Das Haar in der Suppe - die ungeliebten Werke des geliebten Meisters

  • Glücklicherweise tendiere ich nicht dazu gewisse Werke meiner Lieblingskomponisten abzuqualifizieren.
    Im Gegenteil - ich bin jemand, der recht traurig ist, wenn er liest, daß gewisse Werke vielleicht auf ewig verschollen bleiben werden, so hatte beispielsweise Mozarts "Kleine Nachtmusik" 1 Satz mehr.....


    Natürlich gibt es auch Werke, die ich nicht mag - In der Regel stammen die aber dann nicht von einem der von mir "geliebten Meister"


    Für mich ist beispielsweise unverständlich wie man Beethovens "Tripelkonzert", "Chorfantasie" bzw das Oratorium "Christus am Ölberge" nicht mögen kann.


    Ob diese Werke aus heutiger Sicht als "bahnbrechend revolutionär" oder als "hausbackene Gelegenheitswerke" eingestuft werden, das ist mir ehrich gesagt ziemlich egal, was zählt ist die "Publikumswirksamkeit"



    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    das ist mir auch egal.


    Mir ist der geliebte Meister geliebter Meister, weil ein prozentuell hoher Anteil seiner Werke eine Saite in mir zum klingen bringt, ich, beim Wenigen, das ich weiß, in den meisten seiner Schöpfungen höchste Kunstfertigkeit und verblüffende Strukturen zu erkennen glaube, mir eine vergleichsweise große Anzahl seiner Kompositionen eine ästhetische oder anderweitige, künstlerische Aussage zu machen scheinen und ich mich eventuell auch noch fasziniert mit weiten Passagen seiner Biographie auseinandersetzten, wenn nicht gar identifizieren kann.


    Ist ja eigentlich trivial.


    Doch er ist mir nicht geliebter Meister, weil ich Sämtliches in Devotion kritiklos hinnehme, ihm unterstelle, dass nicht auch er ein Mensch mit Menschen war, er ständig auf gleichbleibendem Niveau schöpferisch tätig sein konnte, er jederzeit unbedingt inspiriert - ein schlimmes Wort, da oft missbraucht - gewesen wäre und ihm die eigene Kritikfähigkeit ausnahmslos über jedem einzelnen Lebensumstand gestanden hätte.
    Nur, weil ich beschlossen habe und von der Umwelt hierein bestärkt werde, dass er der geliebte Meister ist.


    Auch trivial.


    Und am trivialsten, aber so komme ich halt zu meinen persönlichen Schlüssen, die Tatsache, dass vor allem ich ein Mensch mit Menschen bin.



    Grüße,



    audiamus




    P.S.: Wenn Dir alles verständlich wäre, was andere Menschen über Musik denken, was sie mögen und nicht mögen und die Welt einen Kanon von einhelliger Meinung zu jedem einzelnen Werk der Musikgeschichte sänge, so hättest Du wohl kein Klassikforum in die Welt gesetzt.
    N'est-ce pas?
    .

  • Hallo,


    Bei mir gibt es eigentlich keinen Komponisten dessen Werke ich ausnahmslos alle liebe. Wie Audiamus schrieb waren auch die größten Meister im Endeffekt nur Menschen nur macht dann wahrscheinlich der Unterschied zwischen den Besten und den "nicht ganz so Guten" halt eben aus das Erstere in ihren Werken viel seltener gemenschelt,
    öfters auf höchstem Niveau komponiert haben.
    Man findet hin- und wieder Juwelen und Meisterwerke bei Komponisten bei denen man zuvor nicht mal von ihrer Existenz wußte, forscht man aber weiter in ihrem Repertoire macht sich oft Langeweile breit bzw. findet erst nach längerem, intensiven stöbern irgendetwas das einem sofort anspricht.


    Bei den Größten ist das glücklicherweise aufgrund einer Kombination von besonders viel angeeignetem Wissen und einer außerordentlichen Veranlagung weniger der Fall aber doch finde ich bei ihnen mehr oder weniger Werke wo ich persönlich irgendwie das Gefühl bekomme das hier nicht auf gewohnt hohem Level komponiert wurde - das kann verschiedenste Gründe haben (unter Zeitdruck, nicht in der richtigen Stimmung, ungeliebtes Auftragswerk, Jugendwerk noch nicht auf der Höhe seines Schaffens,...) aber es macht mir diese Komponisten auch irgendwie gerade wegen diesen "Ausfällen" sympathischer, näher,... und ich kann ihre Meisterwerke deswegen umso mehr schätzen da es einem umso mehr bewußt wird das es sich bei ihnen nicht um automatisierte, prefekt eingestellte "Komponierroboter" gehandelt hat (also irgendwelche Übermenschen denen alles nur so leicht von der Hand geht) und sie oftmals ihre Meisterwerke sehr mühsam abringen mußten was umso mehr meinen Respekt zollt.


    Aber wenn ich so überlege ist die Anzahl der schwächeren Werke bei zB Mozart,Schubert,Bach,Beethoven,...äußerst gering und selbst dann muß man wie oben erwähnt die Umstände der Enstehung bedenken.
    Ich würde jetzt zB nicht zwangsläufig Mozart seine Jugendwerke wie seine Sinfonien als Schwachpunkte bezeichnen. Ich finde sie zwar in Relation zu seinen Spätwerken nicht besonders aber wenn ich mir bewußt bin das er diese in relativ jungem Alter komponiert hatte und einigen wesentlich älteren komponierenden Zeitgenossen dabei um nichts nachstand, würde ich sie nicht als Schwachpunkte bezeichnen.


    Bei Bach habe ich sowieso noch nicht so richtig einen augenfälligen Schwachpunkt entdeckt, kenne aber noch längst nicht alles (einige Orgelwerke und den Großteil der Kantaten kenne ich noch nicht) Die Orchestersuiten sprechen mich großteils nicht so an aber als schwach würde ich sie deswegen nicht bezeichnen wollen - schwächer als das meiste Andere von ihm das ich kenne, aber da müßte man auch erstmal die persönliche Definition von schwach in Relation zu Bach erklären. ;)


    Beethovens "Wellingtons Sieg" hab ich mir einmal angehört und habe seitdem nicht mehr das Bedürfnis...liegt aber auch großteils daran das es einfach zu martialisch, pompös aufgezogen ist. Ganz sicher so einiges seiner Gelegenheitsarbeiten unter dem WoO, aber kann man das dann überhaupt mitzählen? ?(


    Bei Schubert muß ich auch immer bei einigen Werken das Alter heranziehn (viel Zeit hat er ja leider nicht auf Erden gehabt ;( ) wie zB bei seinen Ouvertüren, wo er den Großteil während seiner Jugend geschrieben hat und mich es nicht wundert warum sie bislang so selten eingespielt wurden. Ein bekanntes Stück was mich nicht anspricht wäre sein Oktett - bis zum 2.Satz gefällt es mir noch, dann wirkt es auf mich etwas trivial, aber ich gehe auch davon aus das es durchaus an mir liegt und ich einfach (noch) nicht den richtigen Draht dazu gefunden habe, da dieses Werk ja durchaus schon einige Bewunderer gefunden hat.


    Aber letztendlich, ich konzentriere mich lieber auf die Höhepunkte als auf die wenigen "Schwächen"...die sind letztendlich unbedeutend in ihrer Anzahl. Was bleibt ist doch die erstaunliche Anzahl an überwiegend hohem Anteil großer Meisterwerke...aber gut das war ja auch nicht das Thema. ;)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Ich halte es für ein Mißverständnis, hier mit dem Lichtenberg-Zitat zu kommen. Was hier gemacht wird, ist doch nichts groß anderes als die allgegenwärtigen Rankings oder 10 Lieblingssonaten usw., nur eben negativ.
    Und m.E. nicht uninteressant dadurch, dass es um Werke von Komponisten geht, die man im Grunde außerordentlich hoch schätzt. Wenn ich jetzt verkünde, dass ich Rachmaninoffs 2. Konzert noch weniger mag als das 3., ist das nicht interessant, da ich den grundsätzlich nicht besonders schätze. Aber wenn Ulli oder Alfred einräumen würde, dass er z.B. das Klarinettenkonzert von Mozart nicht mag, dann ließe das doch irgendwie aufhorchen. Aus einer Kritik, selbst wenn sie sehr subjektiv gefärbt ist, läßt sich ja mitunter mehr über das Stück und seine Stellung im Oeuvre des Komponisten erfahren als aus undifferenziertem Lob.


    Außerdem sehe ich es als sehr persönliche Äußerung an. Ich halte z.B. die Pastorale keineswegs für mißlungen oder schwach. Aber sie ist mit einigem Abstand die von mir inzwischen am wenigsten geliebte Beethovensinfonie (und das kann auch nicht an bloßem "Überhören" liegen, denn 3,5,7 habe ich eher noch häufiger gehört) und ich bilde mir auch ein ansatzweise sagen zu können, woran das liegt: an der sehr breiten, etwas repetitiven Anlage, "Undramatik" usw.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Ich halte es für ein Mißverständnis, hier mit dem Lichtenberg-Zitat zu kommen.


    Nö, :D


    denn das


    Zitat

    Ich halte z.B. die Pastorale keineswegs für mißlungen oder schwach. Aber sie ist mit einigem Abstand die von mir inzwischen am wenigsten geliebte Beethovensinfonie (und das kann auch nicht an bloßem "Überhören" liegen, denn 3,5,7 habe ich eher noch häufiger gehört) und ich bilde mir auch ein ansatzweise sagen zu können, woran das liegt: an der sehr breiten, etwas repetitiven Anlage, "Undramatik" usw.


    finde ich schon viel interessanter und aufschlussreicher als eine bloße Titelnennung.


    Mir gehen manchmal die frühen Cembalo- und Orrgelkompositionen von Bach auf den Nerv, weil da oft so etwas wie "die Fuge als Fortsetzungsroman" aufscheint. Das macht Spaß beim Spielen, aber beim Zuhören denkt man manchmal, dass die siebte Durchführung nicht auch noch sein müsste – so in Richtung Organistenzwirn eben.


    Die Pastorale erinnert mich immer an Spieluhrengedöns, ähnlich das Capriccio, das auch noch mit diesem lästigen Signalthema in der Fuge daherkommt.

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Was ist das denn für eine Arie?
    In der Standardversion gibt es nur "Von den Stricken..." und "Es ist vollbracht" für Alt. Aus alternativen Versionen sind mir nur zwei Tenorarien bekannt.


    Ah, Jesus - ich hab' da was durcheinander gebracht, und mich schon gewundert, warum das auf soviel Unverständnis stößt.
    Ich meinte nicht die Johannes-, sondern die Markus-Passion BWV 247.
    Und dort gibt es diese herrliche Alt-Arie "Mein Heiland, dich vergesse ich nicht."
    :D
    Markus ... Johannes ... soviel Pieta und Kreuze, kann man doch mal durcheinander bringen.
    :untertauch:


    Also - ich halte fest:
    Bach ist einer meiner geliebten Meister (falls mir das jetzt noch jemand abnimmt) - aber die Markus-Passion hat doch zahlreiche Längen, wirkt stellenweise wie ein einziges Rezitativ - mit wie gesagt vereinzelten Ausnahmen.
    "Die" Johannes-Passion mag ich allerdings auch, obgleich ich sie seltener höre als Lukas, äh ich meine Matthäus :P ;)

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Zitat

    Original von Marc
    aber die Markus-Passion hat doch zahlreiche Längen, wirkt stellenweise wie ein einziges Rezitativ - mit wie gesagt vereinzelten Ausnahmen.


    Ja, finde ich auch. Vor allem die vielen weißen Stellen stören. :D

  • Naja, die Markuspassion ist schwierig hier anzuführen, meine ich, handelt es sich doch um eine Rekonstruktion. Berichtigt mich, wenn ich falsch liege, aber die Musik ist doch komplett verschwunden und man griff auf Bachsche Musik anderer Werke zurück.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Masetto
    Naja, die Markuspassion ist schwierig hier anzuführen, meine ich, handelt es sich doch um eine Rekonstruktion. Berichtigt mich, wenn ich falsch liege, aber die Musik ist doch komplett verschwunden und man griff auf Bachsche Musik anderer Werke zurück.


    Also Rekonstruktion ist richtig, aber "komplett verschwunden" und Musik aus anderen Werken ... hm, wüßte ich jetzt nix von.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

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  • Dann lies mal hier und hier


    Ich habe gerade mal reingehört. Die Eröffnung stammt z. B. aus der Trauerode. Es gibt auch verschiedene REkonstruktionen. Interessant wäre zu wissen, welche Musik den einzelnen Passagen eigentlich zugrunde gelegt wurde. Weniges der Musik scheint noch erhalten.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Masetto
    Dann lies mal hier


    Alter Schwede, ich bin ... erstaunt.

    Zitat

    Einige Kantaten z.b. stellten sich im Nachhinein als Werke Telemanns heraus und selbst für eines der "berühmtesten" Bachwerke, Toccata und Fuge dmoll, BWV 565 vermutet mit glaubwürdigen Begründungsversuchen mein Lehrer Joshua Rifkin eine Komposition von Nikolaus Bruhns (1665-1697).


    8o

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Zitat

    Original von Marc



    Alter Schwede, ich bin ... erstaunt.


    Lenk nicht ab! :D
    Von der Markuspassion ist so wenig übrig geblieben, dass es erstaunlich ist, wenn man sie als "ungeliebtes Werk" genannt sieht.


    Zitat

    Einige Kantaten z.b. stellten sich im Nachhinein als Werke Telemanns heraus und selbst für eines der "berühmtesten" Bachwerke, Toccata und Fuge dmoll, BWV 565 vermutet mit glaubwürdigen Begründungsversuchen mein Lehrer Joshua Rifkin eine Komposition von Nikolaus Bruhns (1665-1697).


    Das mit Bruhns ist übrigens garantiert Blödsinn. :D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Lenk nicht ab! :D
    Von der Markuspassion ist so wenig übrig geblieben, dass es erstaunlich ist, wenn man sie als "ungeliebtes Werk" genannt sieht.


    Ach Kelle, ich muss nicht ablenken, weil es mir nichts ausmacht einzugestehen, dass ich nicht wusste, dass scheinbar so wenig von Bach selbst stammt.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • An was ich bei Mozart sehr wenig Freude habe sind seine Streichquartette. Anfangs gefielen sie mir noch (bzw. die die mir damals gefielen auch heute noch), aber mittlerweile kenne ich sie alle und muss schlussendlich sagen dass ich die meisten ziemlich langweilig finde.
    Die einzigen die mir noch gefallen sind der Hofmeister und das Dissonanzquartett.


    Ich bin aber allgemein bei Kammermusik nicht so empfänglich...


    :stumm:
    C.

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  • Das 'Hoffmeister' ist genehmigt - der hat übrigens selbst auch ziemlich gut komponiert:



    Grandios! :jubel: :jubel: :jubel: und 'Aviv' ohne Tel :D


    Vom KV 465 streichen wir mal den Hauptsatz nach der langsamen Einleitung, das Menuett und den Finalsatz. Stattdessen nehmen wir lieber eins der Preußischen, bestenfalls das F-Dur KV 590 (komplett, besonders jedoch das Menuett und den Finalsatz - ich liebe das verrückte Cello im Menuett und das entrückte Des-Dur der Durchführung im Finale). Und natürlich nur von den festetics gespielt, sonst kann's keiner wirklich...


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Man kann bei einem lange Zeit ungeliebten Werk eines geliebten Meisters faustdicke Überraschungen erleben, wenn man eines Tages das Glück hat, endlich die Aufnahme zu hören, die das Quentchen Mehr an Dynamik, Vitalität etc. bringt, das man früher immer vermisste.
    Seitdem ich als Knabe im öffentlichen Sinfoniekonzert Brahms' Zweite hörte und z.B. von ihren scheinbaren Dissonanz-Passagen der Streicher-Bässe im 1. Satz (GIS-AIS-H, CIS-DIS-E, DIS-EIS-FIS, EIS-FIS-GIS, später in der Reprise 1 Quart höher) oder von einigen sperrigen Stellen im Finale befremdet worden war, hatte dieses Werk mir nicht besonders gefallen. Bernsteins erstklassiger Aufnahme von 1982, natürlich mit den Wiener Philharmonikern, verdanke ich die persönliche Wiederentdeckung dieser Symphonie. Inzwischen spiele ich sie auf dem Klavier deutlich öfter als die anderen drei.

    Natürlich gibt es auch sozusagen "hoffnungslose" Fälle, wo auch die beste Referenz-Einspielung an der persönlichen Ablehnung nichts zu ändern vermag, wie z.B. bei mir im Falle von Mendelssohns Violinkonzert e-moll: Ich schätze den diesjährigen Jubilar eigentlich sehr (v.a. Oratorien, Sommernachtstraum, Symphonien) und finde, dass Schumanns Wort vom "Mozart des 19. Jahrhunderts" den Nagel auf den Kopf trifft. Aber sooft ich auch das e-moll-Konzert höre, das für jeden Sologeiger zum Standardrepertoire zählt, kommt mir das geringschätzende Urteil in den Sinn, das nicht wenige auch heute noch über Mendelssohns Gesamtœuvre fällen: Glatte, konventionell-gefällige Musik ohne echten Tiefgang.


    Und auch in einem anderen Punkt möchte ich dem Zwickauer Jubilar des kommenden Jahres recht geben: In seinem Vergleich von Bachs beiden großen Passionen.
    Genauso wie "Schumi" ;) zur Zeit der Bach-Renaissance (1829 ff.) erlebe auch ich Bachs Johannespassion als ungleich spannender, aufregender, gewissermaßen "romantischer". Thomaskantor Biller kann noch so oft darlegen, warum die Matthäuspassion die bedeutendste der Bach'schen Passionen sei, warum etliche, wenn nicht sogar die Mehrzahl der Musiker und Forscher sie als Bachs Hauptwerk betrachten (ich glaube, Harnoncourt war es, der m.E. zu Recht darauf hinwies, der Kantaten-Zyklus sei aufgrund seiner Einheitlichkeit als das eigentliche Hauptwerk anzusehen!) -- Bislang hat mich am meisten von "Lothars" (wenn wir schon bei Schumi waren :)) Passion die Einleitung fesseln können, das Übrige klingt in meinen Ohren teilweise regelrecht trostlos-düster, zumindest extrem ernst.


    Doch ist das Ganze nicht irgendwie beruhigend, seinem geliebten Meister nicht hundertprozentig huldigen zu müssen?!

  • Nachtrag zur Johannes-Passion:


    Die dem zugrunde liegende Aufnahme stammt von der Staatskapelle Dresden unter Peter Schreier mit den Solisten Schreier, Holl, Alexander, Lipovšek, Bär und ist erschienen bei Philips 1988.


  • Ich liebe Wagner und kenne alle Opern- außer Parsifal, den hab ich bis heute nicht gehört. Ich nehm mir immer vor: "Heute wenigstens den Ersten Akt..", schalte aber spätestens nach einer halben Stunde aus... es passiert ja nichts! :no:

  • Zitat

    Original von Sakow
    An was ich bei Mozart sehr wenig Freude habe sind seine Streichquartette. Anfangs gefielen sie mir noch (bzw. die die mir damals gefielen auch heute noch), aber mittlerweile kenne ich sie alle und muss schlussendlich sagen dass ich die meisten ziemlich langweilig finde.
    Die einzigen die mir noch gefallen sind der Hofmeister und das Dissonanzquartett.


    Ich bin aber allgemein bei Kammermusik nicht so empfänglich...


    Bist ja auch noch jung... ;)
    Die 6 Haydn-Quartette gehören sowohl zu seinen anspruchsvollsten und ehrgeizigsten Werken als auch zu den ganz wenigen, denen man manchmal diesen Ehrgeiz und die Mühe anmerkt. KV 499 (auch einer meiner Favoriten) und die drei Preußischen sind da etwas "lockerer".


    Irgendwann nach dem Haydn-Jahr muß ich mich mit denen auch mal wieder befassen (dabei kenne ich sie eigentlich seit Jahren so einigermaßen)...


    Mein bisheriger bilnder Fleck bei Mozart sind die Trios außer dem Kegelstatt; habe ich zwar auch immer mal wieder gehört, aber da ist so gar nichts hängengeblieben.


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

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  • Ich zögere, ob ich's wirklich schreiben soll...
    Gerade der...
    Gerade dieses Werk...
    Dennoch...
    Es muß sein...
    "Die Kluge" von Carl Orff.
    So, jetzt ist es heraußen.
    Ich kann die "Kluge" nicht ausstehen. "Oh, hätt ich meiner Tochter nur geglaubt" ist ein Wurf. Das Rätselspiel geht noch. Das Schlaflied ist wirklich schön.
    Aber...
    Für mich funktioniert das Stück nicht. Die Sprechszenen sind endlos, die Madrigalkomödie der Strolche - eine schwache Sache. Die Wut des Königs - Verdibanalität mit ein paar Zusatztönen. Das Finale - Film, aber Korngold hätte raffinierter kadenziert; außerdem wirkt die Floskel nicht als gesteigerte Repetition, sondern als Repetition um ihrer selbst willen. Ich mag jedes Stück von Orff, das ich kenne (und das ist alles mit Ausnahme der frühen Orchester- und großen Chorwerke wie "Der Turm"), lieber als diese "Kluge".


    :hello:

    ...

  • An alle Wagner-Fans unter uns: Wer erklärt mir, warum die WALKÜRE so eine super tolle Oper sein soll ? Ich weiß, viele halten sie für die beste Oper des Rings, viele halten sie sogar für die beste Wagner-Oper, aber was bitte ist an einer Oper so interessant, in der 2/3 des Werkes nur statisch diskutiert wird ?? Entweder, meine ewigen Bemühungen inklusive Live-Besuch, hören mit Opernführern, DVDs etc. haben mich nicht wirklich ins Werk blicken lassen oder ich bin einfach zu blöd für die WALKÜRE... Der erste Akt ist noch ok, aber der II. und III. Akt zieht sich wie nie endend wollender Kaugummi.
    Die WALKÜRE könnte auch in einer Stunde zu Ende sein, warum muß diese ewige Diskutiererei sein, wer nun wen zu schützen hat und wen nicht: Macht hinne mensch,schlagt Siegmund, Brünnhilde wird bespraft, Feuer drum und BASTA !!! Rasch weiter zum Sigi und zur Götterdämmerung :stumm: :baeh01:


    Allerdings sind Gegenargumente zum Positiven dieser Oper gerne bei mir willkommen, vielleicht habe ich echt was entscheidendes noch nicht mitbekommen :no:

  • Zitat

    Original von Louis
    An alle Wagner-Fans unter uns: Wer erklärt mir, warum die WALKÜRE so eine super tolle Oper sein soll ? Ich weiß, viele halten sie für die beste Oper des Rings, viele halten sie sogar für die beste Wagner-Oper, aber was bitte ist an einer Oper so interessant, in der 2/3 des Werkes nur statisch diskutiert wird ?? Entweder, meine ewigen Bemühungen inklusive Live-Besuch, hören mit Opernführern, DVDs etc. haben mich nicht wirklich ins Werk blicken lassen oder ich bin einfach zu blöd für die WALKÜRE... Der erste Akt ist noch ok,


    "Noch o.k."? Ich will ja nicht sagen, daß es der beste, aber es ist der eingängigste und leidenschaftlichste Akt in allen Wagner-Opern.


    Zitat


    aber der II. und III. Akt zieht sich wie nie endend wollender Kaugummi.
    Die WALKÜRE könnte auch in einer Stunde zu Ende sein, warum muß diese ewige Diskutiererei sein, wer nun wen zu schützen hat und wen nicht: Macht hinne mensch,schlagt Siegmund, Brünnhilde wird bespraft, Feuer drum und BASTA !!! Rasch weiter zum Sigi und zur Götterdämmerung :stumm: :baeh01:


    Klar, am Anfang vom 2. Akt wird ziemlich viel diskutiert. Aber im Rheingold wird zwei Stunden lang nur diskutiert, oder? :D
    Oder Mime - Wanderer u.ä. in Siegfried. Solche "theoretischen" Stellen gibt's doch bei Wagner allenthalben. Ich kann die Ungeduld nachvollziehen, aber solche Passagen zeichnet doch die Walküre nicht besonders aus, oder?


    Denn außerdem haben der 2. und 3. Akt am Ende (Todesverkündigung und Wotans Abschied) eben wieder zwei der ergreifendsten Szenen überhaupt.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo lieber JR,


    ja,ich habe schon gehört, daß der I. Akt "Walküre" der beste Akt sein soll, den Wagner geschrieben hat. Für mich ganz persönlich gibt es mehrere seiner Opern bzw. Akte darin, die viel mehr Intensität spüren lassen als dieser erste Akt. Ich kann Dir auch gar nicht sagen, was mich so stört, vielleicht halte ich es wie Fricka und finde diese "Liebesgeschichte" eines Zwillingspaars einfach nur doof :untertauch:. Und wenn dann auf einmal dir Tür aufspringt und irgendein Wonnemond hereinlugt und Raubein Siegmund wird auf einmal zum zarten Liebeslämmchen, kann ich nur sagen: :kotz:
    Aber ich weiß, daß genau das es ist, was dieses Werk so auszeichnet. Irgendwie kann es mich aber nicht fesseln. Aber vielleicht kommt es ja noch, man weiß ja nie.


    Liebe Grüße,


    Louis

  • Peter Tschaikowsky gehört nicht zu meinen absoluten Lieblingen, trotzdem höre ich fast alles von ihm sehr gerne, auch abseits des Standardrepertoires (die frühen Sinfonien, das Klaviertrio :jubel:).
    ABER
    bei einem Stück muß ich jedesmal das Weite suchen, sobald es irgendwo anhebt:


    Die Rokoko-Variationen


    Das billig dahinplätschernde Thema paßt so überhaupt nicht zu Tschaikowsky, da hilft alle Variationskunst und Solistenbravour nicht weiter.
    Die Cellisten mögen mir verzeihen, für mich ist das einfach nur
    :kotz:
    Khampan

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  • Zitat

    Die Cellisten mögen mir verzeihen, für mich ist das einfach nur


    Sei froh, es nicht spielen zu müssen!
    Reden wir hier übrigens über die Fitzenhagen-Edition oder Tschaikowskys Orginal?



    Sorry vielmals, ich finde das Werk reizend, solange ich es nicht üben muß, und das Orginal unterscheidet sich von der hinlänglich bekannten Fitzenhagen-Edition erheblich, nur so am Rande......
    Fitzenhagen finde ich persönlich übrigens besser......



    :hello:


    Michael

  • Zitat

    An was ich bei Mozart sehr wenig Freude habe sind seine Streichquartette.


    Hallo Sakow,
    die Streichquartette von Mozart sind mit das beste, was es gibt und machen mir sehr viel Freude.
    Tja, so verschieden sind die Geschmäcker........



    :hello:


    Michael

  • Zitat

    Original von Louis
    An alle Wagner-Fans unter uns: Wer erklärt mir, warum die WALKÜRE so eine super tolle Oper sein soll ? Ich weiß, viele halten sie für die beste Oper des Rings, viele halten sie sogar für die beste Wagner-Oper, aber was bitte ist an einer Oper so interessant, in der 2/3 des Werkes nur statisch diskutiert wird ?? Entweder, meine ewigen Bemühungen inklusive Live-Besuch, hören mit Opernführern, DVDs etc. haben mich nicht wirklich ins Werk blicken lassen oder ich bin einfach zu blöd für die WALKÜRE... Der erste Akt ist noch ok, aber der II. und III. Akt zieht sich wie nie endend wollender Kaugummi.
    Die WALKÜRE könnte auch in einer Stunde zu Ende sein, warum muß diese ewige Diskutiererei sein, wer nun wen zu schützen hat und wen nicht: Macht hinne mensch,schlagt Siegmund, Brünnhilde wird bespraft, Feuer drum und BASTA !!! Rasch weiter zum Sigi und zur Götterdämmerung :stumm: :baeh01:


    Allerdings sind Gegenargumente zum Positiven dieser Oper gerne bei mir willkommen, vielleicht habe ich echt was entscheidendes noch nicht mitbekommen :no:


    Vielleicht erstellt ja mal jemand die Action-Fassung des "Rings"; gesamte Handlung ohne Diskussion, abgehandelt an einem Abend ;)


    Wagners (spätere) Opern enthalten nun mal eben nicht wenig philosophische Elemente und die Figuren vertreten immer auch bestimmte Weltbilder bzw. Aspekte eines Weltbildes: Macht, Gesetz, Liebe... Ist das nicht u.U. gerade das spannende daran und das, was den Figuren Gewicht verleiht? Das Weglassen philosophischer Erwägungen würde einen (vordergründig) abwechslungsreicheren Ring schaffen, der aber auch viel schneller schal und abgenutzt wäre. Das Geschehen ohne die gedanklichen Hintergründe darzustellen, würde sie möglicherweise banalisieren. Die Spannung liegt insbesondere im dritten Aufzug auf psychologischer Ebene; das komplexe Verhältnis Wotan-Brünnhilde ist faszinierend zu beobachten, wenn man sich inhaltlich ein bisschen näher damit beschäftigt.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    die Streichquartette von Mozart sind mit das beste, was es gibt und machen mir sehr viel Freude.
    Tja, so verschieden sind die Geschmäcker........


    Lieber Micha,


    Auch ich bin nicht davon begeistert. :O
    Oft wird behauptet "Man muß sie selbst spielen, um die Schönheit zu entdecken". Vielleicht oder vermutlich wird das der Grund sein.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Draugur


    das komplexe Verhältnis Wotan-Brünnhilde ist faszinierend zu beobachten, wenn man sich inhaltlich ein bisschen näher damit beschäftigt.


    Das ist auch glaube ich der Grund, warum ich trotzdem nicht von der Walküre lassen kann. Es hält sich nämlich noch viel versteckt, was ich entdecken kann und mit einem guten Opernführer (Kurt Pahlen sei Dank) sich daran zu machen, das ist großer Spaß. Und diese Tiefe zeichnet Wagner ja auch aus, er reiht eben nicht "nur" Handlung an Handlung.


    Gruss,


    Louis

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