Gestern war im Gesellschaftshaus der BASF (unter Anilinern auch Casino genannt) in der Reihe "Junge Pianisten" Simon Trepceski zu Gast. Der aus der Republik Mazedonien stammende Pianist spielte ein Programm mit Werken von Chopin, Debussy und Prokoffiev. Trepceski hat bisher drei CD´s veröffentlicht: Sein Debut bei EMI war ein Recital mit Werken Rachmaninovs, die zweite Chopin und die dritte ein Debussy-Album.
Er spielte zum Auftakt vier Mazurken Chopins und im Anschluss die b-moll-Sonate. Vor jedem Stück- bei den Sonaten auch zwischen den Sätzen- nahm sich Trpceski eingehend Zeit zur inneren Sammlung: rückte sich den Hocker zu Recht, justierte seine Manschetten oder wischte sich mit dem Taschentuch die Stirn ab. Es gibt ja auch Künstler, die sich ohne große Umstände ans Klavier setzen und direkt beginnen und auch sonst während des Spiels wenig äußere Regung erkennen lassen: Mikhail Pletnev beispielsweise.
Man kann derlei Gebaren auch als Attitüde oder Show bewerten- aber ich hatte den Eindruck, dass Trpceski diese Vorbereitungszeit einfach brauchte. Sein Spiel war dann im besten Sinne frei von jeglichen vordergründigen Effekten:
Bei den Mazurken gelang es Trpceski die Zerbrechlichkeit dieser fragilen Miniaturen herauszuarbeiten, durch behutsame Tempoverzögerungen, die aber in keinem Fall gesucht wirkten.
Besonders gespannt war ich auf die b-moll-Sonate: Auf der CD wirkt Trpceski sehr kontrolliert. Da sitzt "alles" tadellos, wirkt aber auch ein wenig glatt, emotionslos. Davon war im Konzert absolut überhaupt nichts zu spüren: Trepceski nahm den ersten Satz, der ja mit "Grave- doppio movimento" überschrieben ist mit einem atemberaubenden Tempo. Aus dem Stand fällt mir jetzt keine Aufnahme ein, auf der ein Pianist ein derart schnelles Tempo anschlägt. Dazu schien Trpceski die dynamischen Möglichkeiten des Steinways voll ausnutzen zu wollen: Sein Forte war so kräftig, dass die vom Flügel ausgehenden Schallwellen auch noch in der dritten Reihe spürbar waren. Die von Chopin vorgesehen Wiederholung der Introduktion ließ Trpceski allerdings aus. Man kann jetzt natürlich darüber streiten, ob es statthaft ist, den ersten Satz so herunterzudonnern- eines aber wurde bereits jetzt klar: Warum Schumann über die Sonate schrieb: Hier habe der Komponist vier seiner tollsten Kinder zusammengespannt ... Ein ähnliches Bild im Scherzo: Wenn jemand meinem sollte Chopin sei ein schwülstiger Salonkomponist, der dürfte gestern definitiv eines besseren belehrt worden sein. Den dritten Satz nahm Trepceski dann vergleichsweise langsam, aber ihm gelang es zum einen die Spannung zu halten, zum anderen spielte er die dynamischen Kontraste zwischen den einzelnen Teilen voll aus. Hamelin in seiner Aufnahme des gleichen Stücks gelingt bei ähnlichem Tempo dieses Kunststück nicht.
Nach der Pause gab´s dann den "Children´s Corner" von Debussy sowie die Toccata und die siebte Sonate von Prokoffiev. Ein spannender Kontrast. Die Toccata habe ich zum ersten Mal live im Konzert gehört- hier konnte man deutlich merken warum Trpceski Rachmaninov so liegt: Auch hier legte Trepceski ein atemberaubendes Tempo vor und schien regelrecht den Putz von der Decke spielen zu wollen. Bei höchster Geschwindigkeit "saß" jeder Ton- und trotzdem wirkte die Toccata nicht als reine Geläufigkeitsübung.
Die siebte Sonate war für mich völliges Neuland- ich habe zwar eine Aufnahme von Pletnev, die aber seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Ich kann mich täuschen, aber hin und wieder meinte ich Einflüsse aus dem Jazz wahrzunehmen.
Zum Beschluss gab Trpceski dann noch drei Zugaben:
Das Stück eines Landsmannes, dann den Hummelflug- und am Ende nocheinmal Chopin.
Fazit:
Trpceski bestätigte den Eindruck, den man von seinen bisherigen CD`s haben konnte- und machte definitiv Lust auf weitere Aufnahmen von ihm. Zudem ein ausgesprochen sympatischer Künstler.
Herzliche Grüße,
Christian