Sinn oder Unsinn - Regietheater

  • ^^ Und ich würde es auch nicht machen wegen der immensen kultur- und musikgeschichtlichen Bedeutung gerade des Chorsatzes. Wagner sprach von der "Erlösung der Musik durch das Wort" und Gustav Mahlers 2. Symphonie wäre ohne diesen Chorsatz von Beethovens 9. gar nicht entstanden. In Japan sind Aufführungen der 9. Beethoven mit dem Chorsatz bis heute "Kult". :)


    Schöne Grüße

    Holger

    Das leuchtet mir ein, aber so als einmaliges Experiment wäre es mal hörenswert. Ansonsten habe ich mir angewöhnt, im 4. Satz genau auf das Orchester zu hören. Bei Janaceks Opern bin ich gespalten, da mag ich die alten Gregor-Fassungen nach wie vor, vor allem, weil da auch wunderbare Sänger mitwirken. Natürlich ist Mackerras/Tyrell erste Wahl. Natürlich bleibt auch in der "Sache Makropulos" die Salomé außen vor. Allerdings ist das auch ein interessantes Gedankenexperiment, wenn ich mich frage, welche Sängerin hätte das gekonnt, diese beiden gewaltigen Schlüsse an einem Abend zu singen? Renée Fleming? Asmik Grigoryan?

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Der von mir formulierte Satz ist vielleicht kurz und enthält wenig philosophische Fremdwörter, aber ich versichere Dir, man benötigt keinen Sachverstand, um seine Wahrheit zu akzeptieren, Verstand reicht da völlig aus.

    Man sollte sich in einer Antwort an den Inhalt halten, der wirklich ausgesagt wurde. Es ging darum, dass ich gesagt hatte: dass der Werkbegriff eine Verbindlichkeit darstellt, ist eine literaturgeschichtliche Tatsache und empirisch ausweisbar. Da hast dann allgemein über etwas herumgeschwafelt, was mit meiner Aussage nichts aber auch gar nichts zu tun hat.

    Welch alberne Welt wäre es, wo Kunst und Kunstgenießer eines dauernd dazwischenplappernden regelerklärenden Philosophen bedürften, um ihre ästhetische Erfahrungen zu machen?

    Welcher Philosoph macht das und hat das getan? Es sind die Künstler, die Regeln für ihr künstlerisches Tun immer wieder aufgestellt haben und denen dann auch Andere gefolgt sind. Auch das kann man rein empirisch nachweisen.

    Nun zu Deinem Satz: Auch hier benötigt man wiederum keinen Sachverstand, um zu erkennen, dass der Satz als logischer Schluss, den er wohl darstellen soll, einfach nur Quark ist. Warum sollen Literaturwissenschaftler nicht sinnvolle Erkenntnisse gewinnen können, auch wenn sie nicht versuchen, Künstlern und Kunstgenießern in ihre Tätigkeiten reinzuschwatzen.

    Das ist einfach nur konfus. Ein Literaturhistoriker ist ein Historiker. Kein Historiker pfuscht in die Geschichte hinein, weil die nämlich abgeschlossen und nicht zu verändern ist. Er versucht ganz einfach zu begreifen, was gewesen ist.

    Das scheint mir doch ein sehr technokratisches Verständnis von Philosophie zu sein. Die Erkenntnis wird hier ja zum Mittel degradiert. Vielleicht solltest Du Dich da mal mit der Etymologie des Begriffes Philo-Sophie beschäftigen

    Der Philosoph hat wie der Literaturwissenschaftler verschiedene Aufgaben. Wenn ich Philosophiehistoriker bin ist das eine ganz bestimmte Aufgabe, die natürlich von der Aufgabenstellung her bestimmte Einschränkungen hat.

    Immerhin siehst Du das endlich ein.

    Du unterstellst mir etwas, was ich nie gesagt habe. Denn Du liest einfach nicht sorgfältig, was ich geschrieben habe und vollziehst meine Argumentation in ihrem Sinn nicht nach. Die Forderung der "Werktreue" oder "Werkgerechtigkeit" kann philosophisch gesprochen natürlich nie ein kategorischer, sondern immer nur ein hypothetischer Imperativ sein. Das habe ich wiederholt wie es klarer nicht geht klar gemacht.

    Es gibt für einen Theaterkünstler keine Verpflichtung, "das Werk eines anderen Urhebers aufzuführen". Auch das wurde inzwischen zigmal erklärt.

    Ja - das ist zigmal immer wieder dasselbe sophistische Ausweichweichmanöver. Und zigmal kann ich da nur antworten: Wenn das so ist, dann soll der Künstler einfach das "Werk eines anderen Urhebers" nicht aufführen, sondern sein eigenes Werk produzieren. Wenn er sich aber entscheidet, das "Werk eines anderen Urhebers aufzuführen", übernimmt er damit auch die Verpflichtungen, die ihm das Werk, das er aufführt, stellt.

    Was soll das jetzt? Wen interessiert, was Du erkennst oder nicht erkennst?

    Ich bin glaube ich nicht der Einzige, der aus der Art, wie Ihr Euch hier präsentiert, ein "künstlerisches Ethos" schwer herauslesen kann. Siehe die Beiträge von MDM. Und wenn Du so zynisch antwortest, zeigt das nur, dass Dich im Grunde gar nicht interessiert, wie andere Menschen über Dich denken. Das wiederum kann den Eindruck der Arroganz und Selbstherrlichkeit erwecken. Muss es freilich nicht, aber kann. Aber auch das wird Dir selbstverständlich egal sein. Nun - das brauchen wir deshalb auch nicht zu vertiefen. Ich jedenfalls ziehe meine Schlüsse daraus und jeder Andere kann wiederum seine Schlüsse daraus ziehen.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich kann mir das auch nicht anders erklären, als dass zu schnell oder nicht gründlich genug gelesen wird, was du schreibst oder man will dich ganz einfach absichtlich missverstehen und stellt sich künstlich doof. Es ist Zeitvergeudung, die Positionen hier sind nicht miteinander vereinbar. In 100 Jahren nicht.


    Gruß...MDM :hello:

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Man sollte sich in einer Antwort an den Inhalt halten, der wirklich ausgesagt wurde. Es ging darum, dass ich gesagt hatte: dass der Werkbegriff eine Verbindlichkeit darstellt, ist eine literaturgeschichtliche Tatsache und empirisch ausweisbar. Da hast dann allgemein über etwas herumgeschwafelt, was mit meiner Aussage nichts aber auch gar nichts zu tun ha


    Ich kürze das jetzt ab. Alles was zum Verständnis nötig war, ist zitiert, auch in Deinem Text, der sich ja direkt auf meinen bezieht. Ich verstehe ja, dass da der Sachverstand im Wege ist, der sich offensichtlich immer und überall erklären muss.


    Mir fehlt die Lust der verworrenen Gedankenführung - ich nenne das jetzt mal freundlich so - zu folgen. Man kann natürlich nie auschließen, dass auch am Ende von zufällig zusammengewürfelten Sentenzen aus dem philosophischen Bücherschrank ein Satz kommt, der vielleicht etwas zur Diskussion beitragen könnte ...


    Abgesehen davon scheinst Du mit der Kunst des Diskutierens "ad rem" nur rudimentär vertraut, oder Dir fehlen da die Mittel zur Anwendung. Wie auch immer ....


    Aber sorry, das wird mir hier zu mühsam.

  • Es ist Zeitvergeudung, die Positionen hier sind nicht miteinander vereinbar. In 100 Jahren nicht.

    So ist es, aber das ist schon lange klar. Es werden aber wohl trotzdem noch ein paar Dutzend Runden gedreht werden, weil es Holger noch nie ertragen hat, nicht das letzte Wort zu haben. Somit werden wir also noch weitere Kostproben seines überragenden Sachverstandes genießen können. Der immer arroganter werdende Tonfall zeugt allerdings von einer gewissen Hilflosigkeit, die mich angesichts der Unzulänglichkeit der Argumente nicht überrascht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nur, damit es alle nachvollziehen können. Ich hatte geschrieben:

    Darum geht es doch nicht. Ästhetische Betrachtungen sind doch nicht nur exklusiv in philosophischen Abhandlungen zu finden. Und ihre Verbindlichkeit erklärt sich auch nicht daraus, dass sie Philosophen als Lehrsätze vermeintlich verkünden. Sie entstehen u.a. dadurch, dass es Poetiken gibt, die Regeln zur praktischen Ausführung geben und die Künstler sich in der Praxis daran gehalten haben. Über Jahrhunderte. Und daraus folgt, dass man den Sinn dieser Kunstwerke nicht versteht, wenn man die Regeln nicht versteht, nach denen sie geschaffen wurden und wie sie sich in der Struktur und dem Aufbau der Werke niedergeschlagen haben. Verbindlichkeit und der Nachweis von Verbindlichkeit ist auch eine empirische Frage.

    Dann hat astewes nur einen Satz daraus zitiert und den kompletten Kontext dazu unterschlagen:

    Und daraus folgt, dass man den Sinn dieser Kunstwerke nicht versteht, wenn man die Regeln nicht versteht, nach denen sie geschaffen wurden und wie sie sich in der Struktur und dem Aufbau der Werke niedergeschlagen haben.

    ... und dazu folgendes geantwortet:

    Du magst es, ästhetische Probleme aufzuwerfen. Na klar...


    Meines Erachtens ist das in dieser Allgemeinheit falsch. Weder der Künstler noch der Rezipient der Kunst ist verpflichtet, Regeln des Kunstwerkes zu verstehen.

    Und ich habe darauf dann so geantwortet:

    Man sollte sich in einer Antwort an den Inhalt halten, der wirklich ausgesagt wurde. Es ging darum, dass ich gesagt hatte: dass der Werkbegriff eine Verbindlichkeit darstellt, ist eine literaturgeschichtliche Tatsache und empirisch ausweisbar. Da hast dann allgemein über etwas herumgeschwafelt, was mit meiner Aussage nichts aber auch gar nichts zu tun hat.

  • So ist es, aber das ist schon lange klar. Es werden aber wohl trotzdem noch ein paar Dutzend Runden gedreht werden, weil es Holger noch nie ertragen hat, nicht das letzte Wort zu haben. Somit werden wir also noch weitere Kostproben seines überragenden Sachverstandes genießen können. Der immer arroganter werdende Tonfall zeugt allerdings von einer gewissen Hilflosigkeit, die mich angesichts der Unzulänglichkeit der Argumente nicht überrascht.

    Du gehst jetzt auch mit keinem Wort auf meine Argumentation ein und beschränkst Dich auf eine Bemerkung ad hominem.

  • Wenn das so ist, dann soll der Künstler einfach das "Werk eines anderen Urhebers" nicht aufführen, sondern sein eigenes Werk produzieren.

    Das tut er auch. Wie gesagt ist ein Theaterkunstwerk niemals "das Werk eines anderen Urhebers" sondern prinzipiell und immer ein neues Werk. In dem verwendet der Theaterkünstler möglicherweise (nicht notwendigerweise) auch ein oder mehrere andere Werke. Das ist alles.


    Ich bin glaube ich nicht der Einzige, der aus der Art, wie Ihr Euch hier präsentiert, ein "künstlerisches Ethos" schwer herauslesen kann.

    Das wäre auch ohne gut funktionierende Kristallkugel nicht möglich, weil meine künstlerische Arbeit hier gar kein Thema ist.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Das tut er auch. Wie gesagt ist ein Theaterkunstwerk niemals "das Werk eines anderen Urhebers" sondern prinzipiell und immer ein neues Werk. In dem verwendet der Theaterkünstler möglicherweise (nicht notwendigerweise) auch ein oder mehrere andere Werke. Das ist alles.

    Das ist einmal eine sinnvolle Anwort die ich verstehe. Die Voraussetzung dafür ist die konstruktivistische Annahme, dass die "anderen Werke" nur ein "Material" und Baustein sind, die in das immer neu geschaffene "Theaterkunstwerk" eingehen. Was bei diesem Konstruktivismus wegfällt, sind dann eben alle Verbindlichkeiten, die die "anderen Werke" stellen. Unter der Voraussetzung der konstruktivistischen Grundannahme ist das auch so verständlich. Nur halte ich die Grundannahme für falsch - und auch die Konsequenzen daraus zeigen, dass diese Annahme zu (Selbst-)Widersprüchen führt. Das wäre dann aber eine wirklich ernsthafte ästhetische Debatte. Die Ansätze dazu habe ich gegeben, nur wurde das nicht beachtet.

  • Nur, damit es alle nachvollziehen können. Ich hatte geschrieben:

    Dann hat astewes nur einen Satz daraus zitiert und den kompletten Kontext dazu unterschlagen:

    ... und dazu folgendes geantwortet:

    Und ich habe darauf dann so geantwortet:


    Lieber Holger, da das von Dir in #1118 Aufgeführte wesentliche Auslassungen und damit Fehler beinhaltet, helfe ich gerne noch einmal nach.


    Darum geht es doch nicht. Ästhetische Betrachtungen sind doch nicht nur exklusiv in philosophischen Abhandlungen zu finden. Und ihre Verbindlichkeit erklärt sich auch nicht daraus, dass sie Philosophen als Lehrsätze vermeintlich verkünden. Sie entstehen u.a. dadurch, dass es Poetiken gibt, die Regeln zur praktischen Ausführung geben und die Künstler sich in der Praxis daran gehalten haben. Über Jahrhunderte. Und daraus folgt, dass man den Sinn dieser Kunstwerke nicht versteht, wenn man die Regeln nicht versteht, nach denen sie geschaffen wurden und wie sie sich in der Struktur und dem Aufbau der Werke niedergeschlagen haben.

    Nehmen wir den ganzen Abschnitt. Wenn mich nun der Schluss selbst nicht überzeugt, weil ich ihn eben für unschlüssig halte, und ich ihn überhaupt nicht thematisieren möchte, habe ich mich auf das beschränkt, was Deiner Meinung nach aus dem vorangehenden Textteil hätte folgen sollen.


    Und daraus folgt, dass man den Sinn dieser Kunstwerke nicht versteht, wenn man die Regeln nicht versteht, nach denen sie geschaffen wurden und wie sie sich in der Struktur und dem Aufbau der Werke niedergeschlagen haben.


    Ich sage jetzt, dass das vermeintlich Geschlossene in der Allgemeinheit falsch ist.


    Du magst es, ästhetische Probleme aufzuwerfen. Na klar...


    Meines Erachtens ist das in dieser Allgemeinheit falsch. Weder der Künstler noch der Rezipient der Kunst ist verpflichtet, Regeln des Kunstwerkes zu verstehen.

    hier antwortest Du mit



    Du redest hier einfach von Dingen, wozu Dir der Sachverstand fehlt. Wenn das "in dieser Allgemeinheit falsch" wäre, dann wäre die Arbeit und ein Großteil der Erkenntnisse von Literaturwissenschaftlern falsch und unsinnig. Darüber kannst Du Dir aber schlicht kein Urteil erlauben, weil Du kein Literaturwissenschaftler bist. Schuster, bleib bei Deinem Leisten, heißt das Sprichwort!

    Da ich den größten Teil der Argumente ad hominem einfach ausblende zitiere ich nur den ersten Teil


    Du redest hier einfach von Dingen, wozu Dir der Sachverstand fehlt. Wenn das "in dieser Allgemeinheit falsch" wäre, dann wäre die Arbeit und ein Großteil der Erkenntnisse von Literaturwissenschaftlern falsch und unsinnig.


    Ich antworte mit



    Der von mir formulierte Satz ist vielleicht kurz und enthält wenig philosophische Fremdwörter, aber ich versichere Dir, man benötigt keinen Sachverstand, um seine Wahrheit zu akzeptieren, Verstand reicht da völlig aus.


    Welch alberne Welt wäre es, wo Kunst und Kunstgenießer eines dauernd dazwischenplappernden regelerklärenden Philosophen bedürften, um ihre ästhetische Erfahrungen zu machen?


    und erkläre damit, wieso meine Behauptung ohne große Probleme nachvollziehbar ist. Ob jetzt der Philosoph dazwischenplappert oder ein Regelbuch bei Kreation und Rezeption des Kunstwerkes zur Anwendung kommt, ist für den offensichtlichen Denkfehler unerheblich.


    Wenn man meinen Gedanken nachvollziehen kann, ist ganz nebenbei zusätzlich noch klar, wieso der lange Textteil vor der Conclusio irrelevant ist. Entweder ist er dann falsch oder der Schluss.. Wen juckt es jetzt noch?


    Nun zitierst Du


    Der von mir formulierte Satz ist vielleicht kurz und enthält wenig philosophische Fremdwörter, aber ich versichere Dir, man benötigt keinen Sachverstand, um seine Wahrheit zu akzeptieren, Verstand reicht da völlig aus.


    und entgegnest darauf


    Man sollte sich in einer Antwort an den Inhalt halten, der wirklich ausgesagt wurde. Es ging darum, dass ich gesagt hatte: dass der Werkbegriff eine Verbindlichkeit darstellt, ist eine literaturgeschichtliche Tatsache und empirisch ausweisbar. Da hast dann allgemein über etwas herumgeschwafelt, was mit meiner Aussage nichts aber auch gar nichts zu tun hat.


    und ich noch einmal


    Ich kürze das jetzt ab. Alles was zum Verständnis nötig war, ist zitiert, auch in Deinem Text, der sich ja direkt auf meinen bezieht. Ich verstehe ja, dass da der Sachverstand im Wege ist, der sich offensichtlich immer und überall erklären muss.


    Mir fehlt die Lust der verworrenen Gedankenführung - ich nenne das jetzt mal freundlich so - zu folgen. Man kann natürlich nie auschließen, dass auch am Ende von zufällig zusammengewürfelten Sentenzen aus dem philosophischen Bücherschrank ein Satz kommt, der vielleicht etwas zur Diskussion beitragen könnte ...


    Ich habe mir noch einmal die Mühe gemacht, den mit wesentlichen Lücken zusammengestöpselten Text mit den restlichen Bemerkungen aufzufüllen. Jeder kann sich jetzt eigene Gedanken machen,


    Allerdings bleibe ich dabei, dass es mir zu mühsam ist, dauernd die logischen Fehler in den Argumenten irgendwie positiv gestimmt durch irgendetwas Sinnvolles zu approximieren. Dafür ist mir mittlerweile der Ton viel zu aufgeblasen.

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  • Nehmen wir den ganzen Abschnitt. Wenn mich nun der Schluss selbst nicht überzeugt, weil ich ihn eben für unschlüssig halte, und ich ihn überhaupt nicht thematisieren möchte, habe ich mich auf das beschränkt, was Deiner Meinung nach aus dem vorangehenden Textteil hätte folgen sollen.

    Subjektiv kannst Du davon überzeugt sein. Nur objektiv ist es schlicht falsch - das weist ganz einfach die Werkanalyse nach. Und deshalb sind auch Deine ganzen weiteren Gedankengänge haltlos.

  • Rein interessehalber: Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?


    Meine Erlebnisse waren Corona-bedingt eher rar, aber erfreulicherweise regietechnisch „based“, ohne im entferntesten langweilig zu sein - z.B. die „Ring“-Tetralogie in Minden oder „Tristan und Isolde“ in Füssen. Es gibt sie noch, die guten Dinge.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Rein interessehalber: Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Ja, viele sogar.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ja, viele sogar.

    Da beneide ich dich. Ich möchte das Verhältnis Live-Erlebnis zu Konserve in 2023 auch wieder zugunsten des ersteren verschieben. Allerdings bin ich auch sehr wählerisch.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Ob du mich zu diesem Personenkreis zählst oder nicht: Aber ich gehe morgen mit meiner Tochter in Jette Steckels "Zauberflöte" (Hamburger Staatsoper). Da ich die Inszenierung im Gegensatz zu meiner Tochter zum zweiten Mal sehen werde, rechne ich mit härtestem RT-Tobak (zu meiner Verwendung von "RT" s.u.): Tamino wird zu Beginn eine Herzattacke bekommen, und das weitere Geschehen lässt sich wohl als seine Nahtoderfahrung verstehen. Das Publikum wird zwischendrin mal animiert mitzusingen, Kostüme, Text und Bühnenbild weisen starke Diskrepanzen zum Libretto auf.


    Ich kann Werner Hintzes Kritik am RT-Begriff, denke ich, gut nachvollziehen. Semantisch ist dieses Kompositum wirklich unsinnig. Zudem gibt es keinen zufriedenstellenden Konsens hinsichtlich der Definition. Ich verwende es dennoch, weil es mir im pragmatischen Sinne ein Wort an die Hand gibt, mit dem ich eine grundsätzliche Tendenz benennen kann, die von unbedarften Mitdiskutanten in dieser grundsätzlichen Weise verstanden werden kann. Näheres müsste man dann differenzierter und vor allem mit eindeutigeren Begriffen besprechen. Der Begriff ist eine instabile Krücke. Mir erscheint sie aber bislang noch einigermaßen praktisch.

  • Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Naja, einer mit Sicherheit, für die anderen mal etwas Anschauungsmaterial.


    Um die bisherigen Diskussionen/ Debatten/ Streitgespräche über WERKTREUE etwas aufzulockern bringe ich hier als Beispiel eine Inszenierung von Christof Loy aus Helsinki. Der Titel könnte fast lauten: Happy-End in Helsinki. Opernbearbeitung von Christof Loy unter Verwendung der Oper "Salome" von Richard Strauss, aber Loy zeigt die Inszenierung unter dem Originaltitel "Salome".

    Schaut mal rein:

    https://www.arte.tv/de/videos/…A/richard-strauss-salome/


    Da ist alles drin, was nach Alfreds Liste in #1099 nicht drin sein darf wie ein Salon bei reichen Leuten als Bühnenbild, Kostüme der Gegenwart und ein splitternackter Jochanaan (der sogar richtig Sinn macht, denn Salome besingt seinen Körper mehrmals "Dein Leib ist weiss wie die Lilien auf einem Felde .... Nichts in der Welt ist so weiss wie dein Leib. Lass mich ihn berühren deinen Leib."

    RT-Gegner finden noch allerhand Elemente, die ihnen nicht passen dürften, weil nicht "werktreu". Ich habe zwar anfangs ohne Schwierigkeiten in dem Stück die Salome von Strauss erkannt, was sich jedoch beim Finale änderte, denn Salome bekommt nicht den Kopf des Jochanaan in einer silbernen Schale serviert, sondern der Prophet betritt leibhaftig in einen eleganten schwarzen Anzug gekleidet die Bühne und wird von einer Salome in elegantem weissem Kleid geküsst. Jochanaan streichelt bei einer Umarmung sanft ihren Arm und beide verlassen danach gemeinsan den Salon (Aufbruch in die Flitterwochen?????). Erst als sie die Bühne verlassen haben ruft Herodes (vielleicht aus Eifersucht?????) "Man töte dieses Weib".

    Bis zur Schlussszene hatte ich keine Probleme mit der Inszenierung (egal ob werktreu oder nicht), das Ende allerdings macht mich ratlos. Soll man das als Wunschvision Salomes deuten? Aber dafür fehlen szenische Hinweise. Ist Salome am Ende eine liebende Frau, deren Partnerwunsch sich erfüllt hat? Der Wandel wurde jedoch nicht mal ansatzweise erklärt.

    Fazit: Loys Inszenierung ist im Schlußteil der Oper absolut nicht mehr einleuchtend. Was bleibt sind viele Fragen.


    PS: Ich habe das Ende ohne Ton befreundeten Opernliebhabern vorgespielt. Keiner hat das als Schluß der Oper Salome erkannt, obwohl doch eigentlich Salomes Schlußgesang eine der markantesten Szenen der Opernliteratur ist.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Jedenfalls, lieber Leiermann, wünsche ich dir mit deiner Tochter ein für euch schönes Erlebnis. Kindern zuliebe macht man ja so manches mit. ;)


    Generell verstehe ich auch bei Mozart deutlich mehr Spaß als bei Wagner.


    Zum RT-Begriff: Ich spreche da bei Auswüchsen auch lieber von Regisseur-Egomanie oder Regieverzerrung - das macht das Gemeinte klarer.


    Gutes Hören

    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Rein interessehalber: Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Wofern es möglich war, konnte ich in Dortmund Zauberflöte, Hänsel und Gretel und Don Giovanni sehen. Carmen und Nabucco waren auch dabei. Und Einstein on the beach in gänzlich anderer Darbietung als die Inszenierung, mit der Glass selber tourt, aber immerhin von ihm abgesegnet. Da ich Verdi nicht sehr mag, geschah der Nabucco-Besuch der Familie zuliebe, im Dortmunder Opernhaus sind die Inszenierungen zumeist recht dicht an den zugrundeliegenden Libretti, was fürs Werkverständnis nicht immer förderlich ist. Am spannendnsten war noch die Inszenierung von Don Giovanni, bei der sich Bühne und Zuschauerraum vermischten. Musikalisch geht's in Dortmund ohne Fehl' und Tadel zu, Don Givanni sogar historisch informiert. Dann gab's noch Nußknacker in einer Inszenierung, die der Originalen der Uraufführung nachempfunden war und Schwanensee, recht modern und Inhaltshintergrundskenntnisse einfordernd. Dafür aber beeindruckend getanzt.


    Im Schauspiel Dortmund nur einmal mit einem neuen Stück, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob angesichts der verwendeten Collagetechnik zur Überbelendung unterschidlicher nationaler und menschlicher Perspektiven auf den Koloss Europa der Autor nicht ästhetische Anleihen bei Jan-Arthus Bertrand und seinem Film "Human" genommen hat Düsseldorfer Schauspiel auch nur einmal mit der inszenierten Solo-Rezitation von Michael Kolhaas, was ich sehr bemerkenswert fand.


    Solche Auf-die-Bühnebringungen von Prosawerken dürften einem ganz anderen Werktruebegriff folgen wie die Inszenierungen von Oper oder Schauspiel. Düsseldorf hat da ein glückliches Händchen: schon ein paar Jahre zuvor brachten die mit "Die Fülle des Wohllautes" eine szenische Rezitation jenes Kapitels aus Manns Zauberberg auf die Bühne.


    Katzers Tannhäuser, Katharina Wagners Tristan und den jügste Bayreuther Holländer habe ich jeweisl im Kino gesehen, was mit einer Bühnenaufführung kaum vergleichbar ist, da das menschliche Auge durch Kameraführung und Schnitt manipuliert werden. Auch eine abgefilmte per ist kein Bühnenwerk sondern eben ein Film. Die Katzer-Verfilmung des Tannhäuser fand ich schlichtweg grandios, Katharinas Tristan immerhin sehr achtbar (ihre Meistersinger gefielen mir besser), den Holländer fürchterlich.


    Bin aber hauptsächlich ein Liebhaber von instrumentaler Musik, man sieht mich eher im Konzert- als im Opernhaus. Aber hin und wieder eben auch im zweiten


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Danke, Christian. Für mich ist es in diesem Fall wirklich so, dass ich mich in erster Linie darauf freue, mit meiner Tochter in die Oper zu gehen. Das wird uns beiden sicher Freude machen, zumal der Aspekt "RT oder nicht RT" für uns praktisch keine Bedeutung hat.


    Und ja: Wenn RT als "Phänomen" negativ konnotiert werden soll, dann zöge ich es der Verständlichkeit halber auch vor, wenn mir jemand dann auch mit einem eindeutig wertenden Begriff aufwartet. Ich selbst bin, wie oben erwähnt, überhaupt kein großer Anhänger des Wortes 'RT', aber wenn ich es verwende, dann möchte ich das Phänomen gerne neutral verstanden wissen.

  • Rein interessehalber: Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Ich habe sicher weit über zwanzig Jahre lang keine Opernaufführung mehr besucht....


    Anders, als vielen Opernfreunden, fällt es mir ausgesprochen schwer, das Geschehen auf der Bühne irgendwie ernst zu nehmen. Bei der Zauberflöte mache ich eine Ausnahme, hier ist das Fantastische und Zauberhafte Gegenstand des Geschehens. Über Zimmermanns grandiose Oper hatte ich auch schon gesprochen. Auch beim Sprechtheater fällt es mir leichter. Ich kenne mehr für mich gelungene Theateraufführungen, als ich das von der Oper behaupten könnte.


    Für mich war dieser Faden ein Versuch, die Kunstform "Operninszenierung" besser zu verstehen. Irgendwie hat es der Thread tatsächlich ein wenig geschafft, trotz aller Querfeuer und sinnlosen Seitenpfade, mehr Licht in das Geheimnis dieser Kunstform zu bringen.

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  • Vor Corona war ich regelmäßig in der Oper. Dann war es leider schlagartig vorbei. ;( Und jetzt bei den Zahlen traue ich mich (noch) nicht. Hoffentlich im nächsten Jahr ändert sich das.

  • Ich bin glaube ich nicht der Einzige, der aus der Art, wie Ihr Euch hier präsentiert, ein "künstlerisches Ethos" schwer herauslesen kann.

    Ja, das magst Du glauben. Du weißt es aber nicht. Sicher ist aber, dass Du der Einzige bist, der hier über unser künstlerisches Ethos spekuliert. Und für diese Spekulation fehlt es Dir an der nötigen Basis. Du weißt einfach auch da nichts. Und selbst wenn es anders wäre, steht es Dir nicht zu. darüber Mutmaßungen anzustellen. Es ist vielmehr eine bodenlose Frechheit. Schreib Dir das hinter die Ohren. (Ich spreche hier für mich, ich nehme aber, dass Christian, wenn er nicht konzilianter wäre als ich, es auch etwa so sagen würde.)

    Es ist Zeitvergeudung, die Positionen hier sind nicht miteinander vereinbar. In 100 Jahren nicht.

    Das ist nicht unbedingt Zeitvergeudung. Eine Diskussion hat nicht nur dann Sinn, wenn die Chance besteht, dass am Ende beide Seiten zur selben Auffassung gekommen sind oder sich ihre Auffassungen angenähert haben. Eine Auseinandersetzung über verschiedene, auch unvereinbare, Standpunkte kann sehr wohl sinnvoll und für beide Seiten gewinnbringend sein, wenn beide Seiten mit rational nachvollziehbaren Argumenten agieren. Wenn allerdings einer ausschließlich mit Autoritätsbeweisen (unter bestimmten Voraussetzungen wirksam), argumenta ad homnimem (selten akzeptabel) und argumenta ad personam (immer inakzeptabel, dumm und niederträchtig) agiert, hat es wirklich keinen Zweck. Aber das kann nicht anders sein, wenn dieser keine rational nachvollziehbaren Argumente hat, um seine Position zu stützen, aber trotzdem Sieger sein will, pereat mundus. Und das ist ja hier der Fall. Trotzdem ist die Diskussion nicht ganz sinnlos, weil sie Gelegenheit gibt, die Denkverschlingungen so eines Disputanten aus der Nähe zu studieren. Und das ist vor allem dann ergiebig, wenn dieser so gar kein Hemmungen hat, sich bis auf de Knochen zu blamieren.

  • fällt es mir ausgesprochen schwer, das Geschehen auf der Bühne irgendwie ernst zu nehmen.

    Das geht mir ähnlich. Ich gebe zudem offen zu, dass ich die Inszenierungen nicht immer verstehe. In Essen -es muss um 2008 gewesen sein- gab's einen fürchterlichen Orfeo, gefolgt in Köln von einem ebenso dämlichen Tannhäuser.


    Es ist schwierig, dem Libretto einen Bühnensinn zu verleihen, der sich auch Jahrzehnte bis Jahrhunderte nach der Abfassung von Text und Musik zu erschließen hat. Den Vogel würde wohl Wagners Ring abschießen, mit Brünhilde mit Helm und Siegfried mit Bärenfell, was so in etwa einem Zoobesuch gleichkäme oder einem Friedhof gestorbener Insinunierungen einer erdachten germanisch-nationalen Vergangenheit, wo ich dann Ulrich Wehlers Geschichte des Nationalismus zur Erläuterung aufrufen würde, ums in Ansätzen vertshen zu können, warum man sowas macht. Man könnte freilich Hänsel und Gretel als Armeleutestück inszenieren und den Erfolg des Ganzen daran messen, dass man Hänsel und Gretel am Ausgang des Opernhauses mit einer Sammelbüchse rasseln lässt. Wird die Büchse voll, war die Inszenierung gut.


    Bei der Musik stehen wir doch auch da und rätseln darüber, was für ein Klang sich aus den Noten sehr alter Werke neu erstehen lässt. Da es an anderer Stelle hier im Thread gefallen ist: ich bin überhaupt kein Freund von Fantasy-Zeugs, weder Film, noch Oper und schon gar nicht Game (womit ich grundsätzlich auch nix anfangen kann). Insofern wäre eine Umsetzung des Rings als Fantasy-Film, wo man Wagners Umsetzungsvorstellung ja perfekt generieren könnte für mich auch nix.


    Ich bin indes der festen Überzeugung, dass ein Stück von Lessing, sagen wir die Emilia, uns auch heute noch etwas zu sagen hat. Ich frage mich allerdings, warum ich das mit den von Lessing angedachten Bildmitteln tun soll, die aus seiner Feder eine klare Kritik an gesellschaftlich-politischen Vorgängen seiner Zeit waren? Die Probleme gibt es in anderer Form ja auch heute noch (nur eben den Adel Lessings ebensowenig mehr wie Lessings Bürgertum als die beiden wesentlichen Konfliktparteien) Da ist der Autor sowohl Zeitgenosse Bildsprache) als auch sehender Weiser (Essenz des Textes).


    Das scheint mir bei Wagner nicht anders. Wenngleich der zu allem Überfluss eine erfundene germanische Vergangenheit zusammenbastelt, und da teilweise sehr progressives, allgemeingültiges Denken und Raten (Liebesverbot gegen Gold) in schwülstig-nationalle Verpackung steckt, die dem aufkommenden Nationalismus in die Hände spielt, aber wahrscheinlich schon zu Wagners Zeiten dafür gesorgt hat, dass der Ring falsch verstanden wurde. Das in dieser Form noch einmal auf die Bühne zu hieven wäre ein Missverständnis im doppelten Sinne.


    Letztlich ist das auch keine philosophische Frage, sondern eine bühnenpraktische, auch eine kulturwissenschaftliche (spätestens seit Thomas Zaunschirn gibt es das ja auch wissenschaftliche Disziplin). Vielleicht ist die ideale Inszenierung diejenige, die vor dem inneren Auge entsteht, wenn man -was man zu Wagners Zeiten nicht konnte- die Platte seine Lieblingsringes auflegt- den Kopfhörer aufsetzt, und Bilder imaginiert. Allerdings -und da hat das Ganze schon wieder einen Haken- habe ich da keinen Austausch (außer mit Dirigent, Sängenr und Orchester). Es ist wie verhext: Wagners Vorstellungen, selbst befangen in seiner Zeit und ihren Verwerfungen, sind heute nicht mehr als Ruinen, während sein musikalisches Werk und auch sein literarisches bei hinreichender Stabreimduldsamkeit es vermag, das Ursprungskleid abzulegen und in ein neues zu schlüpfen.


    Somit stehe ich dem Medium Oper ähnlich ratlos gegenüber wie der liebe astewes . Wenn dann auch noch dem guten Sartre in meinem demütigen Verständnis durch Entkontextualisierung ein Handeln unterstellt wird, das er selber (im bezogenen Text nur wenige Seiten später) ablehnt, wächst die Irritation. Auch wenn sich durch de Beiträge von Axel, Werner und Christian das eine oder andere Dunkel beginnt zu lichten.


    Gewinne lassen ich für mich tatsächlich -bei Mozart- feststellen wenn die Aufführungen musikalisch historisch informiert erfolgen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Aber ich gehe morgen mit meiner Tochter in Jette Steckels "Zauberflöte" (Hamburger Staatsoper). Da ich die Inszenierung im Gegensatz zu meiner Tochter zum zweiten Mal sehen werde, rechne ich mit härtestem RT-Tobak (zu meiner Verwendung von "RT" s.u.): Tamino wird zu Beginn eine Herzattacke bekommen, und das weitere Geschehen lässt sich wohl als seine Nahtoderfahrung verstehen. Das Publikum wird zwischendrin mal animiert mitzusingen, Kostüme, Text und Bühnenbild weisen starke Diskrepanzen zum Libretto auf.

    Na ja, ich finde Steckels Zauberflöte bzgl. RT-Faktor eher "harmlos", aber vielleicht sollte ich das auch nicht beurteilen, denn ich mag auch den hier von "Eingeweihten" oft als "Klassengrin" verhöhnten Konwitschny-Lohengrin ... Was mich tatsächlich gestört hat, dass Steckel meint, auf die Zwischentexte verzichten zu können (siehe auch hier).

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Rein interessehalber: Gibt es eigentlich unter den verbleibenden Kombattanten hier solche, die überhaupt in den letzten Jahren eine Operninszenierung besucht haben?

    Zuletzt in der Neuinszenierung des "Freischütz" an der Wiener Staatsoper 2018. Eine RT-Inszenierung, die man wohl nicht unter allerübelst einstufen würde, die gleichwohl rein gar keine deutsche Romantik aufkommen ließ. Seit Corona nicht mehr in der Oper gewesen, allerdings im Konzert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zuletzt in der Neuinszenierung des "Freischütz" an der Wiener Staatsoper 2018. Eine RT-Inszenierung, die man wohl nicht unter allerübelst einstufen würde, die gleichwohl rein gar keine deutsche Romantik aufkommen ließ.

    Ja, auch schön, nur m.E. ist das Problem der Inszenierung sicher nicht die fehlende deutsche Romantik, sondern etwas ganz anderes; siehe hier - für mich übrigens ein weiteres Beispiel, wie praktisch jeder Versuch einer Diskussion am konkreten Beispiel gerade von denjenigen sofort unterlaufen wird, die sie an anderer Stelle immer wieder (statt des ach so theoretischen Geschwafels) fordern ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ja, auch schön, nur m.E. ist das Problem der Inszenierung sicher nicht die fehlende deutsche Romantik, sondern etwas ganz anderes; siehe hier - für mich übrigens ein weiteres Beispiel, wie praktisch jeder Versuch einer Diskussion am konkreten Beispiel gerade von denjenigen sofort unterlaufen wird, die sie an anderer Stelle immer wieder (statt des ach so theoretischen Geschwafels) fordern ...

    Ich las gerade meine eigenen Zeilen von damals. Und ja, es gab da schon Momente, die etwas hatten. Völlig zufrieden ging ich allerdings auch nicht aus der Vorstellung. Aber wie gesagt, das wäre nun wirklich kein Paradebeispiel für eine Inszenierung, die ich heranziehen würde, um die Abgründe des heutigen RTs aufzuzeigen. Dann schon eher den Klamauk, den das Theater an der Wien ein wenig früher mit seiner "Ring-Trilogie" veranstaltet hat. Nach einem Abend war mir bereits bei der ersten Pause aufgrund der ungustiösen Vorgänge auf der Bühne so blümerant, dass ich zum ersten und einzigen Mal ein Opernhaus vorzeitig verließ.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Musikalisch geht's in Dortmund ohne Fehl' und Tadel zu,

    Ist der Gabriel Feltz noch in Dortmund? Wir vermissen ihn jetzt noch.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Eine Diskussion hat nicht nur dann Sinn, wenn die Chance besteht, dass am Ende beide Seiten zur selben Auffassung gekommen sind oder sich ihre Auffassungen angenähert haben.


    Die Standpunkte sind erstmal mehrfach ausgetauscht und alles Weitere dürfte momentan über Neuaufgüsse des bereits Gesagten wahrscheinlich nicht viel weiter hinausgehen.


    Aber das kann nicht anders sein, wenn dieser keine rational nachvollziehbaren Argumente hat, um seine Position zu stützen,

    Die Ausführungen von Dr. Holger Kaletha und auch von Helmut Hofmann zum Themenfeld Werkbegriff, Werktreue und Verbindlichkeit, künstlerische Freiheit in Bezug auf RT und allgemein usw. sind für mich- sofern dies für einen fachlichen Laien möglich ist- keineswegs "rational nicht nachvollziehbar", sondern im Gegenteil, es wurde aus ihrer Sicht heraus plausibel argumentiert.


    Die Behauptung, dass keine überzeugenden Argumente geliefert werden, wenn man die vorgebrachten ablehnt oder sie einem nicht in den Kram passen, ist natürlich ein uralter rhetorischer Trick. Auch dass man immer wieder dasselbe fragt ( "Was ist Werktreue und warum soll sie verbindlich sein?" etc.) , bis der Gegenüber ermüden soll, gehört dazu.


    Leider scheint das Klima hier inzwischen auch ziemlich vergiftet, es wird ja teilweise nur noch über Bande miteinander kommuniziert und sich gegenseitig die Kompetenz abgesprochen. Insofern scheint sich die Diskussion in diesem Thread totgelaufen zu haben. Vielleicht könnte im neuen Jahr, wenn sich die Gemüter abgekühlt haben, nochmal ein neuer Anlauf gestartet werden, das Thema an sich und seine Nebengeleise bleiben ja spannend. Dann könnte man ja auch wieder direkt miteinander diskutieren und nicht nur in der Dritten Person.


    Ich bin für erste raus hier, lese aber weiter mit, was noch so kommt.


    Viel Spaß noch!:hello:


    Zwei Cartoon Männer Üben Boxen Clipart Bilder Vektor

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Ja, das ist ein beeindruckendes Beispiel. Aber es überrascht mich nicht. Ich kenne das zur Genüge.


    Was an Deiner Analyse der Ursache für das Misslingen betrifft, würde ich aber (auch wenn ich nicht sagen kann, ob sie zutrifft oder nicht, da ich die Inszenierung nicht kenne) in einem Punkt zur Vorsicht raten: Ich habe im Theater schon viele Dinge gelingen sehen, von denen ich mit voller Überzeugung gesagt hätte, dass sie nicht gelingen können. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der »Freischütz« als Künstlerdrama funktioniert, aber ich meine, wenn die Schwierigkeit, die mit einer solchen Idee und ihrer Kollision mit dem Stück (und den damit verbundenen Erwartungen) sehr genau bedacht wird, kann für das Problem möglicherweise doch eine Lösung gefunden werden, die vielleicht gerade darum besonders wirkungsvoll und ästhetisch befriedigend ist, weil sie mit besonders starker Anspannung gefunden und realisiert werden musste. Wenn ein Regisseur, der den damaligen Hamburger Lohengrin gesehen hat, das Prinzip auf ein anderes Stück überträgt, ist das nicht übermäßig originell, kann aber funktionieren. Wenn er aber nur das Ambiente übernimmt und nicht intensiv daran arbeitet, die Grundentscheidung, die damit verbunden ist, in jeder Sekunde zu verifizieren, wird es auch langweilig. Aber nicht, weil es nicht möglich ist, sondern weil es nicht gut gemacht wurde.

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