Lieber Peter
Ich möchte mich bei Dir entschuldigen für die unbedachte Art und Weise meines Hinterfragens Deines redlichen Thread-Anliegens.
Der Verlauf der Kanon-Genese bestätigt aber meine Befürchtung, dass ein objektiver Konsens kaum herstellbar ist.
Meine etwas flapsige Reaktion auf die Thread-Idee liegt begründet in meiner fundamentalen Aversion gegen obrigkeitliche Kanonisierungen, insbesondere z.B. gegen kirchlich verordnete Kenntnispflichten. Bei mir sind alte Geschichten aufgebrochen.
Es ist ein fundamentaler Irrtum etwa im Bereich der Religion, zu meinen, das Erleben von Spiritualität wäre gebunden an die Kenntnis der kanonisierten Schriften. Auf die Musik hinuntergebrochen, bin ich der Meinung, dass man/frau einen vollendeten Musikgeschmack besitzen kann ohne die massgeblichen Werke der Musikgeschichte zu kennen.
Obwohl Du mit Sicherheit keine diesbezüglichen totalitären Absichten verfolgst und die Sache als (legitimes) Spiel betrachtest, haben bei mir alle roten Lampen geblinkt und ich schauderte schon ob einer virtuellen Tamino-Sekte mit ihrem heiligen Musik-Kanon.
Nochmals: meine Ueber-Reaktion ist Ausdruck meiner eigenen „deformation professionelle“ und hat in keinster Weise etwas zu tun mit Deinem redlichen und auch klar formulierten Anliegen.
Im Grunde ist deshalb mein Beitrag völlig OT. Aber er ist auch wieder nicht, weil ich halt heute nachmittag etwas verunsichert, ja panisch reagiert habe. Und ich verspüre heute abend das Bedüfnis, mich zu erklären und zu entschuldigen.
Du wirst begreifen, dass ich mich aus den angeführten Gründen nicht an der Kanon-Findung beteilige. Ich bin aber voller Respekt und Achtung für diejenigen, welche dies tun (unbelastet von desaströsen kirchlichen Hintergründen).
Es geht ja wirklich nur um eine schnucklige Tanz-Maus, aus der ich jetzt gerade einen Elefanten gemacht habe.
Ich grüsse Dich aus Bern
Walter