Elly Ney - - Pathos, Pose oder Innerlichkeit?"

  • Zitat

    Zum Thema "deutschümeln" kann ich als Österreicher nur sagen, daß ich mich wundere, wie sehr sich die meisten Deutschen dafür schämen (Die Österreicher sind gegen solche Tendenzen mehrheitlich immun)


    Auf Grund genau der letzten Behauptung lohnt es sich immer wieder Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek zu lesen, zwei österreichische Autoren, die dies klugerweise etwas anders sehen


    Grüße aus dem Wiesengrund

  • Ich gehöre ja zur gleichen Generation wie Thomas und Michael und finde es sehr spannend, diese Statement hier zu lesen, auch wenn ich mich mit Elly Ney noch nie befasst habe.
    Bei mir hatte ein sehr guter Aufklärungs-Unterrciht eines hervoragenden Geschichtslehrers in der Schule die Folge, dass ich mich privat ganz intensiv mit dem Judentum (Religion und Geschichte des Volkes) auseinadnergesetzt habe, um überhaupt mal zu ergründen, gegen wen und was da so gewütet wurde.
    Ich habe damals Alles verschlungen, was ich nur finden konnte, und war sogar drauf und dran jiddisch zu lernen.
    Eine ganz wichtige Erfahrung und auch eine Art Katharsis, und es hat lange gedauert bis ich annehmen und zugeben konnte, dass mir trotz alledem nicht Alles daran sympathisch ist und ich weder idealisieren noch zu Kreuze kriechen muss. Sondern einfach das Andere wahrnehmen, in seinem Guten wertschätzen und verstehen will und darf.
    Die Geschichte mit der tiefsitzenden Scham, von der Michael spricht, habe ich als junges Mädchen sehr schmerzlich erlebt, aber seit ich im Ausland lebe, habe ich ein ganz anderes Verhältnsi zu meinem Mutterland ( mein Vaterland Italien ist ja ebenfalls faschistisch geprägt gewesen....) gewonnen.
    Ich liebe Deutschland um vieler Dinge willen, die ich erst erkannte, seit man nicht mehr dort lebe und ich bin sehr dankbar in diesem Land aufgewachsen zu sein.
    Neben der wunderbzar differenzierten Sprache und vielen anderen Gütern nciht zuletzt auch deshalb: nirgends sonst hat sich ein Volk (wenn auch wohl nicht früh genug ) so intensiv und m.E. auch im Endeffekt konstruktiv mit seiner dunklen Vergangenheit auseinandergesetzt und politisch die Lektion daraus gelernt.
    Dass wir hier in Tamino überhaupt solche Diskussionen führen, ist doch der beste Beweis.
    Davon können sich z.B. die Franzosen, die Engländer oder die Österreicher etlcihe Scheiben abschneiden!
    Ich deutschtümele im Ausland serh gerne und wenn ich in Frankreich erlebe, wie ergriffen Menschen von "unserer" Musik sind und deren Tiefe als ein ganz grosses Geschenk erleben bin ich auch manchesmal richtig stolz auf das "Deutschtum" .



    Um noch mal auf das eigentlcihe Thema zu kommen: ich bin genausowenig wie M.S. bereit, Menschen bzw Künstler aus ihrer Biographie zu entlassen.
    Das hat nichts mit einseitigem Verurteilen zu tun und betrifft Stalinisten oder andere Verbrecher genauso.
    Vielleicht ist das wirklch eine Generations- Erziehiungs-Frage, auch wenn Thomas sich davon offenscihtlich besser innerlich distanzieren konnte.
    Ganz wichtgi scheint mir der unterschied zwischen Schuld und Verantwortung, auf den mich auc hPeter nochmal hinwies.
    Ich bin nicht schuldig an den Massenmorden, aber als Deutsche trage ich eine Mitverantwortung insbesondere dem jüdischen Volk als Ganzes gegenüber und die trage ich persönlich ohne Auflehnung oder Murren.
    Das ist schlicht und einfach die Hypothek unserer Grossväter, die wir abzahlen mûssen.
    F.Q.

  • Liebe Fairy Queen,

    Zitat

    nirgends sonst hat sich ein Volk (wenn auch wohl nicht früh genug ) so intensiv und m.E. auch im Endeffekt konstruktiv mit seiner dunklen Vergangenheit auseinandergesetzt und politisch die Lektion daraus gelernt.


    Ganz kleine Korrektur: Auch in den Niederlanden und in Norwegen gab es diese Auseinandersetzungen (und sie dauern bis zum heutigen Tag an - siehe den Fall Heesters).
    Ich bin auch sehr froh darüber, daß es mittlerweile auch in Österreich soweit ist.
    :hello:

    ...

  • Lieber Wiesengrund,
    Alfred hat schon recht, wenn auch anders, als Du es interpretierst: Österreich deutschtümelt nicht, Österreich österreichtümelt. Das ist kein Kalauer. Es ist eine andere Stimmung, wenn solche Vergangenheiten hochkommen. Nicht heroisch, sondern dumpf-muffig, verharmlosend, ein bisserl mit Justamentstandpunkt ("wir lassen uns vom Ausland nix dreinreden - und von der EU schon gar net") usw. Es zieht sich fallweise sogar von links bis nach rechts durch - und Du kannst mir glauben: Es ist mindestens so unsympathisch wie die Deutschtümelei. Wobei ich gegen einen gesunden Patriotismus weder auf deutscher noch auf österreichischer Seite etwas habe. Übrigens auch nicht gegen patriotische Einstellungen ganz allgemein - denn auch die kritische Hinterfragung von diversen Strömungen (wie es bei Bernhard, Jelinek, auch bei Grass, geschieht), ist eine Form des Patriotismus. Unpatriotisch ist, sich mit der eigenen Nation und deren Vergangenheit nicht auseinanderzusetzen.
    :hello:

    ...


  • Lieber Michael,


    auch ich verneige mich gerne vor Deinen mutigen und ehrlichen und richtigen Worten. Das ist ein brillianter Beitrag, ein Paradebeispiel dafür, weswegen ich Deine Mitwirkung so schätze auf dem Forum. Ich danke Dir.


    Je mehr ich über Elly Ney hier lese, umso peinlicher wird mir der Umstand, dass ich in einem unkritischen, naiv-ahnungslosen Zustand mich hinreissen liess, die gehörten Ausschnitte aus ihrer Beethoven-Exegese mit „spannend“ zu bezeichnen. Nun ja, so war halt mein spontaner Eindruck, und zu dem stehe ich auch.


    (Wobei es ja wirklich fast unverzeihlich ist, anhand von Schnipseln und nicht nach Begutachtung der vollständigen Aufnahmen eine Stellungnahme abzugeben).


    Nach dem intensiven Studium dieses Threads ist mir aber ehrlich die Lust vergangen, mir die Aufnahme ganz anzuhören oder gar anzuschaffen, auch wenn die Hörschnipsel – ich gebe es zu – (und das ist mir nicht peinlich) mein Interesse an ihrem Spiel geweckt haben.


    Aber eben: Um genau diese Dichotomie (Musik vs Person) geht es ja in diesem Faden.


    Mit freundlichem Gruss aus Bern


    Walter

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  • Ich kann meinen letzten Vorrednern nur voll zu stimmen.
    Ich halte aber einen gesunden Patriotismus - wie er z.B. bei der Fußball WM zum Vorschein kam- (ein gewisser Stolz auf Deutschland bei gleichzeitiger hoher Gastfreundschaft und das alles mit viel Spass) für durchaus gut.
    Ich fühle mich als Deutscher, und als Europäer und lebe gern in Deutschland. Es ist falsch zu behaupten es gäbe kein Deutschland, Deutschland gibt es sehr wohl Europa ist da eher ein Konstrukt. Aber gerade wenn man gerne in Deutschland ist muss man sich entschieden und deutlich gegen jede Form von nationalsozialistischem Gedankengut und politischen Nationalismus wenden.
    Und noch einmal gesagt,
    eine entschiedene Stellungnahme gegen jede Form von nationalsozialistischem Gedankengut ist keine politische Frage es ist eine Frage von Menschlichkeit und Kultur.

  • Für ein Klassikforum sollte man ja eher das Lexikon "die Musik in Geschichte und Gegenwart" (Zwei Ausgaben, wobei die zweite Auflage vollständig neu und teilweise gänzlich anders ist als die erste. Für die erste Ausgabe trug Friedrich Blume die Verantwortung, die zweite Ausgabe entstand unter Ludwig Finscher) konsultieren als den Brockhaus.


    Leider zeigt der entsprechende Band der ersten Auflage (MGG1, Band 9, 1961) in einer besonders erschreckenden Weise, wie blind sich die deutsche Musikwissenschaft in den Nachkriegsjahrzehnten auf dem rechten Auge gestellt hat. Reinhold Sietz beendet seinen Artikel über Ney mit folgendem Satz:


    Zitat


    ... Überzeugte Lebens- und Heilungsreformerin, Tierschützerin und Künderin eines völkerverbindenen Idealismus, wirbt sie für die ethische Sendung der Musik


    Ich möchte das ausnahmsweise mal so kommentieren: :kotz: :kotz: :kotz:


    Die MGG2 (Personenteil 12, 2004) bringt im Ney-Artikel von Martin Kapeller immerhin den Satz unter: "Elly Ney war eine begeisterte Nationalsozialistin und agitierte mitunter leidenschaftlich in der Öffentlichkeit."



    So gesehen, hat sich der Blick in die MGG im Vergleich zum Brockhaus auch kaum gelohnt. :(



    p.s.: Auch nichts zum rechten Weltbild der Frau Ney haben folgende Lexika zu sagen:


    The new Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 13, 1980.
    Riemann Musik Lexikon, 1961
    Das große Lexikon der Musik , in 8 Bänden, hg. von Marc Honegger und Günther Massenkeil, 1976/1981


    :(


    jetzt wäre ich ja doch mal vorsichtig gespannt, was Frau Ney in ihrer Autobiographie (Ein Leben für die Musik, 1952 und Erinnerungen und Betrachtungen, 1957) so alles geschrieben hat.

  • Sollte man, ehe man sich eine Künstlerin oder einen Künstler anhört, vielleicht zuvor seine Biographie lesen?
    Ich kenne nur einige Beethovensonaten und das 2. Brahms-Klavierkonzert mit Elly Ney.Die Interpretationen gefallen mir nicht; also höre ich Ney nicht mehr. Das hat nichts mit ihrer Biographie zu tun. Es gab ja auch in der braunen Zeit genügend Pianisten, die mir zumindest mehr bedeuten als E.N. z.B.: W. Backhaus, W. Kempff, W. Gieseking, E. Fischer und K.Hansen, wozu also der Aufstand wegen Ney? Vielleicht waren aber unter den genannten, auch Nazis bitte, laßt es mich nicht wissen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Thomas,


    auch Lexika sind Spiegel ihrer Zeit und manchmal gefällt es einem nicht, was da herausschaut. Ich halte den Befund, den Alfred hier eingestellt hat, für repräsentativ, allerdings auch für symptomatisch für die 90er. Manchmal dauert es eben sehr lange, bis ein vorliegender Forschungsstand in die Lexika gerät. Ich nehme an, die nächste Ausgabe des Brockhaus wird beim Artikel "Elly Ney" anders aussehen ...


    Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Für ein Klassikforum sollte man ja eher das Lexikon "die Musik in Geschichte und Gegenwart" (Zwei Ausgaben, wobei die zweite Auflage vollständig neu und teilweise gänzlich anders ist als die erste. Für die erste Ausgabe trug Friedrich Blume die Verantwortung, die zweite Ausgabe entstand unter Ludwig Finscher) als den Brockhaus.


    Leider zeigt der entsprechende Band der ersten Auflage (MGG1, Band 9, 1961) in einer besonders erschreckenden Weise, wie blind sich die deutsche Musikwissenschaft in den Nachkriegsjahrzehnten auf dem rechten Auge gestellt hat. Reinhold Sietz beendet seinen Artikel über Ney mit folgendem Satz:


    Das Unternehmen von Friedrich Blume reicht von Planung und Ausführung noch tief in die Zeit des Nationalsozialismus, wobei der Herausgeber als integrer Wissenschaftler bekannt war. Nach dem Krieg gab es aber eine allgemeine Tendenz der Beschönigung und Verschweigung, es gab auch eine Reihe von Beiträgen, die dringendst einer Überarbeitung bedurften.


    Im Falle von Elly Ney ist es eine Mischung von Nichtwissen, Nichtwissenwollen und chevaleresker Verschweigung. Im großen Ganzen hält man sich an die Vorgabe der Autobiografie von Elly Ney (eine durchaus empfehlenswerte Lektüre für Verehrer wie für Kritiker). Alain Pâris (Jahrgang 1947) hat seinen Artikel zu Elly Ney im "Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert" nicht anders gefasst. Einzelne Formulierungen grenzen an Verfälschungen oder sind es schon. Zwei Zitate von vor 1933:


    ... [Sie] geht 1903-04 nach Wien, um sich bei Theodor Leschetizky und Emil von Sauer zu perfektionieren


    Der Satz ist falsch, sie ging nach Wien um sich bei Theodor Leschetizky zu perfektionieren, brach aber schnell den Unterricht bei ihm ab und wechselte dann zu Emil von Sauer.


    Das einzige, was Pâris zu den 30er zu bieten hat, ist die Gründung des 2. Elly-Ney-Trio 1931. Das nächste Datum ("nach dem Zweiten Weltkrieg") ist 14 Jahre später die Bemerkung, dass sie ihre Konzerttätigkeit einschränkt - nicht etwa, dass sie eingeschränkt wurde und warum. Man kann daraus selbstverständlich schließen, dass sie die 14 Jahre vorher offensichtlich häufig auftrat, wie und warum braucht man nicht zu schreiben, einfach weil man die Tatsache in einem großen schwarzen Loch verschwinden lässt.


    Solche Lücken in den Lebensläufen findet man in den Lexika bis in die 90er häufig, aus Unwissen, aus Nichtwissenwollen, aus Sympathie mit dem jeweilig Betroffenen, manchmal auch der Verdienste nach 1945 wegen.


    Übrigens ist auch in Sachen Lebensgemeinschaften Pâris schlecht unterrichtet. Er endet seinen Artikel mit der Bemerkung, dass EN ab 1928 mit P. F. Allais verheiratet war. Dass die Ehe längst geschieden war und sie bis zu van Hoogstratens Tod wieder mit ihrem ersten Mann zusammenlebte, entging dem Verfasser. Seine Quelle - naklar - Elly Ney: Ein Leben für die Musik, Darmstadt 1952 (als "Erinnerungen und Betrachtungen 1957 Aschaffenburg).


    Zitat

    Die MGG2 (Personenteil 12, 2004) bringt im Ney-Artikel von Martin Kapeller immerhin den Satz unter: "Elly Ney war eine begeisterte Nationalsozialistin und agitierte mitunter leidenschaftlich in der Öffentlichkeit."



    So gesehen, hat sich der Blick in die MGG im Vergleich zum Brockhaus auch kaum gelohnt. :(


    Nun, ich meine doch. Vor allem wenn es dann noch die richtigen Literaturangaben dazu gab...




    Zitat

    p.s.: Auch nichts zum rechten Weltbild der Frau Ney haben folgende Lexika zu sagen:


    The new Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 13, 1980.

    Riemann Musik Lexikon, 1961
    Das große Lexikon der Musik , in 8 Bänden, hg. von Marc Honegger und Günther Massenkeil, 1976/1981


    Da ich heute in Düsseldorf bin, werde ich dort man im neuen Groves nachschauen, das würde mich überraschen, wenn da nicht mehr stände ...



    Zitat

    jetzt wäre ich ja doch mal vorsichtig gespannt, was Frau Ney in ihrer Autobiographie (Ein Leben für die Musik, 1952 und Erinnerungen und Betrachtungen, 1957) so alles geschrieben hat.


    Der Band steht auch in der D'dorfer Stadtbibliothek, dann nehme ich ihn mir mal wieder mit, "Erinnerungen und Betrachtungen" sind nur eine erweiterte Ausgabe von "Ein Leben für die Musik"


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Sollte man, ehe man sich eine Künstlerin oder einen Künstler anhört, vielleicht zuvor seine Biographie lesen?
    Ich kenne nur einige Beethovensonaten und das 2. Brahms-Klavierkonzert mit Elly Ney.Die Interpretationen gefallen mir nicht; also höre ich Ney nicht mehr. Das hat nichts mit ihrer Biographie zu tun. Es gab ja auch in der braunen Zeit genügend Pianisten, die mir zumindest mehr bedeuten als E.N. z.B.: W. Backhaus, W. Kempff, W. Gieseking, E. Fischer und K.Hansen, wozu also der Aufstand wegen Ney? Vielleicht waren aber unter den genannten, auch Nazis bitte, laßt es mich nicht wissen.


    Lieber Herbert,


    ich habe mich sogar umfassend mit ihrer Autobiografie auseinander gesetzt.


    Warum Elly Ney hier einen "Aufstand" verursacht: Keiner der von Dir genannten Künstler hat sich so offen und kompromisslos für den Nationalsozialismus eingesetzt. Wenn man Böhm und Karajan vor unzulässigen Angriffen schützen will, tut man mE das Dümmste, wenn man Elly Ney ihnen gleichstellt. PianistIn in Deutschland zu dieser Zeit zu sein ist das eine - aber mit Vehemenz (und unverhülltem Antisemitismus) für den Nationalsozialismus einzutreten ist doch ein ganz anderes.


    Liebe Grüße Peter

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  • Lieber Peter,


    so ganz sauber war auch der Blume nicht. Was einiges erklären mag.
    Symptomatisch: Kaum waren die Nationalsozialisten 1933 an der Macht, war Blume auch schon ao. Professor. 1934 wurde er ordentlicher Professor in Kiel, 1939 Ordinarius und Herausgeber der NS-Zeitschrift "Deutsche Musikkultur".


    Bei den ersten Reichsmusiktagen 1938 hielt Blume das Grundsatzreferat "Musik und Rasse. Grundlagen einer musikalischen Rasseforschung". Dieses Referat baut auf einem Aufsatz Blumes auf, der in dem Buch "Das Rasseproblem in der Musik" erschien.


    Blume war zwar kein NSdAP-Mitglied, hatte aber allen Grund, bei solchen beide Augen zuzudrücken.


    :hello:

    ...

  • Zitat von pbrixius

    da nicht mehr stände ...


    Der Band steht auch in der D'dorfer Stadtbibliothek, dann nehme ich ihn mir mal wieder mit, "Erinnerungen und Betrachtungen" sind nur eine erweiterte Ausgabe von "Ein Leben für die Musik"


    Liebe Grüße Peter


    Lieber Peter, lieber Herbert,


    das Buch ist wenig erhellend, in den Ansichten zur Musik zuweilen zitierfähig und ansonsten für uns Heutige ausgesprochen schwer verdauliche Kost. Das scheint wohl für den Großteil des Schrifttums zu gelten, der über sie verfasst wurde. Selbst die von ihrer Tocher Eleonore van Hoogstraten herausgegeben Briefe sind zum Teil nachträglich geschönt und verfälscht. Und es werden solche unterschlagen, die das Bild der Mutter ankratzen könnten. Das ist das eigentlich bedrückende an der Figur Elly Ney, nämlich daß das Deutungsfeld vollständig den Schönrednern überlassen wird.


    Aber das ist symptomatisch für eine ganze Genration von Menschen, nicht nur für die Pianistin Elly Ney. Ad hoc fällt mir der Arzt Max O. Bruker ein, der aufgrund seiner (angebl.) Verstrickungen in den Nationalsozialismus von Jutta Dittfurth "Ökofaschist" genannt wurde. Und muss ich noch den Freistaat Bayern erwähnen, der bis 1998 die "Stille Hilfe" (damaliger Vorsitz: Guidrun Burwitz, geb. Himmler, ja genau, die...).


    Es steht außer Frage, daß die Biographie der Ney in höchstem Maße diskussionswürdig ist, eine Diskussion die sich allerdings nicht nur mit Person, Charakter ud Sozialisierung der Pianistin befassen sollte, sondern auch mit mit der Auseinandersetzungsmechanik der Gesellschaft.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas,


    ich gebe Dir völlig recht, meine aber nur ergänzend, dass man sich auch ansehen muss, zu welcher Zeit die Beschönigungen erfolgten.
    Das Problem nach 1945 wäre doch ein Kahlschlag gewesen, der dem 1933 beginnenden nicht unähnlich war. Die meisten, die in der Zeit des NS-Regimes Ämter bekleidet hatten oder als Künstler auftraten, hatten sich engagiert oder arrangiert. Das komplette Kulturleben in Deutschland und Österreich hätte umgebaut werden müssen.
    Man hatte also die Wahl zwischen totalem Bruch und Arrangement - und entschied sich für das Arrangement. Aus damaliger Sicht scheint mir das sicherlich einerseits moralisch bedenklich, andererseits aber auch vernünftig.
    Die andere Frage ist, wie wir heute mit diesen Personen umgehen, wenn diese Personen bereits historisch geworden sind. Und hier habe ich kein Verständnis, wenn aus falsch verstandener Pietät geschönt wird. (Einen 105-Jährigen jagen halte ich dennoch für mies, aber das nur am Rande...)


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Vielleicht waren aber unter den genannten, auch Nazis bitte, laßt es mich nicht wissen.


    Ich kann mir vorstellen, daß dieses Statement einigen Forianern ein Dorn im Auge sein wird - aber prinzipiell sehe ich im Kern dieser Aussage, das was heutzutage die Musikfreunde mehrheitlich denken.


    Kaum jemand interessiert sich für das "politische" Leben von Künstlern - allenfalls einige wenige. Ich bin davon überzeugt, daß "weggelassene" Stellen in Künstlerbiographien - und um beim Thema zu bleiben - auch bei Elliy Ney - zeigen nicht von Mangel an Information - sondern von pragmatischem Vergessen, wie es damals scheinbar generell praktiziert wurde. Das entsprach (und entspricht !!!) durchaus gängiger Praxis, und hat seine Ursache wahrscheinlich darin, daß rechte Ideen (nicht immer notwendigerweise EXTREME !!) immer wieder in breiten Schichten der Bevölkerung (und nicht nur dort) Anklang fanden und finden.


    Aber das sind maximal an die 20%.
    Meiner Einschätzung nach jedoch 70% beziehen eine neuitrale oder besser gesagt indolente Position - Sie fürchten (IMO zu Recht) das Aufreissen gesellschaftlicher Klüfte - vielleicht auch die Befleckung der eigenen Vorfahren.


    Die "Aufklärer der Vergangenheit" stießen immerhin auf ein gewisses Interesse - deren "Klientel" (zumeist eine jugendliche) bröckelt aber angesichts steigender Arbeitlosenzahlen, Einkommenseinbußen, Pensionsängsten, Ängsten vor (krimineller !!) Überdfremdung etc. etc zusenhends ab. - Man hat andere Probleme, derzeit.


    Elly Ney Jägern (ich gehöre weder zu ihnen, noch zu ihren Verteidigen - ich sehe ihre Geschichte emotionslos) sei der Trost gegeben, daß sie eigentlich heutzutage mehrheitlich vergessen - und somit politisch ungefährlich ist.


    In dieser Hinsicht - bleiben wir realistisch - war sie auch anno dazumal im besten (schlechtesten) Fall nur eine Randfigur.


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat von Edwin Baumgartner

    Und hier habe ich kein Verständnis, wenn aus falsch verstandener Pietät geschönt wird. (Einen 105-Jährigen jagen halte ich dennoch für mies, aber das nur am Rande...) :hello:


    Lieber Edwin,


    völlig d'accord in beiden Punkten. Das sehe ich genauso. Um diesen Ungeist zu dokumentieren, zitiere ich jetzt aus dem Waschzettel der von Siegfried geposteten Box:


    "Obwohl Elly Ney nur für die Musik lebte und ein ganz unpolitischer Mensch war, versuchte man ihr immer wieder eine "braune Vergangenheit" anzulasten, was erstaunlich genug ist angesichts der Tatsache, daß sie Adolf Hitler nicht persönlich kannte. Der einzige Kontakt kam anlässlich einer Schiffstaufe zustande, bei der Elly Ney zusammen mit Max Strub und Ludwig Hoelscher ein Beethoven-Trio vor 200 prominenten Gästen spielte. Nach dem ersten Satz verließ Adolf Hitler den Saal...


    Und diese Zeilen stammen aus dem Jahre 2003. Als Autoren vermute ich den Sohn des Produzenten Willy Luther, Armin D. Luther. Das ist in der Tat unfassbar.


    Um nun auf die Musik zurückzukommen: Angesichts des Preises der Box ist wohl nicht opportun, Einzel-CD's daraus zu empfehlen. Dennoch tue ich das mit dieser hier:



    Auf dieser CD sind nämlich Aufnahmen von Mendelssohn, Schubert und Chopin. Diese Aufnahmen - zumindest die "Lieder ohne Worte" - schaffen es tatsächlich, Stimmungen einzufangen, vielfach werden die Töne sanft getupft. Für op. 102,5 reicht die Behendigkeit der Finger nicht mehr aus. Eigentlich ganz sympathisch, daß das nicht geschnitten wurde.


    Von Schubert gibt's auf der Platte ein paar Impromptus und ein paar Moments Musicaux und von Chopin die Fantasie f-moll und die Ballade As-dur.


    Um das Klavierspiel der Ney kennenzulernen scheint mir dies CD geeigneter als eine mit den späten Beethoven-Aufnahmen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Hallo,


    natürlich kann es passieren, dass man von einem/m Künstler/in, der/ die in der einschlägigen Zeit aktiv war, aber eben die Biographie nicht kennt. Das hätte mir bis vor kurzem im Falle Elly Ney passieren können. Mir geht es so, dass mir die Musik auch dann noch gefällt, wenn ich später von üblen Dingen erfahre. Allerdings bringe ich dann sicher keine große Bewunderung mehr auf.


    Gehört habe ich noch nichts von ihrem Klavierspiel, aber es hängt eine gezeichnete Skizze von ihr in meinem Haus an der Wand und zeigt mir eine beeindruckend - markante, auch im Alter schöne Frau. Das Bild stammt vom Vater meiner Lebensgefährtin; der Mann war KZ-Häftling.


    Auch nachdem ich diese sehr unschönen Dinge u. a. hier im Forum über die Künstlerin erfahren habe, lasse ich es hängen, um den Maler in Ehren zu halten. Dessen Werk will ich nach wie vor den erforderlichen Respekt erweisen. Weiter will ich in diese sehr persönliche Konstellation jetzt nicht einsteigen.


    Wie schon öfter gesagt: Trotz aller Bewunderung müssen solche biografischen Entgleisungen - die hier genannten sind in der Tat wirklich übelst - in der Analyse eines Lebenswerkes auf den Tisch. Und sei es als Teil der geschichtlichen Aufarbeitung mit dem Ziel, deutlich zu machen, dass hohe künstlerische Begabung und Ausbildung und ausgefelite Bildungsnähe keine Garantie gegen faschistisches Gedankengut, auch in Form primitivsten und aggressiven Antisemitismus wie hier - darstellt, wenn der demokratische Konsens in einer Gesellschaft fehlt, wie es leider in der Weimarer Republik, die wohl auch Elly Neys Erzeihungsjahre geprägt hat.


    LG


    :hello:


    Ulrica

  • Sagitt meint.


    ich wusste von der Verstrickung der Elly Ney. Immerhin war mein Klavierlehrer auch eine Verstrickter, der in der Provinz dümpelte, und mit der Ney zusammen musiziert hatte.


    Ich habe ja Elly Ney auch live gehört und mich lustig gemacht.


    Heute leiste ich Abbitte.


    Irgendwie finde ich fascinierend, wie eine fast 80zig jährige Frau den Flügel traktiert. Mit einem Pathos- und eigentlich doch fehlerfrei- sei es nun op. 7,13 oder 111.


    Die Kassette für 4.99 pro Cd gibt ja einen guten Einblick.

  • Zitat von sagitt

    ich wusste von der Verstrickung der Elly Ney. Immerhin war mein Klavierlehrer auch eine Verstrickter, der in der Provinz dümpelte, und mit der Ney zusammen musiziert hatte.

    Lieber sagitt,


    ob man es nun Verstrickung nennt oder anders: Man macht durch ein großes Loch in der Biografie eigentlich nur auf etwas aufmerksam, was man selbst besser genannt hätte. Ist es nun genannt, ist es auch gut - über die künstlerische Leistung braucht das nichts zu sagen.


    Ich glaube auch nicht, dass ihre Nähe zu dem System ihr Vorteile gebracht hat, die sie sonst nicht hätte haben können. Sie war eine sehr renommierte Pianistin und die Kunst ihrer Interpretation international anerkannt. Was sie nun darüber hinaus unternahm, war weitgehend ihrer Überzeugung, ihrem Engagement zu verdanken, über Menschen weigere ich mich zu richten, nur über Sachverhalte habe ich geurteilt und werde ich urteilen.



    Zitat

    Ich habe ja Elly Ney auch live gehört und mich lustig gemacht.

    Ich hatte das Glück nicht, kenne sie aber schon lange von Tonträgern und habe ihre Interpretationen in mehrfacher Hinsicht interessant gefunden, gerade weil sie in eine andere Richtung bei Beethoven führen als die, die ich für die angemessene halte.


    Es gibt im Internet Zitate, die eine Art von Selbstkritik und Reue zeigen, wäre eines von ihnen (so man es wissenschaftlich absichern kann) ein wenig bekannter, könnte man auch schneller die Akte über die Person Elly Ney schließen und sich unbefangener mit ihrer Ästhetik beschäftigen - zu der bei ihr eine Art von Perfomance-Kunst gehörte, die bei Dir offensichtlich als eher lächerlich ankam. Altäre bauen, Weihrauch streuen, Dunkles raunen hat als Gesamtkunstwerk zusammen mit Beethoven heute etwas sehr Unzeitgemäßes, man sollte es aber als Teil der Beethoven-Rezeption ernst nehmen.


    Liebe Grüße Peter

  • Meine Lieben,


    in der Tat darf man das Werk der Wirkenden nicht loslösen von ihrem, durch dieses, protègierten Umfeld!
    Zu recht legt sich der Dunst des Diabolischen über die Exegesen der Elly Ney.


    Die vertiefte Beschäftigung mit der Protagonistin, lässt mich einmal mehr über den Umstand erschaudern, dass ich mich (in Ignoranz ihrer desaströsen Wirkungsgeschichte) zu einer gewissen Anerkennung ihrer beethovenschen Gestaltungskraft hinreissen liess.


    Wie dem auch sei: Wir haben die Wahl: Wir schicken Elly Ney in den Orkus
    (ungeachtet: ... „ werfe den ersten Stein“....), oder wir entscheiden uns, unter Ignorierung des nazistischen Vorzeichens, nur ihre musikalischen Leistungen zu beurteilen.


    Letzteres aber scheint mir angesichts der Beweislage schwerlich möglich, denn: Jede Interpretation ist eine bewusste Infiltration des geistigen Empfindungsspektrums der Interpretin/des Interpreten hinein in das Programm der Partitur.


    Wenn jemand menschenverachtendes Gedankengut in die Exegese einer Partitur einfliessen lässt, muss sie/er geächtet werden.


    Ob Elly Ney dieser Sachverhalt zu Lasten gelegt werden kann, entzieht sich letztlich meiner Beurteilung aus Distanz. Wenn ja, ist sie totzuschweigen!


    Mit freundlichem Gruss aus Bern,


    Walter

  • Ihr bösen Lieben,


    ich hab mal nachgezählt. Der thread über Martha Argerich zählt (immerhin) 37 Antworten, der hiesige über Elly Ney ganze 108. Ich weiß, es ist kein gutes Gegenargument, aber können wir eine geistig Arme mit mediokren Fähigkeiten im Klavierspiel nicht einfach dem Vergessen anheim fallen lassen? Ich bin ja sehr dafür, daß das Künstlerische nicht vom Biographischen getrennt wird, aber könnte man stattdessen nicht einfach einen thread eröffnen mit einem Titel wie "Künstler im Dritten Reich - Mitläufer und Überzeugungstäter."


    Dann könnte man eine Menge anderer, erschreckender Persönlichkeiten abhandeln, die in ihren limitierten Fähigkeiten ja manchen - warum auch nicht - zu begeistern wissen.
    Ich weiß um das Argument, daß es dem Forum auch nutzen kann, wenn man von außen beobachtet, wie sehr sich das Forum abmüht und kämft und reflektiert etc. etc. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob ein thread, der mehrere abhandelt nicht besser geeignet ist Ich finde das verleiht dem Ganzen den richtigen Kontext und man könnte auf einen schnellen Blick nicht verleitet sein, ungeachtet der Biographie hier würde ein extremes Missverhältnis zwischen Beschäftigung mit einem Künstler und seinem Rang herrschen. Mal ehrlich: die Frau erreicht nicht ansatzweise Qualitäten eines Gulda, eines Arrau oder wie sie alle heißen......


    :hello:
    Wulf

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  • Lieber Peter,


    das Buch von Alain Paris ist nicht nur im Falle des Beitrages über Elly Ney schlecht.


    Das gaesamte Werk ist wenig hilfreich; in der deutschen Übersetzung und Bearbeitung durch P. Gülke noch viel weniger als im französischen Original .


    Gülke hat den Text von Paris sehr schlampig bearbeitet.


    Daher: Danke für Deine Hinweise hier.


    :hello: :hello:



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Wulf,

    Zitat

    "Künstler im Dritten Reich - Mitläufer und Überzeugungstäter."


    Da bin ich sofort dafür. Eventuell mit sowjetischem Parallelthread - den man ja wieder ausmotten kann. Oder gleich dort fortsetzen.


    Wenn wir einen neuen Thread zum Thema starten, würde ich anbieten, das Eröffnungsstatement zu schreiben. Aber: Hätte der Thread eine Überlebenschance?
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    Zitat

    Aber: Hätte der Thread eine Überlebenschance?


    ich hoffe. Ich muss gestehen, daß meine Kenntnisse hier eher rar gesät sind, aber eines fleißigen Mitlesers, der hie- und da mal seinen Senf hinterlässt, wärst Du Dir schon mal sicher. :yes:


    :hello:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Lieber Wulf,


    Da bin ich sofort dafür. Eventuell mit sowjetischem Parallelthread - den man ja wieder ausmotten kann. Oder gleich dort fortsetzen.


    Wenn wir einen neuen Thread zum Thema starten, würde ich anbieten, das Eröffnungsstatement zu schreiben. Aber: Hätte der Thread eine Überlebenschance?
    :hello:


    Lieber Edwin,


    ich bin da auf jeden Fall mit an Bord ...


    Liebe Grüße Peter

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  • Zitat von Wulf

    Ich bin ja sehr dafür, daß das Künstlerische nicht vom Biographischen getrennt wird, aber könnte man stattdessen nicht einfach einen thread eröffnen mit einem Titel wie "Künstler im Dritten Reich - Mitläufer und Überzeugungstäter."


    Dann wäre die Reichsklaviergroßmutter immerhin doch noch zu etwas gut gewesen.
    Nur zu.

  • Zitat von Edwin Baumgartner

    Aber: Hätte der Thread eine Überlebenschance?
    :hello:


    gewiss doch. ich habe auch schon in Erwägung gezogen, einen hierzu zu eröffnen.


    :hello:

  • Interessante Idee, würde ich auch befürworten.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat von Wulf

    Ihr bösen Lieben,


    ich hab mal nachgezählt. Der thread über Martha Argerich zählt (immerhin) 37 Antworten, der hiesige über Elly Ney ganze 108.


    Lieber Wulf, was lernen wir daraus?
    Und: was soll diese Statistik?


    Ich gestehe: über Martha Argerich wüsste ich nichts zu berichten. Eine Platte kenne ich von ihr, und die hat mir nicht gefallen. Einiges von Elly Ney zieht mich indes in den Bann.


    Anders als Du schreibst, war die Dame weder mittelmäßig, noch arm im Geiste. Ihr muisikalisches Erbe ist durchaus aufbewahrens- und erinnernswert.


    Vielleicht darf ich ins Gedächtnis rufen: die Frau war vor 1933 bereits ein Star. Sowohl als Solistin als auch als Kammermusikerin.


    Und dieser Thread versucht die Annäherung.


    Daß er so viele Beiträge hat, finde ich mit Dir dergestalt beklagenswert, als die meisten sich ja mit der Kunst von Elly Ney nicht befassen. Das gilt für Deine Interjektion ebenso wie für die Ausführungen von Chef Alfred. Ich finde es schon bemerkenswert, daß sich Skribenden zum Beitrag ermutigt fühlen, die noch nie einen angeschlagenen Ton von E.N. gehört haben, um hier zu posten. Politische und ethische Bekenntnisse lassen sich an anderer Stelle wirksamer bekunden.


    Aus Deinem Beitrag, lieber Wulf, schließe ich immerhin, daß Dir eine bestimmte Aufnahme der Ney besonders unbehaglich ist. Und da es hier um die Musikerin geht, wäre es nicht von Schaden, wenn Du dieses Unbehagen beschreiben würdest.


    Ich gebe zu, daß ich es mehr als erstaunlich finde, die Hinterlassenschaft einer längst Dahingegangenen zu verteidigen.


    Was nun die Anzahl Beiträge betrifft: die Argerich ist politisch unverdächtig. Ohne in den Thread hineingeschaut zu haben, vermute ich, daß dort nach dem Eröffnungsbeitag gepostete CD's folgen. Bei Elly müsste man all die Beiträge abziehen, die sich mit ihrer politischen Vergangenheit befassen rsp. bekunden, daß man mit der Frau auch akustisch nichts zu tun haben möchte ("ich bin klein, mein Herz ist rein....).


    Oder man nimmt sie als das, was sie war. Und, lieber Walter, hört ihrem Spiel einfach zu.


    Weder werde ich den ersten Stein werfen, noch den Antrag zum Totschweigen stellen. Das Erbe der Elly Ney - ich rede hier von der musikalischen Hinterlassenschaft - ist eben ein Erbe. Ich nehme es an.


    Was nun die angeregten neuen Threads betrift: Muss ich Musik entschuldigen?
    Muss ich sie nach außermusikalischen Motivationen abklopfen?
    Gibt es eine teleologische lineare Entwicklung der Musik (am Ohr des Hörers vorbei?).


    Man kann gewiss einen Russenthread eröffnen: es klingt aber dennoch als Entschuldigung.


    Aber vielleicht fällt jemandem ja noch etwas zu Elly Ney ein, das vielleicht sogar etwas mit ihrem Klavierspiel zu tun hat? Hör' ihr einfach einmal zu, wenn sie nicht Beethoven spielt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Von Elly Ney habe ich nur eine alte Langspielplatte, nämlich eine Aufnahme von Beethovens drittem Klavierkonzert, die 1961 entstand. Seit Jahrzehnten hatte ich diese Platte nicht mehr gehört, und wenn es diesen Thread nicht gäbe, so hätte ich es heute wohl auch nicht getan. Ich wollte einfach herausfinden, was ich empfinde, wenn ich mit dem zwischenzeitlich angesammelten Hintergrundwissen Elly Ney spielen höre.


    Zunächst hat es mich überrascht, dass ich beim Hören mein Wissen über Neys politische Haltung und Weltanschauung weitgehend ausblenden konnte (was aber auch an Beethovens großartiger Musik liegen kann), auch wenn es gewissermaßen "im Hintergrund" stets präsent war. Weiterhin ist mir aufgefallen, dass Elly Ney zum Zeitpunkt der Aufnahme im Alter von 79 Jahren manuell noch sehr gut drauf war und eine - zumindest nach meinem Gefühl - stimmige Interpretation des Werks abliefern konnte (ob sie sich tatsächlich verspielt hat, kann ich mangels Partitur nicht nachvollziehen). Ob diese Interpretation gefällt, ist wieder ein anderes Thema. Verglichen mit neueren Aufnahmen wirkt Elly Neys Darstellung an manchen Stellen sehr übertrieben pathetisch (besonders im ersten Satz). Im zweiten Satz gelingen ihr aber einige - zumindest für mich - ergreifende und überzeugende Momente. Trotzdem ziehe ich persönlich neuere Interpretationen vor.


    Jedenfalls kann ich mir gut vorstellen, dass Elly Ney mit ihrem Spiel und ihrer Erscheinung auf dem Podium ihr Publikum damals sicherlich beeindrucken konnte.


    Viele Grüße
    Frank


    P.S.: Nach dem Anhören von Elly Neys Aufnahme habe ich zum Durchpusten des Gehirns die nur zehn Jahre später entstandene Aufnahme von Beethovens 3. Klavierkonzert mit Gulda aufgelegt. Da liegen Welten dazwischen.

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