Carlo Bergonzi - Vom Bariton zum Tenor

  • Liebe Forianer,


    Einer der führenden Tenöre des 20. Jahrhunderts war zweifellos der 1924 gborene Carlo Bergonzi. 1948 debütierte er als Bariton in der Rolle des Figaro in Rossinis "Barbier von Sevilla", 1951 dann als Tenor in der Rolle des André Chénier in Giordanos Oper mit gleichem Titel.
    Schnell eroberte er die Mailänder Scala, die Metropolitan Opera New York sowie etliche andere renommierte Opernhäuser.
    Er gilt als Verdi und Puccini -Spezialist.





    Neulich hat jemand behauptet, er wäre heute durch die Domingo, Pavarotti und Carreras ein wenig in Vergessenheit geraten, aber das glaube ich eigentlich nicht. Ich persönlich ziehe Bergonzi in vielen Fällen vor.
    So präferiere ich (Prägung ?) beispielsweise die Aufnahme des "Troubador" unter Tullio Serafin aus dem Jahre 1963 mit ihm in der Rolle des Manrico, gegenüber allen anderen mir bekannten Einspielungen, die damals in Kooperation mit dem Teatro alla Scala für Deutsche Grammophon entstand.


    Nach Anfangs vergeblichem Suchen hab ich die Aufnahme noch bei Amazon zum Budgetpreis gefunden. (damit meine ich für Euch, ich hab sowol eine CD Version als auch die Langspielplattenkassette in rotem Leinen mit Goldprägung - Gott waren das noch Zeiten !!!)



    So und jetzt warte ich auf Statements, Vorschläge und Anmerkungen von Eurer Seite.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Hallo Alfred,


    ja der Bergonzi war wirklich einer der grössten seiner Zunft. Ich denke sein Vorteil war auch, dass er die anderen 3 Superlativ-Tenöre (di Stefano, Corelli und del Monaco) als einziger führender Tenor überlebt hat und bis ins hohe Alter noch bravouröse Vorstellungen geben konnte. Ein Markenzeichen ist auch das regionalbedingte sch statt s aus der Provinz wo er aufgewachsen ist.
    Für mich ist er aber eher ein lyrischer (Helden-)Tenor, wenn es diesen Begriff überhaupt gibt, denn als Manrico gibt es IMO doch etwas andere Kaliber, die für diese Partie besser geschaffen sind. Aber als Rodolfo in "La Boheme" ist er für mich unerreicht. Oder eben viele der Tenorpartien der eher vergessenen Verdi Opern bzw solchen, die nur selten zur Aufführung gelangen (Un Ballo in Maschera, Attila etc).




    Tebaldi/Bergonzi/Bastianini/Siepi etc., Tullio Serafin, Orchestra e Coro dell' Accademia di Santa Cecilia, Rome


    --------------------------------------------------------------------------


    Bester Nemorino: Carlo Bergonzi!
    Zu bestaunen auf der fantastischen DVD von (Hardy Classis Video), eine CD-Aufnahme findet man noch bei MYTO, ist wohl aber vergriffen.
    Wie er sich als einfältiges Dummerchen anstellt ist grandios. Einziger Makel der DVD: da der Besitzer des Original Videos die Schlussarie "Una furtiva lagrima" so oft angeschaut hat, ist sie nun Bildlich geschipselt worden, d.h. die Arie ist zu hören aber Bergonzi nicht zu sehen... Sonst aber Bergonzi in Hochform!



    Bergonzi, Scotto, Taddei, Cava - Gianandrea Gavazzeni - Maggio Musicale Fiorentina


    diese beiden Einspielungen sind übrigens jeweils meine Referenz-Aufnahmen!



    Einzig das Problem mit der Abschiedstournee hat er nicht im Griff gehabt (wie die Rolling Stone's...). In Zürich hat er glaub ich meherere solche Konzerte in Abständen von jeweils 2 - 3 Jahren gegeben...



    Gruss
    Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Hallo Alfred


    Zitat

    Schnell eroberte er die Mailänder Scala, die Metropolitan Opera New York sowie etliche andere renommierte Opernhäuser.


    So schnell war es teilweise gar nicht. Er sang seit 1956 regelmäßig an der MET (bis 1983 durchgehend alle Saisonen!), wurde aber erst 1963(!) an die Scala berufen (der Prophet im eigenen Lande...?). Auch erwähnenswert ist die Tatsache, dass er 16 Sommer in Verona gesungen hat.



    Zitat

    Neulich hat jemand behauptet, er wäre heute durch die Domingo, Pavarotti und Carreras ein wenig in Vergessenheit geraten, aber das glaube ich eigentlich nicht.


    Das hängt vom Kreis derer ab, die zur Abstimmung hinzugezogen werden. Bei Gesangsliebhabern wird Bergonzi unvergessen bleiben, für den breiten Markt ist er schon fast nicht mehr existent. Da ist die Werbemaschinerie der drei "Großen" nicht nur über Bergonzi gnadenlos hinweggewalzt.



    Zitat

    Er gilt als Verdi und Puccini -Spezialist.


    Verdi ist sicherlich das Zentrum in Bergonzis musikalischer Laufbahn (er soll ja den Radames einige(!) hundert Mal gesungen haben; da er eigentlich stimmlich nicht ideal für diese Rolle ausgerüstet ist, zeigt sich schon an diesem Beispiel die technische Meisterschaft, die dieses erreichen ließ).
    Zu den schon angeführten Verdi-Partien sollte man unbedingt noch den Foresto in Gardellis Attila erwähnen.
    Im lezten Drittel seiner großen Karriere hat er als erster Sänger alle Verdi Tenor-Arien für die Schallplatte eingespielt (Philips). Man kann an einigen schweren Brocken bereits ein wenig herummäkeln, aber in Summe ist dies ein Dokument einer geradezu unglaublichen Wandlungsfähigkeit dieses Sängers (sehr empfehlenswert!).


    Ich möchte schließlich noch darauf hinweisen, dass er als Edgardo und Nemorino auch bei Donizetti außerordentliches erreichte.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Christoph ,
    der Liebestrank , ja ;
    La Bohème , ja .
    Der Trovatore - Manrico : nein .
    Ein Maskenball : absolute Refernzaufnahme !
    Die Butterfly mi Tebaldi bleibt wundervoll ; so innig , melancholisch - träumerisch - hoffnungsvoll. Wer könnte das heute noch so singen ?
    Sein Tenorpart in Verdi Requiem war live tief bewegend .
    Sein Radames an der grenze seienr unendlich scheinanden Möglichkeiten .
    Wir könnten eine lange Liste anlegen , zumal es auch Live-Mitschnitte vor allem mit der leider hier fast unbekannten , aber grossartigen Leyla Gencer in Italien gab .
    HINWEIS: Ein auch fast vergessener grosser Tenor war Renato Cioni ( er lebte vor drei Jahren in vollkommener gesitiger Frisch emit seiner wundervollen gattin in Mailand !!!
    Best e Grüsse
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Verdi-Freunde,


    gerade höre ich zum ersten Mal seit einiger Zeit (wieder einmal eine Ausgrabung die Tamino zu danken ist) die weiter oben erwähnte Zusammenstellung sämtlicher Tenor-Arien. Ich bin erst Mitte der ersten CD und jetzt schon fasziniert.



    Welche Aufnahmen von Bergonzi schätzt Ihr besonders?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • bergonzi ist einer meiner ganz großen lieblinge ... auch seine französischen aufnahmen gefallen mir gut .. da kommt der schmelz wunderbar rüber ... u.a. auch bei der carmen-aufnahme unter karajan mit der price .... wunderbar :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Carlo Bergonzi ist mein favorisierter Tenor (um so erstaunlicher, daß ich hier noch nichts geschrieben habe).


    Neben seiner fantastischen Stimme begeistert mich immer wieder die Kultiviertheit des Vortrags bei Bergonzi. Er sang technisch sauber und mit großer dynamischer Flexibilität.


    Überschäumendes Temperament war idR nicht so seine Sache, auch erklomm er nicht so mühelos höchste Höhen wie Corelli, del Monaco oder Alfredo Kraus.


    Aber er wußte, wie Kraus, um seine "Schwächen" und blieb idR in "seinem Stimmfach". De Stefano und Carreras z.B. ruinierten ihre Stimmen, indem sie Partien sangen, für die ihre Stimmen nicht geeignet waren. Bergonzi hingegen (ich erwähnte es andernorten in diesem Forum) fürchtete sich davor, den "Otello" zu singen, weil diese Partie seine Stimme ruinieren würde. Und das als gelernter Bariton...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Forianer,


    Carlo Bergonzi ist für mich der wichtigste Tenor im italienischen Fach.


    Mit dem Namen Carlo Bergonzi verbindet der Opernfreund das Goldene Opern-Zeitalter der 50er und 60er Jahre, als Maria Callas und Renata Tebaldi für Schlagzeilen sorgten und Herbert von Karajan oder George Solti Opern-Aufnahmen vorlegten, die bis heute unübertroffen sind.


    Vom Wiener Publikum verabschiedete sich Bergonzi, der auf eine 43jährige Bühnenlaufbahn zurückblickte, 1995 im Konzerthaus mit einem speziellen Lieder-Arienabend. Auf dem Programm standen damals Werke Bellinis, Verdis, Leoncavallos, Tostis, Denzas, Pietris und Cileas. Schubert und Lehars "Das Land des Lächelns" waren dann Konzessionen der italienischen Opern-Legende an Österreich.


    Beginn als Bariton Bergonzi wurde am 13. Juli 1924 in Vidalenzo in der Nähe Parmas geboren. Mit 16 Jahren schrieb er sich dort am "Arrigo Boito Konservatorium" ein, wo er von den Lehrern als Bariton eingestuft wurde. Nach einer dreijährigen kriegsbedingten Unterbrechung nahm er die Studien wieder auf und debütierte schließlich als Bariton am Stadttheater von Lecce in Rossinis "Der Barbier von Sevilla".


    Unzufrieden mit seiner Stimme, die in der Mittellage zwar ebenmäßig, in den tieferen Lagen jedoch unzureichend schien, entschloss sich Bergonzi zu einem Fachwechsel. Nach nur drei Monaten autodidakter Studien debütierte er erneut - diesmal jedoch als Tenor - in Giordanos "Andrea Chenier" am Petruzzelli-Theater in Bari. Auch an der Wiener Staatsoper
    1955 gab Carlo Bergonzi in Chicago sein Amerika-Debüt und bereits in der darauf folgenden Spielzeit feierte er Triumphe als Radames und Manrico an der "Metropolitan Opera" in New York. Er gastierte an den bedeutendsten Bühnen der Welt, natürlich auch an der Wiener Staatsoper und feierte Erfolge bei den Festspielen in Salzburg und Verona


    Eine besondere Verbindung bestand zur "Mailänder Scala", an der er neun Spielzeiten lang der unangefochtene Startenor war. Von 1958 bis 1964 wirkte der "Techniker des Belcanto" bei den Festspielen von Verona mit. Bergonzis Repertoire umfasste mehr als 60 Rollen. "Arien in die Luft gemeißelt"
    Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde Carlo Bergonzi als der beste Verdi-Tenor Italiens gefeiert. Ein halbes Jahrhundert lang verzückte er das internationale Publikum mit "Arien in die Luft gemeißelt", wie es ein Kritiker formulierte.


    Der Triumphzug als Tenor begann 1951 in Bari. Durch den italienischen Rundfunk wurde Bergonzi bald einem größeren Publikum bekannt. 1953 sang er in der Mailänder Scala, bald darauf in den Opernhäusern in Spanien, Portugal, Großbritannien und Deutschland. Wirken für Nachwuchs
    Der Altmeister unterrichtete auch und ebnete vielen Nachwuchskünstlern den Weg zum Erfolg. Dabei ließ sich Carlo Bergonzi stets vom großen Maestro leiten: "Verdi-Opern können nur so gesungen werden, wie Verdi es vorsah, nur so und nicht anders."

  • Dem Lob Carlo Bergonzis kann ich mich nur anschließen. Mir scheint, dass die Qualitäten Bergonzis in solchen Partien am deutlichsten erkennbar sind, die für ihn am Rande seiner stimmlichen Möglichkeiten lagen. Insbesondere als Alvaro, Radames oder auch als Troubadour höre ich ihn sehr gern. Während viele seiner Kollegen, die eigentlich ein besseres Material hatten, diese Rollen hauptsächlich zur Demonstration ihrer stimmlichen Potenz nutzen, kann Bergonzi hier seine Stärken, nämlich Technik und darstellerische Intelligenz voll ausspielen.


    Auch wenn das hier offensichtlich nicht mehrheitsfähig ist: Mir ist sogar Bergonzis „Di quella pira“ lieber als das von Corelli. Man muss sich nur anhören, wie Bergonzi auch in diesem Bravourstück noch gestaltet. Das kann man besonders an einer Passage erkennen: „Era già figlio prima d’amarti, non può frenarmi il tuo martir.“. Während es sich sonst in der Stretta nur um reinen Rampengesang handelt, richtet Manrico diese Worte an Leonora. In der Studioaufnahme unter Serafin hört man dann auch förmlich, wie sich Bergonzi bei diesen Zeilen zu seiner Leonora umwendet. Bei Corelli und den meisten anderen gibt es dagegen nur Fortissimo-Einheitsbrei. Dass die Spitzentöne von Bergonzi statt zehn nur drei Sekunden gehalten werden, kann ich demgegenüber verschmerzen. Als Troubadour ziehe ich insgesamt nur Jussi Björling vor, der die Partie sowohl geschmackvoll als auch mühelos meistert.


    Dass aber auch Bergonzi nicht als Heilsbringer des guten Geschmacks vom Himmel gefallen ist, kann man in einer Rundfunkaufnahme der RAI hören, die ich gerade eben, einer Anregung von Mengelberg aus einem anderen Thread folgend, noch mal angehört habe. Es handelt sich um eine Gesamtaufnahme von Leoncavallos Pagliacci unter Alfredo Simonetto aus dem Jahr 1951, also dem Jahr von Bergonzis Tenordebüt. Gerade wenn man die Gesamtaufnahme unter Karajan von 1965 danebenhält, zeigt Bergonzi in der frühen Aufnahme, anders als bei Karajan, keinen weiß behandschuhten Canio sondern einen ganz anderen, wilden Pagliaccio. Die gute Technik und die Atemkontrolle sind schon vorhanden, außerdem gefällt mir die männlich-herbe Frische seiner Stimme ausgezeichnet. Der 27-Jährige schreckt hier aber auch vor gelegentlichen pseudo-veristischen Schluchzeffekten nicht zurück, für die man sonst immer del Monaco oder Corelli gescholten hat. Jedenfalls ein interessantes Dokument.


    Im Jahr 1951 scheinen unter Mitwirkung Bergonzis auch RAI-Gesamtaufnahmen von Giovanna d’Arco, I due Foscari und Simon Boccanegra entstanden zu sein. Kennt jemand diese frühen Aufnahmen?

  • Zitat

    Original von Zauberton


    Auch wenn das hier offensichtlich nicht mehrheitsfähig ist: Mir ist sogar Bergonzis „Di quella pira“ lieber als das von Corelli. Man muss sich nur anhören, wie Bergonzi auch in diesem Bravourstück noch gestaltet. Das kann man besonders an einer Passage erkennen: „Era già figlio prima d’amarti, non può frenarmi il tuo martir.“. Während es sich sonst in der Stretta nur um reinen Rampengesang handelt, richtet Manrico diese Worte an Leonora. In der Studioaufnahme unter Serafin hört man dann auch förmlich, wie sich Bergonzi bei diesen Zeilen zu seiner Leonora umwendet. Bei Corelli und den meisten anderen gibt es dagegen nur Fortissimo-Einheitsbrei.


    Ich schließe mich zumindest gerne Deiner Minderheit an - und weise weiterhin darauf hin, dass im "Lieblingssängervoting 2006" Bergonzi immerhin auf Platz 2 kam, während sich Corelli abgeschlagen auf Platz 29 wiederfindet. Mir erschließt sich Corellis Ruhm zumindest aus der Plattenhinterlassenschaft nicht, er hat "live" sicher wie Del Monaco von seinem immensen Material profitiert. Aber gerade diese beiden Sänger geben eigentlich Musterbeispiele dafür ab, wie man dem Manrico und auch dem Radames trotz reichster stimmlicher Mittel nicht genügen kann, indem man über die lyrischen Momente der Rollen hinwegsingt.
    Björling hat hier natürlich sowohl die musikalischen wie auch die stimmlichen Mittel zur Verfügung.


    Bergonzi hingegen tut im Prinzip das bei Verdi, was Windgassen bei Wagner macht: Mittels Musikalität und darstellerischer Intelligenz die Grenzen seiner stimmlichen Mittel vergessen machen.


    Gruß
    Sascha

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  • Ich bin sehr froh, dass hier nochmal differenziert über den Sänger Carlo Bergonzi gesprochen wird, der zu den für mich wirklich "grossen" Sängern gehört. Gerade bei den Partien, die man nicht sofort als ideal für seine Art des Singens und seine Stimme bezeichnen würde, zeigt sich, welche Qualitäten er hat. Da gehört der Radames dazu, aber auch der Manrico. Und der Manrico besteht nicht nur aus der Stretta...


    Gerade kürzlich konnte man in einem anderen Thread negative Äusserungen über Bergonzi als Manrico lesen, die allerdings mehr mit dem persönlichen Geschmack begründet wurden. Und da wurde dann als Musterbeispiel für eine gelungene Interpretation ausgerechnet Corelli ins Feld geführt...

  • Nicht nur als Opernsänger ist Bergonzi betörend. 1974 erschien in New York (gleichzeitig bzw. später dann auch in etlichen Ländern) eine LP "Neapolitan Songs", auf der er, begleitet von Enrico Pessoa und dem Madrider Kammerorchester, Pavarotti und andere verblassen macht. Und das ohne "O sole mio"!


    LG


    Waldi

  • Bergonzi ist für mich der bislang letzte große Verditenor.


    Ich habe in den 80er Jahren in Busseto in seinem Hotel


    "Il due Foscari" gewohnt, und bin von Busseto nach St.Agata,


    dem Landgut Verdis gepilgert. Der Sohn eines Dieners von


    Verdi, der dort die Führung machte, sagte mir auch: Bergonzi ist der


    letzte bedeutende Verditenor.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hier soll die Rede vom grossen Carlo Bergonzi sein! Ein Saenger, an dem sich seit jeher die Geister scheiden. Von einigen als groesster Verdi-Tenor des Jahrhunderts gepriesen, von anderen ob seiner fehlenden Durchschlagskraft und des mangelnden Glanzes in der Stimme kritisiert.


    Carlo Bergonzi hat eine lange, glanzvolle Karriere hinter sich. Sie begann eigentlich erst dann, als Bergonzi erfolgreich den Wechsel vom Bariton- ins Tenorfach vollzog. Eine schoene Aufnahme von Pagliacci fuer Cetra (mit Carla Gavazzi und Carlo Tagliabue) folgte bald. In dieser war Bergonzi das baritonale Erbe noch anzuhoeren. Eine dramatische Stimme, die allerdings in einen Baumwollballen eingepackt zu sein schien: immer gedaempft, immer etwas unklar und in ihrer "Wolligkeit" irgendwie ein bisschen an Ramon Vinay erinnernd. Bald folgten Auftritte an der Met in New York, dort oft im lyrisch-dramatischen Puccini-Repertoire (Manon Lescaut, Tosca). 1960 war Bergonzi der Tenor der Wahl als Jussi Bjoerling von Georg Solti aus der Decca-Aufnahme von Verdis Ballo in Maschera entfernt wurde. Bergonzi wurde dann der RCA-Haustenor - die Stellung, die Bjoerling innerhalb der 1950er Jahre innehatte. Bald wurde Bergonzi zu einem der am meisten gefeierten Verdi-Tenoere des letzten Jahrhunderts (Verdis Tenor-Arien fuer Philips). Massgeblich fuer seinen Erfolg war dabei nicht die Kraft oder die Groesse seiner Stimme, sondern ihr Timbre und der elegante, noble Ausdruck.
    Bergonzi war bis in die 1980er Jahre aktiv, gab auch spaeter regelmaessig Gastspiele und versuchte sich im Jahre 2000 sogar am Otello - ein Experiment, das nicht gelang, da Bergonzi nicht mehr ueber die Spitzentoene und die Stamina fuer diese Rolle verfuegte (Carnegie Hall).


    Ich bin kein grosser Fan von Carlo Bergonzi. Die Stimme erscheint mir, ganz besonders fuer Verdi, als zu klein und glanzlos. Der fuer Verdi durchaus geeignete Stil scheint mir nicht auszureichen, um Bergonzi als grossen Verdi-Saenger zu klassifizieren. Fuer Rollen wie Radames oder Manrico fehlt das klare Timbre, Jugendlichkeit und Frische sowie Kraft und Glanz. Sein Riccardo (Ballo in Maschera) war hervorragend, aber macht das aus ihm gleich einen guten Verdi-Saenger? Bergonzi gefaellt mir persoenlich am besten in Puccini- und Verismo-Rollen: Manon Lescaut, Tosca, Pagliacci - Andrea Chenier, wenn er in Form war. Ausserdem hat er eine sehr schoene Schallplatte von Neapolitanischen Liedern eingespielt, die m.E. alle anderen Einspielungen dieser Stuecke an Rafinesse und Schoenklang uebertrifft.


    Meinungen zu Carlo Bergonzi?

  • Servus,


    zu Carlo Bergonzi gibt es schon einen Thread, nämlich hier. Vielleicht kann die Moderation Deinen Beitrag einfach dorthin verschieben?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Hallo Mengelberg,


    ich finde, daß gerade Bergonzi diesen silbrigen Formanten


    in der Stimme hat. Bei seinen zahlreichen Live-Aufnahmen


    kann man das hören und bewundern. Ich finde, gegen ihn


    sind del Monaco und Corelli Grobiane, was bei Verdi nicht


    unbedingt sein muß.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • [quote]Original von Liebestraum



    Vom Wiener Publikum verabschiedete sich Bergonzi, der auf eine 43jährige Bühnenlaufbahn zurückblickte, 1995 im Konzerthaus mit einem speziellen Lieder-Arienabend.


    ___________


    An diesen Abend kann ich mich zwar nicht erinnern, der (in meiner Erinnerung) letzte Abend, den Bergonzi in Wien gesungen hat, war ein Liederabend in der Wiener Staatsoper am 1. Juli 2000. Der damals schon im hohen Alter stehende Tenor gab an diesem Sommerabend begleitet von Vincenzo Scalera noch einmal Einblick in seine fulminante Gesangstechnik und Phrasierungskunst. Natürlich hatte er nicht mehr jenen stimmlichen Glanz, an den sich die älteren Opernbesucher noch erinnern können (und den uns die Schallplatte auch auf den - nicht immer legalen - Mitschnitten von Aufführungen erhalten hat), aber jeder, der HÖREN konnte, hat mitbekommen, dass hier ein Jahrhundertsänger auf der Bühne stand und und noch einmal für sein Publikum sang (als letztes Stück im offiziellen Teil aus Otello "Niun mi tema").


    Michael 2

    Einmal editiert, zuletzt von brunello ()

  • Liebe Taminos,


    ich habe Carlo Bergonzi erst kürzlich für mich entdeckt - als Donizettis Nemorino, dann habe ich mit Erstaunen erfahren, dass das gar nicht seine Parade-Glanzrolle war, sondern Verdi und Puccini.:faint: Ich fand seinen Nemorino besser als alle anderen die ich bis jetzt gehört habe! :jubel: Dieses für die Rolle unabdingbares Übertriebene, Überzogene, dieses Schmachten und Schmelzen hat er genau auf den Punkt gebracht! Ich finde, dafür muss man sich als Sänger nicht allzu ernst nehmen, was für mich immer etwas mit der wahren Grösse zu tun hat.
    Kein Wunder, dass ich sofort auf Bergonzi aufmerksam wurde - mein ansonsten am meisten verherter Tenor ist Gedda. :D Daraus schliesse ich, dass ich wohl den kultivierten Gesang und die Kraft des Ausdrucks dem grossen Geschreie vorziehe und sofort erkenne... Ich bin gespannt auf die anderen Aufnahmen, natürlich vor allem von Verdi und Puccini, ich habe mir auf Eure Anregung hin den Bajazzo angehört, fand ich sehr aufregend!
    Alles Liebe,
    Eure


    Theodora

  • Liebe Theodora,


    wenn Du, wie es den Anschein hat, Bergonzi als Verdi-Tenor ebenso schätzen wirst wie ich, dann sollterst Du unbedingt diese Box auf Deine Weihnachtswunschliste setzen, in der Bergonzi sämtliche Tenorarien Verdis eingesungen hat.


    Ich bin sonst kein Freund von Ariensamplern, aber diese Zusammenstellung macht viel Sinn und Freude, denn man bekommt die Arien nicht nur in konstanter Höchstform geboten, sondern lernt auch wie nebenbei noch sehr viel über Verdis Entwicklung.



    Für mich war Bergonzi immer der ideale Verdi-Tenor, und deshalb erinnere ich gerne noch einmal an diese außerordentkliche Box, obwohl sie hier schon vor Jahren empfohlen wurde.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Am besten finde ich Carlo Bergonzi als Nemorino im "Liebestrank" und als Foresto in "Attila".


    Ebenfalls gut gefallen mir sein Manrico (darauf wurde hier bereits eingegangen), sein Enzo Grimaldo (vor allem der 2. Akt, Partnerinnen sind Renata Tebaldi, Robert Merill und vor allem Marilyn Horne) und sein Pollione (leider ist Joan Sutherland die Norma dieser Aufnahme und der kann ich - technisches Können hin und her - als Norma nicht viel abgewinnen).


    Die Aufnahme der "Giovanna d'Arco" von 1951 mit Renata Tebaldi und Rolando Panerai ist leider gekürzt, weswegen wohl der spätere Studioaufnahme mit Montserrat Caballé und Placido Domingo (den ich in der Rolle des König Carlo sehr gut finde) doch der Vorzug zu geben ist.


    Herzliche Grüße


    Waltrada

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Diese Doppel-CD ist ein Muß für jeden Fan von Carlo Bergonzi, umso erstaunlicher, dass sie bisher noch nicht vorgestellt wurde:



    Carlo Bergonzi: The Sublime Voice [Doppel-CD]
    Label: Decca (Universal)
    Spieldauer: 154 Minuten


    Hörproben gibt es bei amazon.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe mir gerade noch mal den "Don Carlo" mit Bergonzi angehört. Es bleibt dabei - nicht einer meiner favorisierten Tenöre. Ich muss nicht immer Corellischen Machismo haben (Tuckerschen vielleicht aber doch), aber Bergonzi ist mir manchmal zu weich, zu wenig kernig. Abgesehen davon ist er, keine Frage, ein zuverlässiger und geschmackssicherer Tenor. Aber bisher hat er mich, in immerhin 12 Gesamtaufnahmen, nie sonderlich begeistert.
    Eines aber stört mich vor allem und erheblich bei ihm:

    Zitat

    Original von Christoph_Glaus
    Ein Markenzeichen ist auch das regionalbedingte sch statt s aus der Provinz wo er aufgewachsen ist.


    Ich habe das ehrlich gesagt bisher für einen Sprachfehler gehalten. Also jetzt mal wirklich, regional hin oder her, kann man sich sowas denn nicht abgewöhnen!? Ich höre mir doch auch keinen Wagner auf schwäbisch an! Martha Mödl zum Beispiel sprach in Interviews reinstes fränkisch, auf der Bühne aber war sie eine der am besten artikulierenden Sängerinnen überhaupt.


    Grüße,
    Micha

  • Liebe Taminos,



    Zitat

    Original von Christoph_Glaus Ein Markenzeichen ist auch das regionalbedingte sch statt s aus der Provinz wo er aufgewachsen ist.


    ach, das macht er regionalbedingt! Das ist ja putzig ohne Ende! :lips: :lips: Lieber Michael, die Sache mit dem Regionalakzent kann man auch anders sehen: Dass sich der gute Carlo nicht von den ganzen Weltbühnen hat beeindrucken lassen und trotz allem Pomp und Ruhm seine regionale Aussprache behielt, das hat für mich bei näherer Betrachtung schon etwas mit :beatnik: :beatnik: zu tun! Frei nach dem Motto "Entweder nehmt ihr mich so wie ich bin oder ihr habt eben Pech".


    Liebe Taminos, danke sehr für Eure zahlreichen Gesamtarien-Empfehlungen!
    Zuerst möchte ich ein paar Gesamtaufnahmen mit Bergonzi anschaffen, und mich dann erst in das hochspezifische Gelände der Sammel-CDs wagen. Meine Eindrücke werde ich Euch natürlich nicht verheimlichen!


    Alles Liebe,
    Eure


    Theodora

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  • Dass Bergonzi zu "Sch"-Lauten neigt, ist mir auch schon aufgefallen, ohne dass ich die Ursache benennen könnte. Aber auch wenn mir die Textverständlichkeit von Sängern eigentlich immer sehr wichtig ist, stört mich Bergonzis Artikulation überhaupt nicht. Denn es ist ja keineswegs so, dass Bergonzi Wörter vernuschelt oder Silben verschluckt. Man sollte ihm doch zu Gute halten, dass er den Text zur Kenntnis nimmt und in der Regel auch ihm auch geschickt mit ihm umgeht.



    Waldi hat oben schon ganz kurz auf Carlo Bergonzi als Interpret von italienischen Liedern hingewiesen, was ich unbedingt unterstreichen möchte. Empfehlen kann ich zwei CDs:



    Die linke CD enthält eine bunte Mischung von Bellini bis Tosti aus dem Jahr 1977, am Klavier begleitet von John Wustman. Die rechte CD enthält ausschließlich Tosti-Lieder mit Orchesterbegleitung, wurde 1983 aufgenommen und ist damit eine der letzten kommerziellen Aufnahmen von Bergonzi überhaupt.


    Es ist wunderbar, was der Bergonzi im Herbst seiner langen Karriere diesen einfach gestrickten, sentimentalen Liedern mit seinem Legato und seiner klugen Phrasierung geben kann. Die Lieder haben natürlich keinen übergroßen musikalischen Gehalt, aber Bergonzi mit seiner Erfahrung von 30 Jahren als Opernsänger vermeidet jedes Abgleiten ins Seichte. Es fehlen auch hier die neapolitanischen Schlager vom Typ "O Sole mio", wie sie zum Beispiel Di Capua schrieb. Bergonzi wählt eher die getragenen, melancholischen Lieder. Die singt er ganz schlicht, ohne falsche Schluchzer oder Schnulzigkeit. Nein, Bergonzi nimmt die Lieder als kleine Kunstwerke ernst und befreit sie so von dem Zugaben-Charakter, der ihnen doch irgendwie immer ein wenig anzuhaften scheint.


    Insgesamt ist mir die linke CD noch ein wenig lieber, was aber nicht an Bergonzi liegt sondern an der Begleitung. Die schlichte Klavierbegleitung passt meines Erachtens besser zum intimen Charakter der Lieder als das doch etwas flache Orchesterarrangement eines gewissen Daniele Gatti (zufällige Namensgleichheit?).


    So oder so gilt aber: Sofern man diese Lieder hören möchte, ist man mit Bergonzi hervorragend bedient.

  • Auch mein Lieblingssänger.


    Er steht 72 mal in meiner Datenbank, von Aida bis zu seiner letzten Abschiedstournee (Doppel CD) Relief Opernhaus Zürich.
    Eine seiner besten Aufnahmen, alle Verdi-Arien bei philips 3 CD einschließlich Arien aus Otello hat er noch mit 50 jahren
    aufgenommen. Eine tolle Leistung. Viele OpernGA gelten als Referenz bis heute. Seine mezza voce bis heute unerreicht.


    Den Liebestrank habe ich u.a. auf DVD.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hallo, Michael M.!


    Man kann sich über Alles streiten und verschiedener Meinung sein, aber hier möchte ich mal eine Lanze für Bergonzi brechen. Es gibt Opernpartien, wo ich mir seine Stimme etwas kräftiger wünschen würde, z.Bsp. als Radames in Aida. Aber er ist oder war eben ein lyrischer Tenor und zwar mit Alfredo Kraus und Gedda wohl einer der besten Tenöre der Verismo-Generation. Und gerade sein Don Carlos dürfte wohl zu seinen größten Leistungen zählen.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • ...
    Den Liebestrank habe ich u.a. auf DVD.


    Und wie ist die DVD? Ich habe nur die CD von dieser Aufführung, aber der recht hohe Preis hat mich bisher vom Kauf der DVD abgehalten, da ich keine Ahnung hatte, ob in diesem Fall der optische Mehrwert (so vorhanden) den Aufpreis rechtfertigt.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    die Besetzung Scotto, Bergonzi, Taddei, Cava und Gavazzeni als Dirigent ist zwar hervorragend, Aufnahme der DVD schwarz-weiß und nur mäßige Tonqualität,
    aber der Phrasierungskünstler Bergonzi. Toll. Der Aufpreis ist wohl, wie auch bei Aida und Lucia di Lammermoor nur für eingefleischte Bergonzi-Fans gerechtfertigt.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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