Goldberg-Variationen : Heute noch Cembalo ?

  • Liebe Mit-Taminoianer ,
    kaum ein Werk wird so oft , leidenschftlich und kontrovers seit Jahrzehnten besprochen , analysiert und diskutiert wie die "Goldberg-Variationen" von J. S. Bach .
    Vor wenigen Tagen habe ich die frühe Einspielung des Werkes durch die grosse, unvergessene Wanda L a n d o w s k a auf Cembalo
    gehört ( 1933 ) .
    Und ich war doch überrascht , wie sehr mich ihre Interpretation fasziniert hat , nachdem ich bestimmt seit mehreren Jahren keine der Aufnahmen mit dem Cembalo mehr gehört hatte .
    Gibt es jemanden hier im Forum , der sich speziell mit den ( vielen ) Cembalo-Einspielungen befasst hat ?
    Und : Hält jemand es für praktikabel im heutigen Konzertalltag , wenn eine Künstlerin , ein Künstler das Werk an einem Konzertabend auf ( welchem ? ) Cembalo spielen würde ?
    Beste Grüsse und Dank für Euere Mühen !
    F r a n k

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Cembalo oder Klavier, diese Frage stellt sich in der Praxis eigentlich garnicht.


    Pianisten spielen Bach auf dem Klavier, Cembalisten auf dem Cembalo.
    Leute, die beides können, sind außerordentlich selten.


    Letztlich müßte die Frage anders lauten:


    Darf man Bach auf dem modernen Klavier spielen, oder darf man es nicht?


    Ich bin dafür, daß man es darf. :P


    Nette Grüße
    Heinz

  • Hallo


    Zugang habe ich zu Bachs Goldbergvariationen erst gefunden, als ich sie auf dem Cembalo gehört habe.


    Ich glaube die Versuchung, Bach auf dem Klavier zu hören (ist aber IMO legitim, und eine Geschmacksafrage) wird umso geringer, desto mehr Aufnahmen auf verschiedenen Cemabali man gehört hat. Die Palette ist schier unerschöpflich.


    Ich behaupte mal kühn (Cemabalospezilisten werden hier wahrscheinlich protestieren), daß JEDES Cembalo den Intentionen des Komponisten näher kommt, als ein Klavier es je vermöchte.


    Egal ob man die Wiedergabe auf Klavier favorisiert , akzeptiert oder verdammt. - Mann sollte unbedingt mehrere Interpretationen via Cembalo gehört haben.



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    Und : Hält jemand es für praktikabel im heutigen Konzertalltag , wenn eine Künstlerin , ein Künstler das Werk an einem Konzertabend auf ( welchem ? ) Cembalo spielen würde ?


    Salut,


    och, da gibt's ne ganze Menge an wunderschönen Nachbauten:


    J.C. Neupert beispielsweise ist eine der bekanntesten Cembalo-Bauer. Daneben gibt es auch Sassmann mit beispielsweise diesem Modell:



    Zweimanualiges Sassmann-Cembalo in französischer Bauweise nach Jean Henry Hemsch, 1756


    Für Bach käme eher dieses in Frage:



    Zweimanualiges Sassmann-Cembalo nach Nicolas und François Etienne Blanchet, 1730


    Liebe Grüße
    Ulli

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Ja!
    Ich habe mir vor kurzem eine Aufnahme der Goldberg-Variationen mit Kirkpatrick am Cembalo gekauft und bereits genüßlich gehört. Ich mag den Klang des Cembalos, will aber auch auf Goulds Einspielung nicht verzichten.
    Viele können den Klang des Cembalos nicht lange aushalten, für die ist eine Cembalo-Aufnahme der Goldbergvariationen wohl nicht das richtige...
    Weiß jemand, ob es auch eine Einspielung auf Clavichord gibt? War ja wohl Bachs "Hausinstrument".
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Es prasselt Unterabteilungen...


    Ich habe die Goldbergvariationen am Klavier mit Perahia, Weissenberg und natürlich beide Gould-Studioeinspielungen.


    Meine beiden Cembaloeinspielungen sind von Koopman und Leonhardt.


    Koopmans Aufnahme gefällt mir besser als diejenige von Leonhardt, was vielleicht auch daran liegt, daß Leohnhards Instrument (oder jedenfalls das Aufnahmeresultat) schärfer klingt. (und wegen dem Bonus (italienisches Konzert) braucht man sich auch nicht unbedingt für Leonhardt entscheiden)



    Fazit: Ich pflichte Alfred bei, daß man die Goldbergvariationen auch in einer Cembaloeinspielung kennenlernen sollte, jedoch werden für mich die Aufnahmen der "Pianisten" stets interessanter und auch ansprechender bleiben.

  • Also, es sind einfach zwei verschiedene Instrumente und es kommt ja auch keiner auf die Idee, jemanden dafür zu kritisieren, daß er die Inventionen auf der Orgel spielt. Die Kritik am Klavier kam meines Erachtens aus der Rechtfertigungsnot, die die Verfechteer der historischen Aufführungspraxis vor ein paar Jahren noch hatten. Mittlerweile ist es eher andersherum, sodass sich Pianisten, die Scarlatti auf dem Klavier spielen, rechtfertigen müssen. Also hätte die Cembalo-Fraktion (alte-Musik-Fraktion) eigentlich kein Grund mehr dazu, WÜRDEN NICHT ANDAUERND SO ********* WIE MARTIN STADTFELD SCHWACHSINN ÜBER CEMBALI VERBREITEN, wie "das Cembalo stellt eine zu große Klangbarriere zwischen Musik und Zuhörer".
    Bei solchen Kommentaren oder so geistreichen Sätzen wie "Bach würde heute auch auf dem Steinway spielen" kann ich mir nur an den Kopf langen und ich setze mich mit Freuden an den wunderbaren Franzosen von Klopp (wirklich ganz hervorragend, ein Niederländer) und spiele dort meinen Bach.


    Ach, kennt jemand von euch Dury Gugg ? Der baut wohl die edelste Cembali, die man sich vorstellen kann, mittlerweile aber nur noch, wenn er bei Laune ist und zu einem Preis von zweien.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Liber Ulli ,
    es gibt selbst bzgl des grossen Steinway in seinem Verhältnis zu anderen Konzertflügeln immer noch Diskussionen .
    W a s macht den Unterschied bei den Cembali denn im Klang aus ?
    Besten Dank für Deine Mühen und
    beste Grüsse
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ersteinmal, was für eins, also ein deutsches, italienisches, französisches oder ein flämisches.
    Das sind schon total unterschiedliche Klangwelten. Dann selbstverständlich die Qualität der Saiten, eines der bestgehüteten Geheimnisse, Herr Klopp erzählte einmal darüber eine lustige Geschichte, als er bei Dury Gugg nachfragte, was er denn für Saiten benutze, bzw. woher er sie habe.
    Auch relevant ist das Holz, wie eigentlich alles wichtig ist.
    Eine kurze, grobe Beschreibung der Klangfarben:
    Französisch: Rauschig (klingt jetzt nicht so toll, ist es aber^^), majestätisch
    Italienisch: Meist einmanualig, , viel kleiner (und leichter :D) und polyphoner als auch leiser als das französische
    Das Deutsche ist, soweit ich weiß eine Mischung aus der Größe und Zweimanualigkeit des Franzosen und der Klarheit bzw. kontrapunktischem Spiel erleichtendem Klang des Italieners, doch ich kann es nicht wirklich sagen, da ich keines jemals selber gespielt habe.
    Das flämische ist dem italienischen ähnlich, jedoch ist der Klang nicht so klar, sondern auch etwas rauschig.


    Das sind nun meine subjektiven Klangerfahrungen zu den verschiedenen Arten, doch gibt es selbstverständlich auch unter den Arten noch gewaltige Unterschiede.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Lieber [mitlesender] Frank,


    bubba hat alles dazu gesagt. Wichtig ist vielleicht noch, dass es weder im 17. noch im 18. Jahrhundert das Cembalo gab; es war ein Instrument, welches der andauernden Weiter- [teilweise vielleicht sogar Fehl-] Entwicklung unterlag. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Saiten [hier wörtlich: das Cembalo hat für ein und denselben Ton mehrere Saiten, wie auch moderne Flügel idR 3 Saiten - tre corde haben] gezupft bzw. angerissen werden. Ein Klangunterschied kann sich allein auch aus der unterschiedlichen Verwendung des "Zupfteiles" [Plektrum] ergeben: Hier gibt es meines Wissens unterschiedliche Materialien z.B. Horn oder Metall. Siehe auch unser bestimmt vorhandener Thread zum Thema "Cembalo".


    Liebe Grüße
    Ulli

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ulli schrieb:

    Zitat

    das Cembalo hat für ein und denselben Ton mehrere Saiten, wie auch moderne Flügel idR 3 Saiten


    Das ist so nicht ganz korrekt. Weil es Registerhebel gibt, mit denen man steuern kann, wieviele Seiten angerissen werden. Ein einfaches Cembalo hat meist 2 Sätze von Saiten, einen 4´ und einen 8´. Häufig sind auch Instrumente mit einem zweiten 8´. Andere Saitenlängen gab´s auch, aber die waren recht selten (16´oder 2´). Die Möglichkeiten, über den Anschlag den Ton zu beeinflussen, sind ja sehr begrenzt. Immerhin kann man duch die Registrierung dieser Saitensätze eine Stufendynamik erzeugt. Die Möglichkeiten der Registrierung konnte durch den Einbau eines zweiten Manuals noch erweitert werden. Wie bubba schon schrieb gibt es das kaum bei den italienischen Instrumente, dafür recht häufig bei den französischen.


    Ein weiteres Register ist der Lautenzug. Hier werden durch kleine Filzstücke die Saiten abgedämpft und damit die Dauer der Schwingung nach dem Anreißen stark verkürzt. Im Ergebnis wird der Klang leiser und, der Name sagt es, einer Laute ähnlich.


    Einfluss auf den Klang hat auch das Material der Plektren, mit denen die Saite angerissen wird. Üblich waren Federkiele (deswegen auch die Bezeichnung Kielinstrumente) oder Leder. Relativ selten wurde Metall verwendet.


    Das Material der Saiten selbst war meist Eisen für die höheren Töne und Messing oder auch reines Kupfer für die tieferen. Der Grund für den Materialwechsel liegt in der Dichte der Materialien. Entscheidend für die Tonhöhe einer Saite ist die schwingende Masse. Um einen tiefen Ton zu bekommen, müßte eine Saite aus Eisen, aufgrund der geringeren Dichte dicker sein als eine Kupfersaite. Dadurch würde die Eisensaite aber zu starr, was ihr Schwingungsverhalten negativ beeinflusst.


    Es gibt noch eine ganze Reihe weiterr Faktoren, die den Klang beeinflusen, aber ich denke, das reicht erstmal.


    Über die allgemeine Charakterisierung der verschiedenen Nationalstile hat bubba schon das Wichtigste gesagt.


    bubba
    Das ist ziemlich gemein von dir, von einer lustigen Geschichte zu schwärmen und diese dann nicht zu erzählen. ;(


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Salut,


    Danke für die Ergänzung! Ich werde spätestens bei der Umsetzung meines nächsten Traumes [Anschaffung eines Cembalo - im weitesten Sinne] mich ganz präzise mit der Thematik auseinandersetzen.


    Liebe Grüße
    Ulli

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Grundsätzlich denke ich, dass sich die Diskussion erübrigt, wie man die Goldbergvariationen spielen sollte, da dieses Werk einfach so ein universäler Meilenstein ist, das auf fast allen Instrumenten klingt ( die Blechbläser- Einspielung fällt da aber raus 8))


    Ich persönlich bevorzuge aber das Klavier, da man auf diesem den Anschlag besser variierten und die Dynamik flexibler gestaltet kann. Ich denke , dass man dadurch die Stimmen noch transparenter gestalten kann.


    Rein spekulativ würde ich Stadtfeldt zustimmen, dass Bach bei der heutigen Lage sich wohl auch für einen Flügel entscheiden würde, da dieser ihm doch noch mehr Klangmöglichkeiten geben würde.


    Trotzdem habe ich auch schon ein tolles Konzert mit einem Clavichord gehört. Das Problem hierbei ist aber, dass der Klang doch sehr leise ist, so dass dieser nur für kleine Konzerte geeignet ist.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler



  • Erwartungsgemäß muss ich diesem Beitrag widersprechen, da moderne Flügel eben gerade nicht als polyphone Instrumente gebaut werden, nein, sie sind sehr laut, haben einen romantischen, orchestralen Klang.
    Wer es ausprobiert hat, weiß, daß polyphones Spiel auf einem modernen Flügel sehr viel schwieriger als auf einem Cembalo ist.
    Zum Thema Clavichord: Ich habe selber eines und bin begeistert, es ist ein tolles Instrument, man kann dynamisch sogar mehr als an einem Steynway machen.
    Das Clavochord ist wirklich recht leise, das ist aber oft gerade das schöne.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo,
    ich möchte gerne zwei Dinge einwerfen, die meiner Meinung nach noch nicht so sehr zum Tragen kamen. Zum einen: Bach schreibt nicht ohne Grund bei manchen der Variationen drüber "a 2 Clav", was logischerweise nur bedeuten kann, dass man zwei Manuale benötigt. Ich bin nun kein Purist und werde nicht sagen: das Werk wurde fürs Cembalo geschrieben und zwar definitiv, daher kommt nichts anderes in Frage". Ich finde aber, dass zum Beispiel die wilde Überkreuzgeschichte der 20. Variation eigentlich nur auf zwei Manualen richtig zu spielen ist. Bach unterscheidet hier zwischen Achteln und Sechzehnteln mit Pause, also theoretisch auch unterschiedlich langen Noten. Ein repetiertes d, wie es hier vorkommt, ist also auf einem Manual nicht spielbar, weil die linke mehr portato spielen muss, die rechte aber staccato. Ist also streng genommen auf dem Klavier nicht möglich.
    Der zweite Punkt ist der, dass die Bezeichnung Clavier entweder kein bestimmtes Tasteninstrument meint (es wäre an eine Interpretation auf der Orgel als Möglichkeit zu denken!) oder, und das ist lange Zeit der Falll gewesen, Clavier meint das Clavichord. Welchen Sinn macht es sonst, wenn Mozart schreibt, er habe noch ein "Clavierl auf die Kutsche gepackt"? Das Clavichord war in der Regel mit der Bezeichnung Clavier ge
    meint. Allerdings sind die Goldbergvariationen auf dem Clavichord schlicht nicht machbar. Dies, weil die meisten Clavichorde aus Platzgründen eben gebundene Instrumente waren, also eine Saite durch Teilung für mehrere Tonhöhen zuständig war. Die vorkommenden vollgriffigen Akkorde wären wohl auf dem Clavichord ein Ding der Unmöglichkeit. Also tendiere ich dazu, das Cembalo ebenfalls als das geeignetste Instrument für dieses Werk zu bezeichnen.
    Ich finde aber nicht richtig, dass man auf dem modernen Klavier nicht polyphon spielen kann. Da hat Gould doch eindeutig den Gegenbeweis geliefert. Aber ich wüsste sehr gerne, wie mein Vor-Schreiber zu der Aussage kommt, das Cembalo sei für das polyphone Spiel besser geeignet.


    Viele Grüße
    Orfeo


  • Ich mutmaße mal das er meint das der Klang des Cembalo durchsichtiger ist als der eines modernen Konzertflügels, selbst wenn man ohne Pedal spielt klingt der Klang länger nach als auf einem Cembalo was den Klang natürlich verschwommener und "ungenauer" macht.
    Man kann sehr wohl auf einem modernen Klavier polyphon spielen, es ist aber, mit weit größerem Aufwand verbunden als auf dem Cembalo.

  • Oh Ja.
    Man kann auf einem Modernen Klavier auch sehr polyphon spielen, siehe Glenn Gould. Dieser übertrifft in seiner Polyphonie eigentlich alle und jeden, es klingt eher so, als würden zwei (drei, vier fünf) Pianisten an jeweils einem Flügel hochkonzentriert eine Stimme spielen.
    Aber, um das zu erreichen, muss man derart spielen KÖNNEN wie Gould. Das heißt, zwei (drei, vier, fünf) Gehirne für je eine Stimme zu haben und konsequentes nonlegato-Spiel. Sagen wir es so: Es ist auf dem Cembalo wegen seines Klangs - die Bässe unterscheiden sich in der Klangfarbe vom Diskant (was übrigens bei den von Brahms bevorzugten Flügeln (Streicher-Vollholz!!!) auch noch der Fall war) - sehr viel leichter.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo,


    ich bin zwar absolut kein Cembalo- oder Klavier-Allwissender, sondern nur einer der mit Ohren und Herz einer Interpretation lauscht.
    Meine Favoriten-Aufnahme ist diese hier von Keith Jarrett (ebenso wie alle seine anderen Klassikeinspielungen)



    Anhand dieser Einspielung muss ich meinerseits jedoch sagen, dass für mich die Interpretation auf einem Klavier zu plump und zu einfältig ist.
    Kennt noch jemand diese Aufnahme, was sagt Ihr dazu?


    Gruss
    Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Sagitt meint:


    Der Gould des Cembalos war Anthony Newman, der , wann eigentlich, jedenfalls vor langer Zeit, die Goldbergvariationen herausbrachte, mindestens durch das Stück so jagte wie Gould auf dem Klavier und sich viele interpretatorische Freiheiten nahm,insbesondere bei der Wiederholung einer Variation- das ist Stadtfeld eher harmlos gegen-. Die deutsche Kritik seinerzeit hat dies natürlich pflichtgemäss verrissen.


    Im Gegensatz zu Gould wurde Newman allerdings vergessen.

  • Tag zusammen,


    ein Problem der Konzertflügelaufnahmen, die dann oft aus Gründen der Durchsichtigkeit mit wenig bis gar keinem Pedal gespielt werden ist aus meiner Sicht, dass man dadurch auf viel Klang verzichten muss, weil der Obertonreichtum durch die nicht mitschwingenden anderen Seiten beschnitten wird. Auf dem Cembalo dürfte das ja nicht das Problem sein.


    Trotzdem bevorzuge ich die Interpretationen auf dem modernen Konzertflügel, da ich damit quasi aufgewachsen und daran gewöhnt bin. Möchte mich aber zukünftig doch langsam an das Cembalo rantasten, mal abwarten, wie sich da zukünftig mein "Geschmack" entwickelt.


    Gruß
    Sascha

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Als Gould des Cembalos würde ich Anthony Newman nicht bezeichnen. Zwar hat er sich gewisse interpretatorische Freiheiten in seinen Bacheispielungen herausgenommen, hat sich tempomäßi quasi überschlagen, als er für CBS im Jahr 1971 die Goldbergvariationen außerordentlich virtuos eingespielt hat, deswegen jedoch eine Nähe zu Gould herstellen zu wollen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es sei denn man reduziert die Parallele allein auf die Geschwindigkeit der musikalischen Darstellung. Bedaulicherweise ist Newman in Europa, im Gegensatz freilich zu Nordamerika, nie richtig bekannt geworden. Das ist sehr schade.


    Sehr empfehlenswert ist m.E. die Darbietung Trevor Pinnocks, erschienen bei DG/Archiv, der den Werkzyklus auf einem Ruckers-Cembalo aus dem Jahr 1646 eingespielt hat. Wer an einer präzis ausformulierten Deutung interessiert ist, die auch Bachs Vorstellungen von der Umsetzung dieses Werkes berücksichtigt, möge sich eine Einspielung zulegen, die nach 1975 entstanden ist. 1975 hat der Musikwissenschaftler Christoph Wolff Bachs Handexemplar der Goldbergvariationen aufgefunden, das zahlreiche Korrekturen, Tempoanweisungen und dergleichen mehr enthält. Mit Trevor Pinnock, Alan Curtis oder Gustav Leonhardt (1978) ist man auch insoweit auf der sicheren Seite.

  • Für Barockmusik finde ich cembalo fast immer schöner, das erhält halt mehr vom Charakter des Stückes.
    Aber auch da gibt es ausnahmen, die beste einspielung vom WTK2 hat meiner meinung nach Glen Gould auf einem ganz normalen Klavier gemacht, aber sonst bin ich bei Barock musik doch mehr für cembalo.
    Bei späterer Musik ist das was anderes, da braucht man den vollen Klangkörper.

  • Hallo,


    Hinweisen möchte ich auch auf eine der frühesten Aufnahmen der Goldbergvariationen auf einem Cembalo mit Wanda Landowska (Aufnahme von 1933). Die Tempi erscheinen heute teilweise zwar sehr gedehnt und ungewohnt, nach einem gewissen Einhören findet man sich aber bald zurecht.


    Viele Grüße,
    Daniel

  • An anderer Stelle - "Bach im historischen Gewand" - habe ich vor einiger Zeit mal den nachfolgenden Beitrag geschrieben, der hier wohl besser hereinpaßt:



    Beschäftigt man sich mit der elektroakustischen Anfangszeit der Cembaloeinspielungen des Bachschen Werks, wird ein Name vor allen anderen genannt werden müssen, nämlich der der Cembalistin Wanda Landowska (1879 - 1959). Wanda Landowska, die Grande Dame des Cemalospiels, hat das Instrument erstmalig für die Einspielung großformatiger Werke Bachs genutzt. Hier sind die Chromatische Fantasie und Fuge, das italienische Konzert, die Goldbergvariationen, Teil 1 und 2 des Wohltemperierten Klaviers zu nennen.


    Hinweisen möchte ich auf die Einspielung der Goldbergvariationen, die WL 1945 in New York (davor übrigens auch im Jahr 1933)aufgenommen hat. Natürlich hört man der Aufnahme ihr Alter an. WL ist aber in der Lage ein breites Spektrum von Emotionen zu zeigen, ohne an Präzision einzubüßen. Diesen Willen zur Präzision merkt man der Aufnahme auch an, wenn die einzelnen Variationen sehr detaitreich gespielt werden. Die Wiederholungen spielt WL manchmal, zuweilen werden sie aber auch nach kurzer Zeit abgebrochen.


    Aus dem Spezialthread zu den Goldbergvariatinen habe ich in Erinnerung, daß dort die Cembaloeinspielung mit Ralph Kirkpatrick (übrigens ein Schüler von WL) aus dem Jahr 1958 vorgestellt worden ist. Im Vergleich dieser beiden Einspielungen stellt sich Kirkpatricks Auffassung von diesem Zyklus als ausgesprochen farblos, viel weniger kontrastreich dar, als bei seiner Lehrerin.


    Nach meiner Kenntnis wurde die Aufnahme mit WL einmal im Paket mit der Klavieraufnahme Arraus (1945?) angeboten. Ob und wenn ja, in welcher Ausgabe die Einspielung Landowskas jetzt noch im Handel erhältlich ist, vermag ich nicht zu sagen. Ggf. ist sie bei ebay zu bekommen.

  • Der Legende nach eignen sich die Goldbergvariationen ja ganz besonders für schlaflose Nächte - so sei es denn, dass ich hier auch noch meinen Senf dazugebe.


    Zwar kenne ich von den Goldbergvariationen nicht allzu viele Aufnahmen (Landowska 33, Gould 55 und 81, Hewitt), aber diese hier mit Richard Egarr



    scheint mir bemerkenswert zu sein. Mich jedenfalls hat sie schwer begeistert.


    Richard Egarr spielt auf einer Ruckers-Kopie, die mit echten Federkielen versehen und nach der von Bradley Lehman rekonstruierten Bach-Stimmung gestimmt ist (Lehman erklärt seine Entdeckung auf seiner Website w*w.larips.com sehr ausführlich). Mir fehlt der Sachverstand, um die klangliche Gesamtwirkung in Einzelkomponenten aufzulösen, aber es handelt sich um ein für meinen Erfahrungshorizont ganz außergewöhnlich warmen, vollen, runden, leuchtkräftigen Klang. Der Anriss der Töne ist wesentlich sanfter als üblich und es gibt am Anfang jedes Tons ein ganz bezauberndes kleines Crescendo aus dem Nichts. Und die Abweichung der Stimmung von der gleichschwebenden Temperatur gibt dem Klang eine warme, irisierende Lebendigkeit, so scheint es mir.


    Schon dieses lyrische Klangerlebnis allein wäre die Anschaffung mehr als wert gewesen, doch hat Richard Egarr noch mehr zu bieten. In seinem Begleitessay (die im Internet publizierte ausführliche Version, die leider nicht den Weg ins Booklet gefunden hat) beruft er sich unter anderem auf - Leopold Stokowski (!), und entsprechend klangsinnlich hat er seine Interpretation dann auch gestaltet.


    Die Tempi sind eher auf der langsamen Seite, alles entwickelt sich wunderbar organisch und unaufgeregt Schritt für Schritt und Ton für Ton in einem großen Bogen. Egarr spielt alle Wiederholungen, verziert geschmackvoll und bedient sich mit geradezu unheimlicher Souveränität der Inegalité. Diese hohe Kunst der Quasi-Punktierung gleicher Notenwerte entfaltet er auf der Basis eines felsenfesten Grundpulses mit einem feinen Ohr für das relative klangliche Gewicht jeder Note, was ein wesentliches Element für die organische Entwicklung des Werks in einem großen Fluss ist.


    Cembalistisches Feuerwerk sucht man hier vergebens, dafür wird man sanft durch eine an feinsten Schattierungen reiche Wunderwelt geführt, die einen mit wie aufblühend sich entfaltenden warmen Klängen umgibt.


    Nicht Bach für die Insel, eher Bach auf der Insel ;)


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Ist jemand mit diesen Aufnahmen vertraut? Es ist eine 4-CD-Box:


    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich höre gerade die Goldberg-Variationen, Rousset spielt auf einem Hemsch, Paris 1751, und - mir ist das bei anderen Aufnahmen mit Rousset schon aufgefallen: für mich klingt das Instrument ein wenig so, als wären manche Saiten schlecht gestimmt (falls das überhaupt sein kann). Übertrieben ausgedrückt spüre ich beim Hören ein unangenehmes Gefühl in den Zähnen ...


    Das Spiel selber gefällt mir aber recht gut.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich habe hier gelesen, dass gesagt wurde, dass viele den Klang des Cembalos nicht lange aushalten können.


    Ich habe beobachtet, dass es mir auch auf die Nerven geht, wenn ich nur halb hinhöre. Wenn ich aber die Musik richtig verfolge, ist sie mir auf diesem Instrument 10000 Mal lieber, als auf einem anderen Instrument (ich beziehe mich auf Bach).


    Einschränkend muss ich allerdings sagen, dass ich mir die Goldbergvariationen eher auf einem Piano Forte vorstellen kann, als z. B. das Wohltemperierte Clavier.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Hallo Masetto,


    ich höre gerne Cembalo (und wenn, dann "ständig"), aber mir scheint der Klang mancher Instrumente nicht zu behagen; von dem schneidenden Ton von Roussets Cembalo beginne ich, meine Plomben zu spüren. Ich muss den ersten Eindruck vom letzten Mal auch relativieren: ich habe mich an den leicht "verstimmten" Klang schnell gewöhnt, Roussets konsequentes und uhrwerkgleiches Spiel hat mich doch zu sehr fasziniert!


    Bei der Gelegenheit fällt mir eine Aufnahme ein, die mir ebenfalls Spaß gemacht hat und bei der das Instrument teils gar nicht wie ein Cembalo sondern wie eine Orgel mit bestimmten Registern klingt, manchmal auch wie eine Mandoline, manchmal wie eine Laute: Ralph Kirkpatrick, die CD 4 aus der Box mit den "Complete 50s recordings", auf der im Anschluss (also nach den Goldbergvariationen!) auch noch eine bombastische Chromatische Fantasie und Fuge drauf ist, sowie Vier Duette und das Italienische Konzert!

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose