Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr 4 in G-Dur op 58

  • Salü,


    während ich gerade diese bewundernswert-exotische Einspielung genieße:



    LUDWIG VAN
    Concerti 4 & 5 pour le Pianoforte avec accompagnement d'orchestre


    Concerto pour pianoforte n° 4 op. 58
    Concerto pour pianoforte n° 5 op. 73


    Arthur Schoonderwoerd, Pianoforte Johann Fritz [Vienne, ~1805/1810]
    Cristofori [orchestre sur instruments anciens]


    ergibt sich mir beim Mitlesen in der Partitur folgende - eher technische - Frage zum 2. Satz. Es betrifft "die" Trillerstelle ab Takt 55. Dort ist vermerkt:


    due e poi tre corde und später in Takt 61 wiederum due, poi una corda. "Una corda" heißt ja frei übersetzt, man benutze den Dämpfer - schlägt also lediglich noch eine der üblichen drei Saiten an. Mir war neu, dass es zu Beethovens Zeit möglich war, auch zwei Saiten anzuschlagen. Womöglich - und das ist meine eigentliche Frage - waren die Klaviere damals deswegen mit drei [manchmal gar mit vier oder fünf!] Pedalen ausgerüstet?


    Zum Beispiel so:



    Instrument aus dem Pasqualati-Haus


    Falls dies stimmt, wäre dies ein erheblicher Grund [für mich], die entsprechenden Werke nur noch auf solchen Instrumenten [oder Nachbauten] zu spielen, da moderne Flügel m. W. neben dem klassischen tre-corde- nur das una-corda-Spiel zulassen. Mein altes Lernklavier hat übrigens auch drei Pedale, wobei das mittlere aber ein feststellbarer Dämpfer ist [den ich nie benötigt habe :D ].


    :hello:


    Ulli

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Hallo!


    Wieder ein "neues" 4tes in meiner Sammlung:




    Ludwig van Beethoven [1770-1827]
    Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58


    Boris Berezovsky
    Swedish Chamber Orchestra Örebro
    Thomas Dausgaard


    Obschon ganz hervorragend gespielt, sowohl vom Orchester als auch vom Pianisten, gefallt's ma nicht so rächt... gegen Schoonderwoerd hat momentan ohnehin niemand eine messbare Chance. :P


    Dennoch: Die Interpretation ist orchesterseits recht frech und scharf, ohne jedoch aufdringlich zu sein. Besonders bemerke ich dies im zentralen 2ten Satz: Der Kontrast zwischen Orchester- und Solopart ist bewundernswert klar herausgearbeitet. Das Tempo des Schlußprestos des 3. Satzes ist ebenfalls beneidenswert.


    Insgesamt benötigte Zeiten während dieser Einspielung:


    01 18:11
    02 04:34
    03 09:54


    Die Kadenzen klingen nicht besonders beethovenlike und m. E. auch nicht sonderlich inspiriert [außer von der unstrittigen Virtuosität des Pianisten].


    Als Bonbon enthält die Scheibe noch das Klavierkonzert Nr. 4a D-Dur op. 61a - die [für mich letztgültige :D ] Klavierfassung des Violinkonzertes also. Dazu aber in einem anderen Thread.


    :hello:


    Ulli

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)


  • Hallo Ulli,
    ich versuche mal laienhaft meine Erfahrung mit den „corde“ wiederzugeben, da ich mich mit historischen Instrumenten nicht auskenne.
    „Due corde“ gilt heute für den Dämpfer eines Flügels, obwohl die Baßsaiten ja nicht drei Saiten pro Ton haben, sondern nur eine.
    „Una corda“ also „eine Saite“ habe ich persönlich noch nie gelesen, weshalb mich der von Dir aufgezeigte Fall erstaunt, auch wenn ich wie schon gesagt, kein Fachmann für alte Tasteninstrumente bin, also nicht wirklich zuständig.


    LG Michael

  • Salut,


    una corda findet sich in vielen [Klavier-] Partituren des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts wieder: z.B. im 2. Satz von Mozarts Klavierkonzert A-Dur KV 414 - soweit also nichts Besonderes. Interessant fand ich die Anweisung due corde bzw. tre corde. Auf einem modernen Flügel kann zwar "tre corde" gespielt werden, wobei dies keiner besonderen Kunstfertigkeit bedarf, denn das ist der Normalfall [ohne Dämpfer], da moderne Flügel idR drei Saiten haben [bis auf die Bassoktaven]. Problematisch wirds eben mit "due corde" - da hierfür keine Vorrichtung existiert.


    Es muß sich also um drei Abstufungen der Phonstärke handeln, die jedenfalls auf mechanischem Wege heute so nicht wiederzugeben ist [außer man verwendet eben ein entsprechendes Instrument] oder man stuft durch die Spieltechnik entsprechend ab.


    :hello:


    Ulli

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Es muß sich also um drei Abstufungen der Phonstärke handeln, die jedenfalls auf mechanischem Wege heute so nicht wiederzugeben ist [außer man verwendet eben ein entsprechendes Instrument] oder man stuft durch die Spieltechnik entsprechend ab.


    Zu Beethovens Zeiten und auch später noch sind die Flügel noch lange nicht so standardisiert wie heute. Ich kenne zwei Möglichkeiten für una corda/due corde: zwei Pedale oder ein Pedal mit zwei Raststellungen. Dazu gibt es ja noch den Piano-Zug, Fagott-Zug, Türken-Zug ( bzw. alles als Pedale) und manchmal noch noch mehr, die je nach Erbauer auch unterschiedlich ausfallen können.
    Aber alles ohne Gewähr, diese modernen Instrumente sind nicht mein Spezialgebiet. :no:

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  • Dazu kann ich nichts Fundiertes sagen, außer, daß ich in Bildbänden Hammerflügel in allen Abbtufungen bis 5 wie auf dem Bild von Beethovens Flügel im Pasqualati-Haus gesehen.
    Weiß eigentlich jemand, ob dieser Flügel bespielbar ist, das gleiche gilt für den Flügel in Budapest. Wenn ja, gibt es Einspielungen?


    Schonderwood ist einfach eine eigene Liga. Lohnt sich die Aufnahme mit Dausgaard, nachdem ich mir die Sinfonien bestellt habe?


    Das was Du, Ulli sagst, daß schon aufgrund der Pedalsituation und der Vorgaben, der KLang auf den alten, bzw. nachgebauten Instrumenten die Wiederegabe auf neuen Klavieren eigentlich obsolet macht. Dem könnte ich zustimmen. Das würde dann aber auch für die Klaviersonaten gelten.


    Weiß jemand, o es Klangunterschiede zwischen Nachbau (wie Brautigam ihn verwendet) und dem entsprechenden Original gibt?


    Zur Zeit höre ich Pollini durch. Nach so vielen neuen Einspielungen tut so etwas "Klassisches" auch mal gut. Man muß einfach ein bißchen Auswahl haben.
    Die Klaviersonaten sind immer wieder, auch beim 100sten Mal eine eigene Welt


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Stabia
    Weiß eigentlich jemand, ob dieser Flügel bespielbar ist, das gleiche gilt für den Flügel in Budapest. Wenn ja, gibt es Einspielungen?


    Von dem Budapester Flügel habe ich schon Aufnahmen gesehen (aber leider nicht gehört), genauer kann ich mich aber nicht erinnern. :wacky:


    Zitat

    Das was Du, Ulli sagst, daß schon aufgrund der Pedalsituation und der Vorgaben, der KLang auf den alten, bzw. nachgebauten Instrumenten die Wiederegabe auf neuen Klavieren eigentlich obsolet macht. Dem könnte ich zustimmen. Das würde dann aber auch für die Klaviersonaten gelten.


    Hat nicht sogar Brendel einmal gesagt, dass Beethoven auf dem modernen Flügel so etwas wie eine Transkription wäre?


    Zitat

    Weiß jemand, o es Klangunterschiede zwischen Nachbau (wie Brautigam ihn verwendet) und dem entsprechenden Original gibt?


    Die gibt es immer, solange kein Stahlrahmen im Spiel ist. Allerdings halten die sich bei guten (!) Erbauern in solchen Grenzen, dass sie in die Toleranzbreite der Originale fallen.

  • Zitat

    Original von Stabia
    Schonderwood ist einfach eine eigene Liga. Lohnt sich die Aufnahme mit Dausgaard, nachdem ich mir die Sinfonien bestellt habe?


    Salüt!


    Die Frage nach dem "Lohnen" ist nicht so einfach zu beantworten. Für jemanden, der die x-te Einspielung ein und desselben Werkes benötigt, lohnt es sich sicherlich. Ich persönlich habe durch Dausgaard hinsichtlich der Klavierkonzerte op. 58 und op. 61a keine neuen Erkenntnisse gewonnen [die Frage ist, ob man unbedingt neue Erkenntnisse benötigt oder was man sonst eben sich von einer x-ten Einspielung erwartet].


    Die Einspielungen sind, wie ich es angesagt habe, sicherlich sehr gut, fallen aber für mein Verständnis gegen Schoonderwoerd mit 90% Gefälle ab... :rolleyes: - wobei Arthur Schoonderwoerd pianistisch bestimmt nicht "besser" ist als Boris Berezovsky.


    Nach der dausgaardschen - glänzenden! - Einspielung der "Eroica" hatte ich persönlich wesentlich mehr von den Klavierkonzerten erwartet. C'est la vie...


    Ulli

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Zitat

    Original von GalloNero
    ich habe mich verliebt.
    Wer kennt diese Aufnahme? Stehe ich mit meiner Meinung alleine da. Oder bin ich nur momentan und stimmungsbedingt besonders empfänglich für diese Interpretation?



    Zusammen mit Schoonderwoerd ist das auch meine Lieblingsaufnahme.
    Man hat mit diesen beiden einfach zwei ganz unterschiedliche Ansätze, die auf ihre Art sehr überzeugen.


    Ansonsten kenn ich noch Gould/Bernstein und Gulda/Stein - die ich allerdings nur mittelmäßig finde. Achja: Grimaud und (Dirigent vergessen) fand ich sehr enttäuschend. Irgendwann muss ich mir noch Pollini mit Böhm oder Abbado anschaffen. (Notiz für mich.)

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Hallo Marc und GalloNero,


    die Weissenberg/Karajan - KK- GA wurde ewig gut besprochen. Leider ist mit diese nie "in die Finger" gekommen.
    :hello: Wie ist die den klanglich geraten - brauchbar und Stereo ?
    Ist der Klavierklang natürlich oder hat er historische Züge ?


    Je nach dem würde ich mir diese EMI-GA der KK gerne bestellen, wenn auch die klangliche Seite stimmt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Zitat von teleton

    Hallo Marc und GalloNero,


    die Weissenberg/Karajan - KK- GA wurde ewig gut besprochen. Leider ist mit diese nie "in die Finger" gekommen.
    :hello: Wie ist die den klanglich geraten - brauchbar und Stereo ?
    Ist der Klavierklang natürlich oder hat er historische Züge ?


    Je nach dem würde ich mir diese EMI-GA der KK gerne bestellen, wenn auch die klangliche Seite stimmt.

    Sowohl der musikalische als auch der aufnahmetechnische Klang sind großartig.
    Das gilt für das Orchester (wundervoll, wie Weissenberg zu Beginn des Rondos zärtlich begleitet wird - so deutlich und feinfühlig habe zumindest ich das selten herausgearbeitet gehört) und für das Klavier.
    Kannst ja mal irgendwo bei JPC in den Beginn des ersten Satzes reinhören, da wird ja sowohl der aufnahmetechnischen als auch der interpretatorische Klang deutlich - wie so lächelndens Ausseufzen. Mhh.. :]


    Achja:
    Stereo-ADD, 1975 (KK), 1970 (Triple Konzert)

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Das Besondere der Aufnahme des 4. Klavierkonzerts mit Karajan/Weissenberg besteht nicht zuletzt darin, dass das Klavier auf faszinierende Weise immer wieder tief in den Klang des Orchesters eintaucht und organisch mit ihm verwoben wird. Die Aufnahme ist von einem außergewöhnlich hohem Maß einheitlichen Musizierens geprägt.


    Loge


  • B E E T H O V E N
    Klavierkonzert no.4


    Pletnev
    Gansch, RNO


    Pletnevs Interpretation wird für eines sicherlich nicht sorgen: Gleichmut.


    Zu schroff fallen eingeschobene Pausen und ein stellenweise radikalisierend andersartig empfundenes Verständnis für das Strapazieren des musikalischen Flusses ins Gewicht, was insbesondere im Zusammen(Gegeneiander-?)Spiel mit der konservativ geprägten Herangehensweise des Russischen Nationalorchesters unter Christian Gansch aufhorchen lässt.


    Auffällig wird dies gleich am Anfang, wenn Pletnev mit seinem Solo in das Klavierkonzert einführt und für Irritationen sorgt; je nach Betrachtungsweise kann diese Irritation auch als erheiternd andersklingend oder einfach nur effekthaschend manieriert angesehen werden.


    Ich für meinen Teil bevorzuge eher die Interpretationsrichtung, wie sie vom Gespann Arrau/Davis (GWO Leipzig, 1989) eingeschlagen worden ist. Nichts desto trotz will ich der Aufnahme nicht ihre Qualität absprechen und ihre Einsatzmöglichkeit zur kurzfristigen Neujustierung durch das Ausloten von Grenzen vermerken.


    ========--=======+-=
    Grüße aus dem Ländle.
    Milosz.

    "Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt."
    Arnold Schönberg

  • Zitat von teleton

    Hallo Marc und GalloNero,


    die Weissenberg/Karajan - KK- GA wurde ewig gut besprochen. Leider ist mit diese nie "in die Finger" gekommen.
    :hello: Wie ist die den klanglich geraten - brauchbar und Stereo ?
    Ist der Klavierklang natürlich oder hat er historische Züge ?


    Je nach dem würde ich mir diese EMI-GA der KK gerne bestellen, wenn auch die klangliche Seite stimmt.

    Hallo Wolfgang,


    Ich kann Marc und Loge nur Zustimmen. Habe gerade nochmal reingehört. Hast Du zwischenzeitlich zugegriffen. Mich würde Deine Meinung sehr interessieren.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo GalloNero,


    ich hatte meine Meinung zu den Weissenberg/Karajan (EMI)-Aufnahmen bereits im Thread zu den Beethoven - KK Nr.1-5 im Februar 2008 geäußert.


    Diese EMI-Aufnahmen konnten mich nicht in dem Maße begeistern, wie es jetzt eine Brillant 6CD-Serie mit den Beethoven-KK und einigen Sonaten mit Gilels / Staatliches SO der UDSSR Moskau / Masur (Briallnt, 6CD, LIVE 1976-1984, ADD Stereo) geschafft haben.
    Ich habe soeben im Thread Beethoven KK Nr.1-5 darüber berichtet und bin gespannt auf weitere Meinungen dazu.


    Die EMI-CD´s habe ich bereits nicht mehr in meinem Bestand (verkauft). Das KK Nr.4 fand ich mit Weissenberg/Karajan noch am Besten. Aber der Klavierklang und die ganze Interpretation der GA sprachen mich nicht an.
    Da wollte ich doch lieber bei meinen Favoriten Brendel/Haitink und Fleisher/Szell verbleiben.
    :] Jetzt folgte die neue positive Gilels-Überraschung ...................

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Ich möchte einen warnenden Hinweis geben:
    Jüngst brachte die EMI alle Beethoven-Konzerte neu heraus, und zwar mit Evgeny Kissin, Sir Colin Davis und dem London Symphony Orchestra.
    Ich habe diese Kassette jetzt bereits zweimal umgetauscht. Es bestehen erhebliche Pressfehler im dritten Satz des 4. KKs. Bei meinem ersten Exemplar war der Schlussakkord technisch verhunzt. Im zweiten Exemplar versagte die Aufnahme bereits in der Satzmitte den Dienst. Um unliebsame Überraschungen dieser Art zu vermeiden, empfehle ich, den gesamten 3. Satz beim Händler abzuhören. Wie mir ein Verkäufer sagte, haben verärgerte Kunden scharenweise ihre Kassetten zurückgegeben - diese technische Schludrigkeit ist also kein Einzelfall.


    Florian

  • Zuerst ein paar Gedanken zum Sinn und Unsinn von Superlativen...


    Yevgeny Sudbin, 1980 geboren, wird vom englischen "Daily Telegrah" als "vielleicht einer der größten Pianisten des 21. Jahrhunderts" gerühmt.


    Schön, vielleicht ist er es, vielleicht auch nicht, und da das 21. Jahrhundert gerade einmal zehn Jahre alt ist, erscheint mir diese Aussage nicht nur nichtssagend, sondern effektheischend peinlich zu sein.


    Sudbin selbst hat die vorzustellende CD seiner Tochter Isabella zur Geburt gewidmet. Wenn sie sie einmal hört, wird sie bestimmt ihre Freude haben, denn das Resultat ist -auch ohne Effektheischerei- außergewöhnlich.



    Vänskä, der bereits einen erstaunlichen, weil nicht "08/15"-Zyklus aller Beethoven-Sinfonien aufgenommen hat (siehe Ludwig van Beethoven: Sinfonien Nr 1-9 Welcher Zyklus ist der Beste ? -Thread) und Yevgeny Sudbin wollen alle Beethoven Klavierkonzerte miteinander einspielen. Nach dem Ergebnis der ersten CD darf man sich freuen.


    Sudbin ist kein "Kraftmeier", kein "Tastenlöwe". Er ist ein Pianist, der über profunde technische Möglichkeiten verfügt und diese mit einer Leichtigkeit ausspielt, die ich selten gehört habe. Sein Klavierspiel ist elegant, "feinperlig" und dynamisch außerordentlich differenziert. Exemplarisch wird diese Feinsinnigkeit in den Solopassagen des 2. Satzes ausgelebt. So verinnerlicht schön wird er selten vorgetragen.


    Ihm zu Seite steht ein bestens disponiertes Orchester mit einem Dirigenten, der bereit ist, dem gleichen feinsinnigen, fast schon kammermusikalischen, Ansatz zu folgen.


    Das Klavier (ein Steinway Flügel) ist zudem hervorragend in den Orchesterklang eingebettet, so daß es eher wie ein "primus inter pares" und nicht wie ein "Solistenkonzert mit Orchesterbegleitung" wirkt (das das 4. Klavierkonzert in seiner lyrisch melodiösen Grundhaltung sicher nicht ist, aber gerne einmal als solches gesehen wird).


    So entstanden 32 Minuten Musik, die uneingeschränkte Begeisterung hervorrufen, weil Solist, Dirigent und Orchester eine exemplarische Symbiose eingehen und so lustvoll-engagiert und farbig-differenziert miteinander musizieren, daß für mich eine neue, mit Pollini und Böhm "gleichberechtigte Referenz" entstanden ist.


    Auch das 5. Klavierkonzert wird auf allerhöchstem Niveau dargeboten, aber dafür gibt's ja einen eigenen Thread... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    vielen herzlichen Dank für diese Empfehlung.


    Feinsinn kann man auch als Titel dieser CD benutzen. Gerade das Vierte ist das am schwierigsten zu spielende KK. Bei allen meinen bisherigen Einspielungen hakte es an der Balance. Und hier wird sie wunderbar vorgeführt, als wäre es nichts!


    Ich hatte schon die Befürchtung, das ich in der Vergangenheit suchen muss um eine Interpretation zu finden, die mir zusagt. Brauche ich nicht mehr!


    So langsam sehe ich einen Zusammenhang der Beethoven Einspielungen von Faust/Melnikov, dem Artemis Quartett dem Beethoven Trio und jetzt dieser CD.


    Es wird ein Beethoven gespielt, der in seinen Feinheiten gewürdigt wird. Ein inniges Zusammenspiel, das die Komposition auch ohne Pathos in all seinen Facetten zeigt.


    Um die Zukunft muss einem nicht bange sein!


    Viele Grüße Thomas

  • Ich kann da nur mit einer älteren Aufnahme aufwarten, die ich nichtsdestotrotz heute zum ersten Mal gehört habe:



    Es ist dies meine vierte Brendelsche Aufnahme des 4. Klavierkonzertes und gleichzeitig meine vierte Gesamtaufnahme mit diesem Pianisten, den ich persönlich für einen der größten Pianisten es 20. Jahrhunderts halte. Nachdem ich schon das Emperor gehört habe aus dieser mir erst jetzt "zugeflogenen" Gesamtaufnahme aus den 70er Jahren mit Bernhard Haitink am Pult des London Philharmonic, bin ich drauf und dran, diese Gesamtaufnahme für die beste der vier zu halten, nach der ersten (gemischten) in den 60er Jahren entstandenen mit Wilfried Böttcher (Nr. 1), Heinz Wallberg (Nr. 2, 3 und 4) und Zubin Mehta (Nr. 5), sowie dem in den 80er Jahren entstandenen Zyklus mit James Levine und en 1999 entstanden mit Sir Simon Rattle.


    Auch in diesem 4. Konzert ist wie schon im 5. alles so kristallklar, so federleicht, so unendlich souverän und anrührend. Brendel kommt auch hier ohne die große Pranke aus, eins ergibt sich aus dem anderen, als wenn es schon immer so hätte sein müssen. Prachtvoll.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die von teleton ebenfalls präkonisierte Einspielung dieses Konzertes durch EMIL GILELS ist sicher ebenfalls sehr meisterhaft, doch spielt mir GILELS dieses 1. Klavierkonzert etwas zu mächtig. Dagegen ist EMIL GILELS mein absoluter Favorit für die Wiedergabe des Klavierkonzertes Nr. 4, op. 58 mit dem PHILHARMONIA-ORCHESTER unter LEOPOLD LUDWIG.


    Hallo WOK,


    damit dein Zitat und auch die Gilels/Ludwig-Aufnahmen des KK Nr.4 nicht untergehen zietiere ich Dich hier aus dem KK1-Thread.


    Die Gilels/Ludwig-Aufnahmen der KK Nr.4 und 5 sind von 1957 und schon in Stereo und neben einem Rauschteppich aber zum Glück klangtechnisch noch akzeptabel.
    :!: Diese sind neben der KK-GA mit Giles/Szell in der abgebildeten 9CD-Box (EMI) enthalten.


    :angel: Es war mir ein Anliegen diese wunderbare Gilels-Aufnahme des KK Nr. 4 nicht ausser acht zu lassen. Sie ist grandios empfunden gespielt und vom Tempo nur im ersten Satz etwas zügiger als die ebenfalls herrliche Aufnahme mit Szell von 1968. Leopold Ludwig findet den richtigen Ton mit einem gross aufspielenden Philharmonia Orchestra, dort wo es angebracht ist.



    EMI, 1968 (KK1-5 mit Szell), 1957 (KK 4+5 mit Ludwig), 1954/7 (KK1-3 mit Vandernoot/Cluytens in Mono), ADD


    :!: Die 3te Gilels-Aufnahme unter Masur mit dem Staatlichen SO der UDSSR (Brillant, 1976) bringt die üblichen bekannten (in anderen Threads schon erwähnten) klanglichen Einbussen im Orchesterklang; durch die damalige russische Aufnahmetechnik gegeben. Schlägt aber von der Interpretation in die gleiche Kerbe (auch was die Tempovorstellungen angeht), wie die beiden Vorgänger, sodass nur Bewunderung für alle 3 Gilels-Aufnahmen übrig bleibt.
    Es ist aber die Aufnahme, die mich innerlich auffwühlt, da Gilels auch hier das brillanteste Feuer abliefert und der Klang des UDSSR-Orchesters für Beethoven eine Sonderstellung einnimmt, die eine fantastische innere Spannung bei den Höhepunkten auslöst.


    :thumbsup: Für "die Insel" würde ich mich dann hier beim 4ten aber für die Klangbeste dieser 3 Gilels-Aufnahmen entscheiden und das ist die auch im Orchester Megastraffe und in ihrer Präzision masstabsetzende mit Szell / Cleveland Orchestra (EMI, 1968).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • ...weil die Aufnahme im Original nicht mehr bei Amazon erhältlich ist...


    Hier das Cover:

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • danke,


    jetzt werde ich sie einfach mal ordern - ich hoffe diese frühere version klingt nicht viel schlechter als die neueren einzelausgaben.


    kalli

  • Zitat

    teleton: Hallo WOK,




    damit dein Zitat und auch die Gilels/Ludwig-Aufnahmen des KK Nr.4 nicht untergehen zietiere ich Dich hier aus dem KK1-Thread.

    Hallo teleton,


    Das ist eine sehr gute Idee und sehr aufmerksam! Vielen Dank!

    Zitat

    teleton:
    Für "die Insel" würde ich mich dann hier beim 4ten aber für die
    Klangbeste dieser 3 Gilels-Aufnahmen entscheiden und das ist die auch im
    Orchester Megastraffe und in ihrer Präzision masstabsetzende mit Szell / Cleveland Orchestra (EMI, 1968).

    Zunächst einmal finde ich es sehr hilfreich, daß Du nochmals alle 3 GILES-Aufnahmen übersichtlich zusammengefaßt hast.
    Sicher sind alle 3 Einspielungen großartig, und es ist sehr schwierig, davon einer den Vorzug zu geben. Bei jeder gibt es vielleicht ein winziges Detail, das einem vielleicht noch eine kleine Spur besser gefällt. Ich für meinen Teil würde für "die Insel" wohl nach wie vor den Zuschlag der GILELS-Aufnahme mit dem PHILHARMONIA ORCHESTRA LONDON under LEOPOLD LUDWIG
    geben, da mir das Orchesterspiel der Londoner etwas wärmer erscheint als das natürich wie immer sehr präzise und spritzige Spiel des CLEVELAND ORCHESTRA unter GEORGE SZELL, das für mich z. B. für die fantastische Einspielung des 1. Klavierkonzertes von BRAHMS mit RUDOLF SERKIN , oder das KLARINETTEN-KONZERT von MOZART mit ROBERT MARCELLUS, Klarinette , oder auch für die MOZART- Sinfonien KV 550 und 551 die erste Wahl wäre.


    Jedenfalls stimmen wir hier weitgehend überein, vor allem wohl in der Feststellung, daß das 4. Klavierkonzert von BEETHOVEN GILELS offenbar ganz besonders gut liegt und von ihm in allen Interpretationsvarianten grandios gespielt wird.


    Viele Grüße


    wok


  • Beethoven, Klavierkonzert Nr. 4 G-dur op. 58


    Arthur Rubinstein, Klavier
    London Philharmonic Orchestra, Ltg. Daniel Barenboim,
    London, März 1975


    Dieses Konzert, das im zeitlichen Ablauf zwischen der Klaviersonate Nr. 23 f-moll op. 57 „Appassionata“ und den 3 „Rasumowksy“-Streichquartetten op. 59 entstand, beginnt, völlig neu und überraschend, mit einem Klaviersolo. Eine wundervolle lyrische Melodie hebt an, sehr exponiert und von Arthur Rubinstein atemberaubend vorgetragen. In sanfter, leiser Stimmung nimmt das Orchester die Melodie auf und trägt sie fort, alles in sehr entspannter, heller Stimmung. Es ist ein ständiges Ineinanderfließen und Fortspinnen der reichhaltigen musikalischen Gedanken, wobei dem Klavier der ihm gebührende Platz vom Orchester eingeräumt wird, vor allem mündet alles in eine ausgedehnte Kadenz, ebenso wie im 3. KK von Feruccio Busoni editiert. Die Kadenz dauer in dieser Aufnahme über 4:20 Minuten, so dass dieser Satz, auch eingedenk der Satzbezeichnung Allegro moderato 20:58 Minuten dauert.
    Im Gegensatz zu den anderen 4 Konzerten, vor allen Dingen den ersten drei, ist der langsame Satz, hier im etwas schnelleren Andante con moto relativ kurz, zwischen 5 und 6 Minuten, je nach Interpretation, und vor allem, was bei Beethoven atypisch ist, von dunkler Moll-Färbung, ganz im Gegensatz zum luciden G-dur der Haupttonart. Schon in den ersten Takten kommt dies in den tiefen Streichern zum Ausdruck und die Melodiegebung weist m.E. schon weit in die Romantik voraus. In dem Vorgängerkonzert, Nr. 3 in c-moll op. 37, war es genau umgekehrt, dort war der langsame Satz der lyrische, positiv gestimmte. Den lyrischen, positiv gestimmten Part übernimmt dann auch hier das Klavier.
    Attacca geht es zum wiederum funkensprühenden Finale über, das Arthur Rubinstein noch einmal Gelegenheit gibt, nach dem lyrischen Kopfsatz und dem dunklen Mittelsatz seiner Spielfreude Ausdruck zu geben.
    Das London Philharmonic unter Daniel Barenboim ist einmal mehr nicht nur ein Begleiter, sondern gleichberechtigter Partner, und so werfen sich auch beide , Solist und Orchester, in schönster Weise die musikalischen Bälle zu.
    Vom Aufbau und musikalischen Ideenreichtum ist dies sicherlich unter den bisherigen Klavierkonzerten Beethovens herausragend, vielleicht überhaupt von allen Fünfen. In der Interpretation Arthur Rubinsteins, des London Philharmonic und Daniel Barenboims ist es sicher auch eine Spitzenaufnahme.
    Demnächst werde ich auch etwas zu Rubinsteins mittleren Aufnahmen von 1967 unter Erich Leinsdorf sagen können, da diese schon bestellt sind.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Spät aber doch kommt Antwort. Im Beitrag Nr 20 dieses Thrads vom Februar 2006 machte Sagitt auf eine Aufnahme des 4. Klavierkonzerts mit Richter Haaser am Klavier und Istvan Kertes am Dirigentenpult des Philharmionia Orchestra aufmerksam. Dies Aufnahme ist nun wieder erhältlich und zwar in einer 6 CD Box, welche 13 Klaviersonaten, die Klavierkonzert Nr 3 - 4 - 5 , sowie einige kleinere Werke für Soloklavier enthält. Das Label ist diesmal EMI. Dieselbe Aufnahme des Klavierkonzerts Nr 4, ergänzt durch Nummer 5 gibt es auf "Testament" - Diese einzelne CD kostet jedoch lediglich um 3 Euro weniger (=16.99) als die Box mit 6 CDs, welche um 19.99 zu haben ist.
    Meine persönlichen Vorlieben bringe ich entweder heute nacht oder aber morgen....

    mfg aus Wien
    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!




  • Beethoven, Klavierkonzert Nr. 4 G-dur op. 58
    Arthur Rubinstein, Klavier
    Boston Symphony Orchestra
    Ltg.: Erich Leinsdorf
    AD: 20. 04. 1964


    Spielzeiten: 18:34-4:38-9:58 -- 33:10 min.;


    Das meiste von mir in Posting Nr. 55 Gesagte gilt auch für diese Aufnahme, nur, dass alles auf einem temporal geringfügig höheren Niveau stattfindet, wie die am Ende angegebenen Spielzeiten aller drei Aufnahmen zeigen werden. Nun war Rubinstein bei dieser Aufnahme "erst" 77 Jahre alt und spielte mit der Verve eines jungen Mannes.
    Das Orchester unter der Leitung von Erich Leinsdorf spielte äußerst zupackend, mit einem geschärften Klang in den Blechbläsern, was vor allem im mitreißenden Finale zum Tragen kam. Dort "rockte" das Orchester Beethoven regelrecht, Rubinstein nicht minder. Im Andante con moto war der Gegensatz zwischen dem dunklen, dramatischen Agieren des Orchesters und dem lyrischen Ausgleich durch das Klavier vielleicht noch ein wenig stringenter als in der 11 Jahre später entstandenen Aufnahme unter Barenboim.
    Jedenfalls gehört die Ausführung des Rondo: Vivace zum Besten, was ich jemals von diesem Satz gehört habe, wie überhaupt die ganze Aufnahme m.E. in die Spitzengruppe aller Aufnahmen des 4. KK einzuordnen ist.


    Hier die Spielzeiten:


    Rubinstein 1956: 18:48-4:40-10:03 -- 33:31 min.;
    Rubinstein 1964: 18:34-4:38-09:58 -- 33:10 min.;
    Rubinstein 1975: 20:58-5:27-10:59 -- 37:24 min.;


    Interessant ist auch hier, wie schon im 3. KK, dass die mittlere geringfügig schneller ist als das frühere, aber weitgehend übereinstimmend, wie auch das von 1975 auf jeden Fall in den temporalen Binnenverhältnissen der Sätze davon zeugt, dass Rubinstein sich bis ins hohe Alter sein Tempogefühl erhalten hat, seine Technik und sein Rhythmusgefühl sowieso.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe hier ein wunderschöne, herrliche Einspielung mit Furtwängler in historischer Qualität. Es ist wohl ein Live - Konzert. Die Aufnahme entstammt einer 10 CD Box über Furtwängler, die das Label Centurion Classics aus dem Hause Weton Wesgram hergestellt hat. Leider finde ich weder bei Amazon noch sonstwo nähere Hinweise, geschweige denn Bilder. Dabei weiß ich noch nicht einmal, wie der überragende Pianist heißt, der dieses Konzert hier spielt.


    Hat jemand eine Ahnung, wie oft dieses Konzert mit Furtwängler aufgenommen wurde und wer als Pianist in Frage käme?


    viele Grüße

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