähle ich seinen Max auf CD, aber auch den Florestan, den er unter Harnoncourt konzertant gesungen hat, fuer die Buehne (Hamburg) aber absagte.


    Fazit : Auch wenn mir Tenöre wie Wunderlich oder heute Kaufmann mehr liegen, habe ich doch grosse Hochachtung vor der Lebensleistung Schreiers, den ich einige Male, auch hier in Finnland, als sehr seriösen Dirigenten erlebt habe.


    Mikko

  • Zitat

    Original von Theiresias
    "Trocken" ist denke ich hier der Falsche Ausdruck. Die Stimme ist möglicherwiese schmal, stellenweise sogar eng, aber nie "trocken". Sie ist im Gegenteil stets obertonreich und leuchtend.


    Hallo Theiresias,


    auf welchen Beitrag bezieht sich dein Einwand?
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Zitat

    Original von Siegfried


    Hallo Theiresias,


    auf welchen Beitrag bezieht sich dein Einwand?
    :hello:


    Lieber Siegfried,


    JR hat am 30.10.2005 Schreiers Stimme als "trocken" bezeichnet, worauf Theiresias Bezug nimmt.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Zitat

    Original von Mikko
    Aber im Laufe der Zeit wandelte sich meine anfängliche Begeisterung, so dass ich diejenigen, die ihm reservierter gegenueber stehen, ganz gut verstehen kann. Schreiers Stimme bekam ein fuer mich unangenehm Greinendes...


    Genau, so empfand ich es auch.


    LG, Paul

  • Zu den beiden "größten Tenören"des vorigen Jahrhunderts möchte ich,


    wenn es sich um Oratorien-Sänger handeln soll, zumindest noch Nicolai


    Gedda und Josef Traxel hinzufügen. Beide waren auch bedeutende


    Opern und Liedersänger. Josef Traxel hat einige Jahre lang in Bayreuth


    große Rollen gesungen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Um Peters kenntnisreichen Beiträgen zu den Beethoven-Liedern im Einzelnen folgen zu können, hatte ich mir die drei Brilliant-CDs mit Aufnahmen aus 1968-70 angeschafft:


    Schreier hatte ich bis dahin in erster Linie als Evangelisten gekannt. Seine Liedstimme und -kultur gefällt mir ausnehmend gut. Er pflegt eine eher konzentrierte Ausdrucksbreite mit hervorragender Wortaussprache und -deutlichkeit; insgesamt eine Stimme und Herangehensweise, die ich nahe bei Prégardien empfinde. Ohne jede Exaltiertheit und überzogene Expressivität spürt er den Texten und ihrer Einbettung in die Komposition nach, bringt den Text zum klingen. Ich schätze das sehr, das ist es, was ich vom Liedgesang erwarte.


    Das was Mikko und Paul als so negativ empfinden - unangenehm Greinendes -, scheint eine im Laufe der Zeit in Schreiers Operngesang eingetretene Veränderung zu betreffen. Weder bei diesen Liedern aus den späten 60er Jahren lässt sich diese Veränderung schon feststellen, noch habe ich das bei seinen letzten Aufnahmen als Evangelist hören können.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Dieses "Greinen" setzt Schreier als David in den Meistersingern mit Karajan ja sehr effektvoll ein, wenn er erzählt, was für eine Plage die Ausbildung ist. Aber es bleibt im Rahmen des guten Geschmacks und deutet den Text m. E. auch richtig.


    Wo er es übertreibt, das ist diese Aufnahme:



    Vermutlich, um die (vermeintliche) Naivität der Volksliedtexte zum Ausdruck zu bringen, singt Schreier manchmal mit einem unangenehm weinerlichen Einschlag. Das ist schade, da ich seine Stimme auch gerade für diese Musik sehr passend finde und die Orchesterarrangements sehr gelungen sind.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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  • Aus alten DDR-Beständen besitze ich noch eine Anzahl alter "Eterna" - Langspielplatten mit Peter Schreier, Lieder, Arien, Opern-Recitals usw., die in den 60er und 70er Jahren aufgenommen wurden und zum Großteil im Westen nie und auch nach der Einheit nicht auf CD erschienen sind.


    Diese Aufnahmen sind wirklich alle hörenswert. Schade, dass die Pressqualität der alten Vinyl-Scheiben nicht immer zufriedenstellend war. Für mich war Peter Schreier einer der ganz großen Tenöre seiner Zeit. Natürlich gibt es auch Kritikpunkte - z.B. seine mangelhafte Aussprache des Italienischen; - aber ich nehme ihm sogar den "Max" im "Freischütz" ab - zumindest in der Studioproduktion unter C.Kleiber (auf der Bühne hat er es, glaube ich, garnicht erst versucht).


    Dass er - im Gegensatz zu vielen seiner Tenorkollegen - ein hochintelligenter Mensch ist, wurde in diesem Thread weiter oben schon gebührend herausgestellt!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Meine persönliche Lieblingsaufnahme mit Peter Schreier ist Beethovens Lied "An die Hoffnung": Insbesondere die Phrase "Lass durch dich empor gehoben den Dulder ahnen, dass dort oben ein Engel seine Tränen zählt" ist für mich, von Schreier gesungen, eine der schönsten Erfahrungen im Beethoven-Gesang.


    :hello: Petra

  • Meiner Meinung nach gilt für alle Aufnahmen von Gesangsstimmen: Sie besitzen vor allem Erinnerungswert. Eine Stimme, die man nie "live" im Raum gehört hat kann man auch nicht wirklich beurteilen. Wie anders klingt doch Domingo im Raum als auf Platten! Die Platte war und ist dem Realeindruck nicht gewachsen. Franco Corellis Nimbus kann ich nur von Studio- Konserven ausgehend nicht nachvollzeihen, wohl aber von Piratenaufnahmen... Es gibt eben Mikrifonstimmen und Stimmen, die keine solchen sind... Seit ich Peter Schreier in mehreren Liederabenden gehört habe, höre ich auch die Einspielungen anders, als wären sie nicht dieselben... Von seinem "Geschichtenerzählen" war ich stets beazubert, jede Phrase ein Juwel, der Atem schier unendlich... Nie hat mich die Kunstform "Lied" so gepackt wie von Peter Schreier vorgetragen. Jeder hat die Stimme, die er eben hat. Die Kunst beginnt bei der Frage: Wie werden die vorhandenen Mittel angewandt. Peter Schreier trifft wie kein anderer genau jene Balance zwischen Wort und Musik, die beide zur natürlichen Einheit verschmelzen lassen. Andere "singen" mir zuviel oder "sprechen" mir zuviel. Für heißt der "Liederfürst"- wenn es überhaupt solcher Titel bedaf- Peter Schreier! Ich verdanke ihm Momente, die mich "in eine bess're Welt entrückt" haben.
    "Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus..."
    Danke, Peter Schreier!
    Zun ersten Mal: Bendi.

  • Die beiden Tenöre zu vergleichen, funktioniert nicht.


    Z.B. beim Tamono war Fritz Wunderlich immer ein strahlender Prinz, habe ihn ja oft genug erlebt,


    während Peter Schreier mir immer wie ein Oberlehrer vorkam, der in das Gewand des Prinzen, bei einer Schulaufführung, geschlüpft wäre.


    Jedoch hat er den Tamino schon sehr gut gesungen, Mozart lag ja beiden.


    Nur Beide gegeneinander ausspielen funktioniert nicht, da ist es eine ganz andere Welt in der Auffassung.


    Liebe Grüße Peter aus Wien

  • Peter Schreier, der vielleicht bekannteste DDR-Sänger neben Theo Adam, finde ich genial als Evangelisten und in diversen anderen geistlichen Werken (etwa auch auf einer wunderbaren CD mit Liedern aus der Luther-Zeit).


    Daneben war er aber, wie schon mehrfach erwähnt, ein begnadeter Opernsänger, wenngleich hier ein wenig unterschätzt. Seine Paraderollen waren durchaus auch im Wagner-Fach zu finden, insbesondere als Loge ( :jubel:) und als David wußte er zu überzeugen, aber natürlich auch bei Mozart.


    Eine sehr markante Stimme, die man sofort erkennt und die ich um keinen Preis missen möchte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • subjektiv aber dennoch muss ich es loswerden (auch wenn früher im forum drastisch das gegenteil artikuliert wurde): der liedgesang schreiers mit schiffscher begleitung gehört zum besten und erlesensten was auf tonträgern existiert, zB schwanengesang. dagegen fällt das psychologisieren fischer-dieskaus um der stimmlichen schwäche zu entkommen v.a. in den späteren aufnahmen, allzu schmerzlich auf. schreiers stimme leuchtet und geht auch über die grenzen. dass da ab und an ein kratzen oder ähnliches auftaucht macht ihn für mich oder eben spez diese aufnahme eher sympathisch.

  • Ich habe Peter Schreier zweimal live gehört:
    - einmal in den 80er Jahren in Köln als David in den Meistersingern - da ist mir absolut nichts im Gedächtnis geblieben, kann also nicht mehr als sehr ordentlich gewesen sein
    - und einmal in den späten 90ern als Dirigent und Evangelist der Johannespassion; das war natürlich immer noch überwältigend. Einen solchen Eindruck der absoluten, fast symbiotischen Beherrschung eines Werkes habe ich kaum je wieder vermittelt bekommen.


    Ich erinnere mich, daß er im westdeutschen Fernsehen Anfang der 70er in einer Peter-Alexander-Show (!) auftrat und daß er mir da (kann es sein, daß er Verkaufte Braut sang? Weiß ich nicht mehr) auch stimmlich sehr sympathisch erschien. Später kaufte ich eine LP, auf der er, leider sehr unidiomatisch, italienische Barockarien sang.


    Ich empfand ihn eigentlich immer zuvörderst als Lied- und Oratoriensänger, und das ist sicher auch der Bereich, in dem er sich stimmlich am wohlsten fühlt.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • ;)Es funktioniert doch, oper 337!
    Hier im Forum wird Kesting bezüglich der Belmonte-Darstellung etwa so zitiert:
    Belmonte von Schreier ist Oh, wie ängstlich
    Belmonte von Wunderlich ist Oh, wie feurig
    Ich schätze beide Sänger, musste aber bei dem Vergleich lächeln, weil an der flapsigen Aussage was dran ist...

  • Die mir bekannten Aufnahmen Peter Schreiers mag ich eigentlich alle sehr.
    Ich kenne diesen Sänger vor allem aus den Bereichen Lied und Oratorium.


    Hierbei schätze ich sehr die deutliche und ausdrucksreiche Aussprache.
    Schreier verfügte allein durch die Art und Weise, wie er mit der deutschen Sprache umging, über eine grosse, textbezogene Ausdrucksvielfalt.
    Er tat das aus meiner Sicht mit viel Sinn für die richtige Balance zwischen Melodie und Deklamation.
    Interessant fand ich vor einiger Zeit einen Vergleich zwischen einigen "Deutschen Volksliedern", einmal ausgeführt durch Fischer-Dieskau/Schwarzkopf und dann durch Schreier/Mathis.
    Diese Lieder erfordern oft eine nicht einfach zu realisierende Mischung aus Schlichtheit und Ausdruck. Gerade weil Brahms bei diesen Liedern die Grenzen zwischen einfachen Volkslied und Kunstlied aufhob, mag dies so schwer sein.
    Fischer-Dieskau erkannte auch, dass man etwa einen Hirtenjungen "einfach" und "aufrecht-naiv" singen muss. Seine Darstellung wirkt auf mich aber so "gewollt einfach", dass es nicht überzeugt. Man hört die vorausgegangenen intellektuellen Prozesse und merkt, dass hier einer nicht nach Kunstlied klingen will, es sich aber umso mehr gekünstelt anhört.


    Peter Schreier traf hier in seiner individuellen Art genau den richtigen Ton, wie ich finde.


    Auch sein Timbre mochte ich immer sehr. Es hatte Klarheit und Strahlkraft zugleich.
    Dass er immer sehr auf den Punkt zu intonieren vermochte und beim ihm keine Belcanto-mässigen Portamenti und Schluchzerchen zu hören waren, ist für meinen Geschmack ebenfalls ein grosser Gewinn.


    Mir gefallen auch viele seiner Schumann- und vor allem seine Mendelssohn-Lieder-Aufnahmen.


    Als Bach-Evangelist kenne ich ihn schon seit meiner Kindheit von vielen Richter-Aufnahmen.


    Dadurch, dass ich dann irgendwann anfing, die Bachkantaten etc. in den Harnoncourt/Leonhardt-Interpretationen zu hören, musste ich dann mit Kurt Equiluz vorlieb nehmen. Den schätze ich zwar ebenfalls, doch finde ich, dass Schreier über einen noch klareren Klang und eine deutlichere, ausdrückende Sprache verfügte.


    Bei der DVD-Aufnahme des Weihnachtsoratoriums unter Harnoncourts Leitung ist er Evangelist zu hören.
    Ausserdem gibt es eine hervorragende DVD-Einspielung der Kaffekantate von Bach, ebenfalls mit Harnoncourt. Hier hat Schreier zwar keine grossen Anteile, aber das, was er da sang ( und darstellte...), ist m.E. ganz ausgezeichnet :jubel:


    Ich wünschte mir, er hätte in dieser Zeit mehr Bäche zusammen mit Harnoncourt gemacht.


    Bei seinem (ich vermute letzten) Auftritt als Evangelist des Weihnachtsoratoriums dirigiert er gleichzeitig den Münchner Bachchor und das Bach Collegium München:



    Die Tenorarien hat er hier einem anderen Tenor überlassen.
    Seine Anteile als Evangelist lassen m.E. aber nichts zu wünschen übrig.
    Von Alterserscheinungen oder "stimmlichen Herbst" höre ich nichts.
    Seine Stimme hört sich kräftig und klar wie eh und je an.


    Es scheint ihm wohl gelungen zu sein, nicht zu spät mit dem Singen aufzuhören.


    Über Peter Schreier als Dirigent müsste man in einem anderen Thread sprechen.
    Bei der o.g. Aufnahme merkt man, dass die HIP-Bewegung auch bei ihm deutlich hörbare Spuren hinterlassen hat.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo, Glockenton!


    Das ist ja interessant und ging bisher komplett an mir vorbei - Peter Schreier singt eine Evangelistenpartie und die Kaffeekantate bei Harnoncourt :faint:


    Aber eigentlich dürfte mich das gar nicht so überraschen - denn ich stimme mit Dir überein: spätestens dem Dirigenten Peter Schreier merkt man sein Bescäftigung mit der HIP- Bewegung aber deutlich an.


    Zu meiner Wertschätzung für ihn habe ich mich geäußert- als ich vor vielen Jahren mit Bach begann gabe es, auch mangels Alternativen, für mich nur Peter Schreier im Tenorpart. Aber trotz der unzähligen Alternativen heute ist er "mein" Evangelist geblieben.


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

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